Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler ZAnzeiger. 
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der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wochentlich) mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblait. (Sonntags mit illustrirter Bei- 
age), erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonne mentspreis beträgt vierieljahrlich 
wart 20 R.⸗Pfz. Anzeigen werden mit 10 Pfa., von Auswäris vuit 15 Pfz. für die viergefpaltene Zeile Blattschrist oder deren Raum, Reclamen 
mit 830 Pfg. pro Zeile berechnet. * 
a1. quxunun 17. 
I Dounerstag, den 21. Juni 
Einladung zum Abonnement. 
Zu dem mit den 1. Juli 1877 beginnenden III. Quar⸗ 
ale auf den „St. Ingberter Anzeiger“ mit „Illustrir⸗ 
sem Sonntagsblatt“ beehrt sich die unterfertigie Erbedition 
hre auswärtigen Abonnenten, welche das Blatt durch die Post 
zezichen, mit der Bitte freundlichs einzuladen, für rechtzeitige Be⸗ 
tellung desselben Sorge tragen zu wollen. 
Diejenigen Abonnenlen, weiche das Blatt durch die Austraͤger 
kommen, wird dasselbe fortgeliefert, wenn nicht ausdrücklich ab⸗ 
estellt wird. 
Zu neuem Abonnement ladet höflichst eiin 
Die Expedition des SEt. Ingberter Anzeiger“. 
Deutsches Reich. 
Mänchen. Eine Frage von ungemeiner Wichtigkeit für 
ille diejenigen, die vor Erreichung des milltärpflichtigen Alters aus 
Deutschland nach Nordamer'ka ausgewandert sind, ohne aus dem 
ꝛeuischen Staatsberbande förmlich auszuscheiden, isi dieser Tage vor 
)em obersten Gerichtshofe des Königreichs zur Entscheidung gekommen. 
Die bayerischen Gerichte haben nämlich disher alle diej⸗ nigen Personen, 
velche sich noch im bayerischen Staatsverbande defanden, ohne 
Rücdsicht darauf, daß dieselben später nach fünfjährigem Aufenthalt 
n Nordamerika durch Erwerb der dortigen Staatsangehörigkeit aus 
em deutschen Staatzverbande ausgelchieden waten, wegen Verletzung 
der Wehrpflicht bestraft, wenn dieselben sich nicht zur Erfüllung 
der Militärpflicht siellten; wahrscheinlich von der Meinung ausgehend, 
zaß eine Correctur dieses offenbar mit dem deutsch⸗ amerikanischen 
Siaatsvertrage über die Staatsangehörigkeit vom Jahre 1888 in 
Widerspruch stehenden Verfahrens der allerhöchsten Gnade vorbehallen 
leiben müsse. Auf eine in der jüngssen Zeit gegen ein Urtheil 
ines bayer schen Appellationsgerihis eingelegte Nichtigkeitsbeschwerde 
Jat nun aber der oberste Gerichtshof am 4. ds. entschieden, daß 
rühere deutsche Staatsangehörige, welche sich zur Zeit der Erreichung 
)es militärpfischtigen Alters noch im deutichen Staatsverbande he⸗ 
fanden, später aber nach fünfjahrigem Aufenthalte in Nordamerika 
die dortige Staatsangehörigkeit erworben haben, wegen Verletzung 
der Wehrpflicht nicht mehr bestraft werden dürfen, auch dann nicht, 
venn der Erwerb der jenseitigen Staatsangehörigleit erst uach der 
durch ein Rechtsmittel augefochtenen Verurtheilung in erster Instanz 
erfolgt sein sollte. (N. C.) 
B'erüin, 18. Juni. Französische Censur. Ein 
demerkenswerthes Ereigniß ist die hierher gemeldete Thatsache, daß 
die am Sonnabend hier ausgegebene „Nordd. Allg. Ztg.“ in Paris 
on den dortigen Behörden confiscirt und schon vorher jedes auf 
yen Inhalt dieses Blattes bezügliche Telegraum an der Ausgabe 
dehindert wurde. Als Grund hierfür wird uns der Leitartilel des 
genannten Blaltes von diesem Tage gemeldet. Nun müssen wir 
jestehen, daß wir diesen Leitartilel von A bis zum Z durchgelesen, 
ider nicht das geringste darin gefunden haben, was zu einer der⸗ 
attigen Moaßregel der französischen Behörde Veranlassung geben 
'onnte. Seine Spitze kehrt sich fast ausschließlich gegen die Ultra⸗ 
nontanen und er schließt mit folgender Mahnung: „Die Gefahr 
wvürde aber in erster Linie und mit ungetheilter Wucht das dentsche 
keich bedtohn, denn Deuischland ist nach dem Zeugniß des Vatican 
)et Hort und die Stütze der neuen Weltordnung. Deutschlands 
Ittila ist der Feind, dem der nächste Kreuzzug gelten follte, und 
Deutschland muß darum vor Allem auf der Hat sein, wenn der 
Vatican erst zum Hauptquartier einer Streümacht von 12 Mil— 
lionen wirklicher Soldaten gemacht sein follte.“ Daß ein solcher 
Artitel zut Coufiscation unseres offiz ösen Blattes führen konnte, 
ciefert den Beweis, wie sensibl man augenblicklich in Paris ist 
und wie selbst solche oder gar nicht provozir / nde Aeußerungen dort 
ju den strengsten Maßregeln gegen die Preisse und ihre Freiheit 
ühren dönnen. Wie tief und nachhaltig aber solche lleine un— 
dedeutende Dinge heutzutage in Frankreich einwirlen, das beweist 
erner noch die Pariser Boͤrse, welche in dieser Maßregel fofort 
inen bedenklichen Moment, einen casus belli zu erblicken schien 
ind mit einem Heruntergehen der Course und matten Notirungen 
ndete. Es muß doch sehr schlimm stehen bei unsern Nachbarn 
enseit der Vogesen, wenn ein mäßig gehaltener Artikel schon solche 
Wickungen hervorzurufen vermag. 
Ems, 19. Juni. Kaiser Wilhelm befindet sich im besten 
Wohlsein; derselbe setzt regelmäßig seine Bruunenkur fort und 
nimmt täglich die laufenden Vorträge entgegen. Gestern 'machte 
Seine Majestät eine Spazierfahrt nach Lahnstein. Morgen wird 
der Kronprinz hier erwartet. 
Ausland. 
Wien, 18. Juni. Die heutige ,Morgenpost“ enthalt eine 
Driginal · Mittheilung aus Rom, wonach die römische Kurie definitis be⸗ 
chlossen hat, ein Konklave zur Papstwahl für den Fall des Todes 
Pius IX. in Nizza abzußalten. Die meiste Aussicht soll Kardinal 
Sacconi haben. 
Paris, 19. Juni. Die Erregung in Paris dauert fort; 
zie Boulevards waren gestern wieder äußerst stark besucht, doch unter⸗ 
lieb jede Kundgebung. Der Auflösfungs;Ausschuß des Senats 
ernannte nach der heutigen Sitzung de Ventavon zum Vorsitzenden 
ind Clement zum Schriftführer. Nur zwei Mitglieder der äußersten 
stechten, de Franclieu und de Lareinty, sprechen sich gegen das 
dabintit bei der Wahl des Auflöfungs-Ausschusses aus. Die Auf⸗ 
dsung ist jedoch als gesichert zu betrachten. Die Mehrheit für 
ieselbe wird nach jetziger Schätzung zwischen 10 bis 26 Slimmen 
zetragen. 
Paris, 19. Juni. Gulem Vernehmen nach beabsichtigt 
Larschall Mac Mahon, gleich nach erfolgter Auflösung der Kammer 
ein Manifest an die Nation zu richten. 
Versa'itlea, 19. Juni. Die Deputittenkammer hat die 
jon den drei Gruppen der Linken aufgestellte Tagesordnung, welche 
klärt: das Ministerium habe nicht das Vertrauen der französischen 
station, mit 363 gegen 158 Stimmen angenommen. 
Loudon, 18. Juni. Der Daily Telegraph meldet, nach 
»er Einnahme von Ardahan hätlen Kosacken au 800 Männer, 
Weiber und Kinder gemordet. — Fürst Bismarcdk hätte, nach dem⸗ 
lben Blatt, zu Odo Russel vor seiner Abreise nach Kissingen 
esagt, England solle doch einfach Rußland beim Wort nehmen nnd 
s wie Deulschland machen, keine Verbindlichkeiten eingehen und 
»en Verlauf der Ereignisse abwarten. 
London, 18. Juni. Nach einer Meldung des Standard 
durde der französische Consul in Alexandrien, Baron Ballot, ver⸗ 
jaftet. Derselbe soll angeblich in eine Verschwörung gegen Mac 
Mahon verwiceelt sein. (7) GB. T.) 
London, 19. Juni. EEnglische Anleihe) Wie der „Neuen 
jrankf. Zeitung“ von London miitgetheit wird, ist dort die Auf—⸗ 
egung einer Anleihe zu gewärtigen. Es wird vorausgesetzt, daß 
die aufzubringendem Gelder zur Verwendung für militärische Zwecke 
est mnt sind. 
Ein Telegramm der „Neuen Freien Presse“ meldet aus Bu⸗ 
arest: Die Türken haben hinter Maischin Verschanzungen errichtet, 
um den Russen daselbst den Uebergang über die Donau zu ver—⸗ 
vehrea. Die Russen befestigen die Umgebung von Satunowo, die 
Türken dagegen Isaktscha. 
Zara, 19. Juni. Die Türken sied mit drei Colonnen in 
Nontenegro eingedrungen, die eine über Orzdrinik nach Dersno, 
zie andere im Zetathale Bogelic, wo die Montenegriner Proviant 
ind Munition aufgehäuft haben und wo seit gestern gekämpft 
vird. Das Haup!quarlier des Fürsten befindet sich in Oranidol. 
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Vermischtes. 
Sit. Ingbert, 20. Juni. Die schon seit 83 Tagen an⸗ 
zauernde Gewitterschwüle ließ schon gestern, mehr aber noch heule 
ARu Ausbruch eines Gewitlers erwarlen. Mit einer Heftigleit hat