Full text: St. Ingberter Anzeiger

haftem borstigem Befriebigungs-Begehren bornirter betrunlener Bau⸗ 
ernbursche bedentlich Bahn. Bethörte Bachus⸗Bräüder: Begeisterte 
barocke Behauptungen beseligen bisweilen; bleibt beständig bei bach⸗ 
ant schem Becherblinken; bis beglaubigte beizubringende Beweise 
besseres bezeugen, bleibt bescheidenes Bürgerblut billigerweise bei 
baierischem Bier. Basta! 
F Ueber die neue Eisenbahnlinie Metz-⸗Rastatt wird der 
Koöoln. Ztg.“ von Metz aus unterm 29. November geschrieben: 
Von der für Elsaß Lothringen aufzunehmenden 49 prozentigen An⸗ 
leihe, welche als Gesetzentwurf dem Bundesrath bereits vorgelegt 
ist, wird eine Summe von 10 Mill. Mark für Eisenbahnzwecke 
verwandt werden. Es soll eine neue Verbindung von hier nach 
dem Rhein ausgeführt werden; dies würde die Linie Metz Rastatt 
sein. Die Strecke von Mörchngen (Morhange) bis Saaralben iss 
schon im Bau begriffen; sie schließt sich an die Linie Metz-Remilly⸗ 
Mörchingen an. Von Saaralben erfolgt die Weitersührung durch 
das Eichel-und Moderthal Ingweiler nach Hagenau. Für die schon 
in Augriff genommene Strecke von Buchsweiler nach Hagenau ist 
bom Landesausschuß eine erste Rale von 250,000 Mart bewilligt; 
auch ist im letzten Landesausschußß die Weiterführung der Linie 
Buchs weiler Hagenau nach Röschwoog bereits erörtert worden und 
würde hier dieselbe an die große direkte Route Straßburqg⸗Lauter⸗ 
hutg⸗ Mainz anschließen. Bei Beinheim, oberhalb Selz, würde als⸗ 
dann die Linie nach Rastati abzweigen im Anschluß an eine von 
badischer Seite bis an den Rhein zu führende Bahn. Der Nhein 
würde auf einer festen Brücke zu übecschreiten sein und wird das 
Reich voraussichtlich an den Kosten für diese Bahn sich betheiligen, 
da durch die Herstellung einer direkten Verbindung zwischen Metz 
und Rastatt außer den elsaß⸗lothringischen Landesinteressen in mancher 
Hinsicht auch militärische Interessen berührt werden. 
7 Colmacr, 28. Novb. Lin gräßlicher Raubmord wurde 
am Dienstag auf der Straße zwischen Kaysersberg und Urbeis ver⸗ 
übt. Ein Butterhändler, aus einem französischen Grenzort, wurde 
bei seinem Heimweg auf offener Straße anzefallen. Er fohrte steis 
einen großen Hund bei sich. Beide waren erschlagen, jedoch scheinen 
sie ihr Leben wacker vertheidigt zu haben, denn einen der Angrefer 
jand man, vom Hunde todt gebissen, neben seinem Opfer liegen. 
Die an dem Wagen befestigte eiserne Geldcassete war erbrochen und 
ihres Inhalis beraubt. Der auf dem Platz gebliebent Angreifer 
loll ein italienischer Arbeiter sein. 
F Ein Mallee aus Mainz ist darchgebrannt. Anfänglich 
wurde die von demselben unterschlazene Summe auf 5000 Mart 
angegeben; nach und nach meldeten sich aber immer mehr Leute, 
welche der Durchgänger um bedeulende Sammen betrogen, so daß 
jetzt über 60,000 Mack daraus geworden sind. Der Verlust be⸗ 
rifff mehrere Mainzer Firmen und Familien sehe stark. 
F Zwischen Niederhausen und Münster a. St. 
Stationen der Rhein⸗Nahe⸗Baha, stießen vorgestern Abend nach 5 
Uhr zwei Güterzüge auf offener Strecke zusaumen. Wie man ung 
mittheilt wurde von Zugbegleitangspersonal nur ein Beemser schwer 
beschädigt, dogegen 8 Güterwagen, worunter ein mit Vieh beladener 
MWagen total zertrümmert. Fünf Ochsen mußten sojort geschiachret 
werden, während 3 Stück vodt unter den Wagentrümmern gerunden 
wurden. Ueberfahren einer angeordneten Kreuzung soll die Shhuld 
an diesem Unfalle tragen. 
7 Wahrend bisher fast in jedem deutschen Staate eine andere 
Normalzeit für die Eisenbahnen maßgebend war (m einzelnen S!a uen 
wie z. B. in Bayern sogar zwei), beadsichtigt man jetzt eine Nor 
malzest für ganz Deutjchland einzuführen und zwar soll die Leip⸗ 
ziger Zeit als die maßgebende betrachtet werden. Leipzig liegt, wie 
ausgesührt wird, so ziemlich in der Mitte der nocddeutschen Ost⸗ 
westlinien, namentlich wenn man berücksichtigt, daß das westliche 
Deuischland weit mehr Eisenbahnen hat, als das östliche, und dürfte 
auch, wie man weiter hervorhebt, als Sitz des obersten deutschen 
Gerichtshofes ein besonderes Anrecht darauf haben, die Normalzeit 
füt den großen nationalen Verlehr zu bestimmen. Nach der Leip⸗ 
ziger Zeit würden die Stationsuhren in ganz Bayern nur um 8 
Minuten, in ganz Württembetg nur um 13 Minuten u. s. w. 
borzustellen sein. Für einzelne preußische Siädte ist die Differenz 
allerdings erheblich und beträgt z. B. für Aachen — 25 Minuten, 
für Königsberg -5- 32 Minuten. Berlin hat gegen Leipzig noch 
.4 Minuten. 
p Aus Braunschweigschreibt man, daß die Braun⸗ 
schweiger Kohlenwerke zur Zeit kaum im Stande sind, der Nach— 
icage nach Kohlen zu genügen und daß in Folge davon die Ver⸗ 
waltung 70 Bergleute für dauernde Beschäftigung neu einstellte. 
Seit dem Bestehen der Werke ist, so lautet der Bericht, ein Auf⸗ 
schwung wie der gegenwärtige nicht zu verzeichnen gewesen. 
7 Ein Narpfen, wie selten einer gesehen worden, ttaf 
nach der ‚Vossischen Zeitugg“ am Freitag als Geschenk für einen 
in der Wallstraße in Berlhin wohnenden Kaufmann aus Allen⸗ 
stein in Ostpreußen hier ein. Der Fisch hatte das stattliche Ge⸗ 
wicht von 2214 Pfd., wac 97 cm. lang, 29 em. breit und 21 
an, hoch; sein Kopf wog, ohne jedes Fleisch und ganz kurz abge⸗ 
Initten, 8 Pfd. 19 Loth. Der Fisch war nach einer Reise von 
24 Stunden, in einer Kiste und in Heu verpackt, lebend hier an⸗ 
zelangt, ein in Spiritus getränktes Stück Beod im Maul. 
FChemnitz. 2. Dez. Wie das „Chemnitzer Tageblatt“ 
meldet, sind gestern Abend im zweiten Zwickauer Brückenberqschachte 
Belegmannschaften durch schlagende Wener verunglückt. Man be— 
iucchtet 70 bis 80 Todte. Die Rettungsarbeiten sind in vollem Gange. 
Z3wickau, 3. Dez. Bei dem Unglück im Brückenberg— 
schacht blieben 90 Todte, davon wurden 86 in ein eigens errichtetes 
Schuppengebäude aufgenommen. Der Anblick war grauenhaft. Die 
Ursache der Entzürdung ist unermittelt. Viele Fliehende wurden 
durch das nachziehende Wetter getödte!“, mehrere sich Niederwerfende 
dadurch, daß das Weiter über sie hinzog, getödten; ihre Füße 
waren erfroren. 
F Dem 12jährigen Violin⸗-Virtuosen Mauricio Dengremont 
wiurde vom Herzoz von Meiningen anläßlich eines gegebenen Cont⸗ 
certes die goldene Medaille am grünen Bande zu kragen verliehen. 
F (Em Zahnauszieher von Antswegen) Aus Buxtehude 
wird berichtet: Ein Mensch besuchte verschiedene Lehrer in hiesiger 
Begend und gab an, er sei vom k. Confistorium beauftragt, die 
Zähne der Lehrer nachzusehen und wenn er schadhafte Zähne fände, 
dieselben auszuziehen, weil schadhafte Zähne ein deutliches Sprechen 
und schönes Singen verhindern. Bei den meisten Lehrern fand er 
schadhafle Zähne und zoz dieselben aus, wofür die Lehrer ihn tüh⸗ 
tig bezahlen mußten. 
Die Hundert-Mark⸗Noten der Weimarischen Bank verlieren 
am 31. Dezember d. J. ihre Gülligkeit. 
7 Folaende Episode aus der Schlacht bei Loigny am 2. 
Dezember 1870 wird der „A. A.Z.“ mitgetheilt: Heunt is'« 
ganz was anders als gestert, Herr Hauptmanu! — Dös is nix,. 
wenn mer o Leut spare muß, wie 'n Zucker in 'a sKtaffee!“ So 
prach am 2. Dezember, dem harten Tage von Loiguy, ein Soldat 
der 9. Compagnie des Infantere⸗Leibregiments zu seinem Haupt⸗ 
mann mit Bezug auf den vorangegangenen Tag, an welchem die, 
chwache Compagnie zwischen Nonneville und Villepion einen sehr 
chwierigen Staad bedeutend zahlreicheren Kräften gegenüter haite. 
Heute war es nun freilich ganz eiwas anderes, denn das ganzt 
Acmeecorps stand kampfbereit versammelt. Jeder Augendlick konnte 
den Befehl zum Vorgehen bringen und der Haupimann nahm aus 
obiger Anrede geeignet Veranlassang, seitke brave Mannschaft 
nochmals zu kreäftigem Decaufgehen und maäthigem Ausharren 
ju ermahagen und hatte kaum seine kurze Ermunterung etwa 
nit den Worten geschlossen: Haltet Euch so brad wie 
gestern, heute ist mein Geburistag und ein schöneres Geschenk könn⸗ 
set Ihr mir nicht machen“, als auch schon der Befehl zum Vor⸗ 
ücken kam. Nach emer halben Stunde befand sich die Kompanie 
auf dem aäußersten rechten Flügel, vorwärts Villepréödost, im heftig⸗ 
tten Feuergefecht und hatte in kurzer Zeit nicht unwejentliche Ver⸗ 
uste. Wahrend des sprungweisen Vorgehens war es nun, daß der 
)auptmaun auf dem linken Flügel der Pränklerkelte plötzlich zwei 
einer Soldaten gewahrte, welche flügellahmen Rebhühnern nach⸗ 
ugten; einer derselben ließ bald von der vergeblichen Jagd ab, 
der audere abet lief aus Leibeskcäften weit über die Line hinaus, 
dabei den Helm in der rechten Hand haltend; mit einem Male fällt 
er ganz plait zu Boden, in eine große Wolke einer neben ihm em⸗ 
chlagenden Granate gehüllt; kräftiges Halloh schallt zum Hauptmann 
serüber. Die Kompagnie blieb im Vorgehen; da hört der Haupt⸗ 
naun sich anrufen: „Herr Hauptmann, Hettr Hauptmann!“ „„Was 
zidts ?57 und fich umwendend sieht er den todtgeglaubten Redhuhn⸗ 
änger, den Gemeinen Andreas Lehmann aus Worih bei Gecmers⸗ 
jeim hinter sich, der ihm ein Rebbuhn mit den Worten enltgegen— 
tredt: „Herr Hauptmann, da hab' ich Ihne e Rüdhühnle g'fange 
ju Ihne Ihr'm Geburtstug!“ „„Dante schön, ober jetzt kann ich's 
aicht brauchen; wenn wir heute Abend noch leben, wollen wir's 
niteinander essin““, war die von einem Häudedruck begleitete Ant⸗ 
vort. Das Geschick erwies sit beiden günstig, deide erlebsen den 
Abend, die Kohgelegenheit fand sich jedoch erst am nächsten Abend 
zu Trogny. Lehmann erlag an 19. Dezember 1870 seiner am 
3. Dezember in der Schlacht bei Beaugency erlittenen Verwundung. 
F Madrid, 2. Dei. Die Stiergefechte haden gestern 
Mittags begonnen und bis 4 Uhr Nachmittags gedauert. Der Köe 
nig und die Königin, Erzherzogin Elisabeih, die Königin Isabella 
uind drei Prinzessinaen wurden bei ihrer Ankunft vom Publilum 
illlamirt. Die Königin und die Prinzessinnen trugen, wie alle 
damen von Distinktion, weiße Matillen. Die Arena war über⸗ 
üllt; 15,000 Personen hatten darin Platz genommen. Auf ein 
Zeichen der Köaigin nahm das Stiergefecht seinen Anfang. Ed 
vurden sechs Stiere losgelassen. Das Pablikum folgte dem Schau⸗ 
piele mit lebhafter Spannung und unter häufigen Zurusen. Meh— 
rere Pferde wurden von den Stieren çetödtet. Ein Stier, welchet 
zie Barriete überschrilten hatte, erfaßte einen Gendarn und schleu⸗ 
herle denselben in die Luft. Das ab⸗ und zusteömende Pudlikum 
und die unzähligen Equipagen boten ebenso wie das Gesammtbild 
a der Arena ein großatiiges (1) Schauspiel.