Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal woͤchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage) erscheint wochentlich viermal: Dieustag, Donnerstag, Sanmstan und Sonntaz. Der Abouuementsvreis beträgt vierteljahrlich 
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1878. 
M 200. Donnerstag, den 19. Dezember 
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Deutsches Reich. 
Aus München w'rd als zuverlässig berichtet, daß die Ein⸗ 
berufung des Landtags für den g. oder 7. Janat in Aussicht 
genommen sei. 
Berlin, 16. Dez. Das erwaͤhnle Gesetz über den Ver⸗ 
tehr mit Nahrungsmitteln ⁊c. legt betannilich den Beamten der 
Besundheitspolizei eine ziemich weitgehende Controlbefugniß bei, 
dezüglich denen man Anstände zu besorgen hat. Die Molive ver⸗ 
srciten sich über diese Beltimmungen wie folgt: „Die Bramten der 
Besunbheitspolizei koͤnnen eine wirk'ame Controle über die zum 
Verkauf bestimmten Nahrungsmittel, Genußmittel und Gebrauchs⸗ 
gedenstände nicht auküben, wenn ihnen nicht das Recht beigelegk 
wird zu denselben zu gelangen und sich in so weit in den Besitz 
zu setzen, als es zut Ausübung einer wirklichen Controle erforderlich 
ist.“ Hiefür hat das englische Gesetz von 1875 zum Vorbilde 
gedient; welches dieses Recht jedem Gesundheitsbeamten zugesteht. 
Zon den weiteren Vorschristen des englischen Gesetzes über die 
Zerlegung der Probe in mehrere Theile hat sich der Entwurf da⸗ 
gegen nur die eine angeeignet, daß ein Theil der Probe amtlich 
peischloffen auf Verlangen zurüchzutafsen ist, damit dieser mit dem 
der ünlersuchung unterworfenen, falls dessen Ident tät hestritten 
weifelhaft sein sollie. verglichen werden lonne. Im Uebrizen wird 
das Naͤhere über das einzuschlagende Veijahren der Dienstanweisung 
uberlassen werden durfen. Auch eine Bezahlung der Probe mit 
den üblichen Kauspreisen si ht der Enwurf vor, jedoch soll dieselde 
nicht gleich bei der Entnahme derselben erfolgen. Uebrigens ist c6 
jelbsive rsandlich daß, wenn in dem etwa darauf eingeleiteten Straf⸗ 
dersahren auf Einz iehung des Gegenstandes erkannt wird, von einer 
Fnischädigung nicht die Rede sein kann. Daß den Beamten der 
wefundhheiapolizet vas Rrcht ver Entuahme einer Probe auch in 
Betreff der Gegenständ⸗ zuftehen soll, welche nicht in einem ge⸗ 
schlossenen Verkaufs!olal, sondern an öoffentlichen Orien, auf Märlien, 
Piahen, Straßen oder im Umherziehen feilgehalten werden, ergibt 
sich als eine natürliche Folge des aufg stellten Gruudsatzes. 
Berlin, 17. Der. Die in Saarlouis erscheinende „Saar⸗ 
eitung“ (ullram.) is in Elfaß Lochringen verboten worden. 
Berlin, 17. Dez. Die Tabakenquete⸗ Kommission hat in 
ihrer geftrigen Sißung mit 8 gegen 3 Stimmen die Einführung 
des Tabatmonopols abgelehnt, ebenso die Einführung der ameri⸗ 
janischen Fabrilatsteuer. Dagegen nahm die Enquett · Kommission 
mit groker Majorität die Einführung der Gewichtssteuer auf Tabal 
an, und zwar analog der seiner Zeit vom Finanzministet Camp⸗ 
hausen ausgearbeiteten Gesetzesvorlage, jedoch mit einigen Abän⸗ 
decungen und Mod fi'anonen. Die Einfuͤhruͤg der Gewichts Keuer 
wunde nach ungefahcer Schätzung dem Reicht gegen 60 bis 70 
Millionen Mack einbringen. 
und dürfe durch eine längere Zuchthausstrafe nicht wirllich verdorben 
dirden. Die Geschworenen bejahten die Schuldfraze und die nach 
nildernden Umständen. Urtheil. 2 Monate Gefängniß 
VBerhandlung goegen Carl Dell, 24 Jahre alt, gewesener 
Zezirkßamtsgehilje und Distritterechner in Neustadt wegen Unter⸗ 
chiagung im Amte. Vertreter der k. Staatsbehörde: Staatsan⸗ 
pali Scherrer. Vertheidiger: Anwalt Frenkel. Der Angelklagte 
Jatte in Neustadt die Zaleinschule absolvirt und wurde dann auf 
Fem dortigen Bezirksamt und später zu Frankenthal als Schreiber 
erwendet: später übernabm er die Siadijchreiberstelle in Dürkheim 
ind kehrte im Jahr 1872 auf's Bezitlsamt nach Neustadt zurück 
ind zwar als zweiter Gehilfe. 1874 wurde er erster Bezirkamts⸗ 
nehilfe und im selben Jahre auch Disteiklsrechaer und Disirilisse⸗ 
retar für den Distt'kt Reustadt. Außerdem bekleidete er noch das 
Am eines Gemeindeschreibers und Armenrechners in Winzingen. 
In allen diesen Stellungen erwarb er sich das größte Vertrauen 
jnd den Ruf eines braven tüchtigen und strebsamen Arbeiters. 
Auch sein Privatleben war musterhaft: Mit heinem Behalt von 
nca 3000 M. bstritt er die Haus haltungskosten und theilte den⸗ 
elben so mit seiner Mutler und seinen beiden Schwestern. 
Bei den jaͤhrlichen Veritotionen seinet Kasse fsaund man Alles 
in Ordnung und kein Mensch hatte eine Ahnung von dem Treiben 
hes Angeklazten, bis im Laufe dieses Jahres in Speyer bei der 
hon dem Angeklagten aufgestellten Distrilts⸗Jahres⸗Rechnurg pro 
1876 Uaregelmäßigkeiten wahrgenommen wurden. Die kgl. Regie⸗ 
ung der Pfalz beauftragte nun das Bezirksamt Neustadt, die 
Sache zu untersuchen und dann Bericht zu erstatien. Diesen Auf⸗ 
rag umerjchiug der Angetloate und da deßhalb eine Berichter⸗ 
dtauung vom Bezitksamt Neuftadt bei ber Regierung m'cht einlief, 
d wunde der igl. Rechnungs-Commissär Heußler mit einer außer⸗ 
»dentlichen Kassenrevision bei dem Angekligten b auftragt. 
Bei der contradiktorisch mit dem Letzteren vorgenommenen 
Bisitation det Kasse ergas sich eine ganz geringe Differenz von 
84 M. zwischen dem wirklichen Kasfenbestand und dem Adschluß 
er Journale pro 1878 — also nichts besonders Auffaͤlliges. 
Jenen Tag verbrachte der Angellagte wie gewöhnlich und trenk sos 
sar Abends ohne mertliche Veränderung sein Glas Bier in seinem 
jewohnten Bierhaus. Am anderen Morgen ging er noch auf ganz 
urze Zeit auf die Bezirlsamtskanzlei und dann sah man ihn in 
x Richlung gegen das Neustadter Thal zu gehen. 
Der iagl. Bezirksamtmann fand nun an jenem Morgen in 
einem Bureau von der Hand des Angeklagten geschrieben außer 
iner „Adrechnung“ ein umfossendes Gestaͤndn'tß sowohl die Unters 
chlagung selost als auch die Falschung der Bücher betreff nd; das 
Hesammdefict gab der Angeklagte dabei auf 9705 M. 69 Pf. an. 
(Schluß folgt.) 
Zweibrücken, 17. Dec. In dem gestrigen Krünzchen 
dez Gewerbebereins wurde u. A. Uber die von Kaiserslautern aus 
segen die Wanderlager, die Waarenauctionen ꝛc. in Umlauf gesetzten 
Zetitionen an die bayer. Abgeordnetenlammer und den Reichsstag ge⸗ 
prochen; man kam zu dem Ecgebniß, von einem Anschluß an d'ese 
Zentionen, welche als formell und materiell mangelhaft bezeichnet 
Zurden, absusehen und den Ausschuß des Gewerbevereins wit der 
getreibung der Sache zu beauftragen; dersesbe soll sich nach Bedarf 
rgänzen, das Handelsgremum in Berüchssichtigung ziehen, Petitionen 
arbeiten und einer allgemeinen Versammlung vorlegen. (3w. 3.) 
pPirmasens, 17. Dez. GP. A.) Vergangenen Mitt⸗ 
roch war das hiesige Landgericht zum ersien Male in die Noth⸗ 
vendigkeit versetzt, ein Urtheil wegen U⸗berireriung des Malzauf⸗ 
chlaggesetzes zu faͤllen. Ein hiesiger Hefefabritant hatte sich 8 
Iedetireiungen dieses Gesetzes dadurch zu Schulden lommen lassen, 
aß er eigenmächtig die Siegel an seiner Queijchmaschine loste. 
ze wurde fur jede Uebertrelung zu 90 M., also zujammen zu 720 
Mart Strafe verurlheilt. 
FRadergheim, 14. Dej. (Erfroren.) Heute wurde 
n der Nahe hiesiger Gemarkung auf Deidesheimer Banne die Leiche 
des Zimmermannes Andr. Kreutzenberget von hier gefunden. Der⸗ 
ibe berbußle eine mehrwöchentliche Haftstrafe im Polizeigefaͤngniss 
BPermischtes. 
Die Erdffnung der Bliesthalbahn wird am 
80. Dezember 1878 erkolgen. Laut Mittheilung der „Saarbr. 
Zig.“ werden, soviel als jeßt festgestellt, nachstehende Personenzoge 
auf der Linie Zweibrüclen· S aargemünd veilehren: Zweibrücken 
ab 6.04, 9. 13 (Güterzuo), Ti ic .ui. Saargemüũnd an 7 26, 
i1.52. i287, 6.33. Saatgemünd ab 553, 10.39, 3. 05 (Güter⸗ 
pug), 8.00. Zweibt ucken an 7.16. 12. 02, 6. 00, 6. 17. 
4 Die pfalz. Bahnen vereinnahmten in den verflossenen 
11 Plonaten von 1878 10,715,8555 M. 5 Pf., gegen die gleiche 
Periode von 1877 ein Weniger von 804,663 M. 158 Ppi. 
Für 1878 muß der Staat fuͤtß die pfälz. Bahnen 1 Mill. M. 
meht zuschießen, als 1877, namlich 3,800,000 M. 
3Zweibrücen, 12. Dez. (Pfälz. Sqchwurger cht 4. 
Quartial 1878.) (Fall Schwarz, Schluß) Bei dem umfassenden 
Geftaͤndnisse des Angeklagten tkounte süc die Schuldfrage selbst 
auch vor der Vertheidigung nur eine bejahende Answort erwartet 
werden; aber auch die Frage nach mildernden Umstanden bildete 
lein Streitpunlt füt Staatsanwalt und Vertheidiger da ersterer 
selbst die Annahme derselben empfahl, indem er aut führte der Au⸗ 
etlagte sei nur ein keichtfinniger nicht aber ein verdorbener Mensch