Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberker Anzei 
St. Ingberker Anzeiger. 
der St. sJ —X bereter Anzteiger (und das mit dem Dauviblatte verbundene Unaterdaltunasblatt, mit der Dienstazs⸗, Dounerstags⸗ and Sonntags 
Ammer erlcheint wöchentli d piermal: Dinstag, Donnerstag, Sumstaa und Sonntags. Adonnementspreis vierteliährig 42 Ktrit. obe 
1 Mark 20 R.pPfi. Anzeigen merden mrit 4 Krir. die dreiĩp altige Zeile Glattssdeirt oder deren Kaum berechnet. 
Donne rstag, den 20 Mai 
78 
gZ8 
Deutsches Reich. 
München, 17. Mai. In Bezug auf das vielbesprochene 
Blaumontagmachen? hat der oberste Gerichtshof heute ein höchsi 
hges Uriheil gefällt. Das k. Bezirlsgericht Traunstein haite 
zrei Handweilsgesellen, welche wegen Blaumontagmachens von 
hrem Meister angeklagt wo den waren. freigesprochen unter der 
Notivirung, daß die Reichsgewerbe rdnung den Contract lediglich 
ron cibilrechtliher Seite berrachtend, Strafbestimmungen für den 
Fontractbruch nicht lenre, und daß de einschägigen Bestimmungen 
A Landeszesetze nicht in Anwendung zu kommen haben, weil 
ne diesen vorgehen. Der oberste Ger'chtshof hat dlese Auffas⸗ 
sng als irrig erklärt und die Sache zu abermaliger Verhandlung 
m kinen anderen Senat desselben Gecichts verwiesen. In den 
Fatsch · dungsgründen herßzt es es: Der Contractbruch der Hand 
vertsgesellen und der eigenmächtige Arbeitsaustritt derselben wurde 
hon in den ältesten Zeiten in deutschen Reiche und insbesonb.re 
Bayern nicht blos als eine civiltechtliche Differenz zwischen 
urbeitgebern und Arbe' tnehmern behandelt, sondern mit öffentlicher 
Sirafe telegt. Dabei wurde namentlich das sogenannte 
zlaumontagwachen ein unter dem elten Zunflwesen und den Ge— 
ellenverbrüderungen entstandener, bis in de Gezenwart uoh nicht 
msgerotteter Handwerksmißbrauch überall einer strengen, öffentlichen 
Ahndung unterwerfen. Aus der Belegung des ungeiech fertig'en 
Arbeitsbruches, des häuslichen Ungehorsams und des Blaums« 
jag »achens mit öffentlichen Strafen gehyt zweifellos hervor, daß in 
Bahern diese Diensipflichtverletzung als eine Gefährdung des öffent⸗ 
sichen Interesses angesehen wurde.“ Wenn durch die megatto 
Wirlung der Reichsgewerb-Ordnung auch die auf den Contractt 
yruch bezüglichen Bestimmungen des baher. P.⸗St.“G.⸗“B. vom 
Jahie 1871 in Art. 155 Absatz a und den folgenden, welche 
—— 
o ist dies keineswegs mit Absatz des Art. 155 der Fall, wenn 
handwerksgesellen, Gewerbsgetilsen, Lehrlinge und Fabritarbeiter 
mit Strafe bedroht stud, welche den sogenanaten Blaumontag feiern. 
Allerdinzs schließt das Blaumontagmachen auch einen At beitzbruch 
in sich; aber nichht diese Sei:e sah sich die bayer. Gesetzgebung zu 
hestraken veranlaßt, sondern die in dem Blaumontagmachen liegende 
Gefährdung der öffentlichen und den nachtheiligen moralischen Ein⸗ 
fluß auf die sociole Ordnung. Diese spez fische Seite wurde in 
der norddertschen Gewerbeordnung nicht in Betracht gezogen. Es 
tiegt hier ein Reat vor, welches von Amtswegen und nicht auj 
Amrag zu verfolgen ist. 
Münsch'en, 17. Mai. Der dentsche Botschafter in Par's 
Fürst v. Hodenlohe ist heute von hier auf seigen Posten zurück 
Jelehrt. Seine Familie begab sich, engezen den früher getroffe 
nen Bestimmungen, nach Aussee in Steiermark. 
Berlin, 15. Mai. Der „Post“ zufolge ist der Termin 
zut zwei nstanzlichen Verhandlung gegen den Grafen Arnim auf 
den 15. Juli festgesetzt. 
Berlhin . 15.5 Mai. Die „Norddeutsche Allgemeine Zei— 
ung“ hebt abermals hervor, daß das Envernehmen zw'schen 
Deutschlard und Frankreich niemals besser gewesen sei, als gerade 
n den letztverflossenen Wochen, und erinnert außerdem an den 
Urtilel der Reichüverfassung, in welchem es heißt: Zur Erklärung 
nes Krieges Namens des Riiches ist die Zustimmung des Bun— 
desrathe? erforderlich, außer wenn ein Angriff auf das Bundesge⸗ 
vbiet erfelgt. 
Berdlin, 17. Mai. Der Kaiser wird noch den 7. Jun 
ns den Todcsiag seines Vaters hier zubringen und dann nach 
ẽms gehen. 
Berlin, 17. Mai. In der Siadt sind, wie der „Koͤln. 
ztg.“ geschrieben wird, einmal wieder Gerüchte über Rücktritts⸗ 
bsichten des Reichskanzlers verbreitet. Dieselben sind ganz unbe— 
gründel, und es ist nur zu hoffen, daß wir mit unnsthigen Kiifis- 
betrachtungen verschont bleiben. 
Baden-Paden, 16. Mai. Die Kaiserin Augusta ist ge— 
dern Abend. hon Schwebinden kummend. h'er e'nagetroffen- 
Fulda, 15. Mai. Man versichert, daß der preußische Cpis⸗ 
copat in seiner jüngsten Gesammteingabe seine Haltung gegenüber 
dem Unfehlbarkeitsdozma eingehend zu rechtfertigen suche. 
Straßburg, 16. Mai Der seitherige Gouverneur von 
Straßburg, General der Cavallerie v. Hartmann, ist durch aller⸗ 
söchste Cibinetsordre pom 12. d. M. in Genehmigung seines Ab— 
ch eyscesuches mit Pension zur Disposition gestellt und ihm gleich— 
eitig der königl. Kronenorden 1. Classe am Emaillebande des 
sothen Adler-Ordens verliesen worden. Der General hat sich 
nach Freiburg in Baden zurückgezogen. 
Frankreich 
Paris, 17. Mai. Es bestätigt sich, daß Prinz Repoleon 
ein Manifest erlassen wird, in welchen er sih gesen die Doktrin 
bon der Berufung an's Volk und gezgen jedes Versuch zur Wie— 
derherstellung des Kaiserreichs aussprechen und sich offen zur Repu— 
blik bekennea will. (7) 
Aus offizieller spanischer Quelle verlautet, daß der päpstliche 
Nuntius in Madrid mit großem Ungestün de Wiederherstellung 
der religiöbsen Einheit in Spanien verlange, die spanishhe Regie— 
rung jedoch fest ents lossen sei, die Freiheit det Glaube ibekenntnisse 
azufrecht zu erhalten. 
Desterreich. 
Wien, 16. Mai. Bezüglich der in Berlin zwischen dem 
deutschen und russischen Reichskanzler gepflogenen Verhaudlungen 
st das diesseitige Cabinet vollständig auj dem Laufenden erhtalten 
worden. (Beweis genug, daß Oesterreich mit Deutschland und 
Rußlaud Hand in Hand gehen will). Wenn dagegen übereifrige 
Stimmen von eingehenden Instrukt onen an den zu jenen Verhand— 
lungen zugezogenen österreichischen Botschafter sprechen, so wird 
einfach zu demerken sein, daß der Botschafter an den Verhand— 
lungen nicht Theil genommen hat, daß also auch keire Veran— 
lassung geboten war, ihn dafür mit besonderen Insteuctionen aus— 
zurüsten. 
Bermischtes. 
7 Vorgestern (18. Mai) feierte Herr Honorar-NRath F'tting 
am Appellatiouszerichte in Zweibrücken und desser Ehegattin 
Antoinette Bernhardine Louise Julie Fitting, geb. Petri, ihre 
goldene Hochzeit. Beide Jubilare erfreuen sich trotz ihres 
sohen Alters einer guten Gesundheit. 
Am letzten Mitwoch entlud sich über die Feldmark von 
Speier e'n wolkenbruchartiges Gewitter wit zehn Minuten an⸗ 
»auerndem Hagel in der Größe von Vogeleiern, nachdem Abends 
»orher ein siarker Gewitterregen vorausgegangen war. Der in 
Blüthe stehende Roggen hat dadurch Schaden gelitter, Kirschen 
und Aprikosen wurden vom Hagel abgeschlagen und der junge 
Taback und andere Pflanzen sind iehr oder minder geschädigt. 
— Die „Pf. Ztg.“ meldet aus Germersheim, 16. Mai. 
Vorgestern wurde Garnisons-Verwaltungs-Director Pauli hier 
verhaftet. Man bringt diesen Vorfall mit einer ähnlichen Ver⸗ 
jaftung in Würzburg in Zusammenhang. Die Arrestation erfolgte 
zurch die Civilbehörde, da der betreffende Hert zu den „Cibilbe⸗ 
amten der Militärverwaltung“ gehört. 
Aus Bssrrstadt werd dem „Nordpf. W.“ gemieldet: 
Unter den Passagieren des gestrandeten Dampfers „Schiller“ war 
auch Hecr Rentner Nathan Beder, gedürtig von hier, mit Frau, 
und es steht wohl außer Zweifel, daß auch diese Fam lie ein 
Dpfer der Wellen geworden ist. Nach den letzten Mittheilungen 
ist die Leiche der Frau Becker aufgefunden worden. Herr Becker 
hat hier noch einen Bruder und eine Tanke, für welche Beide 
er immer reichlich forgte. 
Muünchen, 14. Mai. Aus dem Fond? für Pflege und 
Förderung der Kunst hat S. M. der König auch einen Zuschuß 
on 6000 fl. für das Unions-Denkmal in der Stiftskirche zu 
ZaiserSlautern bewilligt. (Nachdem bereits der Protestanten verein 
einen Zuschuß geleistet, hatte die Kollette im Ganzen nur 13,773 
A. ettragen: erforderlich aber sind mindestens 17.000 il. Di—