Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler Znzeiger. 
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221. Samstan, den 8. Februar 1873 
Deritsches Reich. 2 Diegienhiedaa geschieht durch die Staatsanwaltschaft. 
twurs 8. 
Mänch en, 6. Febr. Seit langer Zeit dat keine die deut Di Die Kreuzzeitung verdffentlicht eine Adresse von 30 Berliner 
—— 8 8 . cte e —58 sie die Amisentsetzung des e, De. Sydow gutheißen und 
eich die Beseitigung der Schwurgerichte statuirt. Sie werden das ihren vn e —3 n 
auch aus einem Artilel ersehen, welchen die PVeuesten Nachrihten⸗ war, wie man der Wes. Ztig.“ schreib:, seht belebt, der letztere 
n ei e de Sasehen desse lhen de weichet lamet. gudtzeteuionm. Par gewann wgetad du een 
Man sagt fo häufig, das deutsche Volk habe durch den glorreichen — den wes ischen Minifteriums 
nainnnte n e e W e e e d gehhuet giceben 
aicht mit dem Versuche beleidigen, bei der Bethätigung des heiligsten — — —* e nen 
eine r Gefühle— des Rechtsgefüels — es unter Vormundschaft zu igen peet,frahee der Furst, e dent ietlich v eg 
tellen! Molliuckrodt behaupeet, Preußen habe die italienische Regierung 
870 aufgesordert oder ermaͤchtigt, don Rom Besitz zu ergreifen. 
Dies wurde von mehren Mitgliedern des Abgeordnetenhauses be⸗ 
aht. Der Fürst versicherie darauf, dies sei eine grobe Unwahrheit, 
»er Konig von Italien sei bei Beginn des Krieges mehr französisch, 
ile deutsch gesinnt gewesen. Dies antipathische Verhbältniß sei 
vährend des Krieges nicht gehoben worden und erst gegen Ende 
des letztern, oder gar erst nach dem Friedensschluß, sei die Wie 
derherstellung eines Einvernehmens mit Italien möglich gewesen, 
edenfalls sei jene Behauptung Mallinckrodt's, wenn solche ge 
allen, das directeste Gegentheil der Wahrheit, und Deutschland 
ei frei von dem Vorwurf, irgend etwas gethan zu haben, was 
zeeignet war, die feindselige Haltung Roms zu provociren. 
Wenn es wahr ist, schreibt man der Magdeb. Ztg.“, daß 
die kleineren bundesstaattichen Regie rungen deshalb auf den bal—⸗ 
zigen Zusammentritt des Bundesraths und des Reichstags gedriungen 
Jjätten, um in den Besiß des Restes der Kriiegscortributon zu 
gelangen, welcher nicht zur Dedung der gemeinsamen Ausgaben 
der zu Reicht zwecken verwendet werden soll, so dürften die von 
Tag zu Tag vollständiger werdenden Mittheilungen über neue 
Herwendungszwedt der Milliarden nicht verfehlen, eine gewisse 
leberraschung hervorzurufen. 
Nacdh der „Post“ beabsichtigt Kaiser Wilhelm im Laufe des 
Sommers mehre Provinzen zu bereifen. 
In der „Germania,“ welche erklaͤrt, daß ihr an einem Frie⸗ 
»en mit der jetzigen Regierung nichts gelegen sei, macht ein Graf 
d. einen „Vorschlag zur Güte“, indem er zur Bildung einn 
veißen Centrums (1) neben dem „schwarzen“ auffordert, , damut 
zieses, mit dem schwarzen verbunden, daß Gott geweihle schwarz⸗ 
veitze Panier bilde.“ Es ware der Sachlage nach vielieicht ange⸗ 
nessen, meint die „N. A. Z3.“ daneben noqh ein rothes Eentrum, 
im Herrn Bebel zu gruppiren und dieses schwarz;weiß rothe Con⸗— 
sortiun. dem deutschen Volke zur Nichtwiederwahl zu empfehlen. 
Ruch ein Vorschlag zur Güte. 8 
Frankreich 
Der „Courrier de Paris“ entnimmt einem Briefe aus Lon⸗ 
von, welcher angeblich von einer Person derrührt, die in Chisle⸗ 
jurst Bescheid wissen soll, folgenden scharfen Ausfall gegen die 
daiserin Eugenie: „Ueber die leßte Leidenszeit des Kaisers Napo— 
eon verlautet manche düstere Einzelheit. Der Kaiser hattte mit ge· 
valtigen körperlichen Schmerzen zu kämpfen; aber er hätté es 
orgezogen, sie zu ertragen, als sich der mehr als zweifelhaflen 
Operation zu unterziehen. Er war persoöalich ganz gegen die 
eßztere; die Kaiserin Gugenie rieth dazu. Sis hoffte davon den 
ẽrfolg, daß ihr Gemahl bald fähig sein würde, an dem zweimal 
Hereits projectirten Landungsversuch an franzoͤsischer () Kuste sich 
u betheiligen. Sie kam dader auf den Gcdaaken der Operalion 
nit der ihr eigenen Hartnädigkeit zurüd, der gegenüüber die Wider 
dandskraft Napoleans schon früher immer schwächer zu werden 
flegte. Sie hat ihn zu der Operafion geirieben, wie sie ihn ind 
)uu mex'karis Hen und dann in den deutseJen Krieg gedrängt hatt 
München. Die Untersuchung gegen Adele Spitzeder und 
Benossen ist noch in vollem Gange und wird bei der großen An⸗ 
ahl der Verdächtigen — gegenwärtig befinden sich 28 derselben 
n Haft — und bei dem Üümstande doß durch den gleichzeitigen 
Bantprozeß immner neues Material für die Criminaluntersuchung 
zewonnen wird, kaum vor den Spvätherbst zzum Abschluß ge⸗ 
angen. 
Der Allg. Ztg. ist eis Entwurf der neuen deutschen Straf- 
»roceßordrung zugegangen, aus welchem sie die wesentlichen Un⸗ 
erschiede zwischen dem Entwurf und der Mehrzahl der bestehenden 
)eutschen Geseßgebungen anführt. Als solche Neuerungen nennt sie: 
) Die Strafurtheile werden in erster Ixstanz nicht mehr von 
rechtsg-lehrten Richtern allein sondern überall unter Mitwirkung 
jon Laien gefällt. 2) Die erkennenden Gerichte erster Instanz sind 
Schöffengerichte. Sie zerfallen in die großen, mittleren und kleinen 
Schöffengerichte. 3) Die großen Schöffengerichte treten an die Stelle 
der seithergien Geschwornengerichte. 2) Die Schöffen üben in 
leichberechtigter Stellung mit den rechtsgelehrten Richtern das 
Richteramt in seinem vollen Umfang aus. 5) Gegen die Urtheile 
der Schöffengerichte sindet keine Appelation statt. Entwurf 8. 248. 
3) Dem durch eine strafbare Handlung Verletzten ist bei allen 
tafbaren Handlungen, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt 
»der bei denen der Strafrichter auf eine Buße erkennen darf, das 
Recht der subsididren Privatklage gewährt. Entwuf 8282. 7) In 
gleichem Umfange steht dem Verletzten das Recht zu, sich der 
vor der Staatsanwaltschaft erhobenen öffentlichen Klage bebufs 
Betriebes der Strafverfolgung als Nebenkläger anzuschließen. 
Futwurf 8. 314.. 8) Oer Strafrichter kann auf Antrag des 
Berletzten auch über die vermögensrechtlichen Ansprüche, welche dem 
etßteren aus der strafbaren Handlung erwachsen sind, entscheiden. 
ẽntwurf 8. 322 9) Der Beschuldigte kann sich schun im Vorver⸗ 
ahren des Beistandes eines Vertheidigers bedienen. Eatwurf 
Z. 120. 10) Der Beichuldigte und sein Vertheidiger sind befugt, 
den Beweiserhrbungen in der Voruntersuchung beizuwohnen. Ent⸗ 
vuf 8. 154. 11) Die Abwendung der Unterfu hungshaft durch 
Sicherheitsbestellung ist in ausgedehrtem Umfange zugelassen. Ent⸗ 
vurs 8. 103 ff. 12) Ein Cantumacial Verfahren gegen einen in 
)er Hauptverhandlung ausgebliebenen Angeklagten findet (abgesehen 
»on strabaren Handlungen geringfügiger Act) nicht statt. Entwurf 
z. 185 ff. 13) Gegen flüchtige oder abwesende Beschuldigte findet 
ine Hauptversammlung und artheilsfällung nicht statt. Entwurf 
3. 223. 14) Der Angeklagte iff befugt, zur Hauptverhandlung 
Zeugen und Sachverständige unmittelbar laden zu lassen. Entwurf 
3.176. 15) In der Hauptversammlung haben die Staatsanwalt⸗ 
chaft und der Angeklagte überall das gleiche Recht zut Mitwrikung 
zei der Beweißaufnahme. Entwurf 8. 194, 195. 16) Die Beeidigung 
der Zeugen erfolgt erst in der Hauptverhandlung. Der Eid wird 
dromissorisch geleistet. Entwurf 8. 58. 52. 17) Bei der Urtheils⸗ 
ällung ist zum Ausspruch des Schuldig überall eine Mehrheit 
jon zwei Drittheilen der Stimmenden erforderl'ch. Fetwires 213