Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Deutsches Reich. 
Nach der diesbezüglichen Bekanntmachung des „Reichsanzeigers“ 
hesteht der preußische Volkswirthschaftsrath u. A. aus 19 Groß— 
industriellen, 16 Gutsbesitzern, 11 Fabrikanten, 8 Kaufleuten, 9 
handwerksmeistern und 6 Arbeitern. 
In Centrumskreisen wird die Nachricht, daß die Curie ein— 
ienkende Schritie gethan habe um die Einsetzung von Bisthums— 
verwesern in den verwaisten preußzischen Dibcesen zu ermög— 
lichen, bestätigt. I 
Die „Nordd. Allg. Zig.“ veröffentlich; einige Privatbriefe des 
Fürsten Bismarck an den verstorbenen Staatsminister v. Bülow, 
welche die Geschichte des Abganges der Minister Delbrück und 
Camphausen darstellen sollen, denen aber aller Wahrscheinlichkeit 
nach auch eine Bedeutung für die Gegenwart nicht fehlt. NMan 
glaubt, daß der Reichskanzler bei dem jetzigen Ministerium die 
nöthige Unterstützung seiner Pläne nicht findet, und daß die Briefe 
auf die Folgen aufmerksam machen sollen, die ein Widerstand gegen 
den Reichskanzler nach sich ziehen würde. 
Der dem Buudesrathe zugegangene Gesetzentwurf betreffend 
die Versicherung der Arbeiter gegen die Folgen der beim Arbeits— 
betriebe sich ereignenden Unfälle enthält folgende Bestimmungen: 
Alle in Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, Brüchen und 
Gruben, auf Werften, bei Ausführung von Bauten und in Anlagen 
für Bauarbeiten (Bauhöfen), in Fabriken und Hüttenwerken be— 
schäftigten Arbeiter und Betriebsbeamten, deren Jahresverdienst an 
dohn oder Gehalt nicht über 2000 Mark beträgt, haben sich in 
Zukunft zwangsweise bei einer vom Reiche zu errichtenden und für 
Rechnung desselben zu verwaltenden Versicherungsanstalt gegen die 
Folgen der beim Betriebe sich ereignenden Unfälle zu versichern. 
Als Jahresverdienst gilt das Dreihundertfache des täglichen Ar— 
beiterverdienstes. Im Fall der Verletzung besteht der zu versichernde 
Schadenersatz 1) in den Kosten des Heilberfahrens bis zum Veginn 
der fünften Woche; 2) in einer vom Beginn der fünften Woche 
für die Dauer der Erwerbsunfähigkeit zahlbaren Rente. Diese be— 
trägt a) im Fall völliger Erwerbsunfähigkeit für die Dauer der—⸗ 
selben 66*8 Prozent; b) im Fall theilweiser Erwerbsunfähigkeit 
dagegen für die Dauer derselben einen Bruchtheil der Rente unter 
a, jedoch nicht unter 25 und nicht 50 Prozent des Arbeitsber⸗ 
dienstes. Für den Fall der Tödtung sind vorgesehen: 1) 10 Pro— 
zent des Jahresverdienstes als Beerdigungskoftenersatz; 2) falls der 
Tod später als 4 Wochen nach dem Unfall eintrat, in den nach 
Ablauf derselben aufgewendeten Heilungskosten und in einer weiteren 
Anterstützung im Beirage von 662 Prozent des bisherigen Ver— 
dienstes. Die Versicherungsprämie ist aufzubringen: 1) für Die— 
enigen, deren Jahresarbeitsverdienst 750 Mark und weniger beträgt, 
ju 28 von Dem, für dessen Rechnung der Betrieb Siatt findet, 
u vom Landarmenverbande des Betriebsbezirks; 2) für die 
Versicherten, deren Jahresverdienst 750 Mark übersteigt, zur Hälfte 
vom Arbeitgeber, zur Hälfte vom Versicherten. 
Die „Nationalliberale Korrespondenz“ nimmt zu dem Arbei⸗ 
terversicherungsprojekte eine freundliche Stellung ein. Aus 
dem Umstande, daß das Regierungsblatt den Gesetzentwurf als einen 
exsten Schritt auf der Bahn einer gesunden staatssozialistischen Po— 
äitik bezeichnet und daß er sich in der Richtung bewegt, die man 
gewöhnlich als staatssozialistisch zu bezeichnen pflegt, möchte das 
nationalliberale Organ dem Projekt doch kein vorgefaßtes Miß— 
trauen entgegenbringen. „Es scheint uns wenigstens wirklich ein⸗ 
mal dem ehrlichen Streben zu entspringen, eine positive Maßregel 
im Interesse der Arbeiter zu treffen und einen gesunden Grundge— 
danken und Zweck in sich zu tragen.“ 
Die Einstellung der Revolverkanone MH. otchkiss 
in die Schiffsartillerie der deutschen Marine ist genehmigt worden 
und soll nach Maßgabe des Etats jedes Schiff in der Regel soweit 
mit dieser Waffe ausgerüstet werden, daß jeder Punkt der Umgeb⸗— 
ang des betreffenden Schiffes in einer Entfernung von 200 Meter 
und darüber hinaus von mindestens zwei Geschützen gleichzeitig 
aunter Feuer gehalten werden kann. 
Ausland. 
Der Ausfall der Stichwahlen für die Gemeinderäthe in' 
Frankreich bestätigt, daß den Opportunisten (Anhängern Gam⸗ 
bettas) die nächste Zukunft gehört. Gambetta soll sich größer als 
e fühlen und, wie die Menschen nun einmal sind, — seit jenen 
Wahlen sind die Herren und Damen, welche in der Amts wohnung 
Bambetta's, im Palais Bourbon, ihre Aufwartung machen, bedeutend 
zahlreicher geworden. . 4 
„Daily News“ erfährt, daß Frankreich den Vorschlag des 
Schiedsgerichts aufgegeben habe. 
Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Konstantinopel: 
Wie verlautet, hat die griechische Regierung Rußland ersucht, die 
in der Türkei wohnenden Unierthanen nöthigenfalls unter russischen 
Schutz zu stellen. (Lauter Schreckschüsse! Die Hellenen werden 
sich's wohl nochmals überlegen das Schwert zu ziehen). 
In einem Zirkular an ihre Vertreter im Ausland schlägt die 
Pforte angesichts der Kriegsvorbereitungen Griechenlands vor, daß 
die Botschafter der Mächte in Konstantinopel zu einer Kon— 
erenz zusammentreten, und hofft, auf diesem Weg zu einer fried⸗ 
lichen Lösung zu gelangen. 
Vermischtes. 
*St; Ingbert, 20. Januar. Heute Morgen traf 
Herr Bezirksamtmann Dr. Schlagintweit zum Besuche 
unserer Stadt hier ein. Am Vormittag besichtigte er mehrere 
tädtische Gebäude. Um 10 Uhr erfolgte im Stadthaussaale die 
Borstellung der Beamten und Corporationen und spater gemein⸗ 
chaftliches Mittagessen im Hotel zur Post. ——— 
*St. In gbert. In der hiesigen Schöffengerichtssitzung 
vom 12. Januar kamen folgende Fälle zur Verhandlung: Ein 
Mann von Heckendalheim wurde wegen Uebertretung der Fleischbe— 
schau⸗Ordnung zu einer Geldstrafe von 1 Mark verurtheilt; ein 
mnderer Mann von Homburg, welcher des Betrugs angeklagt war, wurde 
reigesprochen. Schließlich wurde die Verhandlung gegen zwei 
Burschen von hier wegen Körperverletzung, weil einer der Zeugen 
um Erscheinen verhindert war, ausgesetzt. — 
A St. Ingbert. In der Jahresversammlung des „Ge— 
verbevereins“ am 17. ds. Mits. hatte die Neuwahl des Ausschufses 
olgendes Ergebniß: J. Vorstand: Hr. J. Woll, Tünchermeister; 
il. Vorstand: Hr. Schlick, kgl. Realienlehrer; Rechner: Hr. 
Morlo, Schreiner; Schriftführer: Hr. Günther, Lehrer; 
Bücherwart: Hr. Mar tin, Kappenmacher; Beisitzer: die HH. 
Drumm, Lehrer, Umbehr, Schlosser Seibel', Buchbinder, 
Rau, Feilenhauer. Mül ler, Metzger, Tock, Uhrmacher — 
In derselben Versammlung wurde der wöchentliche Vereinsabend 
von Montag auf Samstag verlegt. 
* Als Kuriosum wird uns mitgetheilt, daß vor drei Tagen 
in Spiessen eine Kuh 4 Kalber zur Welt brachte. Zwei der 
Vierlinge sind am Leben und schön und kräftig entwickelt; zwei 
wurden todtgeboren. Dieselbe Kuh hatte vor einem Jahre drei 
Jungen vertragen. 
Das Pfaälzissche Lehrerwaisenstift vertheilte im abge⸗ 
aufenen Jahre 5568 M. an 127 Waisen. Die Unterstützungen 
betrugen 86 bis 225 M. je nach dem vorhandenen Bedürfniß. 
Nach einer dem„Nürnb. Korr.“ zugegangenen Mittheilung 
ollen die diesjährigen Uebungsmanöver des 8. bayer. Armeekorps 
in der Pfalz abgehalten werden. 
F Der im Frühjahr 1881 vorzunehmende Remontenankauf, 
velcher sich auf 8-0 bis Gjährige Reit- und Artillerie-Zugpferde er— 
treckt, wird an nachbezeichneten Tagen und Stationen Stait finden: 
23. März in Langenkandel. 24. März in Offenbach, 26. März in 
Pirmasens, 28. März in Zweibrücken, 29. März in 
Homburg, 80. März' in Landstuhl, 31. März in 
Frankenthal. J . 
FIn Landstuhl wurde gemäß Beschluß des Stadtrathes 
eine Arbeitsschule errichtet, deren Besuch umentgeltlich ist. VDer 
Un terricht begreift alle weiblichen Handarbeiten in sich und findei 
wöchentlich zweimal des Nachmittags Statt. 
**Kaiserslauterin zählte, wie die „Kaisersl. Zig.“