Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler AAnzeiger. 
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M 166. R Dienstag, den 28. Oktober 1877. 
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Deutsches Reich. 
München, 20. Okt. Herr Abg. Crämer wird seinen Be⸗ 
richt zu den Nachweisungen über die Einnahmen an direkten und 
endirekten Staatsauflagen für das Jahr 1875 am nächsten Montag 
in den Finanzausschuß abliefern; der Bericht über die direkten 
Steuern, Tax⸗ und Stempelgefälle, dann die Malzaufschlags, Zoll⸗ 
und Kartenstempel Gefälle ꝛc. für die XIV. Finanzperiode (1878/79) 
rann er ersl nach gesetzlicher Fixirung mehrerer Steuergattungen, 
ils des Malzaufschlags für die Pfalz, Erhöhung einiger Taxen, 
»er ebentuellen Steuer-Erhöhung ꝛe. zahler mäßig festgestellt werden. 
die nächste Plenar⸗Sitzung der Abgeordnetenkammer ist auf Mitt⸗ 
boch den 24. Oltober festgesetzt. 
Mäünchen, 20. Ott. Finanzkundige Abgeordnese versichern 
s sei eine Belanzirung des Budgets ohne Sieuererhöhung 
unicht unmöglich; jedenfalls aber werde ein wesentlich geringerer 
Steuermehrertrag erforderlich sein, als von der Staatsregierung 
porgeschlagen ist. Geg benen Falles wird dann auch beantragt 
verden, statt einer Steuererhöhnng Zuschläge zu den einzelnen 
Steuergattungen zu beschließen. 
Mänchen. Abg. Frankenbuiger hebt in seinem Bericht 
wer die Ausgaben für das kgl. Haus und den kgl. Hof i. J. 
1875 hervor, daß die Hauptabrechnung einen Betrag von 40, 833 
M. für die „Etabl rung des Prinzen Otto“ aufführe. H'erfür sei 
iber im Budget nichts vorgesehen gewesen; es sei das also eine ohne 
»ie Bewilligung des Landiags gemachte Ausgabe, die aber weder 
als eine unvorhergesehene noch als eine dringende entschuldigt werden 
önne, da die Regierung den Betrag recht gut vorher hätte fordern 
»der die Ausgabe bis zur 183. Finanzp riode hätte verschieben 
onnen. Zu rügen sei noch besondecs, daß in der Abrechnung 
diese Ausgabe vorgetragen sei, als wäre Alles in schönster Ordnung 
und als maugele die ständifche Bewilligung nicht. — In dem 
Bericht über das Budget des igl. Hauses und Hofes für 1878,79 
»eantragt Abg. Frankenburger, statt der für Fourage und Breun⸗ 
jolz für J. M. die Königin-Mutter) verlangten 34,695 M. nur 
27,514 Mark zu bewilligen, da die Preise fuͤr Brennholz und Ge⸗ 
reide nach denen der Jahre 1874 bis 1876 berechnet seien, wo 
ie gerade den höchsten Stand gehabt hätten, und man nicht an—⸗ 
ieh nen könne, daß sie sobald wieder diesen Stand erreichen. 
(Pf. K.) 
Berlin, 21. Olt. Die heutige erste Sizung des Ab— 
eordnetenhauses wurde um 122. Uhr Mittags vom Präsidenten 
. Bennigsen erdffnet, auf dessen Ansuchen das Haus ein dreimaliges 
doch auf den Kaiser ausbrachte. Zu Schriftführern wurden berusen 
»ie Abgeordneten Haucke, Graf Schmising, Sachse und Lutteroth. 
Da beim Büteau 233 Mitglieder sich gemeldet, so ist das Haus 
neschlußfähig. Morgen, Montag, Vormittags 11 Uhr, findei die 
Bräsidentenwahl statt. Das Herrenhaus hat seine eiste Sitzung 
rst auf morzen anderaumt, da dasselbe die Sonntagsruhe nicht 
— 
Köln, 21. Olt. Die „Kolnische Zeitung“ meldet aus Pera, 
20. Oltober: Die letzien Nachtichten lassen die Fol jen der un— 
zlücklichen Schlacht vor Kars bei Karadjadagh weniger schlimm er⸗ 
cheinen. Zwei Bataillone der gefangen 'gefagten Truppen haben 
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dascha. Ferner gelang es Mulhtar, die beiden Stroßen nach So— 
anlydagh zu besetzen und den Rückzug nach Kars und Erzerum 
u retten; man hofft die Armee Muflhtars durch Verftärkuüngen 
jald wieder auf die frühere Stärke zu bringen. 
Mesßz, 18. Okt. Eine Anzahl hiesiger Eiuwohner hat ge— 
niaubt, an dem Wahlkampf in Frankreich dadurch thätigen Antheil 
jehmen zu müssen, daß sie eine Adresse an die Wähierschaft der 
nenachbarten französischen Bezirke richtete, in welcher in dem bekannten 
veinerlichen Tone darauf hingewiesen wurde, daß „Metz das Löse⸗ 
jeld Frankreichs und ein Opfer des Krieges, der leßten wahn⸗ 
nigen That des Kaiserreiches sei“ und gebeten wird, gegen den 
jonabartismus durch Wahl republikanischer Abgeordnelen zu pro— 
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—Z 
estiren. Nachträglich müssen nun die Unterzeichner der Adresse von 
Seiten eines Theiles der franzoͤsischen Prefse den harten, aber wohl— 
derdieuten Vorwarf hören, sich in sremde Angelegenheiten gemischt 
uu haben, und die Lehre entgegennehmen, künftighin sich hübsch um 
hre eigenen Angelegenheiten Ju bekümmern. Interessant ist es 
erner, daß man den Krieg jetzt, nachdem er einen für Frankreich 
mgünstigen Berlauf genommen, als eine „wahnsinnige“ That be⸗ 
eichnet, während seiner Zeit kaum eine Siadt der Kriegserklärung 
nehr zujubelte, als gerade Metz. (Karlsr. Zig.) 
Ausland. 
Wien, 21. Olt. Das ‚Neue Wiener Tagblatt“ meldet 
nus Tiflis: Auf d.m Berye Aladja erbeuteten die Russen auch 
Mukhtar Paschas Zelt, in welchem sie unleugbare Dokumente ge— 
unden haben wollen, daß Muthtar Paschas Armee von englischen 
Beneralen geführt und mit englischem Gelde unterhalten worden 
ei. — Aus Bularest meldet dasseibe Blatt, daß der König von 
Württemberg dem Caren zu dem jüngsten Sieg in Asien gralulirt 
sabe. — Die „Deutsche Zeitung“ meidet aus Bukarest: Die ru⸗ 
nänische Oppositionsblätter verlangen dringend die Rücdkehr des 
Fürsten und der Armee oder Einseßung einer Regentschaft, da sonst 
ine Anarchie auszubrechen drohe. — Der „Neuͤen Freien Presse“ 
vird aus Bukarest telegraphirt: Oeslerreich machte energische Vor⸗ 
lellungen wegen der lügenhaften Gerüchte betreffend den angeblichen 
ẽnfall der Ungarn in Rumän'en. Es erwartel künftig eine Unier⸗ 
rückung derartiger albernen, Oesierreich kompromstucenden Aus— 
treuungen. — Aus Schumla meldet dasselbe Vlat: —AX 
ils nächstes Angriffsobjekt der Russen betrachtel. Suleiman Pascha 
teht noch in Rustschut. — Das, Wiener Fremdenblatt“ berichtet 
rus Konstantinopel: Man befürchtet, die Russen könnten den von 
Ruthtar Pascha zur Crairung Ardahang aus Kars abgesandten 
000 Mann Unterstützung die Rückzugslinie nach Kars verlegen. 
-Der Vice-Admiral Hassfan gebl nach der Sulinamündung behufs 
lebernahme des dortigen Geschwaderkommandos ab. 
Das „Neue Wiener Tagblatk“ melden: A Pascha hat bei 
Drebinje ein Armeecorps, bestehend aus 21 Tabors und 8 
Zataillonen, concentrirt, um die Wiedererorberung von Nicsie zu 
unternehmen. 
Paris, 20. Okt. Herrn Gambetta ist gestern das Er- 
enntniß des Pariser Zuchtpolizeigetichts behändigt worden, welches 
hn wegen seines Wahlaufrufs als der Beleidigung des Präsidenen 
er Republik schuldig par défaut zu drei Monalen Gefängniß und 
12000 Fe. Sttafe veruͤrtheilt hatte. Dieses Verfahren hat also 
icht, wie man von mehreren Seiten annahm; durch die Thatsache, 
aß Herr Gambetta inzwischen zum Abgeocdnelen gewählt worden, 
ine Unterbrechusg erfahren. 
Paris, 21. Oti. Heute liegt eine officielle, von der früher 
zeröffentlichten etwas abweichende Ausstellung des Wahlresultaies 
or. Danach erh ellen die Republikanet 4,313,911, die konser⸗ 
»ativen Parteien zusammen 8,635,976 Slimmen. Der Temps“ 
‚ält seine officiss dementirte Information, daß das Kabinet am 
Tage vor Zusammentritt der Kammer zurücktrelen werde durchaus 
zufrecht und fügt hinzu, daß davon die Rede sei, dann vorlaͤufig 
ein interimistisches Ministerium ohne ansgeͤprochene politische Farbe 
ju ernennen. Dagegen wird seitens des Ministers des Innern 
ꝛnergischer als jemals versichert, daß weder der Marschall Mac 
Mahon noch die Minister nur einen Augenblick daran gedacht 
zätten, die eriugste Koncession zu machen oder den Kampf aufzu⸗ 
geben. Anderweitig wird berichtet, daß Broglie, Decazes, Berthaut 
ind Meaux gesonnen seien, zurückzutreten, aber sie hätten dem Mar—⸗ 
chall erklärt, daß sie auf ihren Posten bleiben würden „ so lange 
er sie nicht selbst für entbehrlich erachte. Wie heute die Sachen 
siegen, ist mit Bestimmtheit anzunehmen, daß der Kampf zwischen 
em Marschall Mac Mahon und der Majorität der Kammer werler 
zesührt und der Marschall auf die erste feindliche Manifestation 
er Kammer mit einer neuen Auflssung antworten würde, wozu 
nan der Majorität des Senats sicher“ zu sein glaubt. Geuern