Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler ZAAnzeiger. 
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M 78. Sonntag, den 20. Mai i7 
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Deutsches Reich. 
München, 17. Mai. Der König hat dem kgl. sächsischen 
Kriegsminister, General der Kavalerie, v. Fabrice, das Großkreuz 
des Militär-Verdienstordens verliehen. 
Berlin, 15. Mai. (Garnisons-Verstärkung.) Das „Berl. 
Tagebl.“ schreibt: Von unserem militärischen Berichterstatter gehen 
uns folgende interessante Bemeikungen in Betreff der Frage der 
Garnison⸗-Verstärkungen in den Reichslanden zu: Gegenüber den 
vielfachen Gerüchten, die über Verstärkung der Truppen in den 
Reichslanden cursiren, erfahren wir aus guter Quelle, daß über 
haupt nur eine Verstärkung der Garnison von Mez in's Auge ge— 
faßt worden ist und voraussichtlich auch durch eine Infanterie⸗ 
Brigade ausgeführt werden wird, doch ist bis jetzt höheren Orts 
noch nicht festgeftellt worden, welche Rezimeuter hierzu verwendet 
werden sollen. Von einer Dislockrung von Kaballerie nach Loth⸗ 
ringen und dem Elsaß oder sogar Formirung einer neuen Kavallerie⸗ 
Division ist in maßgebenden Kreisen überhaupt nicht die Rede ge— 
wesen. Frankreich hat zwar in der Nähe der deutschen Grenze 13 
stavallerie-Regimentet und wird vielleicht schon 24 Stunden nach 
der Kriegserllärung im Stande sein, 24 Kavallerie-Regimenter 
über die Grenze zu werfen, um Meßz zu isoliren, doch bedingt dies 
eben weiter nichts, als daß Meg im Frieden schon so ausgerüstet 
wird an Befatzung, Proviant und Armirung, daß es nach 24 
Stunden mit allen Kriegsvorbereitungen, die auf Verbindung mit 
dem Raeiche hasiren, fertig ist. Mit Zuhülfenahme der baherischen, 
württenibergischen, badischeü hessischen und westlich des Rheines 
garnisonirenden Kavallerie-Regimentern sind wir jedoch auch im 
Stande, schon nach 8 Tagen 30 Kavallerie-Regimenter in den 
Reichslander zu vereinigen. Eine Vermehrung der Kavallerie an 
der Westgrenze des Reiches erscheint viel weniger nothwendig, wie 
die der Garnison Metz an Infanterie und Fuß-Artillerie, von welch' 
etzterer Waffengattung dieser bedeutende Plaß nur das 12. Regi—⸗ 
ment hat, somit mindestens noch eines Regimen:s bedarf, um die 
zute Bedienung des Artilleriematerials zu sichern. Bei der all⸗ 
zemeinen Beurtheilung der Armeedislocation Frankreichs muß vor 
ullem in's Auge gefaßt werden, daß Frankreichs günstige Lage es 
ermöglicht, die Truppen so zu vertheilen, wie es zu einem Kriege 
gegen Deutschland vortheilhaft erscheint; denn nur von hier kann 
ihm Gefahr drohen, während bei Deutschland drei verschiedene 
Kriegsschauplätze denlbar sind und es sich nicht empfiehlt, alle 
Truppen nur für den einen derselben im voraus zu dislociren. 
Deutschland muß nur bemüht sein, alle Garnisonen durch Eisen— 
bahnen mit den Haupistrecken zu verbinden; das würde die Mobil⸗ 
machung bedeutend beschleunigen. In Frankreich g'bt es eben keine 
Varnison, die nicht Eisenbahnstation ist, und das ist das nicht zu 
unterschätzende Werk des früheren Kriegsministers de Cissey. 
Stuttgart, 17. Mai. Heute fand in der Ständekammer 
die Debatte über die Gesandtschaften statt. Es wurden sämmtliche 
Forderungen bewilligt. Ministerpräsident v. Mittnacht trat besonders 
warm für den Gesandifschaflsposten in Mänchen ein: mit Bayern 
habe Württemberg viele Interessen gemeinsam, welche zu vertreten 
die Regierung dem Reiche gegenüber berechtigt, dem Lande gegenüber 
Nerpflichtet sei. 
Nussland. 
Wien, 18. Mai. Die „Presse“ meldet aus Jassy: Eine 
Division des 11. russischen Armeccorps üÜberschritit die Donau 
wischen Braila und Maschin und hehecrscht mit ihren Geschützpo⸗ 
sitionen den Donauarm von Matschin. Ein fliegendes russisches 
Corbs recognoscirt seit einigen Tagen in der Dobrüdscha. 
Paris, 17. Mai. In einer gestern Abend von ca. 250 
Mitglieder der Linken dind äußersten Linken besuchten Versawmlang 
worin als erster und einziger Redner Gambetta auftrat, wurde ein 
Antrag auf jolgende Tagesordnung einstimmig angenommen: „Die 
Kammer wird nur zu einem solchen Cabinet Vertrauen haben, 
welches frei in seinem Handeln und entschlossen ist, die republi— 
lanischen Grundsätze zu befolgen, die allein die Ruhe im Innern 
und nach Außen garantiren können. 
Des Abends hieß es am Boulevard, Herr von Fourtdu sei 
»eauftragt, mit den Herren Depehre und Lareinth ein neues Mi— 
nisterium zu bilden, welches sogleich beim Senat die Ermächtigung 
nachsuchen werde, das Abgeordnetenhaus aufzulösen. Einem aͤnderen 
Berüchte zufolge soll der Marschall die Absichht haben, die Kammer 
unächst auf einen Monat zu vertagen. Paris ist vollkommen 
ruhig. Die Abendbörse allein war ungewöhnlich bewegt und die 
Baisse machte beträchtliche Fortschritte: Sprocentige Rente 101.60, 
Italiener 62.50. 
Bersailles, 17. Mai. In der Deputirtenkammer bean⸗ 
ragt die Linke, das abgetretene Ministerium zu interpelliren. 
Der Minister Christophle weigert sich zu autworten, Sevor er sich 
nit senen Collegen verständigt. Die Kammer beschließt gleichwohl 
die sofortige Diskussion. Rachdem Gambetta die Interpellation 
ntwickelt, beantcagt derselbe die bereits gemeldete Tagesordzung. 
Diefelbe wurde mit 355 gegen 154 Stimmen angenommen, worauf 
ich die Kammer bis morgen vertagte. 
Paris, 17. Mai. Das neue FCabinet ist folgendermaßen 
ronstituirt: Broglie, Präsident und Minister der Justiz, Fourtou 
Minister des Inneren, Caillaur, Finanzminister, Paris, Minister 
)er öffentlichen Arbeiten, de Meaux, Minister der— Landwirthschaft, 
Beunet, Unterrichtsminister. Das Entlassungsgesuch der Minifler 
des Auswaͤrtigen und des Krieges ist nicht angenommen. Das 
Marineministerium wird interim'ftisch versehen. 
— Konstantinopel, 17. Mai. Ein amtliches Telegramm, 
velches die Einnahme von Suchum⸗Kale und die Erhebung der 
scherkessischen Landesbewohner bestätigt, meldet zugleich die Nieder⸗ 
netzelung der Garnison und Verbrennung der Stadt. (Aus Wien 
vird berichtet: Berichte vom asiatischen seriegsschauplatze machen 
es wahrscheinlich, daß das Dorf Suchum⸗Kale sich in den Handen 
der Türken befindet während die Russen das Fort Suchum Kale 
vertheidigen.) 
Bermischtes. 
Neustadk, 17. Mai. Der „New-Staatsztg.“ entaimmt 
die „Vürgerztg.“ nachstehende Notiz: „Anton Arent, geboren 1804 
n Reustadt an der Haardt, ist am 16. April hierselbst gestorben. 
832 verließ er in Folze seiner Betheiligung an dem Hambacher 
Fest aus politischen Beweggründen sein Baterland und kam nach 
New: York. Hier etablirte er ein Wein- und Liqueurgeschäft und 
vurde in kurzer Zeit einer der größten Wein⸗Importeure, 1847 
hetrieb er eine einträgliche Weinhaudlung, bis er sich 1837 von 
den Geschäften zurückzog. Er war ein Mitglied der Husarencom— 
vagnie A. des 4. Regiments geworden und organisirte 1849 die 
Lomp. C. (Dragnner), die jetzt die Bezeichnung Separate Troop 
Favalty führt. Unter dem Commando des Col. Yates wurde er 
um Hauptmann erwählt. Seit er sich von den Geschäften zurück— 
Jezogen hatte, führte er ein ruhiges Leben, im Winter in seiner 
Ztadtwohnung, im Sommer auf seinem Landsitz in Dobb's Ferry 
am Hudson. Zuletzt war er Director der Germania Fire Infu⸗ 
rance Co. Seit seiner Auswanderung hat er Europa nur einmal 
desucht; das war 1872, als er seiner Gesundheit wegen nach Karls— 
»ad ging. Er hinterläßt drei Töchter und zwei Söhne. 
F Bei dem jüngsten Remonten⸗-Ankauf in der Pfalz wurden 
von 379 gemusterten Pferden nur 5 für tauglich befunden und 
war stellten Zweibrücken 1Chevaurxlegers-Pferd, 1 Artillerie⸗-Pferd, 
Pirmasens 1 Chevauxlegers-Pferd, Homburg 2 Chevaurlegers— 
Pferde. Ein brauchbares, dreijähriges Pferd konnte wegen Preis- 
orderung von 1200 Mark nicht angekauft werden. Ursache der