Full text: St. Ingberter Anzeiger

ꝓↄi. Justherter Ahheiget. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fuufmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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M 188. Montag, 14. November 1881. 
16. Jahrg. 
* Zur Reichskagserösfunng. 
Am 17. November wird der deutsche Reichstag 
u einer neuen Legislaturperiode eröffnet werden. 
ẽs geschieht dies unter ganz außergewöhnlichen Um⸗ 
tänden, denn der neugewählte Reichstag bietet nicht 
m Geringsten eine compakte Regierungsmehrheit dar 
uind die Behandlung der Gesetzesvorlagen durch den 
Reichsstag kann leicht auf eine fortwäͤhrende Stim⸗ 
nenzersplitterung stoßen, die den regelmäßigen Gang 
der parlamentarischen Geschäfte illusorisch macht. 
Schwer, sehr schwer ist es, angesichts dieses Zu⸗ 
tandes politisch und sachlich ein richtiges Urtheil 
über die Zukunft des neuen Reichstages abzugeben, 
wie denn auch die eminente Schwierigkeit der Lage 
durch den Rücktrittsversuch, den Fürst Bismark un⸗ 
ternehmen will oder doch unternehmen wollte, ge— 
tennzeichnet worden ist. Wahrscheinlich wird aber 
Fürst Bismard dennoch auf seinem ganz besonders 
chwierig gewordenen Posten ausharren und scheinen 
zinsichtlich der Stellung des Reichskanzlers nach den 
Aeußerungen officiöser Organe die Dinge so zu 
liegen, daß Fürst Bismarck nach dem Gesetze der 
zarlamentarischen Mehrheit eine Verständigung mit 
der Centrumspartei versuchen wird, stellt aber diese 
Partei Bedingungen, welche der Reichskanzler nicht 
exfüllen zu koͤnnen glaubt, so wird er wieder mit 
denjenigen Parteien und Volkskreisen Fühlung zu 
zewinnen suchen, welche ein Zusammengehen der 
Regierung mit der ultramontanen Centrumspartei 
gefaͤhrlich für Kaiser und Reich erachten. Also 
Maßigung der Centrumspartei und Verständigung 
mit derselben oder — Wiederannäherung an die 
Liberalen oder ceauch — Reichstagsauflösung, das 
ind die Schritt, unter denen diese neueste Phasse 
inserer inneren Politik sich bewegen muß. 
Fast als nebensächlich muß es in Hinblick auf 
nese großen Entscheidungen erscheinen, jetzt schon 
das Material zu sichten, mit welchem sich der Reichs⸗ 
ag in der bevorstehenden Session beschäftigen soll. 
Das Budget muß natürlich unter allen Umständen 
ur Berathung kommen und wird in demselben eine 
neue einmalige Ausgabe von 40 Millionen, als 
Beitrag des Reichs zu den Kosten der Einverleibung 
hamburgs in das deutsche Zollgebiet fungiren. Auch 
ürften einige im vorigeu Reichstag abgelehnte Ge— 
etzenwürfe, wie z. B. das Gesetz betreffend die 
kFinschraänkung der Trunksucht und dasjenige der 
Unfallversicherung, wieder vorgelegt werden. Ob 
ine Berathung der Gesetzentwürfe betreffend Ein⸗ 
ührung des Tabak-Monopols und der Arbeiterver⸗ 
icherung in der bevorstehenden Reichstagssession 
tattfinden wird, ist jedenfalls sehr zweifelhaft ge⸗ 
worden, doch werden wahrscheinlich Vorlagen ein⸗ 
zebracht werden, wonach Commissionen des Reichs⸗ 
ages durch entsprechende Statistiken die Berathung 
ener Vorlagen vorbereiten sollen. 
Was die finanzielle Lage des Reiches anbetrifft, 
o ist für das Eiatsjahr 188288 thatsächlich ein 
Deficit von 12 Millionen vorhanden, dasselbe ist 
a allerdings nur sehr unbedeutend zu nennen und 
entstand vorwiegend durch die schwankenden Ein— 
nahmen an Zöllen und Verbrauchssteuern, von denen 
man hofft, daß sie sich in dem nächsten Jahre um 
12—215 Millionen erhöhen werden. Das Deficit 
bon 12 Millionen wird durch eine entsprechende Er⸗ 
öhung der Matricularbeiträge ausgeglichen werden. 
Was den feierlichen Akt der Reichstagseröffnung 
mbetrifft, so wird wahrscheinlich der Kaiser in Person 
ie Eroͤffnung vollziehen, wenn der erlauchte Greis 
urch Rücksichten auf seine Gesundheit nicht daran 
erhindert wird. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 11. Nov. Die nächste Sitznag der 
dammer der Abgeordneten findet statt am 
Dinstag, den 15. November, Morgens halb 10 
Ahr. Tagesordnung: 1) Antrag Dr. Mayher, Civil⸗ 
he, 2) Antrag Luthardt, Concubinat betreffend. 
Htontag Nachmittag 4 Uhr Fraktionssitzung der 
iberalen Partei. 
—XD 
der Reichsräthe, Es werden zuerst die neuen 
Mitglieder Graf Stauffenberg. Graf Drechsel und 
Zrämer (Pfalz) vereidigt; dann wird der Militär⸗ 
ktat nach den Beschlüssen der Abgeordnetenkammer 
einstimmig angenommen, serner der Antrag Lut⸗ 
jardt (Simultanschulen) dem dritten Ausschuß über⸗ 
viesen. 
Karlsruhe, 12. Nob. Im Laufe des Tages 
kehrten bei dem Großherzog die Schwächezu⸗ 
tande wieder jedoch nur in kurzen Anfällen. Das 
Fieber war mäßig, die Temperatur bis 28,5. Das 
gewußtsein frei; trotz zeitweiligen ruhigen 
Schlafes ein Gefühl von Erschöpfung. 
VBaden⸗Baden, 13. Novb. Der Großherzog 
hat die Nacht günstiger zugebracht, ein längerer, 
aamentlich gegen Morgen erquickender Schlaf hat 
äch eingestellt. Die Temperatur hat sich nicht über 
38,7 gehoben. Der Puls ist kräftiger bei mäßiger 
Frequenz, das Bewußtsein klar. Am Morgen hat 
vohlthuender Schweiß sich eingestellt. Das Ge— 
ammibefinden ist befriedigend. Der deutsche Kron⸗ 
prinz und das schwedische Kronprinzenpaar ist in 
der Nacht hier eingetroffen. 
Stuttgart, 11. Nov. Ein heute an den 
Reichsskanzler abgesendetes Telegramm lautet: Die 
Bersammlung beider reichstreuen Parteien 
»ahier, welche in der Stichwahl unterlagen, bringt 
Ew. Durchlaucht den Zoll aufrichtiger Verehrung 
und Dankbarkeit dar und bittet im Kampfe um die 
hoͤchsten Güter der Nation auszuharren. 
XR 
Albert Träger (Fortschritt) mit 19,030 gegen 
Zebel, der 18,979 Stimmer erhielt, gewählt. Im 
. Berliner Bezirk wurde Klotz mit 17,976 
Stimmen gewählt; Hasenclever erhielt 17,374 
Stimmen. 
Berlin, 12. Nor. Der Kaiser ist nach gut 
derbrachter Nacht wieder vollkommen wohl. Er 
nahm heute Morgen eine Reihe von Vorträgen ent⸗ 
zegen und arbeitete bis zum Mittag mit dem Chef 
des Militär⸗Cabinets. 
Ausland. 
London, 12. Nov. Die ganze englische Presse 
zringt die sympathischsten Artikel für das in Aus— 
icht stehende Kabinet Gambetta, wobei die 
zroßen Vorzüge des Letzteren ungemein hervorgehoben 
verden und gleichzeitig auch die Hoffnung ausgedrückt 
vird, daß unter Gambetta ein besseres Resultat der 
Berhandlungen wegen des französischen Handelsver⸗ 
trages zu erwarten sei 
4 
einer neuen Dunggrube einen irdenen Topf vol 
Beld — 117 größere und kleinere Silber⸗ und 
4. Goldmünzen von der Größe eines Zwanzigmark⸗ 
tückes. Alle diese Münzen sind noch sehr gut er⸗ 
jalten und rühren meistens aus der Zeit des 15. 
ind 16. Jahrhunderts her. Von besonderem In⸗ 
erefse dürfte eine der Goldmünzen sein, da dieselbe 
nicht, wie gewöhnlich, rund, sondern viereckig ist. 
— Aus der Pfalz, 12. November. In 
Breitenbach kam ein 7jähriges Mädchen in 
zas Getriebe einer Dreschmaschine und wurde ihm 
der rechte Arm an drei Stellen gebrochen. außer⸗ 
dem noch ein Fuß verletzt. Es wäre doch den Er— 
vachfenen dringend zu rathen, Kinder aus der ge⸗ 
ährlichen Nähe einer Maschine zu entfernen. 
— Dahn, 8. Nov. Gestern Abend wurde 
Joh. Pfeifer, früherer Dienstknecht von Peter 
Müller aus Bruchweiler, durch den Stations⸗ 
tommandanten Hrn. Schleicher von Dahn verhaf⸗ 
et, in das hiesige Gefängniß verbracht und heute 
aach Zweibrücken transportirt. Derselbe ist drin⸗ 
jend verdächtig, bei der Jagd, welche im vorigen 
Jahre am 18. Januar zu Bruchweiler stattfand, 
einen Dienstherrn Peter Müller erschossen 
u haben. Der Sachverhalt wird folgendermaßen 
jeschilder: Am Sonntag den 18. Januar 1880 
var Peter Müller von der Bruchweiler⸗Mühle nebst 
einem Dienstknecht Joh. Pfeifer und drei anderen 
Personen auf der Jagd. Zum Schluß derselben 
vurde noch nach einem Iltis gegraben, welchen 
Müller schon vorher aufgespürt hatte. Als sie nun 
beim Ausgraben beschäftigt waren, sprang der Iltis 
olötzlich aus seiner Höhle hervor, der Pfeifer wollte 
auf denselben schießen, traf aber unglücklicher Weise 
seinen Dienstherrn, und zwar lebensgefährlich. 
Müller lebte noch drei Tage. Wie man sich er⸗ 
jählt, wollte es Müller nicht haben, daß hiervon 
Anzeige erstattet werden sollte; so blieb der Vorfall 
bis dato verschwiegen. Man war bisher der Mein⸗ 
ung, das Gewehr sei umgefallen und habe dem 
Muͤller das Leben geraubt. 
— Dürkheim, 11. Nov. Der bürgermeister⸗ 
amtlich ermittelte Martini⸗Mittelpreis stellt sich für 
die Logel (40 Liter) Trebermost auf 16 Mark 
90 pf. D. Anz.) 
— Wachenheim, 10. Nov. Von einem da— 
sier am Hause gezogenen Rebstocke wurden Trauben 
n dem seltenen Gewichte von 1200 — 1480 Gramm 
zjeerntet. Dieselben kamen als Naturseltenheiten 
nach der neuen Welt. 
Vermischtes. 
F Würzburg, 9. Rov. In Gauksnigshofen 
wvurde gestern früh ein Reisender, der im Wirths- 
Jaus übernachtete, ermordet gefunden. Ueber die 
näheren Umftände ist noch nichts bekannt geworden, 
doch vermuthet man den Mitreisenden als Thäter. 
Die Persoönlichkeit des Ermordeten ist ebenfalls 
nicht festgestellt. 
F Ans Wiesbaden, wird der „Fr. Pr.“ ge⸗ 
geschrieben: Gestern hatte der Heldentenor am hies. 
duiglichen Theater, Herr José Ledérer, welcher 
jeiner Zeit den Attentäter Kullmann ergriff und 
don demselben in die Hand gebissen wurde, aber— 
mals Gelegenheit, das Entweichen eines Missethäters 
u vereiteln. Als nämlich der zu 9 Monaten Ge— 
angniß verurtheilte Lohnschreiber Stolze ins Amis- 
gerichtsgefüngniß abgeliefert werden sollte, warf er 
den eskortirenden Beamten eine Hand voll Pfeffer 
in die Augen und entsprang. Herr Ledérer, der 
zufällig vorüber kam, begriff die Situation sofort 
und überwältigte den sich heftig wehrenden Flücht⸗ 
äñä 
Laele und pfãlzische Rachrichten. 5 
*St. Ingbert. Bei der Reichstagsstichwahl 
im Wahlkreis Landau⸗Neustadt hat Petersen 
mit 904 Stimmenmehrheit gesiegt, im Wahlkreis 
Kaiserslautern-Kirchheimbolanden 
zrhielt Janson 9270, Herz 7427, sieben Orte 
stehen noch aus, Janson's Sieg ist also gesichert. 
m. Aus dem Kanton Waldmohr. Am 
dergangenen Freitag fand der Ackerer Michael 
Steinmann von Ober miesau beim Anlegen