Full text: St. Ingberter Anzeiger

Zigeunner anzuwenden ist. Er erließ Verfügungen an die Familien⸗ 
hater, durch welche diese aufgefordert wurden, ihre schuülpflichtigen 
dinder zur Schule zu schicken, und als dies unbeachtel blieb, wurden 
Strafen festgesetzt. Das wirkte! Eine Familie nach der anderen 
zerließ das Winlerquartier, so daß nunmehr die ganze Gegend 
yon den ungebetenenen Gästen gereinigt isi. — 
FKarlsruhe. Es sind hier falsche öbad'sche Zweimarkftücke 
nit der Jahreszahl 1876 und falsche preußische Thaler vom Jahre 
862 in Umlauf gekommen. Dieselben bestehen aus Kupfer und 
Bleiausguß, sind mit Quecksilber überzogen und sowohl an schlechter 
Pragung, leichtem Gewichte, als auch an ihrer Klanglosigkeit zu 
uleanen. 
.Caunstadt, 25. März. Um das Defizit von noch 
112,000 M. zu decken, muß jedes Mitglied der Spar⸗und Vor⸗ 
chußbank noch 400 Mark eirzahlen, ein schweres Opfer nach dem 
chon erlittenen Verlust der Einlagen. * 
7 Darmstadt, 28. März. Wie das hiesige Polizeiamt 
hekannt macht, hat dasselbe in jüngster Zeit in hiesigen Spezerei⸗ 
und Colonialwaarenhandlungen e'ne größere Anzahl Proben der 
daselbst feilgebolenen Gewürze erhoben und ihre Bestandtheile 
hemisch prüfen lassen. Es hat sich hierbei ergehen, daß 46 pCt. 
serselben mit mineralischen Substanzen, so wie mit anderen Ein⸗ 
nengungen zum Theil in bedeutendem Maße verfälscht waren und 
janden sich Zusätze von Sawarzmehl., Hülsenfrüchten und deren 
Schalen/ Quarzsiuckchen und Stärkemehl: in zahlreichen Fällen 
zlieb hei der Untersuchung Eisenoxyd (Ocker) als Hauptbestandtheil 
urück. Das Polizeiamt empfiehlt nun allen betheiligten Kaufleuten 
aundringlich, nicht nue jede durch Beimengung fremder Substanzen 
oslzogene Verfalschung ihrer Waaren zu unterlassen, sondern auch 
eim Bezug⸗ für den Detailhandel bereus zubereiteter Spezereien 
ich die Ueberzeugung zu verschaffen, daß dieselben richt: verfälscht 
ind, da die im Interesse des consumirenden Publikums wie der 
rellen Verkäufer eingefüssrte strenge Lebensmittel-Controle mit Nach⸗ 
ruck weiter geübt, jede Verfehlung zur Bestrafung motirt werden 
urd und die Unbekanntschaft mit den Bestandtheilen der abgegebenen 
Jaaren auf Seiten des Verkäufers in keinem Falle mehr als Ent⸗ 
huldigungzgrund dienen kann. Nach 8 8367 pos. 7 des Reichs⸗ 
rafgesetzes wird das Feilhalten und der Verkauf verfälschter 
Saaren dieser Art mit Geldbuße bis 150 Mark oder mit Haft 
ftraft. Weainzʒig.) 
x Was äin m'icht genug pausirtes Komma anstiften kann, das 
eigt folgender Fall: Schickt da dieser Tage ein Herr seine Tochter 
u einem Untergebenen mit einem Auftrage, den dieser mit den 
Hhorten entgegennimmt: „Was bringen Sie mir Schönes, Fräuleinẽ 
Indern Tages empfängt der Fragende und Dieustbereite einen 
geharnischten Brief, in dein sich der Herr Papa so galante An⸗ 
eden als nicht schicklich ernstlich verbittet. Und was sollte der 
arme Sünder gesagt haben? „Was bringen Sie mir, schönes 
Fraͤulein ?“ Der Betreffende soll sich vorgenommen haben, in Zu⸗ 
unft das große S richtig zu betonen. 
I7 Bei den deutschen Eisenbahnverwaltungen soll man jetzt 
demit umgehen, die ersten Wagenklassen ganzlich aus den Bahn⸗ 
ügen zu entfernen, da sich kaum 1 Procent der Passagiere dieser 
Wagenklasse zu bed'ienen pflegt. 
F Aus Brussel wird französischen Blättern telegraphirt, 
daß der Gesundsheitezustand der Kaiserin Charlotie, Gemahl'n des 
anglücklichen Kaisers Tdaximilian von Mexico, sich sehr verschlim⸗— 
mert hat. Die Koͤnigin von Belgien bleibt seit zwei Tagen bei 
he in Terbueren. Die unglüchliche Fürstin hat jetzt Wuthanfälle 
ind zerstört Alles, was ihr in die Hände fällt. Man fürchtet, 
daß diesem Stadium der Krankheit demnächft die Katastrophe 
solgen werde. 
T Blaue Lichtbäder sollen ein Heilmittel für Glieder⸗ 
chmerzen sein, die von Rheumatismus oder Unfällen herrühren. 
Fin Brief in der „Ch'cago Times“ von General Plensanton gibt 
Aufschlüsse über die unmittelbare Heilung, welche ein solches Bad 
zei ihm bewirkte. Im letzten Oktober verletzte er sich etnstlich, ale 
x von einem Train in Philadelphia stieg. Sein Arzt nellie ihm, 
obgleich kein Bruch der Rppen stattgefunden hatte, doch langes 
Leiden in Aussicht, und da Salbe und Pflaster keine Hilse 
drachten, so entschloß er sich zum Gebrauch eines blauen Lichtbades. 
Im Badezimmer befand sich ein nach Süden zugehendes Fenster 
nit abwechselnden Feldern aus blauem und ungefärbten Glas. 
Der General ließ auf seinen entblößten Rücken das volle Sonnen⸗ 
liicht durch die Glasscheibe scheinen und fühlte sich alsbald erleich— 
sert, ja nach ei ner balben Stunde hatten die Schmerzen gänzlich 
aufgehört. Gegen Abend kehrten fie in viel geringerem Grade 
wieder, so daß er zum eisten Male etwas schlafen konnte. Zwei 
veitere Blau⸗Licht⸗ und Sonnenbäder heilten ihn gänzlich, so daß 
x nicht die geringste Rücktehr seines Uebels seitdem mehr empfand 
Dienstesnachrichten. 
Der Studienlehrer an-der Lateinschule zu Dürkheim, A. 
Sucrowurde an die Lateinschule zu Homburg berufen und dem⸗ 
selben die Function des Subrectorats dieser Anstalt übertragen, 
die Klaßverweser an der Lateinschule zu Homburg, J. Bieger und 
J. N. Groͤl zu Situdienlehrern an dieser Aunstalt ernannt, der 
Studienlehrer der Lateinschule zu Neustadt a. d. H., J. Füger, 
an die Lateinschule zu Miltenberg, auf Ansuchen versetzt und dem⸗ 
selben die Function als Subrector dieser Anstalt übertragen. 
Gemeine iges. 
Eingehen der Wollenstoffe in der Wäsche. Diese häusliche 
Angelegenheis hat, seit das Tragen von wollenen Hemden so ziem- 
rich allgemein geworden ist, eine größere Bedeutung erlangte, als 
rüher,, denn es werden mehr Hemden durch das Eingehen un⸗ 
hrauchbar, als durch daßs Abtragen. Jede Hausfrau weiß, daß 
men wollene Strümpfe und Socken in der Wäsche nicht kochen, 
nicht brühen und überhaupt nicht zu heiß waschen, daß man sie 
bon heißem Wasser nicht unmitlelbar in kaltes bringen darf, wenn 
sie nicht einlaufen sollen. Gaaz dasselbe muß aber auch bei an⸗ 
deren Wollenstoffen beobochtet werden. Von mehreren Seiten wird 
zehauptet, daß die Anwendungen von Seife bei der Wäsche von 
Wollenstoffen das Eingehen derselben befördere, und man hat als 
Ersatz derselben die Anwendung von Borax empfohlen. Daß Borax 
ein sehr gutes Waschmittel ist, besonders für alle feineren Steffe, 
vird durch die Erfahrung bestätigt', da man so nur wenig davon 
ↄraucht (1u. Loth Borax auf 10 Liter Wasser), und ist die Der⸗ 
vendung desselben auch nicht kostspielig. Als das beste Mittel, 
am einerseitßs das Eingehen der Wollenstoffe in der Wäsche u 
v rhüten und andererseits schön rein zu waschen, wird die Anwen⸗ 
zung von Solmiakgeist, enipfohlen. Die Stoffe wetden über Naͤcht 
ingeweicht und am folgenden Morgen so heiß, daß man die Hand 
darin leiden kann, gewaschen. Diesem Waschwasser werden aul 
80 Liter für 7—9 ir. gewöhnlicher (uugereinigier) Salmialgeist, 
den man- in MaterialienHandlungen kauft,“ oder 28 Loth auf 
10 Liter Wasser zugesetzt. Da die Seife dabei erspart wird, so 
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verseßten Wasser lassen sich andere, besonders farbige, sehr schön 
waschen. Die Gläser, in denen der Salmiakgeist aufbewahrt 
wird, müssen sehr gut verstopft gehalten werden, weil sich sonst 
der wirksame Stoff sehr rasch verflüchtigt.“ Noch ist zu demerken, 
daß hartes Wasser durch den Zusatz von Salmiak weich wird. 
60 3 Ostermorgen. e e ν 
aw — 
Die Lerche stieg am Ostermorgen8* 
ee Empor in's klarste Luftgebieet — 
Und schmeitert, hoch im Blau verborgen, 
125 5 Ihr freudig Auferstehungslied 
—AA — Und wie sie schmetterte, da klangen 9J 
— 21Es tausend Stimmen nach im Feldde* 
Wach' auf, das Alte ist vergangen, FV e 
Wach auf. du frob veriünate Welt!“ 
Wacht auf und rauscht durch's Thal, ihr Bronnen, 
Und lobt den Herrn mit frohem Schalzz 
Wacht auf im Fruühlingsglanz der Sonnen, 
Ihr grunen Halm' und Läuber all' · 
Ihr Veilchen in den Waldesgrunden, 
Ihr Primeln weiß, ihr Blumen roth, 
Ihr sollt es alle mitverkünden: 
Die Lieb' ist stärker als der Tod. 
Wacht auf, ihr trägen Menschenherze. 
Die ihr im Winterschlafe saumt, ——— 
In dumpfen Lüflen, dumpfen Schmerzen 
Bebannt ein welkes Dasein träumt; 
Die Kraft des Herrn weht durch die Lande 
Wie Ingendhauch, o laßi sie ein! h ege Ae 
Zerreißt wie Simson eure Banddcee. 
Und wie die Adler sollt ihr sin. 
Wacht auf, ihr Geister, deren Sehnen 
Gebrochen an den Gräbern steht, 
Ihr trüben Augen, die vor Thränen, 
gIhr nicht ves Fruhlings Blätter seht; 
Ihr Grübler, die ihr fernverlvren 
Traumwandelnd irrt auf wüster Bahn, — 
Wacht auf, die Welt ist neugeboren; 
Hier ist eͤn Wunder, nehmt es an. 
Ihr sollt euch all' des Heiles freien, 
Das über euch ergossen ward. 
ks ist ein inniges Etrneuen W .: 
Im Bild des Frühlings offenbart. 
Was durr war, grünt im Weh'n der Lufte. 
Jung wird das Alte fern und nah, 
Der Odem Gottes sprengt die Gruͤfte, — 
Wacht auf! Der Ostertag ist dal 
E. Geibel. 
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7 Far die Redaction verantworilich: F. X. Demens 
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