Full text: St. Ingberter Anzeiger

gefertigt und einem jungen Manne aus dem Orie mitgegeben, da⸗ 
it er dieselbe dem Burkhard überbringe. Wie versichert wird, 
desteht eine beglaubigte Abschrift dieser Bollmacht, welche vom 209. 
Septiember 1829 datirt und von allen damals lebenden Erben des 
Henry Bicker zu Kirchheimbolanden unterzeichnet ist. 
Die Vollmacht wurde später von den Erben vergessen, welche 
mn der Meinung waren, daß nichts dabei herausgekommen sei. 
Später wanderten Nachlommen der Mandler'schen Familie noch 
Amerika aus, wußten aber ebenfalls nichts von dem hinterlassenen 
Reichthum des Henry Becker, bis im Februar 1876 eine Karten⸗ 
schlägerin einer Frau Hammetschmidt in New York sagte, doß ihr 
ein großes Vermögen zukomme und aud, zufallen werde, wenn sie 
ich nur gehörig darum bemühe. 
Dadurch wurden die Mandler'schen Nachlommen an die Becer'sche 
Erbschaft erinrert und schließlich beschlossen dieselben, womöglich 
hre Ansprüche zu betreiben. Sie haben e nen Advokaten angeftellt 
und behaupten, sich im Besitz von allerlei wichtigen Dolumenten zu 
befinden, welche dem Prozeß eiue für sie günstige Wendung geden 
muͤßten. Sie wollen übrigens die Dolumente nicht sehen lassen 
umd namentlich sind sie keineswegs bereit, anzugeben, ob sie im 
Bisiß eines Testamentes oder von Besitztiteln, Depositenscheinen rc. 
jeien. Die angeblichen Erben sind: Peter Hammeischmidt in der 
Stadt New-York; Eichhorn, Seifensieder in Williamsburg; Peter 
Wilhelm, Barbier, und G. B. Staudinger, Kraͤmer, in der Stadt 
New-NYotk; Beyer und Mitchell iu Union OHill, New-Jerseh. 
Macht. aus Amerika.) 
In Würiburg werden auf Weisung von München die 
Bemacher der kol. Nesidenz zun Wohnung für den deutschen Kron⸗ 
prinjen bei seiner demnächftigen Anwesenheit zur Inspeltion in Be⸗ 
ceilschaft gesetzt. 
Warzburg, 15. August. Vor eiwa acht Tagen wurde 
der Besitzer eines hiesigen Kohlengeschaäftes, C. Müller, wegen 
Wechfelfälschung in Haft genommen. Gistern wurden auch sein 
Vater, der Agent Müller, sowie ein Handlungsreisender in die 
Frohnfeste abgeführt. Die Wechselfälschungen sollen, so viel jetzt 
dekannt ist, die Summe von 50,000 M. übersteigen. — Gesiern 
Mittag kam auf der Fistung ein sehr bedauerlicher Unfall vor. 
Beim Ueberfahren der Brüde am Höchberger Thore mit einen be⸗ 
ladenenen Munitionswagen brach diese durch und Wagen, Pferde 
und Mannschaft fielen in die Tiefe, wobei zwei Soldaten todi 
blieben und mehrere schwer verletzt wurden. Ein Mann retiele 
durch einen Sprung in den Graben. Der Führer des Wagengz 
am mit dem Pferde, auf dem er saß und in den Graben fiel. 
anberlezt davon. 
fSaacbrücen, 16. Aug. Zwei wandernde Schmied⸗ 
zesellen wurden gestern Nachmittag durch den hiesigen Gendarmen 
zerhaftet, weil sie in mehreren Häusern unter Trohungen gebettelt 
hatien. In einem Privathause der Wilhelmstrabe hier trat der 
zine ungestüm ein und verlangte barschen Tones e'ne Porton ge⸗ 
bratenes Kalbfleisch mit Salat und Aartoffeln. Als man's ihm 
wbschlug, wurde der Strolch so frech und ungezogen, daß er gewolt 
sam aus dem Hause entfernt werden mußte. Aehnlich benahmen 
heide Burschen sich in der Vorstadtsiraße bei einem Klenpner und 
wahrscheimich auch anderweilig, bis es gelang, sie hinter Schloß 
und Riegel ju dringen. Es muß noch bemerlt werden, daß einer 
der beiden äußerst kräftigen Strolche eine monagtliche Invaliden⸗ 
Pension von 21 Mart bat und die Denkmünze von 1870/71 
taͤgt. (Saarbr. Zig.) 
Saarbrüden, 16. August. Die zuchtpolizeigerichtlichen 
Berhandlungen gegen die socialdemokralischen Agitatoren Raulitz 
and Hadenberger gingen heute Mittag 124 Uhr zu Ende. 
Das vffsutliche Ministerium trug nach ausführlicher Begründung 
der Aufiage gegen jeden der Beschuldigten auf eine dre'jährige 
Befängnißfirafe an. Die Verlündung des Urtheils ersolgt am 
nachsten Samstag nach Beendigung der Handelsgerichtésitzung. 
(Saarbt. Ztg.) 
Sigmaringen. Zwei kurz nacheinander belannt ge⸗ 
wordene Funde von Giild magen hier Aufsehen. Der erste Fall 
dieser Art betrifft den Polizei- und Ortsdiener Walter in Ober⸗ 
schmeien, einem Dorfe, eine Stunde von hier, welcher bei Reparatur 
sanes Wohnhauses unter einem Balken verst dt verschiedene Geld⸗ 
sotten, in Goldstüden, Gulden, österreichischen Zwanzigern ec. de⸗ 
dehend, endedie, deren Gesammtwerth anfänglich zu 4000 fl. 
mgegeben, später auf 1700 Mark und schl'eßlich aus lauter ab⸗ 
leshätztem Geld nur jum Gold- resp. Silberwerth angenommen, 
uf ea. 600 Mart sich reducirte. Rentabler stellie sich der zweite 
Fund heraus, wo die Erben des kürzlich verstorbenen Schreiner⸗ 
neisters Fidel Nahr bei Oeffnung eines Kastens, dessen Schlüssel 
der Versiorbene nie von sich gab, unter Handwerlszeug und Nägeln 
tc. ꝛc. 25,000 Mark in Rapoleonsd'ore, verfollenen Couponsé und 
gamentlich Kassenscheine der Spar⸗ und Leihlasse hier vorzufinden 
werrascht waren. Der Verstorbene scheint sich diefen Vorrath, von 
velchein seine Angehörigen leine Ahnung hatten, als früherer 
Theatermeister, woneben er die Schreinerei mit Fuhrwerk belrieb 
und daher verschiedene Einnahmen hatte, allmaͤhlig angesammelt 
zu haben. 
Der Sveialistenführer Guflad Kamm in Neumünster 
Holstein) ist unter Hinterlassung vieler Schulden verschwunden, seine 
Familie ohne alle Mittel zutüclassend. 
4Hamburg, 11. August. Von hier schreibt man dem 
„West. Nerlur“: Welch schädlichen Einfluß die Tingel⸗Tangel 
auf die gesellschaftlichen und sittlichen Verhälinifse ausüben, scheint 
auch den hiesigen Behörden jetzt klar geworden zu sein. Diese 
rüher hier so zahlreichen „Gesang ˖ und Musik: Hallen“ sind meisten⸗ 
heils aufgel oben und die wenigen noch vorhandenen unter so scharfe 
Tontrole gestellt worden, daß den Wirthen wie den Sängerinnen 
die Lust zum Geschäft von selbst vergeht.“ 
Der Schulrath in Romester, New-PYork hat ein Beispiel 
don Haß und Abneigung gegen die Teutschen dadurch gegeben, 
saß er unter dem Deckn'antel der durch die Zeitumstände gebotenen 
Zparsamkeit mit 11 gegen 5 Stimmen beschloß, den Unterricht in 
er deutschen Sprache in den öffentlichen Schulen abzuschaffen und 
die hierfür angestellten Lehrer zu entlassen. Unter den Schul⸗ 
ommissären, welche für diesen Beschuß simmten, waren leider auch 
wei Deutsche Namens Weil und Felsinger. 
f In den Ver. Staaten gibt es 33,000 Advbolalen. Davon 
zefinden sich 5914 im Staate New ; York. 83452 in Missouri, 
3253 in Piunsylvanien, 2628 in Illinois, 2683 in Obio, 1684 
in Indiana, 1562 in Kemuly, 1270 in Massachuseits, 1115 in 
Talifornien. Von den Städten besihen New⸗PYork 1286, Phila⸗ 
delphia 992, Chicago 629, St. Louis 694, San Francisco 438, 
Brootiyn 429, Bofion 342, Washington 870, New Orleans 310, 
Fincinüali 295, Clebeland 2866. Die Gesammtzahl der amer⸗ 
anischen Advokaten ist sonach um 8000 Mann gidßer als die 
zanze Bundesarmee. In ganz Deuischland beläuft sich die Zahl 
der Advokaten nur auf 5500 bis 6000. 
fEineigenthämliches Wettrennen. In New— 
York trat kürzlich ein elegant gelleideter Mann in einen Juwelier⸗ 
aden und fragte, ob er nicht einige Becher besichtigen koͤnne, d'e im 
Zchaufenster standen nnd von Silber und mit Gold ornamenkirt waren. 
Der Juwelier reichte ihm einen und sagte: „Das sind Wettrennen⸗ 
zecher.“ — „Wettrennenbecher? Was bedeutet das ? — Das sind 
Becher, die Derjenige erhall, der im Wettrennen den Preis erringt.“ 
— „Nun, wenn das so ist, so will ich für Einen rennen!“ sprach 
der Mann und war mit einem Sotze sammt dem Becher aus der 
Thür. Der Juwelier „startete“ ebenfalls und jagteb ihm nach, 
aber an der naächsten Straßenede entschwand ihm der Renner aus 
dem Gesichte. 
4 Washingtor, 12. August. General Gibbon hatte an 
der Spitze von 182 Mann Bundestruppen und Bürgern am 9. d. 
einen härinäckigen Kampf mit Indianern bei Helena Montano, 
wobei zwei Offiziere getödtet wurden. General Gibbon nebst vier 
Difizieren wurde verwundet. Von den Soldaten und Bürgern sind 
30— 100 Mann verwundet oder todt. Die Indianer wurden 
chließlich gezwungen, sich zurtidzuziehen und wird deren Verlufi 
nuf 100 Mann geschätzt. — Einer Depesche aus Panama vom 
3. d. zufolge sche terte der Dampfer Eten“ von der Pacific Steam 
Nuvigativn Company om 15. Juli 78 Meilen nördlich von Val⸗ 
paraiso. Es waren angeblich 160 Personen an Bord, 48 davon 
erreichten dis zum 18. Iuli das Festland, 20 retteten sich auf 
nahe Felsen. Das britische Kriegsschiff „Amethyst“ ging, um 
dilfe zu leisten, dahin ab, konnte sich aber wegen des slürmischen 
Wetters den Felsen nicht nähern. Aus Mangel an Lebensmitteln 
kemen mehrere auf den Felsen um, die Ueberlebenden flürzten sich, 
um ihrem Leiden ein Ende zu machen, in's Meer; von diesen 
wurden nur 3 Personen geret‘et. Die Zahl dir Umgekommenen 
wird auf 100 angegeben. 
Die Auswanderung von den Ver. Staaten nach 
Ausiralien ninmt immer größere Dimensionen an. In den letzten 
zwei Monaten sind über tausend Persogen ausgewandert. Amerika 
scheint demnach aufzuhören, das Eidorado der Einwanderung 
u sein. 
ιαααιιOUαOαα— 
Handels⸗ und Verkehrs⸗Nachrichten. 
München, 10. August. Die seitherige Abtheilung J der Regie⸗ und 
Materialverwaltung der Generaldirektion der Verkehrsanstalten — Betricbs. 
abtheilung hat künftig die Brnennung: Billetenverwaltung der 
. b. Staatseisenbahnen“, die Abtheilung I die Benennung: Regiever— 
waltung der Generaldirektion der k. b. Verkehrsanstalten, Betriebsab⸗ 
heilung zu führen. In den Kompetenzen der beiden Verwaltungen triti 
leine Aenderung ein. 
Munchen II. August. Die Vereinbarung eines einheitlichen Ueber⸗ 
rinkommens flir die Behandlung der Verschleppungen von Gütern und Reise⸗ 
gepack fur ein möglichst ausgedehntes Verkehrsgebiet ist vollzogen. Dieselbe 
war seit lange als ein durch die derzeitigen Verlehrsverhälinifse geschaffenes 
BZedürfniß anerkannt.