Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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M SG. 
Samstag, den 8. Januar 
1881. 
Bestellungen für das J. Quartal auf den 
„St. Ingberter Anzeiger“ mit illustrirtem 
Sonntagsblalt werden bei allen k. Poststellen, den Postboten von 
unsern Austrägern und in der Expedition entgegengenommen. 
ihrem Geiste vorüberziehen lassen. Die Grundsätze, welche heute 
die Entwicklung Deutschlands in andere Bahnen lenken möchten, 
unterscheiden sich in ihrem Wesen nicht von jenen, denen die Krone 
Preußens zum Segen Deutschlands wiederstand. Es frommt nicht, 
diese Thatfache zu verdunkeln und zu verschleiern.“ 
Der Bundesrath wird, wie man hört, seine durch die 
Festzeit unterbrochenen Plenarsitzungen am Montag, den 10. d. 
Mis., wieder aufnehmen. — Die endgültige Bestimmung über die 
Konstituirung und Einbringung des Volks wirthschaftsraths 
für Preußen) steht in den nächsten Tagen zu erwarten. 
Ausland. 
In Frankreich ist die Agitation für die am nächsten 
Sonntag vorzunehmenden Gemeinderathswahlen noch fortwährend 
im Zunehmen. Namentlich hat in Paris der Wahlkampf eine 
zroße Ausdehnung genommen. 
Aus London wird gemeldet, daß es am 4. Jan. in New⸗ 
Brook bei Claremorris (Irland) zu einem blutigen Zusammenstoß 
zwischen der Polizei und Volksmassen kam, welch letztere die Ge— 
richtsbeamten verhindern wollten, die gegen viele Pächter erlassenen 
gerichtlichen Ausweisungs-Verfügungen diesen zuzustellen. Zahlreiche 
Verwundungen kamen vor, darunter vier tödtliche. 
Die meisten englischen Journale sind zwar der Ansicht, 
daß es ein Fehler war, das Transvaal-Land mit England zu 
Zereinigen, troͤtzdem sind sie fast ebenso einstimmig gegen eine so⸗ 
ortige Abtretung des Landes an die aufständigen Boers. 
In den Niederlanden wird lebhaft Propaganda zu Gun⸗ 
ten der Boers in Südafrika gemacht. So gibt Profefsor Harting 
n Utrecht bekannt, daß eine Adresse zu Gunsten des Transvaal⸗ 
andes an das britische Volk gegen 5000 Unterschriften erhielt; 
dieselbe wird gedruckt und soll in England, im europäischen Fest⸗ 
lande und in Amerika verbreitet werden. 
Wie es heißt, erklärte der griechische Minister Kumunduros 
auf den neuesten Schritt der Mächte zu Gunsten des Schiedsge⸗ 
richtes, Griechenland wünsche zuvor Aufklärung darüber, auf welcher 
Basis das Schiedsgericht verhandeln solle und welche Garantieen 
die Mächte für die sofortige Ausführung des Schiedsspruchs gäben. — 
Auch verlautet, die Pforte habe den Botschaftern der Mächte er⸗ 
widert, sie werde die Schiedsgerichtsfrage abermals erwägen. 
Deutsches Reich. 
Aus München wird „FIr. Z.“ geschrieben: Die Ge— 
richtseintheilung in Bayern stellt sich immer mehr als verfehlt 
jeraus und es ist nicht unwahrscheinlich, daß schon der nächste 
Zudgetlandtag auf Aenderung dringen wird. Als unzweifelhaft 
darf angenommen werden, daß mindestens 4 Landgerichte zuviel 
helassen dezw. geschaffen wurden, darunter Neuburg a D., dessen 
Beschästigung eine sehr geringe ist, auch wenn man sie noch so 
sehr aufzubauschen versucht. Auch mehrere kleine Amtsgerichte 
hätten noch eingezogen werden können, wogegen die größeren viel⸗ 
fach mehr Arbeitskrüfte bedürfen, um ihre Geschäfte prompt erle— 
digen zu können. Es wäre dies um so mehr am Platze, als nach 
den neuen Gesetzen in den Amtsgerichten der Schwerpunkt der 
Kechtspflege liegt. 
Wie bereits mitgetheilt, wird der bayerische Laudtag 
Mitiwoch den 19. d. M. zu der letzten Session der diesmaligen 
Legislaturperiode zusammentreten. Nach Mittheilungen von par— 
lamentarischer Seite wird die Frage über die gesetzliche Feststellung 
der Wahlbezirke anläßlich der bevorstehenden Landtagsneuwahlen zu 
den sonst vorhandenen einen Gegenstand der Berathung bilden. 
Die Volkszählung des 1. Dezember 1880 kommt ebenfalls in Be— 
tracht und wird auf die jetzt 156 betragende Zahl der zu wählen⸗ 
den Landtagsabgeordneten wohl nicht ohne Einfluß bleiben können 
Die jetzige Kammer ist noch nach der Volkszählung des 1. Dezem⸗ 
zer 1871 gewählt und kann jene Basis also unmöglich beibehalten. 
Die Feststellung der Abgeordnetensitze nach dem Volkszählungser— 
zebniß des 1. Dezember 1878 aber also einer gesetzlich bereits 
nicht mehr vorhandenen Ziffernbasis würde doch ebenfalls bedeutende 
Bedenken haben. Hoffentlich werden die Volkszählungsarbeiten derart 
beschleunigt, um noch auf die Landtagswahlen dieses Jahres Ein— 
luß ausüben zu können. 
Der Steuergesetz⸗ Ausschuß der bayerischen Abgeordneten⸗ 
kammer, der nach Neujahr wieder zusammentrat, kam in einer 
seiner letzten Sitzungen auch auf die Frage, ob die Capital— 
rentensteuer nicht an der Quelle der Rente, also insbesondere 
vom Staat oder von den Actiengesellschaften bei Auszahlung der 
Zinsen oder Dividenden-Coupons, erhoben werden könne und solle, 
worauf Minister v. Riedel die Gründe erörterte, welche die Staats- 
regierung bestimmt haben, diese Form der Steuer nicht vorzu⸗ 
schlagen: der Abzug der Kapitalrentensteuer von den Coupons würde 
für ausländische Inhaber bayerischer Staats-Papiere als eine Kürz- 
ung der vertragsmäßig zugesicherten Zinsen sich darstellen, daher bei 
aeuen Anlehen den Cours der Papiere drüchen; außerdem würde 
sowohl bei Staatspapieren als bei Actien durch den Abzug der 
Steuer an den Zinsen und Dividenden-Coupons die Beiziehung 
der bezüglichen Renten-Inhaber zu den Gemeinden- und sonstigen 
Umlagen ausgeschlossen sein; Hopothekschuldner schließlich würden 
die für die Gläubiger vorgeschossene Steuer thatsächlich selbst zu 
ragen haben. Der mehrseilig erwartete Antrag auf Einführung 
der Couponssteuer wurde nicht gestellt. — Die Art. 1. und 2 des 
Capitalrentensteuer⸗Gesetzes wurden so, wie in der ersten Berathung, 
nur mit unwesentlichen redactionellen Aenderungen angenommen, und 
es tritt sonach die Steuerpflicht mit 193 Procent bei einer Rente 
don 40 M. ein. 
Die Berliner Offiziöse „Provinzial-Korrespondenz“ sagt am 
Schlusse eines längeren Artikels über die zwanzigjährige Regierung 
des Kaisers (als König von Preußen): „Der bewährteste Rath— 
geber, welcher hauptsächlich ein wesentliches Verdienst um die Er⸗ 
solge dieser zwanzig Jahre hat, steht auch heute noch dem Kaiser 
zur Seite wie in den Tagen der Voͤrbereitung. Sein Rath führte 
Dentschland zu Siegen, Ehren und zur Vollendung. Daß seine 
Wege heute, wie seine Gegner glauben machen wollen, eine ent⸗ 
jegengesetzte Richtung einschlagen könnten, ist eine Vorspiegelung, 
Fache Auͤe erkennen müssen, die heute die letzten 20 Jabre an 
Vermischtes. 
Aus Zweibrücken wird der „Pf. Pr.“ geschrieben: 
Unlängst traf beim hiesigen Bürgermeisteramte ein kaiserlicher Be— 
cheid ein, worin verfugt wurde, daß aus dem kaiserl. Dispositions- 
fonds des Reichsschatzamtes den fünf minderjährigen Kindern des 
m Jahre 1879 dahier verstorbenen Dan. Pirrmann wmonatlich 
75 M. — jedem 15 M. — ausbezahlt werden sollen und zwar 
einem Jeden solange bis es das 15. Lebensjahr zurückgelegt hat. 
Pirrmann hatte den 1870,7 Ler Feldzug mitgemacht; die Strapatzen 
dieses Feldzuges sollen seine Gesundheit untergraben haben. Das 
hiesige Bürgermeisteramt wandte sich um Unterstützung für die 
Waisenkinder an das Ministerium in München, von wo aus jeden⸗ 
falls die Sache nach Berlin gesandt wurde. 
4In der Gegend von Landau regen sich die Branntwein⸗ 
brenner, um bei der Abgeordnetenkammer um eine Abänderung 
verschiedener Artikel des Branntweinsteuergesetzes, durch welche die 
Braͤnntweinbrennerei besonders hart betroffen wird, zu petitioniren. 
In Frankenthal wurde die Petition bezüglich Regu⸗ 
lirung der Häusersteuer von sämmtlichen Hausbesitzern unterzeichnet 
und wird dieser Tage dem Abg. Dr. Groß von Lambsheim, wel⸗ 
cher deren Vertretung in der Kammer übernommen hat, übergeben 
werden. Die Zahl der Unterschriften ist 525. 
F Die Gesuche um Zulassung zu der im Frühjahr Statt 
findenden Prüfung für den Einjährig-Freiwilligen— 
dienst sind bis zum 1. Febr. bei der k. Prüfungskommission 
in Speher einzureichenden Zulassungsgesuchen sind beizufügen: 1) 
in Geburtszeugniß; 2) ein Einwilligungsattest des Vaters oder 
Bormundes mit der Erklärung über die Bereitwilligkeit und Fähig— 
eit, den Freiwilligen während einer einjährigen aktiven Dienstzeit 
zu bekleiden, auszuürüsten und zu verpflegen; 3) ein Unbescholten⸗