Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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Lder St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei— 
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M 178. Dienstag, den 13. November 1877. 
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Deutsches Zeich. 0 
Müncheun, 10. Rod. S. M. der König verlieh dem 
—XV Landshut garnisonirende, seit 
em Ableben des Prinzen Adalbert (1878) vakante 2. Cürassier⸗ 
Kegiment und theilte demselben die Verleihang gelegentlich des Be⸗ 
uchs im Palais Lenpold persönüch init. 
Mänchen, 10. Nov. Nachdem im Finanzausschusse die 
Mittel zur Verlegung des forstl'chen Unterrichts von Aschaffenburg 
zach München abgelehnt worden sind, werden bereits Stimmen 
aul, daß der Herr Finanzminister v. Berr gesonnen sei, sein Porte⸗ 
euille niederzulegen. 
Mäünchen, 10. Nov. Die Landtagbabgtordneten Kaby, 
derr, Dr. Groß und Theyson haben ihr Mandat als Abgeordnete 
Zr nächsten Generalsynode gestern niedergelegt, da ihre Anwesenheit 
zci den hiesigen Landtagsverhandlungen als nothwendig von ihren 
holitischen Freunden erachtet wurde. Blos Abg ordneter Exier von 
seustadt wird zur Generalsynode hinübergehen. Für die ihr Mandat 
Niederltgende haben deren Erfatzmänner einzutreten. 
g urn,“ II. Rov. Der ‚Koöln. Zig.“ wird telegraphirt: 
Berlin, 10. Nop. Man bestätigt, daß der englische Boischafter 
Layard in Konstantinopel bis zu den letzten Tagen keine Weidung 
ur eine Medialtion erhalten hatte. Seine Versuche, die friedlichen 
Stimmungen der Pforte zu erforschen, konnen daher nur aus freien 
Ztücken und zum Zwecke persönlicher Oxrienticung unternommen 
dorden sein. Der voraussichtliche Fall Plewnas mag die rürkische 
Friedenspartei verstärken, aber auch diese soll bis jetzt selbst das 
Brogramm der Mächte aus der Konferenz vom vorigen Feühjahr 
urückgewiesen hahen. Man erinnert sich, daß Rußland vor dem 
Zriege und als es an leichte Erfolge glaubte, namentlitch fünf Be 
Aingungen für den Frieden aufst len wollte: „L1. Eröffnung der 
Dardauellen für Kriegsschiffe. 2. Auslieferung der türkischen Flotte 
as Pjfand für eine Kriegsentschädigung. 3. Autonomie der Bal— 
anprov nzen. 4. Wiedergewinn des im Pariser Frieden verlorenen 
Siückes oon Bissabarien. 5. Abtretung voa Batum und dem ent⸗ 
sprechenden asiatischen Gebiete.“ Man kann erwarien, daß Rußland 
etzt mit Berufung auf die gebrachten Opfer diese Forderungen 
soch eiweitern wird. 
Mitthe lungen aus Koustantinopel schildern die dortige 
Aufregung ats hochgradig. Tädglich finden Verhaftungen statt, 
namentlich wurden Midhatisten davon betroffen. Mahmud Damat 
aibt an, man abe ihn und den Sultan ver giften wollen. 
Vermischtes. 
In den Anlagen am Homburger Schloßberg sind 
fürzlich 27 Bäumchen vern'chtet worden. Die Stadtverwaltung 
hat für die Ermittlung des Thäters 50 M. Belohnung ausgesetzt. 
Kaiserslautern, 10. Nov. Die Fürstin von Thurn 
und Taxs und die Kaiserin-Wittwe von Oesterreich haben laut 
Mesdung der „Pf. Ztg.“ kürzlich namhafte Beiträge zur Restau⸗ 
ration der hiesigen kalholischen Kirche gespendet. 
Das k. Polizeigerich Frankenthal hat am 8. d. die 
Ehefrau Georg Schmitt von Mordorf, welche sogenannte „Kunst⸗ 
»zutter“ als Kuhbutter verkaufte, zu 10 Tagen Gefänguiß und den 
Zosten verurtheilt. Hoffentlich wird dieses Exempel fruchten! 
4 Auf den pfälzischen Bahnen werden fortan an die Ange— 
yöcigen der kgl. Gendarmerie vom Wachtmeister abwärts wie bei 
Diest- so auch bei Urlaubsreisen gegen Vorzeigung der Urlauds⸗ 
Ligitimauion Militärbillete vecabfolgt. 
Aus Mannheim wird übrr den Produktenspelulanten⸗ 
drach folgendes Nähere berichtet: Den füür den Produttenhandel 
es hiesigen Platzes ungemein fruchtbaren Kriegsjahren, welche eine 
Unzahl kieinerer Geschäfte in's Leben riefen, folglen mehrere Jahre, 
n welchen dieser Geschäftszweig mit vieler Ungunst der Konjunk— 
uren zu kämpfen hatten, so daß seit geraumer Zeit Bedenken laut 
vurden, wie es den kleigeren Spekulanten möglich sei, sich über 
»em Waͤsser zu halten. Die jünguen Tage haben endlich eine sehr 
raurige Aufklärung gebracht, irrdem eia so bedeutendes Netz von 
Vechselreitereiin an den Tag kam, daß der schnell bereite Volks— 
oitz alsbald von dem Zusammenbruch dec ritterschaftlichen Privat⸗ 
auk Mannheim sprach. In den Einsturz sind Firmen von Mainz, 
Porms, Maunheim, Rastatt, Straßburg, Stuttgart und Eßlingen 
erflochten; am hiesigen Platze handelt es sich um sechs bis acht 
—Zpekulanten, von denen sich zwei durch die Flucht ihren Gläubigern 
ntzogen haben, zwei andere gestern in gerichtl'iche Haft geuommen 
vorden sind. Einer der Letzteren, der bertits in früheren Jahren 
n Konkurs gekommen war und einige Jahre als Prokurisi seiner 
Frau gearbeitet hatte, steht nach einet von ihm selbst ausgesiellten 
Bilanz einer Schuldenmasse von nahezu 192 Millionen Mark 
Jegenuͤber, für welche ein Arrangement zu 15 Prozent vergebens 
»ersucht wurde. Kredit fanden die Betreffenden wesentlich nur an 
uswärt'gen Plätzen; insbesoadere steht die Angelegenheit des Bank⸗ 
haujses F. S. Meyher in Rastatt und Straßburg mit diesen Vor— 
zängen in Verdindung, welches namentlich einen starken Posten 
Äccepte der fall'ten Kunstmühle Palmer in Eßlingen im Portkefeuille 
haben soll. 
Die Bankfirn.a Griesinger und Schmoller in Stuttgart 
hat mit 800,000 M. Passiven jallitt; die Aktiven sollen gering 
sein. 
NAusland. 
Wien, 11. Nov. Die hochoffiziöse Monlagsrevue meldet, 
»aß bezüglich des Appreturverfahrens neue Verhandlungen schveben 
md daß Aussicht vorhanden sei, hierüber vor Jahresschluß e ne 
Berständigung mit Deut schland zu erzielen. Der bekannie Berliner 
dorrespondent desselben Blattes bezeichnet als Rußlands unumwundenes 
riegsziel die Autonomie Bulgariens, Bosniens und der Herzego⸗ 
hbing.Wenn die Piorte hierzu nach dem Fall Plewnas einwilligt, 
ei der Friede möglich, jedoch nicht eher. 
Budapest, 11. Nov. Briefe aus Konstantinoel sagen, 
daß der Eiafluß des osterreichischen Botschafters Grafen Zichy im 
Augendlick so bedeutend und maßgebend sei, daß alle neu ernannten 
ürk schrꝛ Gouverneure und höheren Beanie der Pforte sich nicht 
cher auf ihre Posten begeben, als bis sie der österreichischen Bot⸗ 
chaft ihre Auf vartung gemocht haben. 
Rom, 11. Nov. Der Zusiand des Popstes hat sich be— 
enklich verschlimmert; Professor Vanzetti ist zur Konsultatnion be— 
ufen worden. Außerdem siad im Vatikan zwei Kardinäle, Randi 
ind Bartolini, ernstlich erkrankt. 
Zonstantfinopel, 9. Nov., Abends. (Offiziell.) Mukh⸗ 
ar meldet aus Erzerum von heute: Die Russen griffen heute 4 
Morgens die Befestigungen von Azizie an. Der Kampf dauerte 
is 2 Uhr Nachmittags. Beide russische Angriffslolonnen wurden 
zurückgewiesen, obgleich es eintr derselben bereits gelungen war, 
in Blochhaus zu besetzen. Mulhtar drang wieder weiter vor bis 
Deveboyun. 
Konstantinopel, 10. Nov. Aus einem Telegramm 
Derwisch Pascha's geht hervor, daß die Russen seit einigen Tagen 
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Berhin, 9. Nov. Nach dem Reichsmilitär Etat bezog 
der verstorbene Feldmarschall Graf Wrangel en Jahreseinkommen 
bon 33,900 M., welches in demselben als „künflig wegfallend“ 
hezeichnet ist. Das eigentliche Gehalt betrug 12,000 M., dazu 
tamen 15,000 M. persöaliche Zulage und 6900 M. für sächliche 
Ausgaben. 
F Ueber die heldenmüthige Selbstaufopferung einer französischen 
Nonne in Südfrankreich erzählt die „Gazette Hebdonadaire de Me— 
decine“: Vei einun Spaz'ecgange wurde Schwester S. in Begleitung 
pon fünf Kindern, unter denen das aͤlteste acht Jahre zählte, von 
einem großen Schäferhund angegriffen. Das schreckliche Aussehen 
des Thieres, dessen Maul von Geifer triefte, ließ sie sofort die 
Befahr erkennen, und augendblicklich warf sie sich zwischen die ent; 
jetzten Kinder und das rasende Thier. Gleich beim eisten Anprall 
wurde sie furchtbar gebissen; aber während die Kinder sich schreiend