Anzeiger.
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der St. Iugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlichj mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗
lsagr) erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag. Der Abounementspreis betragt vierteljahrlich
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M 197. Sonntag, den 16. Dezember * — 1877.
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Deutsches Reich.
Berlhin. Der Kaiser erh'elt. wie die „Prov. Corr.“ mel⸗
det, am Montage durch ein Telegramm des Kaisers Altxander die
miltelbare erfie Kunde von dem großen Waffenerfolge der russischen
Armee von Plewna und sprach seinem karserlichen Freunde seine
—— Glückwunsch aus.
NHussand.
Der Zöln. Zig.“ wird aus Pest berichtet: General Klopla
zgitirß, um die ungarische Regierung zur Vermittelung für die
—— 3 i e und Volksversammlungen in
diesem Sinne stehen bevor,
Paris, 13. Dee., Abends. Die „Ag. Hav.“ meldet:
Das Cabiget Dufaure ist gebildet; es wird morgen im Amisblatt
oerfündeh: Dufaure Vorsitz und Justitz, Marcere Inneres, Wad⸗
ineon Auswärkiges, Vardorx Unterricht, Borel Krieg, Pothuau
Mariue, Leon Say Finanzen, Teisserent Handel, Frehcinet öffent⸗
liche Arbeiten. (Das siud Männer, mit weichen sich die Linke zu⸗
jriedengeben wird. Dusaure ist, wenn auch streng conservativ, doch
entichiedener Republikaner; die übrigen Mitglieder gehöten theils
dem linken Centrum, theils der Linken an.)
Butktarest, 13. Dec. Der Zar verlieh dem Fürsten von
sumänien in Plewna den St. Andreasorden mit Schwertern. Er
derläßt Poradim am Samstag, übernachtet in Frateschti, triff am
Moniag in Bukarest ein und reist am Dienstag mit Gortschatoff
aach Petersburg zurück.
Konstantinopel, 13. Dec. Das Parlament wurde
jeute pPom Sultan im Palaf, Dolma-Bagdsche in Anwesenheit der
Staatsbeamten und aller Diplomaten eroöffnet. Der erste Secretär
Xs Sultans verlas die Thronrede, welche auf die Ausführung der
Reformen, betr. die Gleichheit alletr Unterthanen, Gewicht legt und
die Letzteren auffordert, die Opfer zur Vertheidigung des Landes
ortzusetzen.
Konstantinopel, 183. Dec. Schakir Pascha legte
den Oberbesehl aus Gesundheitsrücksichten niedex. Die türkischen
Zeitungen predigen Widerstand bis aufs Aeußersie. Die Hal⸗
ung der Bevölkerung ist ruhig.
Petersburg, 12. Dez. Gestern Abend war die Resi⸗
denz sehr glänzend illuminirꝛn. Große Meunschenmassen durchwogten
die Straßen. Das „Journal de St. Petersb.“ beziffert die Zahl
der in Plewna Gefangenen auf 42, 000 Mann, die der Krauken
ind Verwundeten auf 20, 000 Nionn. Telegramme aus Mostau
ind allen größeren Städten schildern die üderall herrschende Freude
ind Begeisterung.“ Der Cjzar verlieh dem Großfürsten Nitolaus
den Georgs⸗Orden J. Klasse, dem General Todileben und dem
riegsminister den Georas-Orden II. Klasse.
Petersbung, 183. Dec. Amtlich wird gemeldet: Der
Verlust der Russen hei Plewna besteht in 2 Stabsofficiere, 8
inderen Oificieren und 182 Soldaten todd, 5 Stabs- und 40
inderen Officieren, 1207 Soldaten verwundet. Der Berlust der
Türten beträgt 4000 Mann. Gefangen sind 10 Paschas, 128
Ziubs officiere, 2000 andere Officiere, 80,000 Mann Infanterie,
1200 Reitet und 77 Geschütße. Die gisangenen Paschas sindnach
Boaot gebracht worder, wo Osman moͤtuarische Ehren erwiesenwerden
Bermischtes.
p 3weibrücken, 11. Dez. (Schwurgericht der Pfalz
oro 4. Quarial.) Am Heutigen begann die Verhandlung gegen
Jakob Griebe, 85 Jahre alt, Bäcker und Krämer von Heppenheim
xi Alzey, Großherzogthum Hessen. Derselbe wurde von der Raihs
kammet des hiesigen App llatiousgerichtes wegen Mordes und füns
Berbrechen des Mordversuches, die er an seinem Schwiegervater,
esp. dessen Familse, sowie an seiner Tochter durch Einführung von
Bijt in daß zur Zubereitung der Speisen dienende Merl verübt
saben soll, schon vor die ietztmalige Sttzung des Schwurgerichts
erwiesen. Sein Geisteszustand war aber damals ein so bedenk⸗
icher, dak die Verhandlung und desonders seine Anwefenheit bei
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derselben unthunlich erschien, und wurde deßhalb die ganze Sache
auf die diesmalige Sitzung vertagt. Nach dem ärztlichen Gutachten
hat sich während dieser Zeit seine Geisteskrankheit so weit gebessert,
daß die Verhandlung ohne Hindernisse stattfinden kann.
Vor Ronstituirung der Geschworenenbank stellte heute der Ver⸗
heidiger, Anwalt Gießen, an den Herin Präsidenten des Schwur⸗
zerichts den Antrag, die Verhondlung der Sache nochmals zu ver⸗
agen, da detr Angeklagte in Folge seinecs geistigen Zustandes noch
mmer nicht in der Lage sei, der Vechandlung mit gehöriger Auf⸗
nertsamkeit zu folgen, und seine Vertheidigung hiernach, wenn nicht
inmöglich gemacht werde, so doch in Folge Dessen nur höchst
mangelhaft sein könnte. Der Schwurgerichtspräsident lehnte jedoch
diesen Anttag ab, worauf zur Verhandlung geschritten wurde.
Der Angekllagte ist von Ottersheim. Kantons Göllheim, ge⸗
bürtig. Im Jahre 1868 verheirathete er sich mit Barbara Bescher,
der Tochter des in Stetten wohnhaften Ackerers Heinrich Bescher,
und gründete dann in Heppenheim bei Alzey kin Bäckergeschäft.
Nach 6 Jahren starb jedoch seine Frau wieder mit Hinterlassung
von 5 Kindern, von welchen eines vor einiger Zeit sjarb, während
ein anderes, Ramens Bacbara, bei seinen Großeltern Aufnahme
and. Bald nah dem Tode seiner Frau verheirathete der Ange⸗
Alagte sich von Neuem, und zwar mit seiner Schwägerin Elisabeth.
Aus dieser Ehe stammen zwei Kinder. In letzter Zeit lam Griebe
allmählich in Vermögensrückgang und sogar in Ueberschuldung.
Da er von seinen Gläubigern fort und fort gedrängt wurde, ging
er öfter seinen Schwiegerbater um Unterstützung an. Dieser ließ
sich auch Anfangs herbei, mi einer kleinen Summe Helse zu leisten,
berweigerte aber später weitere Geldzahlungen und gab auch dem
Angekiagten auf seine brieflichen Bitten um Unterstützung keine
Antwort mehr. Dieser kam dann deshalb am 15. März abhin
elbst nach Sietten, traf aber daselbst seinen Schwiegerbater nicht an,
weßhalb er dessen Frau bat, sich bei ihrem Manne zu seinen Gunsten
ju verwenden. Roch an demselben Tage besuchte der Angeklagte srine
Eltern in Biedesheim, welche er auch, aber vergeblich, um Geld anging.
Am folgenden Tage, den 16. März, kehrte er wieder nach Sietten
zurück und machte hier nochmals den Versuch, Geld zu helommen.
Uber quch dieses Mal traf er seinen Schwiegervater
nicht an und seine Schwiegermutter erllärte ihm Namens
hres Mannes, daß er kein Geld. bekommen werde.“ Er nahm
nun noch an diesem Tage an dem Mittagessen der Bescher'schen
Familie Theil', verweilte hierauf noch einige Stunden in der
Wohnuug seiner Schwiegereltern und ging gegen 4 Uhr Nachmit⸗
tags weg, ohne nochmals von seinem Begehren um Geld zu sprechen.
Zwei Tage nach des Angeklagten Besuch, am 18. Maärz,
»inem Sonntage kochte die Magdalena Bescher, welche seit einiger
Zeit bei ihren Eltern die Haushaltungsgeschäfte besorgte, zum Mit⸗
agessen Sauerkraut und Schweinefleich. Dem Kraute setzte sie
abei zwei Löffel voll Mehl bei, welches sie einem im Kücenschrank
kehenden steinernen Topfe eninahm. Bald nach dem Mittagessen
vurden die Eheleute Vescher und ihre beiden Söhne, Georg und
deiatich. unwohl, fühlten Brechielz und mußten sich im Verlaufe
zes Mitlags auch wirklich erbrechen. Magdaleno Bescher und
Barbara Griebe, welche beide von dem Sauerkraut wenig oder gar
Nichts genossen und sich mehr an das Fleich gehalten hallen,
zlieben von diesem Unwohlsein verschont. Dieses plötzliche Unwohl⸗
sein war um deßwillen auffallend, da fämmiliche Mitalieder der
Familie Bescher sich bishes steis einer sehr guten Gesundbeit er⸗
reuten. Doch legie nqu den Zufällen keine besondere Bedeutung
bei. Dir beiden Söhne hatten sich auch am folgenden Tage wieder
erholi, ebenso der Vater Bescher, während dagegen die Mutter noch
über den Dienstag hinaus beitlägerig war.
Am 20. März richtete Magdalene Bescher zum- Mittagessen
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Mehlvorrath irn Kuchenschranke nicht mehr dus, und deshalb kaufte
ie an diesem —535 Pfund Mehr, das sie mit dem im Ktüchen⸗
schranke bhefindlichen vermengte. Den großten Theil dieser ganzen
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