St. Ingberler Anzeiger.
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453 112. Sonntag, den 16. Juiii 1876.
Deutsches Reich. —
Mäünchen, 13. Juli. Die Abgeordnetenkammer begann
sjeute die Berathung des Kultus-Etats. Abg. Jörg kam hiebei auf
ie Affärt Senestrey zurück und bezeichnete die Regierungsweise des
dultusministers Lutz als von Spionage und Denunziation umgeben;
zurch welche der Name der Characierlosigkeit in das Land getragen
oerde. Abg. Rußwurm unterstützt die Ausführnugen Jörg's. Abg.
traußold (liberal) plädirte hauptsächtich für ein freisinniges Kirchen⸗
egiment auf protestantischem Gebiet. Kultusminister Lutz recht⸗
ertigte die Grundsätze seiner bisherigen Verwallung, auf. denen et
uch ferner behatren werde. Zum: Reformator der protestantischen
tirchengesetzgebung fühle er sich als Kultusminister eines latholischen
ztaates nicht berufen; doch wünsche er eine egere Betheiligung der
zemeinden an der Kirchenverwaltung. Er hoffe, daß dieses Moment
hon bei der nächsten Generalshnode zuꝛ Geltung kommen werde.
— Es folgte hierauf eine zweistundige Debatte über den Fortbestand
es 2bersten Schulraihz, in welcher Rußwarm, Dr. Merkle und
Keferent Anton Schmid gegen dieses Institut sprachen, indem fie
jemselben Verbreitung des religiösen Indifferentismus vorwarfen.
Das katholische Volk wolle von diesem Schulrath Nichts wissen;
eßwegen sei das betreffende Postulat des Kultusetats zu streichen.
Für die Erhaltung des Schulraths sprachen Herz, Peßl, Haushofer
und Minister Lutz, welcher die ersprießliche Wirksamkeit dieses ech⸗
uischen Beiraths für das Kultusministerium hervorhob, Die Pofi⸗
ion für den obersten Schultath wirde schließtich mit, Der bekannten
Najorität abgetehnt, wornach derselbe vom 1. Januar 1877 an
ufgehoben ist. — e —
München, 13.. Juli. Der Anhrag des Reichrathes bon
homhard auf Gewährung von 210 M. Theuerungszulage für die
geamten ist vom Finanzausschuß der Kammer der Reichsräthe ab⸗
elehut worden.
München, 183. Juli. Der Kronvrinz und die Kronprin⸗
ossin von Italien, die gesters aus Rom hier ankamen, haben heute
—
hetersburg fortgesetzt. Sie beadsichtigen auf der Rückreise einige
Fage hier zu verweilen. In der 2. Abtheilung der Abgeordneten—
ummer hat die ultramontane Majorität gestern nach mehrstünd'get
debatte beschlossen, daß auch die Wadlen des Wahlkreises Würz-
urg J cassirt werden sollen, zwar nicht aus den von den Recla—
nanten angegebenen Gründen, die nicht erwiesen wurden, sondern
oegen angeblich „ungesetzlicher“ Eintheilung der Urwahlbezirke, ob⸗
oohl die Eintheilung in der Haupisache dieselbe war, wie seit dem
hestehen des Wahlgesetzes, ohne jemals angefochten worden zu'sein.
uhg. Langlois hat über die Würzburger Wahl der Kaummer schrift⸗
cchen Bericht zu erstatten.
—Aussand.
Wien, 13. Juli. Nach einer Meldung des hiesigen Tele⸗
te phen· Correspondenz: Bureaus“ wärten außer Klek auch sämmtliche
safen an der dalmatischen Küste für jede Art von Kriegscontre⸗
ande, sowohl den Türken wie den Montenegrinern gegenüder ge⸗
perrt. — Der „Polit. Corresp.“ wird aus Belgrad berichteh:
„Wenn von der Pforte die Abseßung des Fürsten Milan verfügt
verden sollte, so würde dies von hier aus mit der vollfländigen
laabhängigkeitserklärung Serbiens beanlwortet werden.““ Dieselbe
sotrespondenz meldet ferner: Viele griech sche Gemeinden Bulgariens
aben sich erboten, dem Sultan Freiwillige zu stellen. An mehreren
Aten in Bulgarien sind die Griechen mit bulgarischen Insurgenten
sandgemein geworden. Das Verhältniß zwischen Griechen und Bul⸗
laren wird immer gespannter. *
Wien, 14. Juli. Das Telegraphen-Correspondenz;Bureau
neldet: Nachrichten aus Bosnien signal siren, daß eine Anuschluß⸗
wegung an Oesterreich bevorstaände. Es seien demnächst in dieser
ichuuug Demonstrationen mit gleicher Unzweideutigkeit sowohl in
konstanfinopel zu erwarten, als nach Wien eine üdresse abgehen
IrkBe
1 *
Wien, 14. Inli. Das ‚Telegraphische Correspondenz—
Bureau“ meldet: Pewpovtovis schlug die Türken bei Bleck; letztere
zerloören 150 Todte, Verwundete, 180 Gefangene. Der Verlust der
Insurgenten ist unbedeutend.
— Belgrad, 13. Juli Nachts. (Amilich). General Lesch⸗
anin, gestern Nachmittag den türkischen General Ozman Pascha
neuerdings ungestüm angreifend, zwang denselben seine verschanzten
Stellungen aufzugeben. J
Konstantinopel, 11. Juli. Es sind in verschiedenen
Stadttheilen Einzelixcesse gegen Christen, vorgekommen, die auf
Schlimrieres in der nächssen, Zeit schließen lasser. Die Polizei
st nirgends eingeschriten.
Konstantinopel, 13. Juli. Zahlreiche Freiwillige, da-
unter auch einige aus der christlichen Bevölkerung, haben sich
inwerben lassen. Die Regierung hat an die militärischen Befehls
jaber die Weisung erlassen, die Freiwilligen gleich den regulären
Zoldaten zu behandeln, auch darüber zu wachen, daß sämmtliche
Neeresangehörige beim Einmarsche in Serbien und die aufständischen
gebiete die Pflichten der Menschlichkeit gegen friedliche Einwohner
jeobachten. Der, Sultan und dessen Mutter haben 20,000 Livres
ür Kriegszwecke gezeichnet. — Die Pest in Bagdad ist dem Er—
oͤschen na.
—Konsftauntinopel, 13. Juli. Einer Regierungsnachricht
zus Mostär zusolge traf Selim Pascha, mit. zwei Bataillonen auf
)em Marfche von Gacko nach Nevesinje begriffen, im Engpasse
Zallan auf eine bedeutende Anzahl montenegrinischer Truppen;
diese machten den Versuch, Selim Paschaeinzuschließen. Letzterer
erzwang aber nach hartnückigem zwölfstündigem Kampfe den Durch-
jug und nahm alle von den Montenegrinern besetzten Punkte ein.
Die Montenegriner zogen sich, nachdem sie beträchtliche Verlufte
rlitten hatten, zurück. Sonach ist die Straße durch den Engpaß
zallan nach Gackho frei.
Die von mehrteren Blättern gebrachte Nachricht, Zah sei in
Folge seiner unglücklichen Gefechte von seinem Kommando abberufen,
st in jedem Fall verfrüht, wenn nicht gar ganz zweifelhaft. Zach's
Forps überhaupt ist nur 8000 Mann stark and hat ergegen eine
edeutende Uebermacht gelämpft. Nach demn neuesten Briefe steht
Fsolak Antic nur in Linem sehrlöckern Verbande mit Zach und'
heint, sowie Capitän Illic, mit selbstständigen Aufgaben detrouk
zach und Antic stehen wieder auf jerbisckum Boden.
Vermischtes.
St. Ingbert 15. Juli. Gergiftung.) Ein Wein⸗
dergbesitzee aus Po n5-à2-Mousson hatte eine Taglöhnersfamilie
Vater mit zwei Söhnen) eines nahegelegenen Dorses dieser Tage
n feinen Weinbergen beschäftigt. In der Mittagsstunde brachte.
ie Taglöhnersfrau ihren Angehörigen das Mittagsessen mit einem
drug Wein und entfernte sich. Als der Weinbergbesitzer im Laufe
»cs Nachmittags nach seinen Arbeitern sehen wollte, fand er sänmt⸗—
iche todt; der Verdacht fiel Chen auf die Frau. Durch chemische
Untersuchung haf sich im Essen nichts vorgefunden, es hieß also
leich, der Wein ist vergiftet, Die Frau versicherte, daß sie den
Vein aus demselben Faß, wovon ltäglich detrunken, gezapft
rätte und zum Beweis ihrer Unschuld trank sie den noch vorhan-
euen Ueberrest aus dem Kruge und war nacqh wenigen Minuen
ebenfalls eine Leiche. Der Krug wurde zerschlagen und fand sich
sierin eine noch wenig lebende Eidechse vor. Daß diese die Ver—
ziftung hervorgerufen haben soll, ist nicht wohl anzunehinen, mög—
ich ist es vielleicht, daß früher der Krug mit irgend einer giftigen
Zubstanz gefüllt gewesen, was vermuthlich der Frau inbekannt war.
doffen wir, daß die Untersuchung nähere Auftlärung in der Sache
dringen möge.
7 Kaiferslautern, 14. Juli. Das Generalcapitel des
St. Johannisbereins in München hat beschlossen, zur Gründung
einer Kleinkinderbewahranstalt in Otterberg 600 M. zu bewilligen.
F In Speyer erschoß sich, wie schon kurz erwähnt, vor
einigen Tagen der 28jährige Sohn des Bierbrauers H. Weltz.
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