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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 30.
8. Pr. Innere und auswärkige Gefahren
in Rußland.
daß ohne das französische Kammervotum des
26. Januar, durch welches Gambetta gestürzt wurde,
as Frühjahr wahrscheinlich schwere europäische
gerwickelungen gebracht hätte, kann nach den jüngsten
nthüllungen als feststehend angenommen werden.
uch jetzt noch sind die Besorgnisse keineswegs ver⸗
hwunden. Die Gefahr liegt in dem Zusammen—
reffen des Wiederausbruches der orientalischen
zrisis mit den inneren Verwickelungen Rußlands.
zchon mehrfach ist dieser Zusammenhang der Welt
erhängnißvoll geworden. Die orientalische Frage
t hinsichtlich der europäischen Türkei diejenige
ach der Beherrschung der auf der Balkanhalbinsel
vohnenden Slavenstämme; es ist die slavische Frage.
diese aber hängt mit den Geschicken des größten
lavischen Staates untrennbar zusammen.
Man sagt immer, die innere Zerrüttung Ruß—
ands hindere dasselbe an einer auswärtigen Aktion.
lber dieser Satz ist ein rein hinfälliger Von zwei
drisen kann ebenso gut die eine die andere auf—
eben, wie sie sich vereinigen und dann allerdings
in Land in den Abgrund stürzen können. Während
uuf dem Konkordienplatz in Paris die Köpfe fielen
ind in der Vendée der Bürgerkrieg raste, siegten
ie Franzosen an Rhein und Schelde. Sogar aus
mserer eigenen neuesten Geschichte haben wir einen
bgeschwächten ähnlichen Vorgang zu verzeichnen.
UInseren Bürgerkrieg hatten wir überstanden, aber
s kann wahrhaftig nicht gesagt werden, daß Deutsch-
md sich aus befriedigenden inneren Verhältnissen
eraus erhob, um den französischen Angriff glorreich
iederzuschlagen. Die Milizagitation in Württem—
nerg, die bayerischen Kammerangriffe auf die Bünd⸗
iißverträge zeigten doch wohl keine vollständige be—
riedigende innere Lage Deutschlands. Diese Bei⸗
piele wären leicht zu vervielfachen. Gerade die
ezige innere Lages Rußlands aber könnte zu
inem auswärtigen Waqniß herausfordern. Es ist
n Rußland unleidlich geworden, unleidlich für
sedermann, am unleidlichsten für den hinter einer
reifachen Soldatenkette abgesperrten Zaren. Gewiß
t derselbe ein Mann der Ueberlegung und der
?parsamkeit, nichts weniger als zu waghalsigen
ntschlüssen angelegt, ein um die Heilung der inneren
cchäden redlich bemühter Mann. Aber die Ver—
ältnisse sind dem mittelmäßig befähigten und ur—
prünglich als nicht zum Throne bestimmt, wenig
interrichteten Herrn längst über den Kopf gewachsen.
Lährend einer jetzt elfmonatlichen Regierungszeit
t von den Versuchen zur Hersteliung der Ordnung
ußer einiger Ersparung am Hofhalt auch nicht der
eringste gelungen, vielmehr hat die Reformpolitik
zer jetzt am Ruder befindlichen mit der Zerstörung
es noch Vorhandenen angefangen. Ein Mann
ꝛes Unfriedens ist gegangen; Gambetta wollte sich
icht vor der Zeit abnützen lassen und ging. Aber
yraf Ignatjew ist aoch am Ruder uͤnd er wird
ch schwerlich im Frieden wollen verbrauchen lassen.
je geringeren Erfolg er als Minister des Innern
at, um so mehr wird er sich danach sehnen, an
Ztelle des 83jährigen und geisteskranken Fürsten
zortschakow wirklich auswärtiger Minister zu werden.
r kann dieses am leichtesten im Falle einer großen
zerwickelung. Dieselbe herbeizuführen ist in diefem
lugenblicke keine Kunst; ihre Verhütung wäre eine
rößgre aber auf diese verwendet offenbar Ignatjew
eine Mühe und vielleicht wäre dieselbe selbst für
ne Kräfte eines Bismarck eine zu schwierige Aukgabe.
Samstag, 11. Februar 1882.
17. Jahrg.
Anderweitige Symptome kommen hinzu. Seit
Nonaten hat Michael Katkow in der „Moskauer
zeitung“ zur Befreiung der slavischen Brüder Krieg
segen Oesterreich und die Türkei gepredigt; nichts
estoweniger ist Michael Katkow in . den geheimen
tath des Zaren berufen worden. Der Prariser
lufenthalt des Großfürsten Konstantin kann auf
ein persönliches Verhältniß zu dem kaiserlichen
deffen zurückgeführt werden; aber warum ging
veneral Skobelew nach der gegen Oesterreich und
deutschland gerichteten Toastrede des 24. Januar
serade nach Paris? Entweder war seine dadurch
servorgerufene Ungnade eine politische Komödie oder
ein nun erfolgtes Ausscheiden aus der russ. Armee
eugt von unhaltbaren Zuständen. Es ist nicht üblich,
aß wegen eines bloßen Verweises ein General seinem
driegsherrn den Stuhl vor die Thüre stellt, am
venigsten in jenem Rußland, dessen Nikolaus ge—
egentlich die Generäle noch kärperlich mißhandelte.
Inverbürgt werden noch Alexander II. ähnliche
dinge nachgesagt. Entweder war der Rücktritt aus
»er Armee nach der einmal diplomatisch noth—
vendig gewordenen Verleugnung des Generals
-zkobelew lediglich ein willlommener Vorwand zur
bariser Reise, oder die russische Armee ist desorga—
tisirt und treibt Politik. General Skobelew hätte
n diesem Falle zwar den Rock des Zaren ausge—
ogen, aber er wäre in Paris als so etwas wie
in Abgesandter der russischen Armee erschienen.
das Letzere ist natürlich die bedenklichere Annahme.
zn Rußland bildet die Armee den letzten Halte⸗
unkt gegenüber der Revolution; eben deshalb ist
hre durch zahlreiche Zustimmungstelegramme an
-zkobelew ausgedrückte kriegerische Stimmung ein
o bedeutender Faktor. Auf den Zaren kommt es
a zuletzt weniger an.
Ob der Versuch zur Besiegung der inneren
drisisdurch die auswärtige gelingen kann? Schwerlich.
ber damit ist nicht gesagt, daß er nicht gemacht
pird. Die menschlichen Dinge werden nicht blos
uurch Verstand und Ueberlegung, sie werden auch
urch Leidenschaft bestimmt und speziell in Rußland
at man die nüchterne Ueberlegung von jeher als
inen Charakterzug der gehaßten Deutschen ange—
ehen. Im Uebrigen gibt es auch eine Politik der
Zerzweiflung und von dieser Politik ist man in
en entscheidenden russischen Kreisen wohl nicht mehr
illzu weit entfernt.
Aussicht auf die Stelle des Präsidenten des obersten
Londgerichts sei. Ob das Gerücht von Dr. Fäustie's
Rücktritt, welches von Zeit zu Zeit immer wieder
in Umlauf gesetzt wird, diesmal einen reellen Unter—⸗
zrund hat, bleibt abzuwarten.
Berlin, 8. Febr. Das Haus der Abge—
ordneten verwies die kirchenpolitische Vorlage an
eine 21gliedrige Kommission.
Berlin, 9. Febr. Die Eisenbahn⸗Commission
jat die Vorlage betreffend die Rhein⸗Nahebahn mit
10 gegen 8 Stimmen angenommen.
Der nach Berlin neuernannte französische
Botschafter Baron de Courcel trifft zur Uebet—
reichung seines Beglaubigungsschreibens am Freitag,
»en 10. Febr. aus Paris dort ein, gedenkt jedoch,
obald er seine Creditive überreicht, erst noch auf
urze Zeit wiederum nach Paris zurückzukehren.
Ausland.
Aus Petersburg wird gemeldet: Ein Ge—
etz⸗ Entwurf betreff's Einführung der Erbschafts⸗
teuer ist am vorigen Samstag in der Vorberathung
)es Reichsraths durchgegangen und kommt demnächst
vor das Plenum des Reichsraths, wo die Annahme
icher zu erwarten ist.
Lokale und pfälzische Nachrichten
* St. Ingbert, 10. Febr. Es ist bekannt,
)aß die Direktion der Pfälzischen Bahnen
illigen Wünschen des Publikums jederzeit gerne
entspricht. So hat dieselbe neuerdings eine sehr
ankenswerthe Neuerung eingeführt, nämlich Ni ch t⸗
raucher-Coupé's dritter Klasse.
— Die „Pfälzische Kampfgenossen—
schaft“, Provinzial⸗Verband pfälzischer Krieger⸗,
Veteranen- und Kampfgenossen⸗Vereine, erhielt laut
definitiver Mittheilung infolge ihres Vertrages mit
der Feuerversicherungs-Gesellschaft Providentia“
in Frankfurt am Main zur Unterstützung der noth⸗
eidenden und kranken Mitglieder sowie der Witiwen
und Waisen derselben, den namhaften Beitrag von
344 M. 6 Pf. für ihre Unterstützungskasse Alle
Anerkennung bei solch schönem Resultat!
— Aus Zweibrücken wird dem „Pf. K.“
zerichtet: Es stehen uns zwei causes célebres be⸗
vor. Die erste wird sich am 17. d. Mis. vor dem
Prilitärbezirksgericht in Würzburg abspielen und
»etrifft den Rittmeister Lehfeldt, Commandeur der
jier in Garnison liegenden Schwadron des 8.
Lhevauxleger-Regiments; derselbe foll einer größeren
Anzahl zum Theil schwerer militärischer Vergehen
ingeschuldigt sein. Der Herr erfreut sich in den
iesigen Civilkreisen keiner Beliebtheit, und Fama
erzählt von seinem Regime allerhand unerquickliches;
er soll aber sonst ein tüchtiger, schneidiger Officier,
nsbesondere ein feiner Pferdekenner uͤnd ausge⸗
eichnet in der Pferdedressur sein. — Am letzten
Tag dieses Monats wird sich die Strafkammer
inseres Landgerichts mit einer Sache zu befassen
jaben, welche hier schon lange den Gesprächsstoff
bildet. Der im nahen Ernstwejler wohnende pens.
Artill.e Premierlieutenant Sperl soll s. 3. nach einer
häkelei mit dem Directorium «der hiesigen Actien⸗
»rauerei Tivoli Anzeige bei der k. Staͤnlsauwali⸗
chaft dahier erstatiei haben, daß in diesem Geschäft
Verfehlungen gegen das bayerische Malzaufschlag⸗
und das Reichs-Nahrungsmitielgesetz eingeleitet und
dieselbe soll nun zu Erhebung der Anklage auf
Frund der genannten Gesetze geführt haben gegen
ʒen früheren und den gegenwärtigen Director und
jegen den Braumeister. Wie man hört, sind die
Vorladungen bereits ergangen. Man ist auf den
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 8. Febr. S. M. der König wird
in der Nacht vom 12. auf 13. Februar hier ein⸗
freffen und bis Mitte Mai hier verweilen
München, 8. Febr. In der heutigen Sitzung
hes betr. Ausschusses de Abgeordnetenkammer
vpurde bei Stimmengleichheit durch die entscheidende
Stimme des Vorsitzenden der Antrag Hafenbrädl's,
nie Aufhebnung des siebenten Schuljahres betreffend,
ingenommen. Minister Lutz nahm in einer. wohl⸗
notivirten, den Eindruck nicht verfehlenden Rede
den prinzipiellen Standpunkt für das siebente Schul⸗
jahres ein, stellte jedoch Dispensation da in Aus—
icht, wo ungerechtfertigte Härten hervortreten würden.
Fr. 3tg.)
Dem „Berl. Tagebl.“ wird aus München
geschrieben: Die Berathung des Budgets des Justiz⸗
ninisteriums in der Abgeordnetenkammer
verde wahrscheinlich mit dem Rücktritt des Justiz⸗
ninisters v. Fäustle endigen, welcher nicht ohne