Full text: St. Ingberter Anzeiger

S. Ingberler AAnzeiger. 
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Me1266. Direndtaa den 13. Augutt 117. 
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Der Soeialismus und der gesunde Menschen⸗ 
verstand. J 
8.0. Viele Socialisten haben fich allmählich in die feste 
Aleberzeugang hineingearbeitet, daß auch die schäcjste Kritit ihrem 
System nichts anhaben könne, daß ihre Gegner entweder Dumm⸗ 
zpfe oder Heuchler sein müssen. Es— gibt unseres Wissens drei 
Standpuntte, von denen aus man den Socialismus wirksam be⸗ 
tämpfen kan.— 
Die erste feste Grundlage bietet die Religion dar. Weder 
zas Christenthum, noch irgend eine andere Religion werden, so 
ange sie die Gemlither eines Volkes veherrschen, das Aufkommen 
c glaubenslosen Materialismus dulden, welcher das Gemüihsleben 
ind somit alle höheren Ziele der Menschheit auf die -ozenanute 
Nogenfrage zuxücksühren will.. 5 
Ber zwele Standpunkt ist die Wisseunschafi, vor Allem di⸗ 
Potionalolonomie. Aber ist der Einfluß der Wissenschaft auf die 
Dauer gewaltig, unwiderstehlich, so wird er für die Bedürfnisse 
x Augenblichks häufig nur ein geringer sein, zumal in aufgeregter 
eiten, wie es die gegenwärtige in wirihschaftlicher Beziehung ist. 
in Stelle der freien, unbefaugenen Forschung drängt sich alsdann, 
»en· urtheilslosen Massen als sogenannte populäre Wissenschaft au⸗ 
zepeiesen, das Parteiprogramm, und die in die einsamen Studir⸗ 
Amer zurückgescheuchte Wissenschaft kann nur noch in beschränkter 
Weise ihren befruchtenden Einfluß auf die öffentliche Meinung be⸗ 
saupttn. Die Geschichte lehrt auf jeder ihrer Seiten, daß sociali⸗ 
tifche und communistische Staatsformen durchaus nichts Unerhörtes 
ins, daß sie aber immer nur auf der untersten Entwickelungsstuft 
ines Voltes vortoinmen, mit steigender Culturverschwinden und 
don den später einzeln wieder auftauchenden Socialisten (welche 
wunderhaterweise alsdann jeden Gegner gernals Reactionär, be⸗ 
jeichnen) lroß mancher Rückschreckungsversuche noch niemals dei einem 
civilisirten Volke wieder haben eingebürgert werden lönnen. In 
unserem heutigen so derwickelten Verlehrsleben würde auch nur an⸗ 
aaherungsweise Guͤbergem inschaft erst dann möglich sein, wenn alle 
Menschen Engel oder wenigftens von der Nächstenliebe so sehr durch⸗ 
orungen wären, daß die Kluzen, Fle:ßigen; Stacken zu Gunsten 
hder Dummen, Faulen und Schwachen freiwillig auf jeden Vorrang 
berzichteten. Ernen solchen freiwilligen Verzicht halt Nemand für 
noͤglich, der die menschliche Natur kennt, und doch — was find 
Nationalokonomie, Geschichte, Philosophie und alle Staats- und Ge⸗ 
iellschaftswissenschaften momentan gegen die gewaltigen Lungen und 
nen Zungenschlag eines wohleingeüblen Volisredners! 
Wir bauen daher vorzugsweise auch auf die dritte und nichl 
am wenigsten wirksame Position zur Bekläupfung des Socialismus, 
den von aller Wissenschaft abstrahirenden gesunden Menschenverstand. 
Wir haben von einfachen Arbeitern, mit denen über allgemeine 
Fragen keine Verständigung möglich war, weil der socialistische Zu— 
lunft sstaat schon fix und fertig vor ihren Augen dastand, z. B. 
iber das Lehrlingswesen, aber auch über viele andere brennende 
Fragen, die verständigsten Ansichten gehöct. Ueber die Frage, wie 
aus unserem irdischen Jammerthal ein himmlisches Eden zu jchaffen 
ist, kann auch der Gescheidteste den Veistand verlieren; daß adber 
in unseren gesellschaftlichen Einrichtungen bei gutem Willen Vieles 
detbessert werden kann, lehrt der Augenschein jeden Tag. 
bis 100 Ainder, 95 je 100 bis 120 Kinber, 83 je 120 bis 
150 Zinder, 33 je 180 bis 180 Kinder und 14 Stellen über 
200 Kinder. In den gröheren Städten wurden vom 1. Juli 1876 
bis Ende Jun 1877 294 Stellen offen, 176 derselben wurden 
nun wieder besetzt, so daß 118 Siellen offen blieben. Im Vor⸗ 
jahre waren nur 260 Siellen erledigt, 187 Siellen aber wieder 
besetzt worden, so daß nur 73 Siellen offen blieben. Der Lehrer⸗ 
mangel hat also selbst in größeren Orten zugenommen. * 
J Aussand. 
. Waen, 12. August. Das Tagbl.“ meldet aus Konstan⸗ 
linopel: Ein Theil der Armee Suleiman Pascha's ist in den 
Baltanpaß Selimno Marareta eingedrungez, um über Lebrowa 
(Gabrowa?) gegen Ternowa vorzurücken. —Dit bieher im⸗Nau⸗ 
kafus operirende türlische Corps ist von dort abgezogen, was durch 
die Uneinigkeit der muhamedanischen Stämme daselbst veranlaßt 
sein soll. J 
Paris, 12. August.“ Das Amtsblait emhält eine Ver⸗ 
ordnung, wodurch wegen des Auftretens des Coloradokäfers die 
Ein⸗- und Durchfuhr von Kartoffeln aus Deutschland verboten wird. 
Das Berbot erstreckt sich auch auf Laub, Säde, Fäfser und andere 
zur Verpackung dienende Gegenständez: 
Die Bonapartisten sind der Wiederherstellung des Kaiserreiche 
so fsicher, daß sie sich nicht einmal die Muͤhe geben, ihre Pläne 
geheim zu halten.l Einer ihrer hervorragendsten Führer hat einem 
Finanzmann, der nicht zinmal zu den Bonapartisten gezähit: werden 
lann, acht Briefe des Marschalis Bazaine an seine Pariser Freunde 
gezeigt, in welchen derselbe sehr präcise Rathschlage für den Fall 
ertheilt, daß die Regierungsgewalt einen Moment erledigt würde, 
oder provisotisch neu besetzt werden müßte. Der Exmarschall spricht 
mit sehr geringem Respell von Herrn v. Mac Mahon und scheint 
ha, wenn nicht als einen diretten Gegner des Empire, so doch 
als eine lästige Persönlichkeit zu betrachten, die man zu allererst bei 
Seite schieben müsse. Bazaine räth, den imperalifüschen Staats⸗ 
treich genau nach demselben Recept zu machen, nach welchem: der 
16. Mai gemacht worden ist: man consignire dad Militär in den 
dasernen, bis die Scene in Versaille vorüber ist, und noch einige 
Tage länger, und warte ab, ob die Republikaner ‚auf die Straße“ 
gehen werden. Sie werden es wiedet nicht thun, glaubt er, und 
dann ist der Streich gespielt?. Für die Armee glaubt der Mann 
don Metz garantiren zu köunen, doch ist zu erwarten, daß die Er⸗ 
nerungen von 1870 in manchem Soidaien und in manchem Offizier 
eine gewisse Abneigung gegen Bazaine hervorrufen durfien. 
—London, 1I1. August. Im Oberhaus erklärte Lord Derby 
auf eine Anfrage Colchester's, daß die von auswaͤrtigen Zeitungen 
»erdreiteten Gerüchte, nach welchen die englische Politik in der 
Drientfrage darauf gerichtet sei, auf eine Theilung der Türkei zu 
varten und an derselben theilzunehmen,“ jeglicher Begrüudung 
ntbehrten. 
Die Wiener „Presse“ enthält folgendes Telegramm aus Kon⸗ 
tantinopel: Von der griechischen Regierung sind 6 Batterieen 
drupp· Geschütze und 16,000 Hinterlader angekauft worden; letztece 
ind bereits in Griechenland eingetroffen. — Die Mannschaften eines 
Tabors (Bataillons) türkischer Truppen haben den Vormarsch nach 
Adrianopel verweigert, weil ihr Sold im Rüchsande sei und fie 
nicht mit Winchester Büchsen ausgerüstet wären. 
In einem Telegramm schildert der Corresponden der Daily 
News“, Forbis, die Lage auf dem —nlgarissch en arlegs 
chauplatz in folgender Weise: Die Russen geben für jetzt die Idee, 
hen Krieg südlich vom Balkan zu sführen, auf, und 'werden sich 
rür dieses. Jahr damit begnilgen, sich in Bulgatien zu halten. Ein 
unmiltelbares Ergreifen der Offensive sei ihnen unmöglich, da sie 
hierzu 100,000 Mann brauchen, welche wohl kommen, aber auf 
d'e man warten muß. Ueberall zwingt die Situalion die Russen 
etzt zur Deffersive, zudem leidet die Atmee bedeutend durch Krank⸗ 
jeiten und sonderbarer Weise seien gerade in der Umgebung des 
Tzaren alle Adjutanten bis auf einen krank; es sei keine Aussicht 
De”utsches Reich. 
Mäünchen, 11. August. Rachdem für die Generäle der 
baherischen Armee für den Truppendienst die bekannten Federhüte 
außer Kurs gesetzt sind, etwas Anderes aber noch nicht — nach 
5 Jahren? - an deren Stelle gesetzt ist, wurde vom Kriegs— 
ninisterium bestimmt, daß die Generale und hböheren Stäbe bei 
den größeren Truppen⸗Uebungen die Schirmmütze zu tragen haben. 
Ueber den Lehrermange! in der Provinz Bran—⸗ 
endburg sptechen folgende Zahlen: Von 1604 Stellen (in 
336 Ortschaften) sind 418 ungenügend besetzt, d. h. von un⸗ 
Keigneten Personen verwaltet. Tabei haben 148 Stellen je 80