Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberler Anzeiger. 
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84.. Dienstag den 6. Januar 
18so. 
Deutsches Reich. 
München, 2. Jan. Die Tagesordnung für die nächste 
Plenarsitzung der Kammer der Abgeordneten am Mittwoch 7. Jan. 
wurde heute ausgegeben: 1) Beschlußfassung über die Mitglieder⸗ 
zahl und die formelle Wahl des Ausschusses zur Berathung des 
Besetzentwurfes den Brantweinaufschlag betr. 2) 1. und 2. Bera⸗ 
chung über den Entwurf eines Gesetzes die Behandlung der Gesetz⸗ 
entwürfe über die direkten Steuern betreffend. 3) Bericht über die 
Petition der Schul⸗ und Kirchengemeinde Streitberg, die Bestrei⸗ 
tung der Umzugskosten der Pfarre und Schullehrer durch die Ge— 
meinden betreffend. 
Berlin, 2. Jan. Ein Schreiben des Kaisers an den Chef 
der Admiralität General v. Stosch ermächtigt diesen, einen umfas⸗ 
enden, rückhaltlosen Bericht über den ganzen Gang der Unter⸗ 
suchung in Sachen des Panzerschiffs „Großer Kurfürst“ zu ver⸗ 
zffentlichen. — General v. Kirchbach, commandirender General 
des 5. Armeecorps, nimmt demnächst seinen Abschied; sein Nach— 
folger ist wahrscheinlich General v. Pape, Commandeur der 1J. 
Garde⸗ Infanterie⸗Devision. — Officiös wird geschrieben: Für 
d. Bülow's Stelle im auswärtigen Amt ist Herr v. Radowibß 
designirt. 
Berlin. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ bringt eine Reihe stati— 
ttischer Notizen über den Handelsverkehr mit den Südsee-Inseln, 
die Produktion der Samoa⸗Inseln und die Bedeutung der deutschen 
Faktoreien und Plantagen auf letzteren; das Blatt fügt dann nod 
hinzu: Zahlreiche Aeußerungen der Presse und Vereine bewiesen, 
daß es auch im deutschen Volke als nationale Pflicht anerkann 
werde, die wichtige Position auf Samoa dem deutschen Handel zy 
erhalten. Es dürfe hierauf die Hoffnung begründet werden, daf 
der Antrag auf finanzielle Förderung desjenigen Unternehmens, 
wvelches die Erhaltung der in der Südsee gewonnenen kommerziellen 
Stellung bezwecke, bei den Vertretern der Nation Anklang und 
Annahme finden werde. 
In Bezug auf die Militärlast der Völker schreibt ein Ber⸗ 
liner conservatives Organ: Die Militärlast der Staaten hat eine 
Hohe erreicht, die kaum von den Völkern getragen werden kann — 
und sie steigert siih von Jahr zu Jahr. Moͤchte die europäische 
Staatslunst es nunmehr als das Ziel ihrer Thätigkeit betrachten, 
den Frieden nicht mehr nach der alten Methode des para bellum, 
der Kriegsbereitschaft, sondern durch positive Vefreundung der Staa— 
sen, durch Stärkung und Consolidirung der gemeinsamen Friedens⸗ 
interessen der Voller zu sichern. Ist es nicht eine schreiende Dis⸗ 
harmonie in dem Kulturleben der Völlker, wenn sie fortwährend bis 
ain die Zähne kriegsgerüstet einander gegenüberstehen? 
Ausland. 
Madrid. Otero zeigt keine Reue. Er hatte sich dem Trunk 
ergeben. Wodurch er zu dem Attentat veranlaßt wurde, darüber 
perlautet noch nichts Verlassiges. Gestanden hat er bis jetzt nichts. 
Der montenegrinische Gesandie bei der Pforte erhieli Befehl, 
seonftantinopel am 7. Januar zu verlassen. Mehrere Mächte for⸗ 
derten die Pforte auf, Plava und Gusinje formell an Montenegro 
zu übergeben, die türlischen Beamten von dort abzuberufen und 
den Zuzug nach dem abgetretenen Gebiet durch einen Truppen⸗ 
Fordon zu verhindern; damit würde es seinen internationalen 
pflichten genügt haben; Montenegro verlange nicht mehr. 
Rio de Janeiro, 8. Jan. Anlaͤßlich der Einführung 
neuer Steuern sind Unruhen ausgebrochen. Die Regierung unter⸗ 
drüchte dieselben und traf Maßnahmen behufs Vorbeugung der 
Wiederholung derartiger Vorkommnisse. 
zenommen werden, da der Siadtrath aus städtischen Mitteln eine 
größere Summe (1000 M.) zur Bestreitung der Nosten festgesetzt 
jat. Die Abgabe der Suppenporiionen soll unentgeldlich geschehen. 
* Viele Ortschaften am Glan, an der Blies und Alsenz 
jaben durch das Hochwasser großen Schaden erlitten. Die Thäler 
varen vollständig überschwemmt, tief gelegene Oristheile standen 
inter Wasser. Am Neujahrstag konnte der letzte von Blieskastel 
iach Saargemünd abgegangene Personenzug nur bis zur Station 
Breitfurth gelangen, da bei Herbitzheim das Wasser den Bahnkörper 
interspült hatte. An demselben Tage konnte der von Landstuhl 
njach Kusel gehende Zug nicht weiter gehen als bis Rehweiler, wel 
nn der Nähe von Eisenbach der Bahndamm durchbrochen war. 
Auch bei der Station Wörth der Speyer-Lauterburger Bahn war 
der Verkehr durch Hochwasser der Rheinarme unterbrochen. — Von 
Saar und Mosel, von den Schwarzwald Flüssen, von der Nahe, 
vesonders aber von Rhein und Main melden die Zeitumgen von 
großartigen Ueberschwemmungen. In großen Schrecken versetzte 
der Rhein seine Anwohner. Unzählige Brücken sind zerstört, Dämme 
zurchbrochen, so daß in manchen Städten ganze Stadttheile ge⸗ 
räumt werden mußten. Ueberall herrschte die größte Besorgniß. 
Die Bahn mußte zwischen Frankfurt und Mainz ihre Fahrten ein⸗ 
tellen, ebenso zwischen Mainz und Darmstadt. Jetzt ist für viele 
Irte durch das Fallen des Wassers die Gefahr wieder geschwunden; 
iber noch lange werden die Betroffenen des Schreckeens gedenken, 
)en ihnen die ersten Tage des Jahres 1880 durch das Hochwasser 
jereitet hatten. 
Blieskastel. In der öffentlichn Sitzung des k. 
Amtsgerichts vom 2. Januar 1880 kamen folgende Fälle zur 
berhandlung: 1) Ein Mädchen im Alter von 15 Jahren, von 
Niederwürzbach, hatte zum Nachtheil einer Wittwe von dort aus 
»er Commode 13 Mark in der Absicht rechtswidriger Zueignung 
zinweggenommen und wurde deshalb in eine Gefängnißstrase von 
wei Tagen und zu den Kosten verurtheilt. — 2) Ein Mädchen 
von Rubenheim, welches wegen Besuchs der öffentlichen Tanzmuͤsik 
purch Strafbefehl zu einer Gefängnißstrafe von 1 Tage bestraft 
vorden war, hatte dagegen Einspruch erhoben und wurde freige- 
prochen. — 3) Ein Mann von Chlingen, welcher beschuldigi war, 
ius Muthwillen am 1. Juni 1879 mit mehreren Anderen in einer 
-cheuer eines Aderers daselbit einen Steinhauer von dort, welcher 
ich in betrunkenem Zustande befand, an ein Strohseil gebunden 
ind ihn an einer Rolle in die Hohe gezogen zu haben, wobei, 
iachdem das Strohseil zerrissen, der Steinhauer zu Boden ftürzte 
ind sich so verletzte, daß er acht Tage lang arbeitsunfahig war, — 
vurde wegen fahrlassiger Körperverlezung zu 8 Tagen Gefangniß 
zerurtheilt. — 4) Ein Mann von Ballweiler, welcher wegen gro⸗ 
zen Unfugs durch Strafbefehl zu 2 Tagen Haft bestraft wocden 
var, wurde als nicht überführt freigesprochen. — 5) Zwei Bur⸗ 
chen von Breitfurth, welche einen Mann von dort in der Nacht 
»om 28. auf den 29. November 1879 auf der Ortsstraße von 
Breitfurth mittels gefährlicher Werlzeuge — sie hatten Steine in 
Zadtücher gebunden — schwer verletzten und zugleich Unfug ver⸗ 
ibten, wurden: der Eine zu zwei Monaten Gefängniß und drei 
Tagen Haft und der Andere zu drei Wochen Geiangniß und drei 
Tagen Haft verurtheilt. 
F Oekonom Jakob Hautet von Websweilerhof vertheilte 
jei der neulichen großen Kälte unter die Armen der Gemeinde 
zägersbutg einen Wagen voll Brod, Kartoffeln und Kohlen nach 
Maßgabe ihrer Dürftigkeit. Diese edle That möge ein Vorbild 
ein für Viele, deren Vermögen solche Handlungsweise erlaubt! 
F Pirmasens. Es ist ein boöser Gast bei uns eingekehrt, 
der Typhus; in einem Hause liegen sogar 4 Kranke, Madchen 
von 10- 20 Jahren. (Pirm. Anz.) 
* In Kaiserslautern besteht die Absicht, die zum Ausbau 
des Gewerbemuseums noch nothigen Geldmittel durch eine Lotterie 
zu beschaffen. 
Dürkheim, 3. Jan. In hiesiger Schöffengerichts.Sitzung 
murde heute Herr Gg. Schich, Krämer und Wirth aus Weisenheini 
im Sand, wegen des Besißes ungestempelter Spiellarten zu 500 
Mark Geldstrafe derurtheilt. 
— 
Vermischtes. 
* St. Ingbert, 6. Januar. In den nächsten Tagen wird 
in den Raäumlichkeiten des Bürgerhospitals die vom Stadtrath in 
seiner letzten Sitzung beschlossene Eroffnung einer Suppenansialt 
fur die hiesigen Armen stattfinden. Gefiern und heute geschehen 
auf dem Bürgermeisteramie die Anmeldungen derjenigen, welche in 
derselben gespeist zu werden wünschen. Vorerst wird die Privat⸗ 
vohlthatigleit zur Unterhaltung der Suppenanstalt nicht in Anspruch