Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ingberler Anzeiger 
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der St. Jugberter Anzeiger und das (Smal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sountags mit illr Arirter Bei⸗ ni 
age, erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Sanstag und Sonntag. Der Abounementspreis beträgt vierteljthrliche 
nNark 20 R.⸗Pfg. Anzeigen werden mit 10 Pfa., von Auswärts mit 15 Pfg. fur die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Rauen Reclamen 
mit 30 Pfg. pro Zeile berechnet. 
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M IG2. Dienstag- den 16. Oktober I 1877.* 
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Deutsches Reich. 
München; 13. Olt. Wie in Abzeordnetenkreisen verlautet,“ 
vird sich Abg. Staatsrath'v. Schlör ir den nächsten Tagen nach 
Berlin begeben. Man glaubt, daß' diese Reise mit den Personal⸗ 
erhältnissen det Reichseisenbahnamtes in Verbindung stehe, mit dessen 
deubesetzung der Name Schlörs neuerlich in Verbindung gebracht wurde. 
Maänchen, 13. Olt. Se. Maj. der König hat den Noth— 
eidenden in Chasmm 2000 Mark aus der kgl. Kabinetskasse zu⸗ 
ewendet. J (A. 3. 
Berlhin, 183. Ott. Die Mittheilung, daß Graf Eulenburg 
ein foͤrmliches Entlassungsgesuch bei dem Kaiser und zwar in der 
ringlichsten Weise eingereicht habe, wird jetzt von allen Seiten 
ꝛestätigt. Die Conjecturen über seinen möglichen Nachfolger werden 
o lange für verfrüht zu halten sein', als noch nicht feststeht, ob 
zie erbetene Entlassung vom Kaiser gewähtt wird, resp. ob Graf 
Fulenburg auf derselben beharrit. Fur die letztere Annahme spricht 
illerdings, daß der Minister schon seit Wochen über seinen Gesund⸗ 
Jeitsstand schwer geklagt und entschiedene Abneigung ausgesprochen 
jat, die Last seines Amtes weiterzutragen. 
Die Verwaltung in Elsaß Lothringen läßt eine französische 
lebersetzung der Reichs-Justizgesetzt anfertigen, um deren Verständ⸗ 
niß für die nicht deutsch sprechende Bevölkerung zu ermöglichen. 
NAussand? 
Wienqz 14. Oklt. Der Berliner Correspondent der Mon— 
agsrevue schreibt über Crispi's Rundreise, daß dieser, falls klerikale 
Bahlerfoige in Frankreich stattfinden sollten, zum italienifchen 
dammerpräsidenten defignirt sei. Itallen könne mit und ohne 
gertrag bei französischem Angriff auf Deutschlands Unterstütung 
echnen, dies sei in Frankreich bekannt. Bismarck schricb schon am 
18. Januar 1874, drei Monate nach dem Besuch Viktor Emanuels 
n Berlin, an Arnim, daß Deutschland lich im gegebenen Falle der 
Anterstützung Italiens nicht entziehen könne. Italien habe demnach 
zuten Grund, sich einem so zweifelhaften Nachbarn, wie Frankreich 
jegeaüber, der guten Nachbarschaft Oesterreichs und der Freund-— 
hast Deutschlands zu versichern. Man weiß jedoch in Rem, daß 
ie eine nicht ohne die andere zu haben ist. — Die hochoffieidse 
Montagsrevut meldet, daß die deutschen Unterhändler Weisungen 
mpfingen, welche sie veranlaßten, die Verhandlungen über den Han— 
nelsbertrag zu raschem Abschluß zu bringen; jedoch sei als gewiß 
mzunehmen, daß dieser Abschluß einem Abbruche gleich kommen 
verde. Ein Pariser Telegramm desselben Blattes meldet, daß Mac 
Mahon dem Vertreter einer Großmacht gegenüber geäußert, im 
Falle einer eklalanten republikanischen Majorität welle er das Mi— 
aisterium aus beidenCentren bilden, unter keiner Bedingung jedoch 
verde er Staatsstreich machen. 
Paris, 15. Okt. In Paris (Seinedepartement) siegten 
ae republikanischen Candidaten in sämmtlichen Wahlbezirken, aus⸗ 
enommen im achten, wo Admiral Tonchard gewählt. Minister 
fourtou ist wiedergewählt, der ehemalige Seintpräfelt Haußmann 
iegte in Ajaceio gegen den Prinzen Napoleon. Bisher sind 236 
Vahlrefultate bekannt: 161 Republikaner, 71 Conservative, 4 
5tichwahlen. Die Republikaner verloten bisher 24 ihrer früher 
anegehabten Wabhlsitze, die Conservat ven verloren 10. 
Paris, 15. Olt. 9 Uhr Vorm. Die bis jetzt bekannten 
Pahlresultate betragen 8300: Die Republikaner haben darnach 197 
Deputirte (davon 180 der früheren 363), die Conservativen 99 (davon 
34 der früheren 158); Stichwahlen finden 4 statt, die Republikauer 
nerlieren 27, de Conservativen 13 Sitze. Herzog Deecazes ist in Li⸗ 
zourne, Departement der Gironde mit seiner Candidatur durchgefallen, 
Paris, 15. Ott., Mittags. 375 Wahlresultate bekannt, 
amlich? 248 Republikaner (wobon 227 den früheren 363 an— 
ehöten), 117 Conservative (wovon 80 der früheren Kammer⸗ 
NRinderheit angehören), 8 Stichwahlen. Die Republikaner verloren 
us jetzt 30 früher innegehabte Sitze, die Conservativen 16. 
London, 13. Okt. „Daily News“ vernimmt, daß General 
eotleben seinen Plan darduf gebaut habe, Plewna auszuhungern, 
da Osman' Pascha kaum für zwei Monate“ verprobiantirt sei — 
Die Armee des Großfürsten Thronfolger soll enfsetzlich“ untet: demm 
nit Maͤcht hereinbrechenden Winter leiden da fie für Ueberwinte⸗ 
ung noch ganz unvorbereitet sei. Die Regimenter,, welche auft 
dem Rückzug am Lamfluß Zelte und Wint⸗rüberröcke verloren hallen, 
erhielten dieselben noch nicht wieder ersetzt. Alle Straßen sind un⸗ 
ahrbar geworden. — In Asien wurden die Russen in einem drei⸗ 
ägigen Gefechte geschlagen. 
Londoͤn,; 13. Ott. Eine Times⸗Depesche bestätigte die 
Aüngaben der Daily News bezüglich der Folgen der schlechten Wit⸗ 
erung. Sie meldet ferner, daß Mukthar Pascha in Kleinasien die 
liehenden Russen verfolge. 
—AC 
som 11. d. daß ec mit den feindlichen Vorposten einige Kanonen⸗ 
hüsse gewechsell habe. — Suleiman Pascha meldet aus Kadiloi 
vom 11. d., daß der Rigen andauere; und alle Opetationen un⸗ 
nöglich mache: Nach einer Meldung Reouf Paschas vom LLXd. 
vurden die feindlichen Positionen eine Zeit lang durch Gewehrfeuer 
»eschossen. — Chewket Pascha meldet, daß er am 11. d. in Plewna 
nit Osman Pascha eine Zusammenkunft gehabt habe. Ein dritter 
Zroviant- und Munitionszug sei vom Feinde unbehindert in Plewna 
ingetroffen. Die Straße von Plewna nach Orkhanie seian densẽ 
dauptpunkten durch Truppenkorps gedeckt. — 
Petersburg, 13. Ott. Der „Regierungs-Bote“ ver—⸗ 
oͤffentlicht eine kaiserliche Verordauig, nach welcher jeder auf dem 
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dienste zum Offizier befördett werden kann. Die! Beförderung wird 
von der Ablequng einer Prüfung abhängig'gemacht. 
Rermischtes. 
fContwig, 18. Ott. Gestern Abend beim Passiren des 
nit zwei Maschinen versehenen leeren Güterzuges lief das drei Jahre 
alte Kind des Ackerers Böhler von hier vor dem Zuge in das 
Zchienengeleise. Der Führer, welcher das Kind noch rechtzeitig 
erblickte, brachte den Zug zum Stehen und das Kind, welches nur 
ꝛine leichte Verletzung durch das Anstoßen der Maschine erhalten 
atte, wurde glücklich gerettet. (Z3w. 8.) 
7Kaiserslautern. Auf Antrag des Dr. Orih be⸗ 
ichloß das hiesige Gremium für Handel, Fabiiken und Gewerbe, die 
üngst bon der Brauerversammlung in Neustadt a. H. gefaßten 
Kesolutionen als Antrag in die nächste Sitzung der pfälzischen 
Handels- und Gewerbekammer zu bringen. 
f In Landau beginnt der Herbst am 18. Oktober; desgl. 
in Diedesfeld; in Böchingen am 17. 
Frankenthal, 8. Okt. „Das haben Sie ihren! 
dickk.... ... Buben,“ sagke' vergangenen Samstag Abend die 
debamme zu einem glücklichen jungen Vater und überreichte ihm 
»en ersten Sprößlinz, den ihm seine Frau geschenktt, Der Sonntag 
)erging und heute ging der Vater aufs Bürgermeisteramt, um den 
Jungen unter dem Namen „Eugen“ in das Standesbuch eintragen 
u lassen; aber o Schrecken, als der Glückliche nach Hause kam, 
vurde ihm statt dis vermeintlichen Buben ein „Madchen“ entzegen⸗“ 
zebracht. Durqh diese Thatsache blieb natürlich nichts anderes übrig, 
ils einen anderen Att auf der Bürgermeisterei aufnehmen zu lassen. 
Doch soll trotz dieses unliebsamen Irrthums die Elternfreude eine 
leich große wie vorher sein. 
7Mäünchen, (Octoberfest. Bei der Vertheilang der Preise 
vurden Hetrn Gärtner Velten in Speyer von zwei Commissionen 
joldene Medaillen zugesprochen. Grundjsätzlich aber trhält Einer 
zur eine solche Auszeichnung. — 
f Ueber das Denkmal auf dem Grabe Freiligraths in 
Tannstatt ist nach Zusammenfluß ausreichender Mittel das Komite 
'o weit schlüssig geworden, daß es in einer Büste des Dichters 
uus Bronce bessehen soll. Eine“ Martiortafel ˖ mit Inschrift wird 
uuch an dem Hause „Zum Alten Hasen“ an der Necarbrücke an⸗ 
zebracht werden, wo Freiligrath gestorben ist.