Full text: St. Ingberter Anzeiger

chlechter den Gewinn haben. Der Unthaten wird kein Ende sein, 
sie werden sich mit der Naturnothwendigkeit immer wiederholen, so 
lange der Islam qhristlichen Völkern sein Joch aufdrückt. Erst 
dann ist den Gräueln in Bulgarien ein Ende gemacht, wenn das 
Zand ebenso den Bulgaren gehört, wie heute Griechenland den Griechen. 
Ueber die Ereignifse auf dem europaischen Kriegsschauplaß seit 
der Schlacht bei Plewna gibt die Kolnische Zeitung? folgende 
Nebersicht: Osman Pascha hat seit dem 20, Juli eine Re'henfolge 
don Siegen davongetrager, deren Bedeutung eine sehr erhebliche ist. 
Am 20. fand der russische General Schildner Sculdner bei seinem 
Ungriff auf Plewna ganz unerwarteter Weise eine tinkische Streit⸗ 
nacht bon mehr als 20,000 Mann vor, die ihn mit einem Ver lust 
don mehr als 2000 Mann zurücwarf. An den folgenden Tagen 
wurde zu Ungunsten der Russen weitergekämpft; inzwischen bekamen 
heide Theile Verftärlung und am 26. entbrannte aberwals eine 
wuͤthende Schlacht, in der d'e Russen abermals bedeutende Verluste 
litien. Der ruffischen Heeresbleitung schienen einerseits Nicopoli 
ind die Bruͤcke von Sistowa bedrosyt zu sein, da Osman Paschas 
Zorhut den Feind bereits bis zur Bruͤcke von Bulgareni am Osma⸗ 
fluß verfolgt hatte und andererseits wollte man sich um jeden Preis 
Plewnas bemächtigen. Es wurde daher der Donaubergong der 
Rumanen veransialiet, den man Oesterreich zu Lebe gern vermieden 
hätte. Ob sich nun das westbulgarische Coips der Türlen, das 
nan mit Hinzurechnung der eingetroffenen Verstärkungen auf 50,000 
Mann schätzt, diesen Anftrengungen der Russen gewachsen erweifen 
wird, möge dahin gestellt bleiben, jedenfalis hat Osman Paschn 
vurch die am Samstag ausgeführte Erstürmung von Lowat den 
Plan, sich min Mehemed Ali zu vereinigen, erfolgreich begonnen. 
gin der Nacht von Donnerstag auf den Freitag brach er von 
pᷣlewna auf, trieb während des ganzen folgenden Tages die Kosalen 
por sich her und begann am Samstag Morgen den Angriff auf 
dowah. Dort hatten die Rufsen sich in einer halbtkre ssörmigen 
Stellung zwischen der Stadt und dem füdwestlich davon gelegenen 
Dorfe Leven verschanzt und dazu eine große Anzahl Geschütze in 
Hofilion gebracht. Das Treffen begann mit einem zweistündigen 
uriilleriefeuer; als aber die russische Infanferie einen Versuch 
machte, die türkischen Geschützftände von der Seite her zu fassen, 
führte auch Oëman Pascha feine Infanterie⸗Reserven 'n's Feuer. 
Nach einer sechsstündigen Schlacht, bei der es mannigfach zum 
Dandgemenge kam, gaben die Russen Lowatz verloren und zogen sich 
zunehmender Unordnung auf Tirnowa zurüd. Bei der Ver⸗ 
solgung fiel ein ganzer Artilleriepark, zahlte'sche Munition, Waffen, 
Zelie und Monturstüche in die Hände der Türken. Wie telegraph sch 
derichtet wurde, soll Mehemed Ali gleichzeitig von Eli Djuma aus 
mit 60,000 Mann gegen Tirnowa aufgebrochen sein, und wiewogl 
bielleichi der türlischen Offensive, lelbst wenn Mehemed Ali sich als 
üchtiger Führer erweisen sollte, nicht allzuviel Energie zuzut: auen 
ii so ist es doch immechin möglich, daß es gelingt, die über dein 
Fallan gegangenen Russen vom Hauplcorps abzuscheiden. Tie 
Russen sind überhaupt in der letzten Zeit vom Glücke verlassen 
vorden. Auch jenes Treffen in der Nähe von Rasgrad, bei welchem 
Azig Pascha fiel, ist ungünstig für sie abgelaufen. Aziz P. scha 
jatte mit drei Bataillonen in der Richtung nach Scherkdi hin eine 
Recognoscirung unternommen und den Feind dreimal geworfen. 
Als er aber ein viertes Reserebataillon ins Feuer führen wollte 
ind nur noch fünfzig Schritte vom Feinde entserrt war, krachte 
ine Salve uͤnd sireckte ihn zu Boder. Auch Faick Pascha wurde 
oAwundet, führte aber trotzdem das Treffen siegreich zu Ende. Einst 
weilen gilt das russische Haup'quartier Tirno a als der Zielpunkt 
der türkischen Operationen. Südlich vom Ballan hahen die Russen 
ine kleine Bewegung nach rüchwärts ausgeführt, ohne dazu that: 
jächlich genöthigt worden zu sein. Nach dem „Daily Telegraph“ 
gdeht der rechte russijche Flügel in Kaksene, das Centrum in Esti⸗ 
jaghra und der linke Flügel in Kesanlyk. Die Türken sollen ihren 
rechten Flügel in Jenisaghta, ihr Centrum mit dem Hauptquartier 
Sudeimans in Adrianopel und ihren linken Flügel in Derbend 
Tirnowa haben, welches nicht mit der gleichnamigen Stadt noͤrdlich 
som Balkan zu verwechseln ist. Mit welcher Vorsicht übrigens 
manche Kriegsnachrichten aufzufassen sind, geht daraus hervor, daß 
zie über Wien gemeldete Niederlage Suleimans, bei der er 10 
Zanonen verloren haben sollte, nach der Times einzig und allein 
auf einer müßigen Erfindung beruht. Zu einem größern Treffen 
ei'es südlich vom Baltan noch gar nicht gekommen. Suleiman 
Pascha habe nut einen zwar unbedeulenden, abec glüdlichen Vorstoß 
liher Karobunar hinaus unternommen. Vielleicht beruht die aus 
Wien telegraphirte Nachricht des „N. W. Tagebl.“, wonach Achmed 
Fjub an 28. d. am Lomflusse bei Rustschul vom russischen Groß⸗ 
ürsten Thronfolger mit einem Verluste von 80 Kanonen, 10 
Fahnen und 5000 Gefangenen geschlagen worden sein soll, auf 
Finen besseren Quellen. 
— — 
Mänchen, 4. August. Wie wir vernehmen, ist den Gene— 
alen die Weisung zugegangen, daß sie, auch wenn sie sich außer 
Dienst befinden, die Uniform zu tragen haben und C'ivilkleider nur 
»ann anlegen dürfen, wenn sie in Urlaub sind oder einen Land⸗ 
rufenthalt genommen haben. — Die Minheilung, welche dieser 
Tage die „Augsb. Postzig.“ aus München brachte, daß der k. 
zreuß. Mililärbevollmäch igte hier, Oberstleutenant v. Stülpnagel, 
Tommandeur des bayer. Infanterie-Leibregiments werden solle, dürfte 
nach dem, was man in militärischen Kreisen hört, jeder Begtün— 
dung entbehren. 
Nürnberg, 1. August. Aus München geht uns die 
Nachricht zu, daß der Krorprinz von Deuischland beabsichtige, zur 
Jubilaumsfeier des Germanischen Museums nach Nürnberg zu 
sommen. (N. Pr.) 
Berlin, J. August. Nachdem das Reichs-Juftiz-Amt im 
Ma' und Juni d'e Vorarbeiten für die Gebühren Ordnung im 
Tevilprozeß deendet hat, ist nunmehr auch ein Entwurf der Ge⸗ 
»ühren⸗Ordnung in Konluresachen ausgearbeifet worden. An diest 
ALrbeit wird sich unmittelbar die Ausatbeitung eines Entwursß der 
herichtsgebühren in Strafsach u, sodann eines Entwurfe der Ge⸗ 
vühren sür die Gericht vollziehung in allen Sachen und schließlich 
ines Entwurfs, betreffend die Arwaltégbühren schließen. Naqh 
krled'gung dieser einzelnen Theile der Gerühren⸗Ordnung beabsich⸗ 
igt das Reicht ⸗Justize Amt, die Bearbeitung des Gntwurfs einer 
Strafvoslzugs⸗Ordnung vorzunehmen. Erst dann wird man az 
—AXXXDOO 
zens ist, wie bereits betont, dese durch die geschäftlichen Verhalt 
nisse gebotene Verzögerung der Reform der Altiengesetzgebung nicht 
zerade zu beklagen, da eine Anzahl eiuschlägiget rechtlicher Perhaͤlt⸗ 
nisse gleichsam noch in cinem Gährungsprozeß begriffen ift. 
Zarlsruhe. Der Kaiser wird den großen Herbsimanddern 
zes badischen Armeecorps anwohnen. Er trifft am 16. September 
hier ein und hält Tags darauf große Parade über die versammelten 
Truppen bei Muggensturm ab. Am 18. September Mandver der 
Truppen gegen tiuen markirten Feind; am 20., 21. und 22. 
Manöber der beiden Divisionen geüen einander. Während der 
anöver wird der Kaiser hier im großherzogl. Schloß wohnen. 
Ausland. 
Mien, 1. August. Die officiöse „Wiener Abend poft druch 
die Bem.rkungen ab, mit welchen d'e gestrige „Nordd. Alg. Zig“ 
die Maßregeln begleitete, welche die österreichisch-ungarische Regierung 
um Schutz der in der oriental'schen Frage engagirten Interreffen 
er östecreichisch ungarischen Monarchie einzuleiten gedenkt. Daß 
„jfic bse Wiener Blatt beztichnet somit die Auffassung der „Nordd 
Aulz. Zig.“ als die richtige. 
Wlen, 1. August. Privatnachrichten melden, doß Tirnowa 
ynon den Türken wiedergenommen sei. — General Klopka reist 
heute nach Ungain. Er rühmt die Bravour dir türkschen Trappen 
und die Energie der neuen Führer gleichmäßig und hält das jenseit 
des Balkans stehende russische Corps (Gurlo) für verloren. Aus 
Budarest hier angekommene Augenzeugen erzählen Rühmlichstes von 
der Tapferkeit und Toder verachtung der türlischen Soldaten. Tür⸗ 
rische Gefangene mußten oft deßhalb von den Russen gefesselt werden, 
veil sie, obschon entwaffnet, sich auf die Russen warfen. — Der 
hiesiee türkische Botschafter und Midhat Pascha haben aus Kon⸗ 
stantinopel noch keine Mekdung von Aar'fi's Rücktritt erhalten. 
Salzburg, 1. August. Ka'ser Wilhelm wird am 7. d. 
M. hier entreffen und am 8. nach Ifchl zur Begeanung mit dem 
aiser von Oesterreich fahren. 
Paris, 29. Juli. Die Freimaurerloge „La Parfaite 
Igalits“, die ihre Zusammenkünfte in dem Lokal des „Großen 
Otient“ in der Rue Cadet hielt, deren Mitglieder aber fast sämmi⸗ 
lich der Gemeinde Montreun-sous-Bois angehörten, ist auf Befehl 
des Polizeipräͤfechten geschlossen worden. Dasselbe Schicksal erfuhr 
die Freimaurerloge „L' Auqusie Amitié“ in Condom (Gers.Depat⸗ 
ement). 
Paris, 31. Juli. Wie offirielle Berichte aus Konstantinopel 
nelden, wird der Sulian sich nun doch wahrseseinlich uach Adria— 
nopel begeben, um den Oberbefehl über die Armee zu übernehmen. 
— Die Stadt Mühlhausen im Elsaß hat dem republikanischen 
Wahlcomite von Paris eine Million zur Verfügung gestellt. Die 
Helder, welche Rothschild an das conservative Wahlcomite ablieferte, 
vurden keineswegs don ihm hergegeben, sondern von Geschäfts⸗ 
'reunden, die sie ihm zur Uebermittelung an den Ausschuß über⸗ 
ceicht hatten. Die Rothschilds steuern, wenigstens offen, keinen 
Sous bei, da das Princip des Bankhauses von jeher war, sich 
nie in die Politik zu mischen. — 2500 Elsaß Lothringer machten 
gestern eine Wallfahrt nach der Capelle des Sacre-Coeur auf Mont⸗ 
martre, wo zwei Predigten, d'ie eine in deutscher, die andere in 
ranzösischer Sprache, gehalten wurden, in welchen man natürlich 
auf die kürzeste Vergangenheit anspielte. Das Sauvez Rome et 
la Prances wurde ebenfalls zum Besten gegeben. Die Aqitation