Full text: St. Ingberter Anzeiger

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St. Ingberler Anzeiger. 
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ser St. Ingberter Anzeiger und das (S mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaliungsblatt, Gonntagt mit illustrirter Beu 
age), erscheint wöchentlich vlermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonndag. Der Abonue mentspreis betraͤgt vierteljahrlich 
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M 128. J Samstag, den 18. August J 2 1877. 
Brandeolleetien. 
Fast allwöchentlich liest man in den Tagesblättern herz- 
zerreißende Schilderungen von dem Zustande armer Leute, welche 
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durch Brandunglück verlvren haben und dem Mangel peeisgegeben 
sind. Daran räher sich Aufforderungen zu Gaben und Hilfleistungen. 
Gewöhnl'ch sind es Beamte und Pfarrer des Orts, welche sich au 
die Spitze der Sammler siellen müssen. Es kann nicht oft genug 
daran etinnert werden, daß Pfarrer und Beamte eine noch viel 
chönere und dankenswerthere Pflicht erfüllen würden, wenn sie ihre 
ammtlichen Gemeindeangehörigen auf die Wohlthaten der Versi— 
herung aufmerlhjam machen wollten. Brandcollecten wirken 
oft geradezu demoralisirend; fie ertödten den Versicherungstrieb und 
erregen Unmuth bei solchen Personen, welche Jahr aus Jahr ein 
Prämien für Versicherung gegen Feuersgefahr zahlen und außerdem 
auch noch Beiträge zur Feuerwehr des Orts leisten müssen. Der 
Oberpräfident von Elsaß- Lothringen hat vor wenigen Monaten in 
dieser Beziehung folgende zeitgemäße Bekanntmachung erlafsen: 
Bei Seiner Majestät dem Kaiser sind wiederholt und bis in 
die neueste Zeit aus Elsaß Lothringen A träge auf Bewilligungen 
hon Unlerstützungen zur Wiederherstellung abgehrannter Gebäude 
einzegangen, bei deren näherer Prüfung sich ergeben hat, daß diese 
SGebäude entweder überhaupt nicht, oder nicht in ausreichendem 
Maaße gegen Feuersgefahr versichert waren. In solchen Fällen 
soll nach den hierüber erlassenen Allerhöchsten Bestimmungen aus 
Staatsfonds nichts mehr gewährt werden. Die Besiter von Ge⸗ 
däuden werden darauf aufmerksam gemacht, daß sie in ihrem In— 
seresse für eine ausreichende Versicherung ihrer Gebäude zu sorgen 
haben.“ 
Wir erinnern bei dieser Gelegenheit an einen schon vor meh⸗ 
ceren Jahren vom bayerischen Ministerium des Innern und des 
Handels ergangenen Erlaß gegen Brandbetteleien, der folgender⸗ 
maßen lautet: 
„Die Theilnahme an der Mobiliar-Feuerbersicherung scheint 
im Larde noch immer eine sehr beschränkte zu sein, denn fast bei 
jedem größeren Brande tritt die Thatsache herver, daß nur eine 
kleine Minderzahl der Beschädigten einer Mobiliar Feuerversicherungs⸗ 
Gesellschaft einverleibt war. Tiese Thatsache hat ihre sehr bedenk— 
lichen Seiten; einestheils zeigt sie, daß die Bewohner besonders 
des platten Landes die Northeile der Mobiliar⸗Feuervetsicherung 
noch nicht gehörig begreifen, und anderntheils verleiht fie den 
Bränden in vollswirthshaftlicher Beziehung eine weit verheerendere, 
die einzelnen ökonomischen Existenzen im gesteigerten Grade gefähr⸗ 
bende Wirkung. Die Betheiligten greifen in solchem Falle in der 
Regel zu dem Mittel, das öffenlliche Mitleid anzurufen und sich 
die Etlaubniß zu einer Sammlung in größerem oder geringerem 
Umfange zu erwirlen. Wenn auch eine solche Sammlung zu dem 
Zwecke veranlaßt und zulässig sein mag, um die ersten aus einem 
solchen Brandunglücke hervorgehenden, selbst bei entsprechender Ver— 
sicherung der Immobilien oder Moblien nicht zu vermeidenden 
Verlegenheiten in Beschaffung der Kleidung, Wohnung, Unterkunft 
der Abgebrannten zu beseitigen, so ist es darum nicht minder ver⸗ 
werflich, derartige Sammlungen, wie bisher geschehen, als ein 
cegelmäßiges Mittel der Ausgleichung der durch die Brände erlet— 
enen Vermögensbereluste zu betrachten. Auf diese Weise wird die 
Indolenz und der Mangel an Intelligen; prämiirt und der vielfach 
unverkeunbaren, jedenfalls aber für den wirthschaftlichen Aufschwung 
höchst bedenklichen Tendenz eines Theiles der Bevöllerung, sich, 
ttatt der eignen Krafl und Thäligkeit zu vertrauen, auf fremde 
Hilfe zu verlassen, in bedauerlicher Weise Vorschub geleistet. Hier— 
nach erscheint es im eigensten Interesse des Landes geboten, die 
Bewilligung zu Sammlungen aus Anlaß von Brandfällen für die 
Zukunft thunlichst zu beschränken und hierfür auf die Verbreitung 
der Theilnahme an den Modbiliar-Feuerversicherungs-Austallen mit 
möglichster Eindringlichkeit hinzuwitken“ 
Deutsches Reich. — 
In Würzburg werden auf Weisung von München die Gemächer 
der königlichen Residenz zur Wohnung- für den deutschen Kron— 
prinzen bei seiner demnächstigen Inspeknon in Bereitschaft gesetzt. 
— Ulm, 14. August. Heute wurden auf dem hiesigen, Güter⸗ 
Bahnhof in mehr als 100 Fässern 1,800,000 Chassepot⸗Patronen unter 
der Adresse des griechischen Kriega-Ministeriums verladen. Sie ge⸗ 
jörten zu der in Frankreich gemachten KriegsBeute und sind an 
Briechealand verkauft worden. G. Schn.⸗P.) 
Berlhin, 15. August. Der „Kreuzzeilung“ zufolge hat 
ich die Prinzessin Elisabeth, zweite Tochter des Prinzen Friedrich 
ftarl, mit dem Erbgroßherjog von Oldenburg vecbobt. 5* 
Berhin. Wesentliche Forischritte in der Durchführung der 
deutschen Münzreform lassen sich aus den Mittheilungen über die 
ẽdelmetallbewegung am Londoner Markte während der ersten sieben 
Monate des laufenden Jahres ersehen. Die so oft getadelte Zöge⸗ 
ung bei Abstoßung der disponibela Silbervorräthe scheint in letier 
Zeit von der Reichsregierung in der That aufgegeben zu sein. 
Denn allein im Monat Juli ist für 1,729, 750 Pfo. Sterl. deutscheß 
Zilber nach London gegangen, während die Gesammtsumme des seit 
)em Beginne dieses Jahres dorthin ausgeführten Silbers sich auf 
7.490,830 Pfd. Sterl. beläuft, gegenuͤber einer Einfuhr von nur 
338,462 Pfd. Sterl. Hand in Hand damit geht die Einziehung 
der preußischen Silbermünzen. Entsprechend der Menge des naqh 
England ausgeführlen Silbers haben auch sehr bedeuiende Bezüge 
an Gold von dorther stattgefunden; es werden als in der Zeit 
dom 1. Januar bis Ende Jull dieses Jahres nach Deuifchland ausgefüͤhrt 
angegeben 5,8345,345 Pfd. Sterl, waͤhrend amgekehct nur 412,818 
Pfd. Sterl. Gold aus Deutschland nach Englandgegangen sind. 
Allmälig fängt man auch auf dem Gebiele des Volksschul⸗ 
wesens an, innerhelb des deulschen Reiches keine Grenzen zu kennen. 
NRachdem durch Verfügung des Ministers der geistlichen ec. Ange⸗ 
legenheiten vom 23. April 1875 die mit einem Qualifikationszeug⸗ 
niß der wissenfchaftlichen Prüfungskommission zu Leipzig versehenen 
—An Preußen 
Anspruch auf Anstellung erlangt hatten, ist durch Verfügung des 
Zultusm'nisters vom 5. Juni er. den Regierungen die Ermächtigung 
ert eilt worden, Schulamtskandidaten und Lehrer, welche ihre Be— 
ähigung für das Volksschulamt durch Zeugnisse außerpreußischer 
Krüfungsbehörden im deutschen Resch darthun, im diesseitigen 
Schuldienst provisorisch anzustellen. Allerdings müssen diese Lehrer 
zine spätere zweite Prüfung dann vor einer preußischen Prüfungskom⸗ 
mission ablegen. 
Mannheim, 185. August. Eine gestern Abend hier ab⸗ 
zejaliene Versammlung von Socialdemokralen beschloß, ein eigenes 
ocialdemotratisches Blatt für Mannheim und die Pfalz zu gründen. 
Durch freiwillige Beiträge und Zeichnung von Antheilscheinen sollen 
die Mittel beschafft werden, und wenn's datan nicht fehlt, soll das 
neue Blatt noch in diesem Herbst in die Welt eingeführt werden. 
NAussand. 
Wien, 14. Aagust. Bei der neuesten gebolenen Gelegenheit 
lehute sowohl Oesterreich als Deutschland die von Eugland ge⸗ 
vünschte Initiatwe zu einer Friedensvermittelung abermals für so 
lange als inopportun ab, als nicht mindestens der eine Theil sie 
provocire. (A. 3.) 
Wien, 14. August. Wie aus Butarest h'erher Hemeldet 
wird, ist General Ignatieff nicht krand, sondern in Ungnade ge⸗ 
fallen. (A. 3.) 
Wisen, 14. August. Die „Polit. Cotr.“ bringt eine offen⸗ 
bar auf österreichischen Consularberichten beruhende Darstellung der 
Tscherkessengreuel in Kawarna, welche den Beweis führt, daß Schlaff⸗ 
heit kürkischer Behörden mitschuldig an dem Gemetzel ist. Kurt 
Mehemed Ali schlug den Griechen vor, sich durch ein Losegeld von 
50,000 P astern von den Tscherkessen loszukaufen. Während der 
Berhandlunzen begann das Gemetzel. Getödlet wurden mehr als