Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingbeiler Anzeiger. 
Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblalte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mil illustrirter &ei- 
lage), erscheint wöchentlich viermal? Dienstag, Donunerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis beträgt vierteljahrlich 
1 Mark 20 R.⸗Pfa. Anzeigen werden mit 10 Pfg., von Auswärts mit 15 Vfa. für die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Raum. Neclamen 
mit 30 Pfg. pro Zeile berechnet. 
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439. Sonntaa,⸗ den 11. März 1877. 
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Deutsches Reich. 
Munchen, 8. Ltärz. Das Kulmsministerium hat eine 
Entschließkung vom 83. d. M. erlessen, wodurch im Nachgange zur 
Enischließung vom 21. Oktader v. Is. angeordnet wird, daß der 
Turnunterricht an den Präparaudenschulen und Sch llehrerseininarien 
vom Schuljahre 1877,/78 an nach dem neuen Programm zu er— 
theilen ist. welcdes Lehrziel, Lehrstoff und Lehrgang dieses Unter⸗ 
richts regelt. Für jeden Kurs der Präparandenschule wird vorerst 
eine, für jeden Kurs des Schollehrerseminars werden zwei Wochen⸗ 
stunden bestinemt. Für die Lehrerinnen⸗Bildungsanstalten hat es 
dei dem im Statut und L hiplan der einzel en Anhlalten fest⸗ 
zestellten Programme des Turnunuterrichts sein Verbleiben. Die 
Anstellu geprüfungen der Schuld'enstex'pettanten und Exspektantinnen 
hat fich zu eistrecken: auf die Darlegang der nöthigen Kenntnisse 
in Systematik und Methodik des Voltsschulturnes, auf die Dar⸗ 
legung der praktischen Befähigunqg zur Ertheilung des Turnurterrichte 
durch Abhaltung einer Probelektion mit Schülern beziehungeweise 
Schülerinnen der Volksschule. Ju das Prüfungszeugniß der Schul— 
dienft⸗Exspektansen und Exipeltantin en sind die Emzelnoten und 
die Gesammtnoten aus dem Turnen aufzunehmen. 
Die Forlschritts parter hat zur Ausgleicuung des D.fitits einen 
Besetzentwurf eingebracht, durch welchen die sämmtlichen —A 
aus den Kriegen vor 1870 auf den Invalidenfonds angewiesen 
werden. Mit Räücksitet darauf, daß der Invalidenfond auch nach 
Befriedigung dieser Klassen noch üverflüssige Bestände han, wird 
in dem Gesetzentwurf die Tilgung sämmtlicher bereits genehmigten 
oder für das nächste Jabhr in Aussicht genommenen Anleihen (zu⸗ 
sammen 55 Miill. Mart) aus den Biständen des Invdalidenfonds 
angeordnet. Dadurch wird der Reichshaushaltsetat von den Zins 
beträgen für d'iese Anleihen eutlostet. Da inzwischen die über- 
flüssigen Bestände des Invalidenfonds auf 107 WPeill. Mark auch 
aintlich berechnet worden sind, köanen dem Antrag finanzielle Ve— 
denken nicht entgegengestellt werden. Endlich ordnet der Gesitz nt⸗ 
wurf der Fortschrittspartei an, daß die Zinsen des inzw schen 
durch Zinsenzuwachs von 24 schon auf 283 Peillionen Mar? 
angewachsenen Reichstagsgeräudefonds in den Reichshaushaltsetat 
einaestellt werden fönnen. Der Gestetzentwurf im Gansen ist ge⸗ 
eignet, das Reichsdefiztt schon von 25 auf 17 Mill. Mark herab⸗ 
zumindern. Ein zweiter von der Fortschrutspartei eingedrachter 
Antrag, worin der Reich kanzler aufgefordert wird, schleu iust Nach⸗ 
we fungen üner die Restbestände aus der französischen Kriegston⸗ 
tribution, sowie dii den sämmtlichen übertragbaren Fonds vorzu⸗ 
egen, deutet den Weg an, aef dem vach Ansicht der Fortschritiss 
vartei die weitere Ausgleichurg des Defires zu bewerkstelligen ist. 
tFrankfurt, 6. März. Auf Empfehlung des Vereins 
nuum Wohl der dienenden Klasse hat die Kaserin einer wür igen 
Dienerin, die seit 43 Jahren dei ein und dersalben Fanube darst, 
in Anerkennung ihrer treuen Dienste das goldene Kreug mit einenm 
hre Uuterschrift tragenden Diplom verlieh n. Bei der Ueben 
ceichung des Kreuzes durch den Direltor des Vereins wannd 
aanze Familie wie zu einem Feste versammelt, und wurden des 
Jubilarin von Allen die herztichsten Glüdwünsche zu Theil. 
Berlin, 6. März. Die durch Uebersendung einer offenen 
Posttorrespondenzkarte ausgesprochene Beleidigung ist nach einem 
Frkenntaiß des Obertribunals vom 15. Februar 1877 616 offent⸗ 
iche Beleidigung auf Grund des 8 200 des Strafges⸗ zbuches zu 
Ian eigung aufe 
Ceder-Ausstellung.) Im September 1877 wird in Berlin 
zine internationale Ausstellunge von Lederwaaren ⁊c. statthaben, zu 
pelcher Seitens des Königlichen Kriegsministeriums in dankenswer⸗ 
her Weise das Erercierhaus in der Karlstraße unentgeldlich zur 
Verfügung gestellt worden ist — in Erwägung des hohen Inter⸗ 
sses, welches unsere Mil tärberwaltung naturgewäß an den Fort⸗ 
chrilten der heimischen Leder Industrie nimmt. Tie nachstehende 
Btuppeneintheilung ist vorläufig in Aussicht genommen I. Gruppe? 
Maschinen aller Art. II. Gruppe: Rohstoffe and Bedarfsarlikel 
ür alle Branchen. III. Gruppe: Gegerbtes Leder. IV. Gruppe: 
dederwaaren. V. Gruppe: Miliär⸗Effecten. VI. Gruppe: Eichen⸗ 
»flanzen, Rinden und Gerbstoffe. VII. Gruppe: Literatur im Ge⸗ 
niete der gesammten Leder: und Lederwaaren⸗Industrie, sowie Eichen⸗ 
Zultur. Vorläufige Anmeldungen über die Beiheiligung sowie 
berhaupt eiwaige Anfragen sind schon jetzt an das Bureau des 
Fentral⸗Verbandes der deutschen Lederinduhtriellen, Friiedrichstraße 
143. Berlin 8W. zu richten. 
feSchon manchmal hat das unvorsichtige Spielen mit Schieß⸗ 
vaffen Leid und Unglück im Gefolge gehabt. Ein neuer Foll 
rug sich dieser Tage im Kreise Dann zu. Die blühende lebens⸗ 
rohe Tochter eines dortigen Förlers ist in dem Zimmer be—⸗ 
haftigt, ivo ihres Vaters Waffen sich befanden, da kritt ein im 
dause befreurdeter Lehrer heren, ergreift eines der Jagdgewehre 
iud arbeitet an demselden herum. Plötßzlich kracht der im Laufe 
efindt che Schuß los und die Kugel saährt dem Mädchen in die 
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und die Aerzte bangen um iht Leben. 
f Manchem, der sich noch kein neues Grammgewicht angeschafft 
hat, wird es, wie die „Germ.“ sagt, velleicht angenehm sen, zu 
jören, deß man als Grammgewicht recht gut die neuen Sqh ide⸗ 
münzen henutzen kann. Das Einpfennigstück wiegt nämlich 2 
Bramm, 3 Zweipfennigstücke wiegen 10 Gtamm, das Ncel⸗Funf⸗ 
ofennigstück wiegt 2/9 Gramm und das Zehupfennigstücd 4 Gramm. 
Wil man unlersuchen. ob ein geschriebenet Brief das Maximal⸗ 
zJewicht des einfachen Briefes (13 Gramm) hat, so legt man den 
Drief in die tine Waagschale, in die andere dagegen 6 Nickel- 
rünfpfennigstücke — 2 Fünuf- und ‚8 Zweipfenniget — oder 2 
zehnpfenniger. 2 Fünfpfenaiger und 1 Pfennig; in allen drei Fällen 
Jat man 15 Gramm auf die Waagschale gelegt. Auf ähnliche 
Weise kann, man all⸗ Verdielfachungen der Grammheit zulammen; 
setzen. 
Seit einigen Tagen weilt ein Gast in Stambul, dessen 
Ersche:nen selbst in den Straßen der tkürkischen Residenz, die schon 
uu hewöbnlichen Leben der Schauplatz der buntesten, feltjamsten, 
iarbenteichsten Kleidertrachten ist, jedesmal Aufsehen erregt. Es 
st dies der Häupiling eines in der Nahe von Bagdad ansafsigen 
Romodenstammes, welcher vor einigen Jahren, angeblich in Folge 
don Bedrückungen der kürkischen Machthaber, auf persisches Gebiet 
ibergetreten war. Doch scheint die Herrschaft der Schuten den 
roͤhlichen Raubern noch weniger behagi zu daben, als diejenige 
ibrer junnitischen Glaubenzgenossen, da sie jeßzt ihren Häupiling 
abgesandt haben, um vom Sultan die Erlaubniß zu erbitten, un— 
zestraft in ihre füüheren Wohnsitze zurückkehten zu dürfen. Der 
Nomadenfürfst, ein etwa 30jähtiger, vollendet söonet Vann mi 
Nermisutes. 
F Kaiserstauterr. Daniel Schmitt, Aderer auf 
dem Daubdornerhof, Gemeinde Enkenbach, erhielt wegen Verlaufé 
von verfälschten Nahruagsmitteln auf hiesigem Viciualienmarkte 
am 20. und 24. Fedr. d. It. eine Gesammtstrafe von 100 M. 
ebent. 20 Tage Haft. Derselbe ließ nämlich auf hiesigem Vic⸗ 
ualienmarkte an obengenannten Tagen durch seine Magd ein 
gemachte Bohnen verkaufen, welche beim Kochen einen nicht an⸗ 
zenehmen Geruch verbreiteten. Vei naäherer Untersuchung derfelben 
zeigte sich, daß dieselben zum größten Theile aus geschnitzten 
Dickrüben bestanden, welche aufingen in Faäulniß überzugehen und 
deren Genuß der Gefsunt heit schädlich sein konnte. 
F. Prinz Wil belem von B den, Bruder des Großherzogs, 
jet. 18. Dezember 1829 ist auf der i alienischen Reise, weiche er 
nit dem großherzoglichen Paare gemeinschaftlich machte, in Palermo 
am Typhus erkrankt. 
fFOst hofen (Kheinhessen) D'ie dahier wohnende Feitel 
Mayr Wittwe hat lezten Sametag ihr hunderistes Lebensjuhr an⸗ 
getreten. Dieselbe eifreut sich in tö perlicher und geistiger Hinsicht 
noch einer solchen Frische, daß sie ihre Hausbaltungsgeschäfte selbst 
zu versehen im Stande ist.