Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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HDer St. In bereer Anzeiger (und das mit dem Handptblatte verbuadene Auerzaltunzszblatt, it der Dienztags⸗, Donnerttaque and Souniag 
12amer erscheint ub hentti s dieren al: Dinstag, Donfers taz, 5 3u ai tar. Laain: ae itsareis vierteliädrig 42 Krir. ader 
1 WMark 20 R.Pfz. Anzeigen verden mit 4 Krizr. die dreiüpiltige Zeile Blattshriit oder deren Raum bere hnet. 
M ISZS Samstag, den 20. Toverber 
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Dentsches Neich. 
München, 17. Nov. Das k. Finanzministerium gibt be ⸗ 
tannt, daß mit dem 1. Jarnar 1876, an welchem die Reichswäh⸗ 
tungin Krift tritt, die süddeutschen Sche idemünzen, nämlich die Sechs⸗ 
kreuzers, Dreilreuzere, Einkreuzer⸗, Zweispennig · und Einpfennig⸗ 
ftücke kraft des Gesezes (Art. 6 des Münzgestzes vom 9. Juii 
1873) außer Kurs gesetzt werden und die Einlösung nur noch 
zinnen einer noch zu bestimmenden Feist erfolgh. 
Berlin, 16. Nopb. Der Buudesrarh hält morgen eine 
Blenarsitzung, in welcher die Strafgesetz Novelle berathen werden 
soll. Preußen beantrogt noch eine Verschärfung der 88 118, 114 
und 117 des Reichsstrafgesetzbuches: es soll nämlich, wer einen 
Beamten durch Gewalt oder Drohung zur Vornahme oder Unter⸗ 
jassung ener Amtshardlung zu nöthigen unternimmt, mit Gefänge⸗ 
uiß nicht unter 3 Monaten bestraft werden (bisher war der nirderfie 
Sttafsatz nicht ficirt, kounte also auch auf eine geringere Strafe 
erkannt werden). Eben so soll Gefängniß nicht unter 3 Monaten 
treffen denjenißgen, welcher einem Forstbeamten, Jagdberecht'gien, 
Woldeigent jümet, Wald- oder Jagdaufseher durch Gewalt oder 
Bedrohung in Ansabung seines Amtes oder Nechies Widerstand 
æistet. Mit Gefängniß nicht unter 14 Tagen soll belegt werden, 
ver Gendarmen, Gerichtsdienern und anderen m't dem BSolljug 
der Verfügungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden betrauten 
Personen mit G walt oder Drohung Widerstand leistet. — Baden 
zeantragt ferner, in den 8 360 noch einzuschalten, daß mit Geld⸗ 
arafe bdis zu 50 Thalern oder mit Haft bestrafs werden soll, wer 
zegen Entgeld fremde, im 1. Lebensjahr stehende Kinder in Pflege 
und Wartung nimmt und dei Ausübung dieses Gewerbes die her— 
für ergangenen Anordnungen üdertritt. — Für die Verschaͤrfung 
der 88 118. 114 und 117 wird geltend gemacht, diuß sich der 
durch das Strafgeseß den detr. Beamten ꝛc. gewährte Schutz als 
aicht ausreichend erwiesen habe, für den Zusatz zu 8 360 daß 
die vielfach gemachten Etfahrungen lehreu, wie nothwendig eine 
strenge Ueberwachung der die Pflege fremder Kinder als Gewerbe 
treibenden Personen ist, daß ater die Gewerbeordnung dafür keine 
Handhade bietet, die nun darch diesen Zusatz gegeben werden soll. 
Berlin, 16. Nov. In gut uutterrichleten Kreisen ist neuer 
dinas die Asicht vitbreitet, daß der Verfasser der Broschure Pro 
Nihilo“ der Sohn des Grafen Armim, der in dieser Affaire be⸗ 
ceits früher mehrfach genannte Baron v. Arnim-Schlagenthin sei 
Berlin, 17. Nov. Der Reichstag nahm in drilter Lesuug 
nen Gesetzentwurf über die Enischädigung der Juhaber elsaß⸗loth 
ringischer Justizdienststellen en; ebenso den Gesetzentwurf wegen 
Desinfeclion der Eisenbahnwagen, lehterer wesentlich untet Wieder— 
jersttillung der Regierungsvotlage, rachdem Staatsminister Delbrück 
erklärt hatte, daß der Bundesrath den verschärfenden Beschlüssen 
der zweiten Lesung nicht zustimmen tönne. Der Antrag, den Reichs 
lanzler zu erneuten Anstreüzungen behufs Oeffnung des London⸗r 
Parktes für deutsches, Feitvieh (das wegen Furcht vor Rinderpesi 
vort nicht zugelassen wird) aufzufo:dern, wude angenommen und 
der Antrag Stengllin wegen Umwardlung der Actien in Reichs— 
vährung nach der von Wolffsson vorgeschlagenenen präciseren 
Fassung in zweitet Lesung genehmigt. Es folgie sodaun die erste 
Berathung des elsaßelotgringischen Etats. Bundescom n'ssär Herzog 
ateu tete die Vorlage, wobei die Wünsche dis elsaß⸗-lothringischen 
dandesausschusses beücksichtigt worden feien, und sprach diie Hoff 
aung auf eine künftig regere, dem Lande ersprießlichere Betheilig— 
ung der elsaß-lotßrigischen Reichstagsarbeiten aus. Die weilere 
Berathung dieser Vorlage erfolgt am nächsten Freitag. 
Berlin, 17. Novbr. Dee „Prov. Corr.“ zufolge wird 
n Bismarck voraussichtlich in den nächsten Tagen hierher zurück 
lehren. 
Berlin. Staatsanwalt Tessendorf giebt bekannt, daß die 
Deschlagnahme der Schrist Pro nihüo⸗ wegen Beleidigung des 
daisers, des Fürsten Bismarck und des Auswartigen. Amts angeord ⸗ 
net und gerichtlich bestäͤtigt worden ist. 
Stuttgart, 15. Nod. Der Schw. Merk.“ will aus un⸗ 
terrichleter Qurlle erfahren haben, daß vom 1. Januar ab eine 
rad'cale Umanderuug des bisherigen Telegraphengebührensystems in 
Deutschland vor fich gehen soll. Der Kern der Planes ist Ein⸗ 
jührung der Einheitstaxe und Berechnung nach Worten, an Sielle 
des jetzizen Zonensystems, der Minimalsatz von 20 Worten und 
28 Aufsteigens von 10 zu 10 Worten. Nach dem neuen System 
würde ein Telegramm in jeder Entferaung, gleichviel ob von 
Berlin nach Potsdam oder von Memel nach Mülhausen, kosten: 
2. jedes Wort 5 Pf., also z. B. ein Telegramm von blos 85 
Worten (doch wohl das kleinfse denkbace, welches zur Adresse, 
Unterschrift und etwa eine einfache Bejahung oder Verneinung ꝛc. 
enthielte) 45 Pf., ein solches von 20 Worten 1 Mark 20 Pfg. 
Bisher kostete das wohlfeilste Telegramm, 20 Worie der kleinsten 
Zone 500 Pf. Dieses würde also auf 1 Mark 20 Pf. fich steigern. 
Sin einfaches Telegramm von 20 Worten kostet jetzt z. B. von 
Berlin nach Stuttgart 1 Mark 50 Pf.; ein solches würde nach 
dem geplanten Einheitssatze nur mehr JMark 20 Pf. beiragen. 
Es erhellt aus dem Plane und zeigt sich in diesem Beispiele, daß 
die Telezramme auf weitere Entfernungen sich billiger stellen 
verden, daß aber die Telegramme innerhalb dec bisherigen ersten 
Zone, wenn sie nicht auf das Minimumn von 4 oder 5 Worten 
reducirt werden können, ansehnlich höher zu stehen kommen werden, 
als bisher. Denn schon ein Telegramm von 10 Worten würde 
ünftig auf 70 Pf, zu stehen tommen. Die Vortheile des Planes, 
pie Vereinsachung und Herabsetzung der Toxe für weilere Eut— 
ernungen leachten nun allerdings auf dea ersten Blick ein. Allein 
es wecrfen sicß sofort auch die Schattenseiten auf. Der Erfolg der 
Maßregel ware derselbe, vie er mehrfach in den letzten Jaͤhren 
A Entlastung des Großber⸗ 
lehrs, der großen Geschäfte, auf Kosten der kleinen, des lolalen 
Berlehrs. 
Aunsland. 
Wien, 17. Nov. Auf besondere Einladung des Kaisers 
von Rußland wird Eizherzog Albrecht zu dem am 8. Decraber 
tatifindenden Georgeseste nach Petersburg reisen. 
Paris, 17. Rov. Der Marschali Praͤsident hat ein Schrei⸗ 
hden des Königs von Däuemark erhalten, worin der Koönig bedauert, 
daß et nicht habde nach Paris kommen können, und dafür den 
Besuch der Königin und der Prinzessin Thyra fur den Anfang 
Dezember verspri ut. — Der Erzbischof von Lyon, Monfeigneur 
Sinoulhiac, ist gestorben. 
Dem Vernehmen rach stellt Don Carlos seinerseits als Be⸗ 
diugung eines Friedensschluffes: daß ihm für den Fall, daß Don 
Alphonso seiner Zeit keine direclen Nochkommen haben wird, die 
Erhlolge zufalle, sowie daß ihm eine Abanage ausgesetzt werde. 
(A. 3.) 
Hiergegen bringt die „Agene Hadas“ aus —— 
olgendes Telegramm: Es bstätigt sich nicht, daß Don Carloz in 
einem Brief an Alpsons den Vorschla zu einem Arrangement genacht 
hdade. Vielmehr macht Don Carloa dem König das Auerbielen 
»ines Waffenfillstundes für den Fall, daß Amer ka Spansen den 
rieg ertlaren sollie. Don Corlss erbietet sich ferner, in dem ge⸗ 
)achten Falle seine Streitkräfre mit denjenigen des stoͤnigẽ Alphons 
ju bereinigen, um die Integrirät der Nation zu verthedgen seine 
Rechte auf den Thron dehält er sich ausdrücklich vor. 
Petersburg, 17. Nop. Das „Jourual de St. Peters⸗ 
jourg“ kaüpft an den gestergen Artikel des Regierungs⸗-Anzeigers 
an und weist nach, daß die Beunruhigung der öffentlichen Meinung 
über die orientalische Frage von gewissen Börsengruppen und von 
den Protectionisten ausgehe, die Beide gleichmäßig dabei interefsirt 
würen, das Bertrauen niederzuhalten. Diese egoistischen Mandver 
vürden an dem unerschütterlichen Emvernehmen der Karsermächte 
ind an dem Friedensbedürfnisse von ganz Europa zerschellen und 
önnten weder die wirthschaftliche Eatvidelung dauernd hemmen, 
noch die Maächte verhindern, mit der Türkei aemeinschafilich den 
nothwendigen Refor men im Ocient nachzuforschen und die geeignete 
riedliche und uneigennätzige Lösung herbeirzufübren.