Full text: St. Ingberter Anzeiger

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— 195. ————— Samstag, den 18. Dezember 1873 
Deutsches Neich. 
Manchen, 8. Dezember. (Cholera) Die hier einge⸗ 
zangenen Rachrichten qus der Gefangenanstali Laufen, in welcher 
sich gegenwärtig 400 männliche Ströflinge befinden, melden. daß 
dort die Epidemie sehr an Ausde nung gewonnen hat. Da bis 
etzt noch keine amtlichen Angaben erfolat find, dürfte as wün⸗ 
chenswerth erscheinen, solae der Oeffenilichkeit zu übergeben, um 
ꝛtwa übertriebenen Gerüchten den Faden abzuschneiden. — Auch 
in Miesbach fiad, nach hier eingegangenen Berichten, bereitẽ 
nehrere Erlrankungen durch Finschleppung voxgekommen. 
Männ qhen, 9. Dez. Vom Kriegsministerium warden nun 
mech die näheren Bestimmungen über die Eiführung von Drillich⸗ 
Unzügen in der Armee erlassen. Der rillichanzug, besichend aus 
Drillin Rod und Drillich Hose, wird als Arbelis, Haus und 
Turnbelleidung in der Garnison von allen Truppenabtheilungen 
getragen. Die mit Tornister ausgerüsteten Mannschaften nehmen 
die Drillichhose, die mit Packtaschen beziehungsweise Mantelsach 
uusgerüsteten Mannschaften nur den Drillichrock in's Feld mit. 
Fulda, 11. Dez. Die Staatsregierung hat, wie verlautet 
an die Bischofskandidaten die Aufrage gerichtet, ob sie berei seien. 
sih in dem zu leistenden Eide zum Gehorsam gegen die Landes. 
gesetze zu verpflicheten. 
Berlin, 10. Dez. (Abgeordnetenhaus.) Der Antrag Ber— 
nurdt betrafs Aufhebung der Zeitungssteuer wird ohne Vebatte 
in dritter Lesungg angenommen. Der Antrag Schröder betrefft 
der Gewährung von Diaten an die Reichstaägsabgeordneten wird, 
nachhdem Virchow dafür gesprochen, durch Annahme einer von 
Lasker beantragten, durch die Inoportunität des Eingreifens in die 
Reichsgesetzgebung motivirten Tagezerdnung bei Namensaufruf mit 
219 gegen 169 Stimmen beseitigt. 
Franukreich. 
Paris, 11. Dez. Die „Agence Havas“ meldet ans San 
Zebastian: Santa Cruz tauchce als Bandenführer auf, nahm den 
Chef der Carlisten, Iturbe, gefangen und schlug Lijarrago in 
imnem Gefeht. — General Lopez Dominque hat das Commando 
der Belagerungsarmee von Cartagena angenommen. 
Paris, 12. Dez. Telegramm. Die „Amtszeitung“ meldt: 
Durch Ensscheidung Mac Mahons ist die gegen Bazaine ausgesprochene 
Todessttafe in zwanzig Jahre Haft unter Entbindung von den 
Formalitäten aber nicht den Wirkungen der militärischen Degrada 
tion, ungewandelt. J 
Sitz um g von Mankag, den 8. Dezrmber. Gestern war 
er Zudrang ungeheuer. Heute übersteigt er alle Begriffe. 5000 
Bersouen find mit Eintrittstarten versehen und 10,000 glauben 
d eindringen zu tönnen. Im Saale erstickt man und es wäre 
m wahnsinniges Beginnen, sich nur regen zu wollen. In unserer 
ibüne setzen sich Me Deputirten auf unsere Knie, geweß ist dies 
me große Ehre, die uns jedoch ein wenig lästig vorkommt. Das 
Aaidoyer wird wieder aufgenommen. Die Stimme Lachauds hat 
eute nicht mehr den Prophetenklang von gestern, sie ist dumpf, 
hr dumpf geworden. Der Vertheidiger beginnt die Depesche 
Xxval zu besprechen, die am 22. von Chalons abgegaugen und 
im 23. Aug. in Metz angekommen sein soll, was mater ll un— 
Adglich sei. Lewal irre sich, da die Lage zwischen den 26. und 
29 mit der zwischen dem 23. und: 26. son zu sagen identsch 
twesen sei. Er wiederholte nochmals, Oberft Lewal habe sich 
reirtt. Etner der wichtigsten Punkte des Prozesses wird vom 
Vettheidiger hauptsächtich hervorgehoben. Nämlich der Umstand, 
dah Bazaieue an Mac. Mahon eine Depesche gesandt häne, die, 
denn sie angekommen wäre, Letzteren besti umt haben würde, seinen 
Narschenicht weiter fortzusetze n. Es ist dies die Depesche d'Abzae, 
Stoffei u. s. w. Man wird begreifen, daß dem Vertheidiger 
dabei der Voden unter den Füßen braunte, trotzdem hatte sich der⸗ 
iclbe ganz geschickt dieser beiflen Frage bemächtigt und sie mit einer 
auhßerordentichen Geschicktheit bespiochen. Lachaud hat dubei vuf 
men „Andern“ hensezeigt und hat der ganze. Saal verstanden, 
er unter dein Ridern au verstehen sei. Di⸗ Bewmianng die sich 
hdierauf des ganz n Publikums bemachtigte. ist uamdglich zu be⸗ 
chreiben. Was die Depesche Hulme beiräfe, so sei dieselbe niemals 
angekommen und stützt sich die Vertheidigung in dieser Froage aus 
die Aussagen der Entlastungszeugen. Die Vertheidigung besprichi 
alsdann den Kriegsrath vom 26. August. der im Schlosse zu 
Brimont abgehalten wurde. Bazaine hätte volllommen Recht 
zehabt, sich über die allgemeine Lage der Dinge aufklären zu 
rollen, wenn er anders gehandell haben würde, so hätte ihn ganz 
Zuropa für einen Wahnfinuigen gehalten. Was den Vorwurf der 
Unthätigkeit beträfe, sa sei festgestellt. daß der Marschall 47 Schreiben 
un die Truppenchefs gerichtet hätte, worin er denselben fortwährend 
militärische Operationen vorgeschrieben hätte. Die Sitzung wird 
hierauf unterbrochen. 
Terianon. Schluß der Sitzung vom 8. Dejember. 
Nach Wiederaufnahme der Audienz geht die Vertheidigung zur 
Affaire Regnier über und fagt, der Angeklagte hatte in dieser 
Sache einen Ausweg zu finden geglaubt und hätte darum Regnber 
ingehört. Was die Proklamation Gambeita's hetreffe, so sei die 
elbe ein infames Machwerk, das alle Generale und selbft den 
Zonig von Preußen entrüstet hätle. Er bedauere, daß er der 
Erfte sei, der diefer Proklamation: diesen verdienten Theil gäbe. 
Die Montagssitzung wird bierauf geschlossen. 
Satz uns vem 9. Dez. Die ganze Nacht wurde trotz der 
darken Kaͤlte der Sizungssaal von der neugziecigen Merge belagert. 
deber 500 der vornehnften Persönlichkeiten befiuden sich im Saale. 
Die Vertheidizung bespricht heute die Verprobiantirung und stüßt 
ich hauptsachlich auf die Autsagen des Metzer Gemeinderaths 
Bouchotte, der gesagt hätte, es wäre unmoͤnlich gewesen, mehr zur 
Verprobiantirung zu thun. Was die Zeugen anginge, die be⸗ 
jauptet hätten, Bazaine in den preuß schea Linnen gesehen zu 
haben, so seien deren Aussagen albernes Gefchwatz und müsse er 
ich wundern, daß dieselben überhaupt gerufen wurden. Der Ver— 
zheidiger sagt hierauf: Die Stimme unserer Feinde darf hier ge⸗ 
hoͤrt werden, denn fie ist eine loyale: und zeigt dabei ein Schrift⸗ 
tück vom 28. September 1878 vor, das dom Prinzen Friedrich 
Karl unterzeichnet ist und feststellt, daß Bazaine niemals in dia 
dreußischen Linien gekommen ist. Hierauf verliest der Vertheidiger 
einen Brief desselben Prinzen dom 6. Dezember 1873, (7) worin 
er seine Hochachtung für Bazaine ausspricht. Ebie schmerzliche 
Bangigkeit scheiot sich nach dieser Verlesang über den Saal zu 
lagern. Die Ueberneidungen der Metzer Zeugen werden nue mit 
ein paar Worte bexührt und alsdann zur Berschwoͤrnng der Offi⸗ 
ziete gegen Bazaine überzegangen. Lachaud liese einige Schrist⸗ 
düde. in denen: der Rame Rossel mehrmals vo kommt und wird 
derselbe jedesmal Seitens des Verlesers gehörig betont. Die 
Bertheidigung eht nochmals auf den Kriegssa:d vom 10. Oktoder 
urück und sagt, nur Bazaine's Liebe zum Soldaten hätte ihn zu 
»em Entschluß, Unterhandlungen anzuknüpfen, geführt. Was die 
Affalre Boyer beträfe, „so hätte Bismarcdk sich auf das miluacische 
ind auf das politische Feld gestellt und es fei rein unmoͤglich 
zewesen, ihm dahin nicht folgen zu wollen. Im Uesb cigen sei 
man zuerß der Soldat, seines Landes und alsdann käme der 
Zoldot der Regierung. Die: Sitzung wird suspendit. 
Trtiiann on. Sitzung vom B. und 10. Dejzenber. Der 
Bertheidiger bespricht alsdann noch die hldeumüthige Aufopferung 
der Kaiserin, die sich direlt an den Sieger gewendet hätte, sowie 
die Mijston des General Boyer, in der er nur die Pflichureue 
ines braven Soldaten sieht, der bis zum letten Augenbeicke alles 
aufgewandt hat, um seinem Lande eia großes Ungluck zu etsbaren. 
Die Sitzung wird hierauf auf morgen vertagt. 
xrlanon, 10. Dezbr. Prozeß Bazaige. Lachaud schließt 
tine Vertheidigungssrede, iudem er betont, die Arme habe nicht 
m offenen Felde kapitulict, hierauf seze der Arukel 210 des 
Vilitürstrafges zouches die Todesstrafe, derselde sel also hier nicht 
anvenddar. 
Naq der Vertheidizungsrede Lachauds ergreift der Ragie— 
unaskommissär General Naurcet da? Wirt 10 iee en