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Deutsches Reich. —17
Mänchen, 3. Juti. Bei der in heutiger S ßzung der
AÄbgeordueten: Kammer staftgefundenen Verloosungz der Adihe lungen
rhielten in der 2. die Liberalen mit 13 geten 10, und in der 5.
und 7. mit 13 gegen 9 St. die Major tät, in der 6. ist Stimmen⸗
zleichheit, während in der 1. 8. und 4. Abtheilung die Klerikalen
die Mehrhiit bes zen.
München, 83. Juti. Tas dem Landtage übergebene
Militär-Vudget schließt sich hinsichllich seiner Eintheilung in Kapitel
aund Titel genau dem Etat für die Verwallung des Riichsheeres an,
so daß der Vergleich beider Etals ein sehr einfacher ist. In dem
diesmaligen Budget ist auch insoferne eine Aenderung gegen früher
eingelreten, als de bei einzelnen Posten vorlommenden Rückeinnahmen
anter den rigerren Einnahmen der MilitäreBerwaltunge welche ver
Ceutralstaatskasse zufließen, nicht mehr bei den betreffeaden Kapiteln
aorgetragen, sondern in übersichtlicher Zusammenstellung aufgeführt
ind, wodurch in rechnerischer Beziehung eine größere Klarhe t und
Uebersicht gegeben ist und die Referais-Arbeit erleichtert wird.
Berlin, 3. Juli Im Reichsjustizamt sollen im Aaschluß
in den fertiggestellten Entwurf einer Gebührenordnung für den
Cibilprozeß demnächst auch die Gebührenordnungen für das Kon—⸗
ursvecfahren und den Strafprozeß ausgearbeitet werden.
Bertdiin, 4. Jali. Es dürfte gerade jetzt von Interesse
jein auf die Erkläͤrangen hirzuweisen, welche bezüglich der Ausführung
der Justizgesetze der Justizminister Leonhardt, s. Z. gemacht hat,
und welche, so viel wir wssen, noch nicht öffentlich bekannt geworden
ãnd. In der Justizmission des Reichstags richtete der Abgeordnete
rasker die Frage an die Regierungskomm ssarien, wie man sich die
ünftigen Gerichte, Amtsgerichte, Lond- und Oberlandesgerichte nament—
ich in Bezug auf ihren Umfang zu denken habe, und ob in dieser
Beziehung Uniformität zwischen den einzelnen Bundesstaaten zu
erwarten sei. Darauf erwiderte der Justizin'nister Lonhardt unter
Vorbehalt der endgültigen Euifchließungen des p eußischen Stauls—
ministeriums Folgendes: Er gehe davon aus, daß die Oberlandes—
jerichte Provinzinalgerichtshzöfe sein werden, Nach den Erfahrungeu,
velche man in den Rheinlanden und in Hannover gemacht habe,
rage er kein Bdenken. die Sprergel der Odberlandesgerichte auch
aach Piillionen zu bemessen. Was die Landgeringte betreffe, so beab⸗
ichtige er große Gerichtstörper zu bilden, etwa von der Größe der
n der Rheinprovinz bestehenden Landzgerichte, mit einer Bevölke⸗
zungszahl von 250,000 bis 500,000 Seelen. Ausnahmen hiervon
würden immer zu muchen sein. Für Amts⸗-Gerichte, welche vom
Sitze des Landgerichts allzuweit entfernt seien, könne durch detachirte
Senate nachgeholfen werden. Was das Verhältniß der Amtsgerichte
zetreffe, so gehe ex davon aus, daß die Amesrichter thunlichst nicht
solit sein sollen, sondern daß de Amtsgerichte, soweit die Ver—
ältnisse dieses gestatten, mit 2 Amtsrichtern zu besetzen seien. Die
Amtsgerichtssprengel werden also in der Regel größer sein, als die
Z. in Schleswig⸗Holstein, Hannover, Nassau bestehenden Bezirke
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Bevollmächtigte v. Los erklärte damals, daß auf jeden Regierungs-
zezirk mit einer durchschnittlichen Seelenzahl von 600,000 bdis
300,000 etwa vier bis 8 Landgerichte mit der entsprehendeu Zahl
)on Amtsgerichten für Baiern treffen, während die Oberlandeszerichte
nehrere Regierungsbezirke umfassen lönnten, wie dies theilweise schon
jezt mit den bairischen Appellationégerichten der Fall sei. Auf
wveitere Fragen des Abgeordneten Lasker erwiderte Justizminister
deonhardi, daß er es fuͤr wünschenswerth erachte', soweit die Ver:
jaltnisse es gesflatten, mindestens zwei Antsrichter an einem Orte zu
haben; es sei ferner nicht ausgeschlossen, detachirte Senate mit
Amtsrichtern, die nicht am Orte sind, zu besetzen, erwüuscht sei es
edoch, daß die Richter des det ichitlen Senatz am Otte seien.
Im Interesse Elsaß⸗Lothrtingeng trat damals Abgeordneter v. Putt⸗
amer für kleine Amtsgerichtssprengel auf, auf welche das Interesse
es rechtsuchenden Publikums verweise. In Bezug auf die bevor⸗
tehenden Votlagen, welche die deutschen Regierungen ihren Spezial⸗
landtagen behufs Organisation der Gerichte zukommen lassen werden,
dürften obige Mittheilungen wohl als beachtenswerth erscheinen.
Berhin, 4. Juli. Die „Nortd. Allgem. Ztg.“ meldet,
daß Kassel als Sitz eines Oberlandesgerichts sür den Regierungs
beziet Kafsel, Frankfart als solcher für: den Regierungsbezirk Wies⸗
baden und einige andere Gebietstheile in Aussicht genommen sei.
— Die ‚Nordd. Allgem. Ztg.“ bestäligt, das preußische Ministe⸗
rium habe beschlossen bei dem Bundesrath ein Pferdeausfuhrverbot
zu beantragen. Das Verbot solle sich nicht auf eine bestimmte
GBrenze richten. Der Grund der Maßregel sei, daß der Bedars
der Armee an Vierden nicht durch eine zu starke Ausfuhr, besonders
bezüglich der Qualität, geschwächt werde. Die Beschlußfassung des
Bundesraths dücfte durch vertrauliche Verständ'gung bereits vorbe⸗
reitet fin
Berlin, 4. Juli. Die officiöse „Provinz. Corresp.“ re—
producitt die Schlußworte des Tagesbefehls des Marschalls Mac
Mahon an die Pariser Truppen mit dem Hinzufügen: „Auch diese
Worte lossen den gauzen Ernst der jetzigen Lage der Dinge in
Frankreich erkennen.“ — Dir „Provp.⸗Corr.“ zufolge gehl der
daiser am 9. Juli nach Coblenz und von da nach einem Besuche
»ts Großherzogs von Hissen am 11. Juli rach Mainau. Mitte
Juli erfolzt sodann die Reise über München und Saliburg nach
Bastein zu einer dreiwöshentlichen Eer. In der zweiten Woche
des August trifft der Kaiser voraussichtlich wieder in Berlin ein.
NKussland.
Wien, 4. Juli. Es bestätigt sich, daß die Russen von
Biela zurückgeworfen worden sind. Redif Pascha besteht entschieden
auf der Fortsetzung des Krieges im Widerspruch zu Sasdei, der
eben so wie der Sultan den Frieden mönhte, aber ohnmächtig ist.
Aus Asien lanten alle Nachrichten günstig für die Türken. FB
Wien,- 4. Juli. Ein Telegtamm der „N. Fr. Pr.“ aus
Varna vom gesttigen Tage melden: Redif Pascha ist hier ringe—
roffen und reist morgen ins Hauptquartiec. — Das österreichische
uind das französische Consulat in Rustschuk haben durch das vor—⸗
zestrige Feuer der Russen arg gelitien, — Russisch? Jufanterie ist
zestern auf det Insel Ramaza, gegenüber Russschuk gesehen
vorden.
Prag, 4. Jul. Die Bohemia veröffentlicht unler hoch⸗
Affiziösem Zeichen aus Wien eine Mittheilung, welche die angebliche
dandidatur des Prinzen von Hessen Darmstadt als Fürsten von
Bulgarien mit Eutschiedenheit dementirt, gleichzeitig aber auch von
oit rceich scher Seite den Beginn der wmilitärischen Aleion in nahe
Aussicht stellt.
„Paris, 1. Juli. Der orleanistische „Soleil“ erhält eine
Zuschrift, in der zu einem einigen Vorgehen der Anhänger des
Brafen Chambocd und des Prinzen von Orleanz in dem künftigen
Wahlgange aufgefordert wird, da alle Konservativen gegenüber der
Rührigkeit der Bonopart'sten und der Entschlossendeit der Republi—
aner eng zusamme: halten mühten. Offen wird darauf hingewiesen,
»aß die Person des Marschalls bei aller Attungswürdigkeit nicht
dedeutend genug sei, um das Legitimitalsprinzip aufzuwiegen. Und
Aals Vectreter dieses Prinzips müßten in erster Linie die Prinzen
don Orleans angesehen werden. Darauf autwortet der „Soleil“:
„Die Bonapartisten werden in den Wahlen erklären, daß sie den
Pdarschall bis zum Jahre 1880 unterstützen und dann, wenn
nöglich, das Kaiserreich wiederh'rstell n wollen. Nichts hindert die
Royalisten, ihrerseits zu erklären, daß sie den Marschall bis zum
Jahre 1880 unterstützen und dann, wenn möglich, die Monaichie
wiederherstellen worden. Wir gehöten zu denen, welche den Schriti
vom 5. August (den Besuch dis Grafen von Paris in Frofchdorf)
Jebilligt und feitdem auch nie bedauert haben. Was imner qu⸗
chehen möge, dieser Schritt wird früher oder später seine Früchte
tragen. Wenn wir also von Monarchie sprechen, so kann damit
nur die erbliche und angefstammte Monarchie gemeint sein,.“ —
Der „Temps“ hält seine Mutheilungen über immer mehr zu Tage
retende Differenzen zwischen der legitimistischen und bonapartistischen