Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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4 51. Dienstag den 30. März 
180. 
Deutsches Neich. 
Der „Pf. K.“ schreibt aus München: Die weitere Minister⸗ 
inderungen betreffenden Gerüchte „waren“, wie uns versichert wird, 
nicht unbegründet. Die desfallsigen Differenzen sind aber nunmehr 
veseitigt. 
Im Reichsjustizamte nehmen die Arbeiten zum Enlwurf eines 
neuen Actiengesetzes ihren Fortgang. Bei diesen Vorarbeiten wird 
das Hauptaugenmerk auf den vielfach hervorgetretenen Mißstand ge— 
richtet, daß diejenigen Personen, welche das Actienunternehmen zu— 
erst gegründet und die Entwickelnng desselben leiten, also die soge— 
nannten Gründer, sich hauptsächlich von dem Motiv der Sicherung 
des eigenen Gründerlohnes und der Abwendung jeder ferneren Ver— 
intwortlichkeit, nicht aber von der Ueberzeugung und Absicht, einem 
destehenden dauernden Verkehrsbedürfniß entgegen zu kommen, leiten 
assen. So ist man im Reichsjustizamte insbesondere auf Maß— 
tegeln gegen sämmtliche Gründergewinne bedacht, worüber bereits 
erschiedene Vorschläge gemacht sind. Zunächst sind als Vorarbeiten 
im Reichsjustizamte in Angriff genommen worden: Eine Sammlung 
des statistischen Materials, eine Darstellung der ausländischen Actien— 
zesetzgebung, zeine Zusammenstellung der amtlichen Vorschläge und 
Vegenvorschläge und eine Uebersicht der bezüglichen Rechtfprechung 
er deutschen Gerichtshöfe und zwar im Gebiete des Civil- und 
Strafrechts. 
Von unterrichteten Stellen blieb die Nachricht bisher noch un— 
vidersprochen, daß Fürst Hohenlohe nach Ablauf seines Interimisti— 
ums definitiv die Leitung des Staatssekretariats des Auswärtigen 
ibernehmen und nach Paris nicht mehr zurückkehren werde. Herr 
. Radowitz würde, nachdem er mehrere Monate der Botschaft in 
Baris vorgestanden, zum Botschafter in Konstantinopel ernannt 
verden, und Graf Hatzfeldt, ein ausgezeichneter Kenuer der fran⸗ 
ösischen Verhältnisse, als Botschafter nach Paris gehen. 
Ausland. 
Der französische, Moniteur“ sagt: Wenn die dem Cabinet 
»ezüglich der Jesuiten zugeschriebenen Absichten sich verwirklichen, 
vird der Senat, den man beleidigt, indem man seinen Willen 
gnorirt, sofort beim Wiederzusammentritt der Kammern die Re⸗ 
nierung interpelliren. 
Die „France“ behauptet, die von den Decreten der franzö⸗ 
ischen Regierung betroffenen Congregationen würden alle gericht⸗ 
ichen Instanzen erschöpfen; die Directoren der bedrohten Congre—⸗ 
jationen hätten gemeinsam Vertheidigungsmaßregeln beschlossen. 
In Petersburg wurde einmal wieder eine geheime (nihi⸗ 
istische) Druckerei entdeckt; dabei wurden 16 Personen, sämmtlich 
Setzer und dem Arbeiterstand angehörig, verhaftet. 
Ein Telegramm des „Boston Advertiser“ aus Washington 
neldet, es sei gewiß, daß General Grant von seiner dritten Prä⸗ 
identschafts-Candidatur zurücktreten werde. Die Nachricht bedarf, 
oweit man über diese Angelegenheit hier unterichtet ist, der Be— 
titigung. Das sogenannte „Anti-Thirdtern-Committeo“* hat eine 
jdationalconvention der die dritte Präsidentschaft Grants bekämpfen⸗ 
den Republikaner auf den 6. Mai nach St. Louis einberufen. 
anweisung zur Erhebung. Der Meisibetrag einer Postanweisung 
zeträgt wie bisher 50 Dollars. 
Aus verschiedenen Theilen der Pfalz wurden in den letzten 
Tagen Waldbrände gemeldet, so aus Neupfotz, Bellheim, Lambs⸗ 
jeim, Irheim und Mittelbach. 
Einfluß der Waldungen auf die Negenmenge und die Luft⸗ 
euchtigkeit. Nachdem bereits festgestellt ist, daß die Regenmenge 
iber Laubwaldungen größer ist als in baumlosen Gegenden L. 
rautrat (Comptes rendus, 1876 t.) 83 p 514) nun auch ge⸗ 
eigt, daß die Fichten den Wasserdampf der Luft noch stärker con⸗ 
ensiren als Laubbäume. So betrug z. B. die Regenmenge vom 
zuni 1875 bis Juli 1876 über einen Fichtenwalde 841 mm in 
300 mw eEntfernung von demselben über einer Saudfläche dagegen 
iur 758 mmm. Von dieser Regenmenge erhält der Boden der 
Waldungen nur 472 mm, so daß also 879 mm. oder 483 Proc. 
des Regens von den Bäumen zurückgehalten wird. Wegen der 
rößern wasserhaltenden Kraft des Waldbodens und der schuͤtzenden 
Moosdecke wird trotzdem der Waldboden mehr Wasser enthalten 
ils der nicht mit Bäaumen bestandene. Hygrometrische Messungen, 
ergaben ferner, daß der Feuchtigkeitsgehall der Luft im Fichlen- 
valde 20 Proc. höher ist als der erwaͤhnten Sandfläche. 
F Das ftändige protestant. Vikariat Ens heim wurde dem 
derzeitigen Privatvikare bei Pfarrer Wischan in Weingarten 
Dtto März von Kaiserslautern überlrageu. 
f In Friesenheim possiete kürzlich ein Seitenstück zu 
dem im Bette gefundenen Kalbe in Kaiserslautern. Ein Schlau⸗ 
herger hatte eine Gans in seinen Hof gelockt und dort meuchlings 
abgethan. Zwei Schulbuben hatten das Attentat mit angesehen 
ind verriethen es der Nachbarschaft. Es erfolgte hierauf eine 
Haussuchung, und die gemeuchelte Gans wurde in dem gleichen 
Versteck wie das Kaiserslauterer Kalb gefunden. (N. d. F. T.) 
F Auf dem Bahnhose Maikammer⸗Kirrweiler wurde 
am 25. März ein 11-jähriger Knabe, der beim Wagenschieben be⸗ 
hilflich war, uͤberfahren, der Kopf wurde ihm buchstäblich zermalmt. 
Mit der Aufstellung des Denkmals für die im Jahre 1848 
zei Rinnthal Gefallenen soll nun in Bälde begonnen werden. 
Zur Bestreitung der Fundamentirungskosten fehlt 3war noch eine 
Sdumme von etwa 150 M., an deren Beschaffung indessen nicht 
u zweifeln ist. Das Denkmal selbst, eine trauernde Germania, 
st schon seit längerer Zeit fertig gestellt. Es ist beabsichtigt, mit 
der Einweihung des Denkmals eine entsprechende Feierlichkeit zu 
erbinden. 
FIn Schaidt feiern am 18. April zwei zu gleicher 
Stunde geborene Manner, Johannes Striepf und Johannes 
scert, ihren 88. Geburtstag. Beide sind noch rüstige Leute. 
FLudwigshafen, 23. März. Die ordentliche General- 
Versammlung der pfälzischen Bahnen findet am 30. ÄÜpril statt. 
In derselben wird u. A. der Antrag gestellt werden, die Direction 
ur Aufbringuug eines Kapitals von 43300,000 M. zum Bau 
einer Eisenbahn von Kaiserslautern nach Lauterecken zu er— 
nächtigen. 
F Nachdem vor einigen Tagen in Ludwigshafen ein 
ediges Frauenzimmer unter Umstünden gestorben ist, welche ein 
Verbrechen voraussetzen ließen, das nach 88 218 -220 des Straf⸗ 
zesetzbuches für das Deutsche Reich mit Zuchthausstrafe bis zu zehn 
Jahren bestraft werden kann, ist eine bezügliche Untersuchung ein⸗ 
zeleitet und in Folge derselben eine Hebamme von Ludwigshafen 
verhaftet und in das Landgerichtsgefängniß nach Frankenthal 
abgeführt worden. 
Das Münchener Hofbräuhaus hat in Straßburg das unter 
dem Namen „Münchener Kind'l“ bekannte bayerische Vierlocal um 
den enormen Preis von 160,000 M. kaäuflich erworben und wird 
in demselben eine Filiale errichten. 
F Wenn das vffentliche Schuldenmachen ein Zeichen 
virthschaftlicher Regsamkeit ist, dann ist solche den baveri] ch en 
Tommunen, und zwar den Stadt und Landgemeinden, nicht ab— 
usprechen; denn der Schuldenstand derselben steigt in mehr als 
irithmetischer Proportion. Nach der in der letzten Rummer des 
Amtsblattes des Ministeriums des Innern veröffentlichten Ueber— 
Vermischtes. 
*St. Ingbert. Wie uns mitgetheilt wird, beruht die 
in Nr. 34 des „Anz.“ enthaltene Notiz, daß die Bierbacher Ge⸗ 
neinderathswahl ein weiteres Nachspiel erlebe, indem gegen mehrere 
Zersonen der Verdacht des Meineides vorliege und darum gegen sie 
Untersuchung eingeleitet sei, auf einem Irrthum. Wir stehen nicht 
in, dieses nachträglich berichtigend zu bemerken. 
fReichsgerichts-Entscheidung. Kauft Jemand eine Waare 
unter der Vorspielung der sofortigen Baarzahlung des Kaufpreises, 
hatsachlich aber in der Absicht der rechtswidrigen Zueignung der⸗ 
elben, und entfernt er sich sodann mit der ihm vom Verlkäufer 
ibergebenen Waare ohne den Kaufpreis zu entrichten, so ist er nach 
inem Erkenntniß des Reichsgerichts, J. Strafsenats, vom 5. Januar 
1880 wegen Diebstahls zu bestrafen. 
F Vom 1. April ab kommt für Postanweisungen nach den 
Kereinigten Staaten von Amerika an Gebühr der Satz von 
20 Pf. für je 20 Mlk. mindestens jedoch 40 Pf. für jede Post⸗