Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Nnzeiger. 
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M 194 Dienstan, den 11. Dezember 1877. 
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Deutsches Reich. 
München, 8. Dez. D'e oberbayer'sche Handels- und 
Gewerbekammer hat an den Präsidenten des Reichskanzleramtes die 
Bitte gerichtet, den bestehenden Hindelsvertrag mit Oesterreich zu 
berlängern, um Zeit za gewinnen, bden Abeschluß eines neuen, den 
Interessen Deutschlauds entsprechenden Vertrages anzubahuen, event. 
falls O sterreich hiezu nicht geneigt sein sollte, die eutsprechenden 
Begenmaßregeln vorzubereiten. 
Aus Berhin, 7. December, wird der „Allg. Ztg.“ ge— 
schrieben: Die Uebersiedelung des Frhrn. v. Stauffenderg nach 
Berlin ist nur für die Dauer der bevorstehenden Reichstagssession 
und nur aus Familienrücksichten erfolgt; Frhr. v. Stauffenberg 
hat nicht die Arsicht, in den Reichksdienst zu treten und es haben 
mit demjelben keineriei Verhandlungen in dieser Richtung stattgefunden. 
Nusland. 
Paris, 9. Dez. Die von Batbie zusammenberufenen Mit— 
zlieder der konstuutionellen Gruppe im Senate vereinigten sich 
gestern zu zwei Fraklions-Sitzungen. In der zweiten Zusammen⸗ 
junft wurde trotz der Rede Bochers, welcher erklärte, daß jede 
Mödlichteit einer ehrenvollen Verständigung zwischen dem Marschall 
aicht ausgeschlossen wäre, um so mehr, als die Auflösung der Kam— 
mer, sowie der Rücktrut des Marschall ⸗Präsidenten zwei gleich fatale 
Fbentualiläten wären, von der kostttutonellen Gruppe mit 15 
jegen 4 Stimmen beschlossen, unter gewissen Reserven die Zustimmung 
ur Kammer«uflösung zu geben. Man glaubt, daß die Regierung 
aur noch den bestimmten Beschluß der Kammer, betreffend die 
Verweigerung des Budgets abwarten wird, um alsdann vom Senat 
die Auflösuug der Kammer zu verlangen. Die Nachricht von einem 
utzten Versuche, mit der Linken ein Arrangement zu treffen, wird 
ndessen hier nicht für ganz unmöglich gehalten. 
Paris, 9. Dez. Nachdem die Kombination Dufaure ge⸗ 
cheitert, wil der Marschall von weiteren Zugeständnissen nichts 
mehr hören. Morgen oder spätestens Dieustag ist man des Be⸗ 
schlusses der Kammer gewärtig, welcher das Budget verweigert. In 
Ziesein Falle ist die Regierung entschlossen, vom Senate die zweite 
Auflösung zu verlangen, und die Gruppe der Koustitutionellen hat 
versprochen, alsdann für diese Auflöfung zu stimmen. 
Rom, 9. Dez. (3 Uhr 54 Min. Nachm) Der Zustand 
»es Papstes hat sich verschlimmert. Das Parlament wird die 
Sitzung suspendiren, falls die Todesnachricht eintrifft. — Einem 
Zerücht zufolge soll Italien den Wunsch ausgesprochen haben, 
Dentschland zum Schiedsrichter in seinem Streite mit der Türkei 
u wählen. Meutsches Montagabl.) 
Ragusa, 9. Dez. Die Einwohner von Skutari lin Al⸗ 
zanien) und die bedeutendsten Anführer der Alobanier telegraphirten 
am Hilfe (gegen die Montenegriner) nach Konstantinopel; fäme sie 
aicht, so würden sie den Schhutz des Könias von Italien anrufen 
Vermischtes. 
f Aus Neustadt, 6. Dechr. melden die B. Z. Heute wurde 
Stadischteiber Leon Levi, Ifratlit, 68 Jahre alt, mit Fräulein 
Louist Hüther, protestantisch, ebenfalls 63 Jahre alt, auf dem Standes⸗ 
amte ehelich verbunden. 
fDie „Rhpf.“ meldet aus Landau, 5. Dec.: Jos. Prioth, 
welcher seiner Zeit aus Rache dem Oekonomen Kern in Roschbach 
in Rind derart verwundete, daß es geschlachtet werden mußte, 
vurde gestern von dem Zuchtpolizeigerichte Landau zu 6 Monaten 
Vefängniß verurtheilt. 
FFehl. Unsere Schwarzwaldberge liegen voll Sdhnee. 
Am 25. Nobember hatte man in der Umgegend von Freiburg, nach⸗ 
dem schon seit eingen Tagen ein orkanarliget Sturm herrschte, ein 
ehr heftiges und von dichtem Hagelregen beglestetes Gewitter, eine 
edt seltene Erscheinung. Eine alte Bauerncegel sagt: Donner im 
Winter, steckt viel Kälte dahinter. 
7 Ueber die Zunahme des Wusch er s lommen aus dem 
wWeinaorischen, besonderzs den armen Gegenden der Rbön. 
wahre Nothrufe. Es ist nichts Seltenes dort, daß Wuchergeschäfte 
nögeschlossen werden, bei denen, Dank der Unüberlegtheit des leihenden 
Theiles, eine Verzinsung von 300 —500 pCt. eintritt. Diese Zu⸗ 
tände sind vergeblich von Privaten und Vereinen bekämpft worden. 
Durch die Förderung der Anlagen von Vorschußkassen ist versucht 
worden, die ländliche Bevölkerung aus den Händen der Wucherer 
u befreien, obhne Erfolg, weil diese in ganz anderer Weise ihr 
Opfer zu packen wissen. Geistliche, Lehrer, Beamte, die Presse 
zaben versucht, die Bevölkerung aufzuklären, ohne nennenswerthen 
Frfolg. Die Klagen haben selbstverständlich die Aufmerlsfamkeit 
der Staatsregie ung erregt und dese veranlaßt, der Sache näher 
zu treten. Was übrigens aus den Rhöngegenden berichtet wird, 
önnte ebensogut aus fast allen armen Gegenden Deutschlands be⸗ 
richtet werden. Wir haben z. B. auch in der Pfalz Gegenden, 
vo diese Wucherseelen gräulich hausen, und es wäre hohe Zeit, 
zaß Regierung und Landtag endlich einmal ernstlich auf Mittel 
ächten, wie man diesem Krebsschaden beikommen könne. Es ist 
bahrlich keine Kleinigkeit, wenn Jahr für Jahr immer mehr kleine 
zauern durch solche Halsabschneidereien in die Reihen des Proletariats 
estoßen und so den Sozialdemokraten in die Arme getrieben 
jerden, während die Wucherer, welche sie zu Grunde richten, sich 
läher und spreizen und ihre Weiber in Sammt und Seide einher⸗ 
solziten. Mit der Wiederherstellung der festen Z'nsfätze allein 
vrd's freilich nicht gethan sein; die würden umgangen werden, 
oie sie früher umgangen worden sind; aber sollte es denn gar so 
chwer sein, dem Gauner beizukommen, der die Noth und die Un⸗ 
iberlegtheit eires Mannes mißbraucht, um ihn Verschreibungen über 
zummen ausstellen zu lassen, die er gar nie bekommen hat? 
Berhin, 8. Dez. Die gestern beendete Subscription 
nuf 50 Millionen M. A4proc. preußisch; consolidirte Anleihe ergab 
288 Millionen. Es bleibt den Zeicheustellen überlassen, sich mit 
ven Zeichnern zu vereinbaren. 
fBerlin. Der Bundesrath hat beschlossen, daß die weitere 
Ausprägung von Fünfzigpfennigstücken einzustellen und stalt dessen 
ein entsprechender Beirag von Einmarkstücken auszuprägen sei. 
F Das bisherige Palais des Fürste Bissmarc wird 
»emnächst abgebrochen werden. Der Reichskanzler bezieht bei seinem 
Fintreffen in Berlin sofort sein neues Haus, das frühere Hotel 
—XLD 
Brässel, '9. Dez. Der ministerielle Erlaß vom 17. 
August, welcher die Einfuhr und Durchfuhr von Rindvieh und 
Schafen aus Deutschland verbietel, ist vom 12. Dezember an 
nufgedoben. 
F Ein ärztlichs Hornor ar. Ein Correspondent der „N. 
Fr. Pr.“ schreibt unternm 21. Nov.: „Wie ich aus hiesigen ärzt⸗ 
ichen Kreisen vernehme, ließ der Papst dem jüngst zu einer Consul⸗ 
ation aus Padua nach Rom berusenen Prof. Vanzetti das artige 
A 
Gemeinnütziges. 
Wasserdichtes Schuhwerk. Die Jadreszeit ist da, in welcher 
ein wasterdichtes Schuhwerk eine große Wohlthat ist. In England 
joll man sich nachstehender Mischung bedienen, um Leder wasserdicht 
zu machen, und es wird behauptet, daß man mit Schaͤhwerk, wel⸗ 
hes mit dieser Mischung behandelt wurde, stundenlang im Wasser 
tehen kann, ohne daß letzteres in das Ledec eindringe. Das Neue 
in dieser Vorschrift liegg in dem Zusatze des Wachses und des 
darzes um Feilstoffe. Es werden rämlich 1 Liter gesottenes 
Leinbb, 125 Gramm Hammelfett, 46 Gramm Wachs und 32 
Bramm Harz über Kohlenfeuer unter fleißigem Umrühren zusammen⸗ 
zeschmolten und die Masse mittelst eines Pinsels auf das gereinigte 
und getrocknete Schuhwert warm angestrichen. Das Leder bleibt 
gierbei seht geschmeidig. Anderen Erfahrungen nach gelingt die 
Heistellung eines vorzüglich wasserdichten Schuhwerks auch in der 
Weise, daß man ein kleines Stückchen Paraffin in warmem Klauen⸗ 
ette auflost und damit das Schuhbwerk einschmiert. 
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