Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. Jagberter Auzeiger und das (2 mal wöhentlich) mit dem Heruptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, CEGSonntagt mit illustrirter Ve— 
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M 26. Samstag, den 11. Februnar J J 1877. 
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Deutsches sReich. 
Mänchen, 11. Febr. Das Offizierskorps des Bearlaublen⸗ 
dandes (der Reserve und Landwehr) des bayerischen Heeres hat 
zurch die jüngste Beförderung von 465 aormaligen Einjährig- 
Freiwilligen zu Sekonde⸗Lieutenants eine Stätle von 1818 Offi⸗ 
ieren aller. Waffen erreicht; hievon sind 1371 bei den Jagern 
und der Infanterie; 155 vbei der Kavallerie, 208 bei der Artillerie, 
64 beim Ingenieurkorpe und 80 beim Treain eingereiht; das Sa⸗ 
aitaͤts:Offizierlo ps zaͤhlt 138 Assistenz Aerzte. Als Militärbeamte 
sind im Beurlaubtenstande 42 Intendanturbeamte und Zahlmeister, 
27 Veterinäre und 48 Apoliheker vorgetragen. Der Gesammtstand 
der Neserbe und Landwehr an Offizieren und Militärbeamten be⸗ 
ziffert sich sonach auf 2073 Personen. 
Muünchen, 13. Febr. Das Institut der Gerichtsvollzieher 
dird durch die neuen Juftizgesetze wesentliche Aenderungen erfahren. 
Die Civ proceßordnunz, die Strafproceß⸗, ebenso die Konkurs- 
ardnung enthalten hievon schon ganz bestimmte bezüzliche Vorschriften. 
welche als reichsgsetzliche Bestimmungen durch die einzelnen Landes⸗ 
jistiverwaltungen nicht abgeändert werden können und wonach der 
Dienst des Gerichtsvollziehers mit Ausnahme des Vollstreckungs⸗ 
perfahrens sich einfach auf Zustellung oder auf Antrag zur Zu⸗ 
telluug an die Post beschränkt, während demsälben die silbstständige 
Eutwerfung der Vorladungsurkunde auch bei den Amtsgerichten 
jetzigen Landgerichten) entzogen ist. Die Zustellungen werden zu⸗ 
sünftig fast ausnahmslos, namentlich bei den Amtsgerichten, durch 
die Post statifinden, wodarch die meisten Reifegebühren der Ger'ichts⸗ 
vollzieher in Wegfall kommen. Sind die Parteien durch Anwälte 
zertreten, so kann die Zustellung don Anwalt zu Anwalt ersolgen. 
Die Ladung der Zeugen ist von dem Gerichtssh eiber unter Bezug⸗ 
nahme auf den Beweisbeschluß auszufertigen und von Amtswezen 
juzustellen. All die verichicdenartigen Zustelliumgen, so auch 'm 
Zontursverfahren, können geinäß g 69 darch Aufgabe zur Post 
bdewirkt werder. 
NBerlin, 12. Febr. Der russische Pruth⸗-Uebergang ist auf 
den 25. Febiuar angekündigt. (Frtf. J) 
Berrbin. 12. Febr. Em von dem gesammten prauß:schen 
St. ats⸗Ministerium gegengezeichnetes Geseß“ des Kaisers bestimmt 
mit Zust muung des Fürsten von Waldern und des dortigen Laud⸗ 
ags, daß die waldec, schen Cafsenanw isungen mit dem 830. Juni 
d. J. werthlos werden. Das Gesetz ist auch von dem waldecb'schen 
Landesdirecior v. Sommerfeld mit gegengezeichnet. 
Berlin, 13. Febr. Das Abgeordnetenhaus erledigte die 
weite Lesung des Etats der Verwaltung für Handel und Gewerbe, 
dau⸗, Berg?, Hüttene und Sulinenwesen ohne Aenderung. Einige 
Positionen wurden an die Budget-Comission verwesen. Der An⸗ 
irag Dunker: die Regierung aufzufordern, ansesichts des wirthschaft⸗ 
lichen Rothstandes, mit der Au führung solcher Bauten, zu denen 
eitens der Landesvertretung die Mutel bewilligt siand, sofort ener⸗ 
zisch vorzugehen, wurde instimmig angenommen. 
Berlin, 14. Febr. Der Congreß deutscher Lan d⸗ 
wirthe bdegann gestera Vormittag 10 Uhr im Saale der Kaiser- 
zalerie seine Verhandlungen unter dem Vo. sitze des Oekonomieraths 
Schütze (Heinsdorf). In einem langeren Vornrag ging Rreferent, 
Braf Dücktheim (Eisaß) auf die Ziele des Congresses naͤher ein 
and führte namentlich aus, daß der Zweck und die Thätigkeit deb⸗ 
jelden sein und bleiben müsse: eine freie Vereinigur g deutscher 
dandwirthe zur Herbeifuührung einer Klärung gemeinsamer Inte⸗ 
tesfsen. Gerade im gegeuwärtigen Augenblick dände die Land⸗ 
virthschaft einer grosen Zahl von Fragen gegenüber, deren Ere 
jedigung das Wohlergehen und gerad⸗zu die Existen; der Landwirth 
schafn bedingten. Neben der Hypothekengesetzgebung nenne er die 
Frage UÜber den Unterstütungswohnsitz, über die Sieuer⸗ und 
Stempelgeseß ebung,, über die Arbeiterverhältursse, den Contrakt⸗ 
oruch, die Gesindeordnung ꝛc. Ulle diese Dinge spräcen deutlich 
üt die Nothwendigkeit des Congtesses, für de Veipflechtung der 
dandwirthe, sich zu vereinen zu gemeinsamer Arbeit, um ihre In⸗ 
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eressen zu berathen und ihren Wünschen an maßgebender Stelle 
Vehöc zu verschaffen. Es kaüpfte sich hieran einc längere Debatte, 
n welcher von sämmtlichen Rednern die Nothwend gleit des Fort⸗ 
estehens des Congrefses entschieden bet ont und hervorgehoben wurde, 
daß, wenn der Congreß nicht schon bestände, er jegt begründet 
verden müßte. Schließlich gelangte eijn Antrag des Herrn von 
gehr-Bardelin zut Annahme, der dahin gehl, über den Hweck und 
»ie Thatigleit des Vereius eine populäre Schrift zusammenzustellen, 
ieselde an die landwirthschaftlichen Vereine und die Congreßmit⸗ 
lieder zu veriheilen und im Luchhandel erscheinen zu lassen Ferner 
eschloß der Congreß, den Jahresbeitrag auf 10 Mark herabzuseten. 
dieran schloß sich die Berathung über die Frage bezüglich der 
Zchulze⸗Delitzschschen Gegenseitigkeinsvereine und der Raiffeisenschen 
Darlehnskassen mit Bezug auf die Landwirthsjchaft. Der Congreß 
ntschied sich für eine Enpfehlung der Lezteren. — Nächste Sizung 
eute Mittwoch. 
Einer Privaidepesche der „Fr. Ziq.“ zufolge verlautet in Ab⸗ 
geordnetenkreisen gerüchtweise, daß der preußische Winister des Innern, 
Zraf Euleaburg, seine Demission eingereicht habe. Nach den starken 
lIussällen, die in den letzten Sißzungen des Abgeordnetenhauses 
segen den Minister gerichtet wurden, wäre ein solcher Entschluß 
»urchaus nichts Wunderbares. 
Die kunstlich aufgezächtete Furcht vor eieem Kriegmit 
Zreußen?“ spukt just überoll umher. Nachdem, wie bekannt, ein 
dherer bilg scher Militär kürzlich sich den Sport erlaubte, in seiner 
Jhantasie Belgien von den Preußen mit einem Kriege überziehen 
u lassen, kommt auch in Holland die Preußenfurcht zu Tage. 
luter dem Titel: „Nederland bij een oorlog in Pruisen 1877 
st in Amsterdam dieser Tage ein Werkchen von einem Premier⸗ 
eutenant der Infanterie vom aufgelöͤsten Stabe Herrn A. R. 
racejenhoff van der Louer, erschienen, das ein nicht geringes Auf⸗ 
ehen in Holland macht. Der Verfasser ftellt die Hypothese eines 
reußisch-holländischen Krieges auf und untersucht dann, wie unter 
en gegebenen Verhältnissen eine Mobilisirung der holländischen 
õztreitträfte sich bewerkstelligen lasse und welche Resultate sie ergeben 
oürde. Die Ausfichten sind seiner Meinung nach trübe genug; 
ie sind denach angethan, sollten wirk ich die Ereignisse einmal in 
rohender Weise direkt oder indirelt herantreten, letzteres so noch⸗ 
zsiebia als möglich zu machen. Es hapert in militärischen An⸗ 
zelegenheiten an allen Enden, und die offiziellen, vom Verfasser 
itirten Ziffern sprechen so klar und deutlich, daß von dem Vorwurfk 
jer Schwarzfäberei gar nicht die Rede sein kann. Charakteristisch 
leibt übrigens die vom Verfasser beliebte Hypothefe eines deutschen 
Angriffs, während andere odjeltiv urtheilende Leute eher auf eine 
jon Frankreich hereindrahende Gefahr Acht geben. 
Ausland. 
Wien, 14. Febr. In gutunterrichteten Kreisen wird eine 
ussische Aktion als nahe bevorstehend bezeichnet. Die Kriegs⸗ 
rtlarung wäre sehr bald zu erwarlen. Oesterreichischerseits leten 
ufolgedessen gleichfalls Truppenzusammenziehungen unzweifelhaft. 
Oesterreich wird sich an der Paristr Weltaussiellung betheiligen. 
Nach lebhafter Debatte, in welcher namentlich der Handelsminister 
nergisch für die Beschsckung der Ausstellung eintrot, wurde im Ab⸗ 
zeordnetenhaute mit 185 gegen 36 Stimmen der Antrag der Aus- 
hußminorität: die Regierung uoee hierfür einen Kredit von 
00.002 fl. bewilligen, angenommen. 
Paris, 18. Febr. Der „Moniteur“ bringt folgende Mit⸗ 
heilung: „Mehrere Blätter melden als zuverlässig den Austritt 
re ier Minister aus dem Cabinet und die Ernennung eines Unter⸗ 
Staatssectetärs iür das Innere. Unsere Nachrichten bestätigen 
diese Angabe nicht'. Die drei genannten Minister sind: Decazes, 
Fourichon. und Martel. — Der pariser Carnebal zegie wenig 
dumor. In den Straßen bewegie sich troß des schlechten Wetteis 
»el Voll, aber Maslen kamen fast gar nicht zum Vorschein. 
Pari«' 13. Febt. Hier sind Nachrichten aus Jassy vom 
41. Febr. verbreitet, wonach bereitßs mehrere Tauseud Nussen⸗über