Full text: St. Ingberter Anzeiger

ht. Ingberler Anzeit 
Anzeiger. 
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der St. Ingbereter Anzeiger und das (S mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte werbundene Unterhaltungsblait, (Sonntags- mit illusteirter Vei⸗ 
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M 118. Dienstag, den 81. Juli I 1877. 
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Der Arbeitsmarkt. 
8.0. Von der Bleierzgrube in Bleialf'(in der hohen 
Fifel zwischen Prünn und St. Vith) ichreibt man uns: „In hie⸗ 
iger Gegend, und besonders auf hiesiger Grube, welche 700 Ar—⸗ 
zeiter beschäftigt und weit mehr beschäftigen lönnte, ist Arbeiter⸗ 
nangel, so daß Arbeiten, welche früher durch starke Jungen besorgt 
vurden, den Hauern selbst mit in Accord gegeber werden müssen. 
xFs ist zwar' eine jährlich wiederkehrende Erscheinung, daß im 
Frühjahr eine Anzahl Leute abgehen und im Herbste wiederkehren, 
illein in diesem Jahre verlassen die Leute besonders leicht ihre 
Arbeit; wenin dieselden auch anderwärts nicht mehr verdienen als 
jier, so finden sie leichtere Arbeit. Auch von Forstbramten höre 
ch, daß es an Waldarbeitern fehle. An reisenden Handwerks— 
urschen fehlt es nicht, man kann jedoch Schneider, Schriftsetzer, 
Fommis ꝛc. nicht ohne Weiteres als Bergarbeiter gebrauchen.“ 
Gegenüber den v'elen wahrheitswidrigen Mittheilungen über 
ne Lohnverhältnisse auf den Saarbrückner Gruben mögen nach— 
lehende, auf rechnungsmäßigen Grundlagen beruhende Mittheilungen 
—AD 
22,000 Mann (ausschließlich der Grubenbeamten) stellle sich von 
zanuar bis Mai 1877 der Arbeitsverdienst durchschnittlich 
auf 1 Mann auf 1 Mann 
und 1 Schicht und 1 Kalendertag 
Januar auf 2,99 Marl. 2,25 Mark. 
Februar, 2,97 , 227— J— 
MNärz 2,96, 2,28 
upri, 2,98, 217 
. Mai, 298 2205 
58 sind' dabei die sämmilichen Arbeiter — auch die zahlreichen 
ugendlichen —, bei der zweiten Art der Berechnung sogar die 
rankon mit eingerechnet. Greift man nur die Hauer, also im 
Wesentlichen die verheiratheten Bergleute, heraus, so hat der Ver⸗ 
ienst auf 1 Hauerschicht betragen: 
m Jasnar 8,86 Mark. 
Februar 3,328, 
atz 8323200 
April 3,33, 
.Mai 3338 
Bon diesem Verdienst kommen bei Arbeiten unter Tage die Kosten 
»eß Lampenöls mit höchstens 10 Pfennigen auf die Schicht in 
Ubzug. Bringt man auch noch die Beschaffung von neuen Gezähen, 
die der Arbeiter sich selber stellen muß, mit jährlich böhstens 10 
Mark und die statutenmäßigen Beiträge zur Knappschaftskasse mit 
nonatlich 8,500 Mark in Anschlag, so stellt sich beippielswe se im 
Monat Mai bei 23 Arbeitssch'ichten der baore Lohnverdienst für 
einen Hauer durchschnittlich auf etwa 70 Mark uünd für einen Mann 
der ganzen Belegschaft von 22,000 Mann auf etwa 62 Mark. — 
x6 stehen hiermil die Löhne im hiesigen Bezirk ungefähr auf der— 
elben Höhe wie zu Anfaag des Jahres 1872, aber immerh'n noh 
im 10 -3 12 Vrocent zöher als vor dem französischen Kriege. 
Deutsches Reich. 
München, 28. Juli. Gestern Vormittag fand in der 
Residenz unter dem Vorsitze dis Prinzen Luitpold eine Staats- 
cathssitzung sliatt und wurde in derselben der mit der Kammer jüngst 
sereinbarte Gesetzentwurf heüglich des Militäretats verfassungs 
näßig erledigt, so daß das betreffende Gesetz alsbald wird publicirt 
perden können; zur Anwendung ist dasselbe aber bereits durch die 
nm den letzen Tagen erfolgten Beförderungen in der Armee gelangt. 
Berlin. Nach einer Meldung der „Kreuzzeitung“ ist der 
gesetzentwurf beireffs Rebsion der Gewerbeordnung, welcher von 
vem Reichskanzleramts-Präsidenten Hofmann für die nächste Reichs⸗ 
agssession in Aussicht gestellt wurde, im Reichskanzleramte bereits 
um Abschluß gebracht und soll nunmeyr den einzelnen Bundes⸗ 
egierungen zur Kenntnißnahme zugehen. Wie bekannt, wird sich 
er Eniwpurf vorzugsweise mit dem Lehrlinggwesen, der Frauen—⸗ 
— r 
und Kiicderarbeit und der Errichlung von) gcreübliche z Shseds- 
zerichten beschäftigen. Es wäre zedenfalls sehr zwedmäßig, wenn 
ie Vorlage, auch in ihrer gegenwärligen noch nicht definitiven 
Vestalt baldmögzlichst verbffentlicht würde, damit das Publikum 
velegenheit fände, seine Anschauung über die einzelnen, in das 
praktische Leben so tief eingreisenden Fragen zu erklennen zu geben. 
Ausland. 
Wien, 28. Juli. Midhat Pascha ist gestern in der Nacht 
hier eingetroffen und hatte heute Vormittag eine Besprechung mit 
»em hiesigen türkischen Botschafter Aleko Pascha. Die türkischen, 
Hacht „Izzedin“ soll ihn, so heißl es, in Triest abholen 
Wien, 28. Juli. Meldungen des „Tagblatts“: Auf Kreta. 
and bei Rethymno ein blutiger Kampf siatt. Der Aufstend ge⸗ 
vinnt an Ausdehnung. — Ragusa: Der Fall von Nicsic wird als 
ahe bevorstehend betrachtet. r 
Wien, 29. Juli. Die als officiss geltende, Montagsrevue“ 
hreibt: „Die ungarischen Minister Tigzzagund Szelle sind hierher 
erufen, um an einem Ministerrath theilzunehmen, welcher erwägen 
ird, ob nicht der Augenblick gekommen sein, aus der bisherigen 
Jassivität herauszutreten und durch wenigstens theilweise Mobili⸗ 
rung der Armee die militärische Bereitschaft Oesterreichs herzu⸗ 
fellen. Der Neichskanzler Andrassy, welcher diesen Schritt für 
othwendig erachtet, denkt dabei nicht an eine Aenderung der ösier⸗ 
eichischen Politik, welche nur auf die Wahrung der Interessen 
er Monarchie Bedacht nimmt. Die Anwesenheit Midhais hängt 
akeiner Weise mit den bevorstehenden Maßnahmen zusammen. 
die österreichische Politik perhorrescitt jeden Gedanken einer Be⸗ 
tzung türkischen Gebiets, kann aber niemals zugeben, daß eine 
eue Oidnung der Dinge ohne ihe Zuthun oder gegen die von ihr 
reltend gemachten Interessen geschaffen werde.“ (Letzterer Satz faäͤllt 
hwer in's Gewicht; es scheiut, daß das Vorgehen der Rufsen in 
Zulgarien und die von ihnen dort vorgenommene Organisution 
)er Verwaltung, so wie namentlich der mit früheren Abmachungen 
m Wederspruch stehende Uebergang der Rimänier über die Donau 
n Wien bedenklich für die Interessen Oesterreich ⸗Ungarns ange⸗ 
ehen wird. Vorderhand erscheinen die in Aussicht gestellten Maß— 
egeln nur als eine Warnung an Rußland.) 
Wien, 30. Juni. Mddhat Pascha erklärte einem Redak⸗ 
eur des „Wiener Tageblattes“, die Türkei denke nicht an Frieden 
ind werde den Krieg bis auf's Aeußerste fortführen. Erst bei dem 
ẽrscheinen des Feindes vor Konstantinopel werde sie die Inter⸗ 
ention der neutcalen Mächte anrufen. 
Bukarest, 29. Juli. Die vierte rumänische Division 
inter General Manu hat die Donau überschritten, um Nitopolis 
u besetzen, wo bereits die Fahne der fünften rumänischen Regi⸗ 
aenter entfaltet ist. 
Konstantinopel, 29. Juli. Silistra widersteht den 
issischen Angriffen. Ere in der Richtung auf Varna marschirende 
assische Kolonne wurde in Basardschik aufgehalten. Bei Rasgrad 
rlititen die Russen schwere Verluste, die Tuürken hatten 100 Todte 
ind 200 Verwundete. 
Turin, 29. Juli. Prinz Amadeus sprang gestern von 
einem Wagen herab, dessen Pferde scheuten unn zog sich eine schwere 
dopfverletzung zu. Die Nacht war ruhig, die Besserung isi an⸗ 
jaltend. 
New York, 28. Inli. Der Bahnveikehr ist auf mehreren 
Linien des Westens wieder im Gange. Bundestruppen und Miliz 
tellen heute den Verkehr mit Pitlsburg auf der Eisenbahalinie 
Jaltimore⸗Ohio wieder her. In Pennsylvanen ist der Strike der 
hvrubenarbeiter im Zunehmen begriffen. — Die Miliz von New⸗ 
Jort ist entlassen worden. In Johnston (Pennshlvanien) wurden 
50 Unruhestifter berhaftet. 
Vermischtes. 
f Zweibrüden, 27. Juli. Das Ministerium hat sicherm 
Bernehmen nach die Bewilligung einer Geldlotterie zum Ausbau der 
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