Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
der St. Anaberter Anzeiger (und das mit dem Haudtdlatte verbundene Auterhaltunztblatt, mit der Dieastaas⸗, Dounerataas- and Soxntag 
mmer ericheint wochentlis vine rein a 1:3 Din 2t4 4a. Doncerstail, 51 43t14 412 Sↄ2antas- L 2442 ue itsürι victeliagtia 12 Ærit. ode 
. LAMark 20 R.Pfg. Anzeigen werden mit 4 Ærir. die dreipaltige Zeile Blattfchrift oder deren Raum bere dnet. 
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Samstag, den 18. November 
XMITO 
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Deutsches Neich. 
Munden,“s. Novd. Das Staatsministerium des Innern 
jat in einer soeben ergangenen Entschließung ausgesprochen, daß 
zie Reamten und VBediensseten, welche dei der am 1. Dea. d. J. 
sattfir denden Volfszahlung in al iver oder passiver Weise thätig 
—IEXD siud. 
Soweit dieselben insbesondece als freiwillige Zäühler in Anspruch 
jenommen sind, haben säinmtliche Vorstände der dem genannten 
Hinisterium untergeordeten. Stellen und Behoͤrden — wenn es 
irgendwie ohne Becintröchtigung der dienstlichen Interesse moͤglich 
stt — diejenigen Anordnungen zu treffen, durch welche den als 
Zähler verwendeten Beamten und Bediensteten eine solche Geschafts⸗ 
vefreiuig bezw. Geschäfiserleichterung gewührt werde, daß sfie ihr 
benso wichüges als schwieriges Ehrenamt entsprechend zu ecfüllen 
un Stande sind. 
München, 9. Nod. Nach dem nunmehr hieher gelangten 
Haushalts: Etat dis deutschen Reiches für die Jahre 1876, wie er 
dem Bundesrath vorgelegt wurde, berechnet sich für dieses Jaht 
der Etat für die Militärberwalteeng von Bayern aus 41,600,283 
Mark, um 1,088,624 Mark mehr, als im laufenden Jahre. 
Die Kopifstärke des bayerischen Kontingents ist, wie bisher, mi 
18,244 Mann in Anrechnung gebtacht. — Die in Uebereinstim⸗ 
nung mit der kürzlich publicirten kaiserlichen Verordnung füc das 
stönigreich Bayern ze erlassende Heerekordnung unterliegt zur Zeit 
dereiis der allerhöchsten Geuehmigung des Königs und wird deren 
Publicirung in lüizerer Zeit zu erwarten sein. 
München, 9. Rob. Die Vorstellung der Erzbischöse und 
Bischoöfe Bayrns, betreffend die Altkatholiken, die Schulen und die 
religiosen Orden ist ohne Versügung des Königs an das Cultus- 
ministerium gegeben worden. (A. 3.) 
München, 10. Nov., Nachdem eine im Laufe dieses Jah 
es gçepflogene E hebung ergeben hat, daß die über den Gewerbe 
detried im Un herziehen durch Ausländer bestehenden Vorschrifte 
hon einer größeren Anzahl don Tistriktsverwaltungen noch immer 
vicht genau defolgt werden, macht das k. Staatsministerium des 
Innern auf folgende Punkte aufmerksam: 1) Die Ausländer üter- 
haupt haben keinen Anspruch auf Zulassung zum Gewerbebetriebe 
und Umherziehen. Von den Distrikisverwaltungsbehörden, welche 
sur Ausstellung von Legitimationsscheinen zum Gewerbebetriebe im 
Umherzieben an Auslönder besugt sind, wird erwartet, daß sie hie⸗ 
oon einen bemessenen Gebrauch machen, in jedem Folle aber auf 
nas Gen. ueste prüsen, ob die allgemeinen Voraussetzungen der 
Bhewerbeordnung gegeben sind. Die Ertheilung des Legitimatious 
scheines auf dem Korrespondenzwege ist unstatthaft; 2) die Ange— 
hörigen der österr. ungar. Monarchie siad von dem Gewerbetriebe 
m Umherziehen in Bayern ausgeschlossen, mit Ausnahme a. der 
Tyroler in Beziehung auf din Handel mit Noͤrdlinger Teppichen, 
d. der Bewohner von Steiermark und Tyrol, welche mit Se«sen 
und Wetzsteinen und mit Töpferwaaren aus dem Bezirle Kroöning 
in Riederbay rn handeln. 8) Diese Bestimmungen gelten für jede 
Art von Gewerbebetrieb im Umherziehen, also auch für das Halten 
der sog. Wanderlager, mit Ausnahme der in 8 59 der Gewerbe 
vidnung behundelten Saau- und Vorstellungen u. s. w. 4) Aus— 
ander, welche mit einem von einer hiefür zuständigen nichtbayeri- 
schen deutschen Be drde ausg stellten Legitimationsscheine versehen 
ind, müssen nach Bezahlung der Abgabe und dec Gewerbesteuer — 
z 24 der Vollzugsverordnung zur Gewerbeordnung — zum Ge—⸗ 
verbebetriehe in Bayern zugelassen werden. 5) Wenn Ausländer 
mit einem Legit mationsscheine betreten werden, der von einer hie⸗ 
ür nicht zuffär digen Betörde ausgestellt ist, so ist unter genauer 
ngar des Thatbestandes an genanntes Minisierium Anzeige zu 
tstatien. 
Berlin, 8. Nov. Die Me hrheit der freilonservativen 
Frak ion im Reichsstage hat sich, wie wir hören, gegen die Beibe⸗ 
altung der Eiseazölle erklärt. Auch die Centrumsfraktion neigt 
ich euischieden zum Freihandel, so daß die Beibehallung der Zolle 
auf importirtes Eisen neben Herrn v. Kardorff nur wenige Für⸗ 
precher finden wird. *7 84 
Berlimn, 9. Nob. (Sitzung des Reichslages.) Berathung 
es Gesetzes über den Reichsinvalidenfonds. Nach einer,t laͤngeren 
Debalte, in welcher der Bundeskommissär Piichgelis die solide unter 
Wahrung der Reichsinteressen erfolgte Belehnung der Fonds noch⸗ 
mals beionte, wurde dasselbe an die Bodgetlommission verwiefen. 
Der Stenglein'sche AUntrag auf Umwandlung der Acitien in Reichs⸗ 
währung wurde in erster Lesung erledigt. Die zweite Berathung 
vurde ausgesetzt. Der Antrag von Dunder und Hänel auf Ein- 
etzung einer besondeien Commission für die elsaß⸗lothringischen 
Landesangelegenheiten wurde abgelehnt, das Gesetz betreffind die 
Zntschädigung der Inhaber der Justizdiensistellen in Elsaß⸗Loth⸗ 
ringen in erster und zweiter Lesung genehmigt. Schließlich wurde 
die Milaliederzahl der Musterschatz Commission auf 21erhoöht. 
Nächste Sitzung morgen. 
VWerlin.“ 9. Rovb. Die Reichsjustizcommission ging beule an 
die Verathung des Titels „Amtsgerichte“ (gleich unseten bayerischen 
dandgerichten). Auf eine Anfrage des Abg. Dr. Lasler, bezug⸗ 
ich der Ausarbeitung der Organisationspläne in den einzelnen 
zcutschen Siaaten, erklärte der Staatsminister Dr. Leonhardt, daß 
er für Preußen den Plan habe, große Oberlandesgerichte, in der 
Regel eins für jede Provinz, zu schaffen, die Landgerichte Bejirt s⸗ 
Jerichte) gleichfalls für große Bezirke, ia der Regel von mindestens 
250, 000 Einwohnern. einzurichten und die Amisgerichte thunlichst 
mit mehreren Amisrichtern zu besetzen. Nach einer Aeußerung des 
zayerischen Bevollmächtigien scheint es dagegen in der Absicht der 
haherischen Regierung zu liegen, für Bayern weit tleinere Ober⸗ 
landes⸗ und Landgerichisbezitke im Anschluß an die jetzt dort bes 
ehenden Einrichtungen der Organisation zu Grunde zu legen. 
Zine lekbhaste Debatle entspann sich über ßS 11: „Für die Ver⸗ 
jandlung und Entscheidung von Straffachen werden bei den Amts· 
serichten Schoͤffengerichte gebildet, dessen Streichung von den 
Abgeordneten der Fortschritispartei beagutragt worden war. Füt 
die Streihung wurde geltend gemacht, das Schöffeninstitut sei ein 
nnerlich vicht zu rechtfertigendes, welches nur den Schein eines 
Tollegs schaffe, in der That aber dem vorsitzenden Richter ein 
ocdentliches il⸗bergewicht gewähre und auf der anderen Seite die 
Schöffen in die Lage bringe, über Rechtsfragen und über sonßige 
Berältrisse, zu deren Beuttheilung sie werig geeignet seien, urtdei⸗ 
len in müssen. Zu Gunsten des Eatwurfs wurde dagegen hervor⸗ 
Jehoben, das Institut der Schöffen bei den Amtsgerichten dabe sich 
aͤberall, wo es bestehe, dortrefflich bewährt und genieße daselbst 
allgemeinen Beifall; es fei außerordentlich geeignet, der Polize straĩ⸗ 
chtspflege das so nöthige Vertrauen :im Vo.ke zu cewähren, es 
sei ein weilerer Schritt auf dem Wege, Laien in die Strafrechts⸗ 
flege einzuführen; es gewähre Schutz gegen etwaige Wellküclichkei⸗ 
en urd Üeberhebuͤngen des Einzelrichters, sowie gegen übereilie und 
zberflächl:che Verhandlung und CEnischeidung der einzelnen 
Zachen, letztere seien ihrem bei weitem groͤßten Theile der Art, 
zaß die Schöffen sehr wohl zur Aburtthzeilung derselben im Sia. de 
selen. Bei der Abstimmsng wurde 8 11 mit 17 gegen 9 Siim⸗ 
men angenommen. 
Großes Aufsehen macht der Entschluß des Dt. Lasler, aus 
der Reichtjostizcommission dis Neichstages auszutreten. Es waren 
wohl Meinungsaberschiedenheiten zwischen ihm und der Majoritat 
hderdor zetreien, die auszugleichen Lasler für unmöglich etachiet, und 
o will er nicht eine Disharmoni: shöffen, die bei den Venathungen 
aur störend sein koönnte. (Die „Naltlib. Corr.“ schreibt; Das 
Ausscheiden des Abg. Laeker aus der Justizcommission ist noch 
einetwegs entschiedene Thatsahe. All rdings wünschea auch die 
Freunde desselben, daß er nicht zu rasch mit einer Gesqhäflslast 
derhauft werde, welche seiner immerhin noch dir Schonung ke⸗ 
ürftigen Gesundheit nachtheilig werden tbunte. Sie hoffen abet, 
vaß er sich entschließen wind, die noehwendige Etleichterung auf 
indere Weise, ala durch den Austritt aus der Commission zu be⸗ 
vinnen, welche sich mit der weitaus dedeutendsten Frage, die heute