SBl. Ingberler 2nzeiger.
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M 196.
Donnerstag, den 11. Dezember
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Deutsches Reich.
Mäünchen, VY. Dez. Dex Reichsrath nohm die Linie Lauter⸗
ecken⸗Kaiserslautern nach dem Ausschubantrag mit vierprozentiger
Barantie an. Hierauf wurde das ganze Pfalzbahngesetz gleichfalls
angenommen.
—Darmstadit, 9. Dez. Die erste Kammer hat den Ver—⸗
iauf der Main- Weser-Bahn an deu preußischen Staat mit 20 ge⸗
zen 4 Stimmen genehmigt.
Die Frage des Anschlusses von Ham burg und Bremen
an den Zollverein scheiut wieder in den Vordergrund treten zu
iollen. Nach den ersten bez. Anfragen, welche von Berlin aus er⸗
gangen waren und ohm direkte Antwort blieben, konute man an⸗
nehmen, daß die ganze Angelegenbeit vorläufig auf sich beruhen
würde. Die Anfragen sind indessen erneuert worden und es soll
setzt namentlich von Hamburg aus eine Rückäußerung erfolgt sein,
welche annehmen laͤßt, daß der Sache nunmehr näher getreten wird.
Behufis provisorischer Regelung der handelspolit shen Be⸗
ziehungen zu Oesterreisch wird eine Vorlage an den Bundes⸗
rath erlassen. Seilens des Reichskanzlers sind weitere Schritte we⸗
zen des Zollanschlusses der Hanfsestädte bisher nicht erfolgt. Da—⸗
gegen steht die Wiederaufnahme der Verhandlung über Erhöhung
der Aversen bebor. 4
Straßburg, 7. Dez. Der Bau der für das Interesse
der Pfalz nicht unwichtigen Eisenbahndverbindungslinie Buchsweiler⸗
—A
bei dieser Linie fehr interessirt ist, wurde nämlich durch Verwendung
des Statthalters vom 22. v. M. ermächiigt, den von ihr angehotenen
Beiteag zu den Kosten des Baues durch' eine 4prozentige Auleihe
yon 20,000 M. zu beschaffen und zur Abtragung und Verzinsung
dieses Kaprlals bis zum Jahre 19089 jährlich 20 Zusaypfennige zu
oden diretten Staatssteuern zu erheben. (Pf. Kur.)
Aussand.
Petersburg, 9. Dez. Bei dem gesttigen Diner zur
Feier des Georasfestes im Winterpalais brachte der Kaiser von
Nußland den ersten Toast aus auf den ältesten Georgsritter, seinen
unwandelbaren Freund, den Kaiser Wilhelm, ihm noch langjährige
Besundheit wünschend. Der Toast, nach welchem das Musikcorps
die deutsche Nationalhymne wtonitte, wurde mit Begeisterung auf⸗
genommen.
richtung nach Winzingen anzeigenden Wegweiser und die andern beiden schüttel⸗
en unten so lange, bis derselbe umftürzte. So weit stim men die drei Angeklagten
n ihrem Geständnisse überein. Annicker gesteht nun weiter zu, daß er den Weg—
veiser etwa 8300 Meter weit getragen und auf das Schienengeleise gebegt habe,
zabei habe ihm einer der beiden Gaab geholfen, er wisse aber nicht welcher.
Keiner der beiden Gaab will nun aber der Helfer gewesen sein, sondern einer
hiebt die Schuld auf den andern; einen Beweis hat man gegen keinen der beiden,
bwohl bei der Schwere des Wegweisers (70 Pfd.) und bei der weiten Strecke, die
r getragen werden mußte, die Angaben des Annicker, daß ihm einer geholfen
zabe, sehr viel Glaubwürdigkeit verdienen. Am andern Morgen um halb 6 Uhr
vurde der Wegweiser in der Nähe von Mußbach auf dem Schienengeleise quer
iegend gefunden. Das Schild desselben lag zwischen zwei Schwellen auf dem
boden, so daß der um 6 Uhr 26 Min. von Dürkheim abgehende Personenzug fehr
vohl hätte entgleisen können, wenn das Hinderniß nicht rechtzeitig beseitigt
vorden wäre.
Die drei Angeklagten genießen einen jehr getrübten Ruf und sind' die
Straflisten derselben bei ihrer Jugend verhältnißmäßig lang. Die k. Staats⸗
zehörde hält die Anklage gegen dieselben in allen Puncken aufrecht und be⸗
ont, wie gemeingefährlich das dem Annicker zur-Last gelegte Verbrechen ist.
Ddie Vertheidigung des letzteren gibt, wie die Vertheidigung der beiden Gaab,
as Vergehen der gemeinschaftlichen, qualificirten Sachbeschädigung zu, be⸗
treitet aber das Verbrechen der Transportgefährdung, da einmal' keine wirk⸗
iche Gefahr durch den Wegweiser dem Eisenbahntransporte verursacht worden
ei und dann sicherlich Annicker auch nicht die Absicht gehabt habe, eine solche
Zefahr durch seine in der Betrunkenheit verübte That hervorzubringen. Es
vurde denn auch eine Frage nach fahrlässiger Transportgefährdung gestellt,
zu deren Beantwortung jedoch die Geschworenen gar nicht kameu, da sie alle
indere Fragen im Sinne der Anklage beantworteten. Urtheil: die beiden
haab zu 1 Jahr, Gefängniß, Annicker 5 Jahre Gesammtzuchthaus und 5
zahte Ehrenverlust.
— Berulischtes. pa
— Ju Alschbach exeignete sich vorige Woche ein warnen⸗
jer Unfall, indem kin Kind, das mit' einem Messer spielte, mit
dem Auge' in dasselbe fiel, wobei das Messer so tief eindrang, daß
es nur mit ärzilichet Hilfe herausgenommen werden donnte.
FPirmasens, 8. Dez. Die piözuich eingelretene Kälte
jat in unserer Wasserleitung eine Kalamität hervorgerufen; es ist
nämlich das Wasser in den Röhren fast aller Hauseinrichtungen
ingefroren. In Folge Dissen find nun auch eine ziemliche Anzahl
köhren gesprungen, und haben die Installateure alle Hände voll
ju thun, um den Schaden wieder auszubessen. 63. 3.)
Kaiserssslautern, 5. Dez. Die Firma Marx und
Zoͤhne, welche bei dem Bankerott don Mehlhändler Levy in Pir⸗
nasens 14,000 M. für geliefertes Mehl verlor (Levy erhielt 5
Jahre Zuchthaus), hatte die Firma Joscphh Kehr, Banquier in
Taiseislautern, weges Ersatzes obiger Summe deßhalb angehalten,
veil letztere auf gestellte Anfrage der Firma Mart über die Ver⸗
nögensverhälinisse des Ldevy befriedigende Nachrichten abgegeben
zatte. Kläger verloren vor dem hiesigen Gericht den Prozeß,
egten aber bei dem Oberlandesgericht Zweibrücken Berufung gegen
dieses Urtheil ein. (Pf. K.)
.Aaiserssstautern 8. Dez. Betteffs Ermittelung des
Druckers der anonymen Schmähschrift gegen den Stadtrath und
peziell gigen den Herrn Bürgermeister Go erg haben gestern im
veileren Verfolg der begonnenen Recherchen eidliche Vernehmungen
zattgefunden, aus welchen hervorging, daß die Schmähschrift in der
Zuchdruck⸗rei der „Pfälzischen Post.“ gedruckt wurbe. ( Pf. Volks⸗
3tg.) (Chef und Leiter dieser Firma ist der prot. Pfarrer Otto
Fleischmann, Geistlicher amek. Zuchthause, welche erklärten von der
Sache nichts gewußt zu haben.) i
'F' In Kaiserslauteren ist sein Werkmeister mit seiner
Diensimagd nach Amerika durchgebrannt, Frau und 4 Kinder
urücklassend.
F Ein Familienvaler von 7 Kindern, wurde am Samstag
Motgen in der Nähe von Erlenbach (bei Kaiserslautern) todt auf ⸗
jefunden. — Auch zwischen Quirnheim und Bindesheim soll nach
er „Pf. Pr.“ in der Nacht vom 4. auf den 5. ds. ein Mann
erfroren oufgefunden worden sein.
pNeustadt, 5. Dez. Der Entwurf zum Gewerbsteuer⸗
gesetze besteuert unter der Nummer 121 des Tarifes die Fabrika⸗
jon künstlichet Weine in folgender Weise: 60 Mark Normalanlage
hne Rücksicht auf die Bevoͤlkerungszahl eines Ortes 1 Mi. —
3000 Mk. Bekriebsanlage. Das dürfte der Fabrilation doch eini⸗
germaßen einen Riegel vorschieben.
Landrath der Pfalz.
Speier, 5. Dez. Den Bedarf der Realschulen der Pfalz für das
Jahr 1880 stellte der Landrath heute folgendermaßen fest: Der Voranschlag
der Realshule Kaiserslauiern erfordert eine Gesammtausgabe von 50,315
M.; aus Kreisfonds find zu decken 43,980 M. 71 Pf. (Mehrung gegen das
Vorjahr 863 M). — Die Leistung des Kreises an die Übrigen vier Real⸗
schulen, welche Gemeindeanstalten sind, ist dahin fixirt, daß fur jede dieser
Schulen ein fester Zuschuß von 3083 M. 71 Pf. gegeben und außerdem
die den Betrag von 1080 M. übersteigenden Gehalisbezüge der wirllichen Lehrer
bezahlt werden. Hiernach beträgt der Zuschuß aus Kreisfonds an die Real⸗
schule in Speier 16,053 M. 21 Pf. (Mindexung gegen das Vorjahr 1447 M.
50 Pf.), an die in Landau 15,719 M. 48 Pi. (PRinderung 118 M. 28 Pf.),
an die in Zweibrücken 16,870 M. 71 Pf. (Mehrung 280 M. 36 pf.) und
an die in Neustadt 14,485 M. 71 Pf. Mehrung 614 M. 52 Rꝛ
tfalaisches Echwurgericht.
F IV. Quartal.
Zweibraucken, 8. Dez. Schwurgerichtsverhandlung gegen: 1. Ge-
org Gaab, Ziegler; 2. Anton Gaab, Dienftknechi, beide von Harthausen,
vohnhaft in Königsbach, 8. Jakob Friedrich Annicker, Kufer von Berghausen,
benfalls in Königsbach wohnhaft, wegen gemeinschaftlicher Beschädigung eines
um öͤffentlichen Nutzen dienenden Wegweisers und gegen genannten Annicer au⸗
herdem wegen vorsätzlicher Gefährdung eines Eisenbahniransportes. Vertreter
der k. Staatsbehörde: Staatsanwalt Dr. Krell, Vertheidiger der sub. 1und 2
Benannten: Rechtslandidat König, des Annider: Rechtsanwalt Kieffer. — Der
315 des deutschen Reichsstrafgesetzzbuches lautet: „Wer vorsätzlich auf der Fahr⸗
hahn der Eisenbahnen durch falsche Zeichen oder Signale oder auf andere Weise
olche Hin dernisfe bereitet, daß dadurch der Transport mm Gefahr gesetzt wird,
vird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.“ — Das den beiden ersten Be⸗
qhuldigten zur Last liegende Vergehen wurde dieselben naturlich nicht vor das
Schwurgericht gebracht haben, wenn es nicht im engfen Zusammenhange mit dem
»em Unnider zur Last gelegten Verbrechen ffünde Die drei Angeklagten waren
an 30. Januar bei einem Verhöre in Reustadt gewesen und begaben sich auf den
deimweg nach Königsbach. Unterwegs an einem nach Wingingen abzweigenden
Bege scheint sie die Wein⸗ oder Bierlaune angetrieben zu haben, irgend ein Hel⸗
enstüclein auszuführen. Anton Gaab stieg duf den dort befindlichen, die Weg⸗