Full text: St. Ingberter Anzeiger

Der Stadtrath von Paris will ein Anlehen von 250 
Millionen Fres. aufnehmen zur Vollendung von Straßen, Schul⸗ 
und Spitalbauten und zur Abtragung alter lästiger Schulden. 
Spanien. 
Madri, 7. Oktober. Hier eingegangenen Nachrichten zu⸗ 
folge setzte Don Carlos vorgestern den Geueral Dorregaray ab, 
worüber unter den Carlißen große Unzufriedenheit herrsht. Üeber 
seine angebliche Verwundung weiß man noch nichts Best'mmtes. — 
Die Carlisten haben 80 Bataillone und 15 Geschütze bei Lagu— 
bardia concentrirt. — Eine carlistische Abtheilung unter Befehl 
Madrazos warde vom General Reina geschlagen und zerstreut. — 
Vich wurde von den Carlisten erfolglos angegriffen. 
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fKaiserstautern, 5. Oct. (Feuerwehr.) In de 
am Samstag abgehaltenen Sitzung des Ausschusses des pfaälzischen 
Feuerwehrverbandes wurde die erfreuliche Thatsache consiatiri, daß 
dem Verbande 11 neue Feuerwehren, nänilich Altenglan, Hainfeld, 
Ilbesheim, Friedelsheim, Ensbeim, St. Martin, Flingenmünster, 
Billigheim, Rülzheim, Großcarlbach und Lauterecken beigetreten 
sind, so daß der Verband zur Zeit 48 Feuerw.hren zählt. 
Das Budget für 1874,75 ergab, daß der allgemeinen 
Feuerwehrcasse 1090 fl. zur Verfügung stehen; hievon wurden 
an Unterstützungen für 2 im Diensie verunglüdte Feuerwehrleute 
831 fl. angewiesen. 
Far Feuerwehrzwecke steht ein weiterer Betrag von 800 fl. 
zur Verfügung; hievon wurden 50 fl. an St. Martin, und 30 
fl. an Obrigheim überlassen, jedoch in der Weise, daß denselben 
bis zur Höhe dieses Betrags Ausrüstungsgegenstände von dem 
pfälzischen Feuerwehr-Depot aeliefert werden. — Ein Ausschreiben 
wegen weiterer Unterstüßzungen sol Ende d. M. erlassen werden. 
Das Ausrüstungs; Depot des pfälzischen Feuerwehr⸗Verbundes 
halle in der kurzen Zeit seines Bestandes schon einen Umsatz von 
nahezu 900 fl., darunter 700 Meter Schläuche, 40 Metzscht 
Gewinde, 60 Eimer u. dgl. 
Bestellungen im Betrage von über 500 fl. liegen auch vor, 
so daß ein Gesammtabsatz für das erste Halbjahr von über 1400 
fl. sich ergibt. 
Bezüglich der Armatur⸗ und Monturstüce wurde vorerst nur 
über Melfinghelme und Gurte entschieden; Helme von Magirus 
in Ulm, sowie Gurte von Beutenmüller in Bretten fanden Zustim⸗ 
mung und sollen dem Depot einverleibt werden. 
Für die Folge wird das Depot auch Auftraͤge auf Spritzen, 
Hackenleitern ꝛc. von bewährter Construktion entgegennehmen. 
Die Anbahnnng einer alljährlichen Controlle der Feuerlösch 
Anstalten durch Sachberständige wurden als im Interesse der 
Fortentwicklung des Feuerlöschwesens mit Freuden begrüßt und 
daran der Wunsch geknüpft, daß wie im Bezirksaute Kaiserslaäutern, 
dem sur die Initiative in dieser Sache Anerkennung gezolli 
wurde, auch in allen übrigen Bezerlsämtern der Pfahj diese so 
wichtige Angelegenheit gefördert werden möge. K. 3.) 
fKaiserslautern, 8. Oll. (Kais. 3tg.) Der 
Eigenthümer der sog. Schloßmühle, Herr Carl Herbig wurde 
gestern Abend gegen 8 Uhr don einem Mühlburschen, den er vor 
einigen Tagen entlafsen hatte, in seinem Hofe rücklings angefallen 
und mit einem frisch geschärften Messer in die Schuller gestochen. 
Die Wunde hat eine Tiefe von 7 Centimeter. Der Thater is 
verhaftet. 
Der K. Z.“ wird aus Rocenhausen, 2: Oct. gemeldet 
„Ein geheimnißvoller Vorgang hat fich in unserr Nähe zugetragen. 
Der Besitzer der sog. Wolfsmühle, zur Gemeinde Waldgrehweiler 
gehörend, Namens Schlemmer, begab sich gestern in Geschäften 
nach dem Städtchen Meisenheim. Gegen 10 Ühr Abends wur de 
er von mehreren Personen bis vor die Thüre seiner Wohnung 
gebracht. Als seine Angehörigen nachsahen, fanden sie ihn in 
bewußtiosem Zustande, Kopf und Gesicht mit Blut und Wunden 
bedeckt, an die Wand gelehnt, während seine Begleiter sich eiligs 
entfernten. Bei Ankunft des Arztes war zwar das Bewußtsein 
wieder einigermaßen hergestellt, jedoch wurden die Fragen desselben. 
ob er gefallen sei, ob er Streit gehabt hätte oder ob er unterwegs 
angegrfffen worden sei, nur mit einem stummen Kopfschütteln 
beantwortet, so daß man sich bis jetzt nur in Vermuthungen 
ergehen kann. Eine etwa zwei Zoll lange und ziemlich tiefe 
Wunde des Schadels läßt übrigens schließen, als ob dieselbe von 
einem scharfen Instrumente herrühre. Der Zustand des Ungluck⸗ 
lichen, der als ein thätiger und ümsichtiger Geschaftsmann betannt 
ist, ist bis jetzt sehr bedenklich und zweifelt man an seinen 
Aufkommen. 
fIn Mannheim sind bis jetzt für die verunglückien Mei 
ninger nahe an 8000 fl. zusam nengebracht worden. 
Leipzig, 1. Oct. (Aus der Rechtssprechung der 
Reichs⸗Oberhandelsgerichts, In der Gründerperiode bestellte 
ein Bankier telegraphisch eine Anzahl Actien einer seither „selig 
entschlafenen“ Bank bei einem audern Bankier, der mit Entgegen 
nahme von Zeichnungen auf das neue Papier beauftragt war. 
Aus irgend einem Grunde gab der letztere keine Aniwoit, und 
da inzwischen die Papiere gefallen waren, so verweigerte der 
Andere deren Annahme und Bejahlung, als sie ihm längere Zeit 
darauf geschickt wurder. Die Vorderrichter hatten diese Weisung 
für unbegründet erkllärt, weil das Ausbleiben der Antwort der 
Besteller nur zu einem, nicht erfolgten Widerruf der Bestellung 
berechtigt habe. Diese Entscheidung wurde auf Grund des Art 
319 des H. G.B. als rechtsirrthümlich vernichtet. Danach ist der 
Vesteller (Antragsteller) gar nicht mehr an seine Offerte gebunden. 
wenn nicht rechtz.itig Antwort erfolgt. 
F. Oeffentliche Blätter enthalten folgendes Inserat: „Neben— 
verdienst! Anterzeichneter vecschafft Jedermann, der ihm franko 
1Thyaler baar oder in Briefmarken einschickt, sofort Mittel unm 
Wege, einen fichern, reellen Nebenberdienst von wöchentlich 8 bis 
10 Gulden zu erwerben. C. Firmin, Schafshausen. Briefe ⁊c. aut 
Deutschland erbitte Adresse C. Fitmin in Waldshut GBaden)“ 
Einer, der auf diesen Leim gegangen, berichtet über diesen „lutta. 
liven Nebenverdienst“: „Da 'iich in dieser schlechten Zeit auch gerne 
einen RNebenverdienst von zehn Gulden wöchentlch mitnehmen 
möchte, schickte ich 1 Thlr. an Herrn Firmin ein. Und was 
erhielt ich dafür? Eiue gedruckte Anweisung, wie man am besten 
Nadeln, Stahlfedern, Papier, Scheeren, Brillen und Kämme darch 
Haufiren zum Verkauf bringen kann. Hr. Firmin erbietet sich auch, 
die obigen Artikel, sowie die dazu gehoöͤrigen Circulare dem Kaufer 
um dilligen Preis zu liefern, — also eine Reklame für das eigene 
Beschäft, die sich det Herr mit 1 Thalet bezahlen läßt!“ Der also 
Beleimte warnt das Publikum vor diesem Sqwindel. 
FDer „Figaro“ erzählt unter seinen demischten Nachrichten 
folgende tomische Geschichte: 
Seit einigen Tagen befand sich in Paris ein Mäcker von 
Goldarbeiterwaaren, Namens Philipp Kebbs, welcher für Rechnung 
des Londoner Hauses „Body and Son“, eines ver bedeutendsten 
von Bond⸗Street, reist. Kebbs, der ein wenig Franzdsisch spricht, 
machte während seiner letzten Reise Bekanntschaft mit drei richtigen 
stadikalen vom Boulevard Saint-Michtl und vorgestern lud er sie 
zum Essen bei einem Kneipenwirth am Quais des Oꝛrfevres. Daß 
dabei tüchtig dem Glase zugesprochen wurde, versteht sich eben so 
von selbst, wie daß man sich in Lobessprüchen auf die unsterblichen 
Prinzipien von 89 und in Schmahungen auf die Tyrannen erging. 
Als man nun um Mitternacht die Sitzung aufhob, war Kebbs 
fürchterlich betrunken. Schwankenden Fußes macht er sich auf den 
Weg, ein kleines Felleisen, in welchem er seine Juwelen verwahrt 
und das er nie von seiner Seite läßt, in der Hand haltend. Am 
Pont Neuf blieb er stehen und begaun dort plötzlich mit heiserer 
Stimme unter den Augen eines Stadtsergeanten, der kein Wor! 
2erstand zu rufen: „Povn with tho Kings!“ Mieder mit den 
Königen ) Dann schien ihm plötzlich eine Idee zu kommen: er 
lehnte sich an das Brückengeländer, öffnete sein Felleisen und holle 
daraus ein prachtvolles Diadem von Gold und Perlen, welches 
ursprünglich für die Herzogin v. Southerland gefertigt, abec nicht 
Angenommen worden war, hervor und wandte sich zu dem Poli⸗ 
zisten mit den Französisch gesprochenen Wotien: „Mir ekelt vor 
den Kronen, Vive la rèpubli que!“ Und ehe der Andere es sich 
versah, warf er, wie der Narr Paddock in dem Becher des 
Königs von Thule“ das Kleinod in das Wasser. Kebbs wurde 
auf den nächsten Posten geführt, wo er bald wieder zur Besinnung 
kam und nur heiße Thränen über den tollen Streich vergiezt. 
Man wird zufehen, daß Taucher heute das Diadem aus der Seine 
jervorholen. Dosselbe hat einen Werth von 25,000 Francs. 
— J 
Ein Correspondent der Pf. Zig.“ Pezeichneden heutigen 
pfälzischen Tabak im Allgemeinen als ein dickhäutiges lastiges, 
eineswegs sehr blattreiches Gewächse; Ausnahme gibteß Sin 
enen Orten, die rechtzeitig einweichende Gewitterregen hatten. 
In Folge davon zogen die ülteren leichten Tabake im Preis an. 
Der Einkauf in Sandblatt hat begonnen, in Oberlanded wurden 
12 bis 13 Il., in Harthausen für schöne, feine blattige und trockene 
Waare 15 fl. gelöst. 
In Rheinhessen wird das Malter Aepfel zu 3 fl. und auch 
2 fl. 30 kr. verkauft. Im verflossenen Jahre wurden 10 - 12 fl 
für das Malter dezahlt. Die Aepfelwemtrinker können sich auf 
einen guten Schoppen steue⸗ò8 — 
Wer auf solide Weise einen Tmdsversuch machen will, benebe 
sich an Herrn M. Steindecker in Hamburg, Dammthorstraße 36, 
sofort zu wenden.