Full text: St. Ingberter Anzeiger

Tagbl.“ folgende Mittheilung uber ein sehr de— 
lagenswerthes Ereigniß: „München, 58. Juli 1882 
Soeben ist mein lieber Conabiturient 
deinrich Biffar aus Deidesheim in Folge 
ner im Cafè Rhodt mit Engländern gehabten 
Borxerei gestorben. Derselbe war Angehöriger des 
Torps „Isaria“, saß in dem Lokal mit seinen Corps⸗ 
hrüdern und war mit diesen ziemlich angeheitert. 
Zwei Endländer saßen in der Nähe und beobachteten 
Hiffar, welcher allerlei Dummheiten machte. Biffar 
rief eine bei den Engländern stehende Kellnerin; 
als diese nicht sofort kam, ging er hin und riß 
dieselbe von den Engländern weg. Kurzer Wort⸗ 
wechsel erfolgte. Es war das Werk eines Augen⸗ 
hlicks, da sprangen die beiden Engländer auf und 
dersetzten Biffar mehrere Stöße auf den Bauch so— 
dann ins Gesicht. Biffar hatte zwei Tage zuvor 
Mensur gehabt und hatte mehrere Schmisse im Ge— 
sicht, welche durch diese Boxerei aufgerissen wurden. 
F⸗gab dann eine allgemeine Balgerei; Bussar 
purde bewußtlos ins Spital getragen, ebenso ein 
Engländer. Gestern Mittag ein Uhr starb er in 
Folge der Verletzungen. Ddie Beerdigung findet 
morgen statt. Die Leiche wird nach Deidesheim 
ransportirt.“ 
Neustadt, 8. Juli. In einer Zuschrift an 
den Verwaltungsrath der hiesigen Feuerwehr theilt 
zie Direktion der Pfälz. Bahnen mit, daß sie den 
an den Stationen VLandstuhl, Kusel, Homburg, 
Zweibrücken und Pirmasens, sowie den bei den 
Siationen der Linie Zweibrücken — Saargemünd und 
Zweibrücken —St. Ingbert zugehenden Feuerwehr⸗ 
seuten gestattet, mit dem am 16. Juli nach 
Reustaüdt zum Feuerwehrtag gelösten 
einfachen Fahrbillete die Rückreise am 
17. Juli anzutreten. Zu den Schnellzügen 
ind Schnellzugsbillete zu lösen. 
Vermischtes. 
(Ein neues Monopol.) Ueber eine 
wichtige Angelegenheit wird geschrieben: Nach über— 
einstimmenden Nachrichten aus verschiedenen Städten, 
doimn München, Passauszc., ist von Seiten 
der bayerischen Militärverwaltung den Bäckern, 
welche disher für die Garnisonen der betr. Städte 
das Brod zu liefern hatten, für den J. Septbr. 
zekündigt worden, und zwar mit der Mittheilung, 
daß die Feldbäckerei in Ingolstadt von jenem Ter— 
min an das ganze l. Armeekorps mit Kommißbrod 
versorgen werde. Begreiflicher Weise wird diese 
Maßregel von den Betroffenen sehr schwer em⸗ 
pfunden. Ein Theil des von der Gesanmtheit der 
Steuerzahler für das Heer aufgewendeten Geldes 
floß bieher wieder in die Hände von Gewerbe⸗ 
reibenden und Industriellen als Bezahlung für 
dieferungen zurück. Die Militärlast — äußern mit 
Recht die „Münchener Neuesten Nachrichten“ — 
müßte noch viet drückender werden, wenn der Staat 
anfangen wollte, das Monopol für die Versorgung 
der Armee, wie es also jetzt thatsüchlich mit den 
Brodlieferungen geschieht, für sich allein zu bean— 
spruchen. Liefert er gleich gute Qualitäten, so 
wird er wenig, fast Nichts sparen; er und damit 
die gesammten Steuerzahler haben also keinen 
Nutzen. Einen unermeßlichen Schaden aber erleiden 
die ünzelnen Gewerbtreibenden, namentlich diejenigen, 
velche sich in der Zuversicht der Beständigkeit der 
Lieferungen mit umfangreichen Betrieben ausgerüstet 
haden. Nutzen haben von dieser Maßregel nur 
inige große Mehllieferanten. Es kann aber nicht 
die Aufgabe des Staates sein, ohne Vortheil für 
dir Gesammtheit großen Klassen von Gewerb— 
treibenden zum Nuͤtzen einiger Großhändler die 
EExistenzbedingungen zu erschweren. Es ist denn 
Müch bereits an das Kriegsministerium von Seite 
er Bäcker Münchens eine Vorstellung gerichtet 
worden des Inhalts: „Es wolle einem hohen Kriegs- 
ministerium gefallen, die erfolgten Lieferungsverträge 
zurückzunehmen, eventuell wenigstens die Verträge 
hbis zum 1. Januar k. Is. in Wirksamkeit zu 
lassen.“ Diese sehr berechtigte Vorstellung ist in 
iner Eingabe an das Gemeindekollegium gelangt 
mit der Bitte um befürwortende Unterstützung. Die 
Eingabe wurde dem Verwaltungsausschuß zur Vor—⸗ 
berathung überwiesen. (Die Sache ist auch wichtig 
genug, um sie im Landtag zur Sprache zu bringen, 
falls vicht etwa bis zu dessen Wiederzusammentritt 
die Militärverwaltung sich eines Andern und Bessern 
besonnen hat.) 
Kronach, 8. Juli. Ein Lehrer in einer 
Nachbargemeinde erhielt vor einigen Tagen vom 
Herichtsvollzieher eine Zustellung, das Schulhaus 
ιQò σXOO. 
innen acht Tagen bei Vermeidung der Hwange 
zausweisung zu räumen. Der Sachverhalt ist fol⸗ 
jender: Die detr. Schulgemeinde erwarb laut Kauf—⸗ 
jertrag vom 27. Januar 1862 und vom 28. Februar 
1864 Lin Grundstück, worauf das Schulhaus gebaut 
durde, und bezahlte auch den Kaufschilling zu 95 
Hulden. Im Jahre 1880 wurde das Anwesen, 
zas vom oben beregten Grundbesitz durch den Geo— 
neter abgetrennt war, vergantet. Der Ersteigerer 
eansprucht nun das Eigenthumsrecht, weil eine 
olarielle Verbriefung des Liegestückes nicht erfolgte. 
Der Anwalt des Klägers hat, da die Schulge— 
neinde keine Entschädigung leisten will, Zwangsvoll⸗ 
treckung verfügt, in Folge dessen das Schulhaus 
jeräumt werden soll. Ein seltsamer Fall! 
Metz, 6. Juli. Heute verunglückte bei 
inem Uebungsmarsch ein Soldat des 10. Drag. 
Regiments dadurch, daß sich bei einer unvorsichtigen 
Zzewegung der mit einer scharfen Platzpatrone ge⸗ 
aden Kaͤrabiner entlud und den Soldaten so 
chwer am Unterleib verletzte, daß an seinem Auf⸗ 
ommen gezweifelt wird. — Gestern Abend kam 
in Inspektor der französischen Nordbahn hier an, 
velcher nach dem flüchtigen Cassirer der Station 
Szt. Quentin der mit ca. Frs. 150,000 durchge⸗ 
jangen ist, fahndet. Hier hat man jedoch nichts ge⸗ 
unden. 
(Aus Lothringen.), Das am 4. Juni 
niedergegangene furchtbare Hagelwetter hat gegen 40 
gemeinden der Kreise Chateau-Salins, Forbach und 
Saargemünd im Bezirk Lothringen so schwer heim— 
esucht, daß sich ein Hilfskomite gebildet hat, um 
penigstens der dringendsten Noth zu steuern. Die 
ẽrnte, die zu den günstigsten Aussichten berechtigte, 
st vollständig zerstört, der angerichtetes Schaden be⸗ 
auft sich eiwa auf 800,000 Mark. Nur durch 
ußerordentliche Unierstützung wird es möglich sein, 
den geschädi gten Bewohnern dieser Gemeinden einiger— 
naßen wiederaufzuhelfen. Das Komite richtet an 
isle Menschenfreunde die Bitte um Beiträge in Geld 
der Saatgetreide zur Linderung der Noth. 
Der „Magdeb. Ztg. wird aus Berlin 
eschtieben: So nothwendig auch die Beseitigung 
er noch immer herrschenden Postverschiedenheiten 
zayerns und Württe mbergs mit dem übrigen deut— 
hen Reiche auch ist, so werden doch die an den 
Fundesrath gelangenden diesbezüglichen Bitten keinen 
xrfolg haben, weil beide vorgenannten süddeutschen 
-taaten im Punkte dieses ihres „Reservatrechtes“ 
iicht nachgeben, und die deutsche Postverwaltung 
uchts unternehmen wird, was dieselben nur irgend— 
die als einen Druck von außen ansehen könnten. 
58 würde schon viel erreicht werden, wenn z. B. 
zayern und Württemberg die innerhalb ihrer Post⸗ 
ereiche aufgegebenen deutschen Postkarten wenigstens 
ibsendeten, wahrend dieselben jetzt liegen bleiben. 
pPrinz Heinrich, der zweite Sohn des 
eutschen Kronprinzen, wird im Oklober auf der 
u diesem Zwecke gegenwärtig ausgerüsteten Corvette 
Olga“ als dienstihuender Offizier seine zweite 
derise um die Welt antreten, für welche eine 
twa einjährige Dauer festgesetzt ist. Der bisherige 
nilitärische Gouverneur und Begleiter des Prinzen, 
hraf v. Seckendorff, wird das Commando über die 
Olga“ erhalten. 
J GMiederwald-Denkmal) Die Kommis— 
jon für Errichtung des Nationaldenkmals auf dem 
diederwald hat laut „B. T.“ definitiv enschieden, 
aß die Einweihung des Denkmals in diesem Jahr 
nicht stattfinden kann. 
'(Saujagd./ Letzten Sonntag, so erzählt 
Jemand aus Bernkastel der „Bernk. Zeitung“, 
uhren von hier aus zwei Sonntagsjäger auf ihrem 
vohl mit Proviant versehenen Hundewagen hinaus 
ur Saujagd. Beinahe auf ihrem Jagdreviere 
ingelangt, setzten plötzlich fünf Sauen vor ihnen 
iber die Straße und flugs verwandelten sich die 
his dahin so treuen Zughunde in vortreffliche Sau— 
hunde. Querab in den Wald hinein gings mit 
wildem Gekläffe. Während neben der Straße am 
Waldrande sich die beiden Nimrods zusammenrafften, 
agten am jenseitigen Ende 5 Sauen und 2 Hunde 
ohne Wagen 'raus, Beide Jäger kehrten bald 
nachher, die Trümmer des Wagens als Jaagdbeute 
tragend, vergnügt nach Haus. 
4 GBom Blitze erschlagen) wurde ein 
Bergmann von Linden, welcher sich von der Zeche 
Jeimwärts begeben wollte. Die hartbetroffene Gattin 
vird nun zum zweitenmal Witwe; dieselbe hatte das 
Unglück, auch ihren ersten Mann, welcher zwischen 
gzfuffer zweier Eisenbahnwaggons geriet, plötzlich 
urch den Tod zu verlieren 
ueber einen heroeschen— 
berichtet der „Rigmond Whig“: An der Sige 
ahnstation Waynesborn hatten elf Frachtzüge au— 
Jehalten, um die Ankunft mehrerer verspäteter Er 
razüge zu erwarten. Als die letzeren angekommn 
ind in westlicher Richtung weitergefahren waren 
etzte sich der erste Frachtzug in Bewegung. 6 
zing eine bedeutende Anhöhe hinauf, und da de— 
Zug nicht vorwärts kam, löste der Lokomotivführe— 
des nächsten Zuges, ein junger Mann Namens 
Irving, seine Lokomotive los und kam ersterem ꝛ 
Zilfe. Oben angelangt, fuhr der Frachtzug 
nen Tunnel ein, und der Lokomotivführer kehrh 
zurück. Kaum war er bei seinem Zuge angekommen 
ils er zu seinem Schrecken bemerkte, wie dreizehn 
schwer deladene Wagen, die sich im Tunnel vor 
dem ersten Frachtzuge losgelöst hatten, langsam zu 
rückfuhren und sich bereits auf der Höhe des Ab 
hangs befanden. Ein furchtbarer Zusammensto— 
mit den unten stehenden Zügen mußte in wenige 
Minuten erfolgen, viele Menschenleben und ein Meng 
Figenthum standen auf dem Spiele. Der jung 
dokomotivführer faßte einen raschen Entschluß. 6 
etzte sofort die Lokomotive wieder in Bewegun 
und fuhr, unbesorgt um sein eigenes Leben, de 
Wagen, die bereits mit beschleunigter Geschwindig 
keit den Abhang herabrollten, mit vollem Damp 
entgegen, um die Gewalt des Anpralls zu brechen 
Der Zusammenstoß war schrecklich. Der vorderst 
Wagen bäumte foörmlich auf die Lokomotive hinau 
ind ging in Stücke, aber die Wagen waren zun 
Stehen gebracht. Den braven Lokomotivführer zot 
nan, unbedeutend verletzt, aus den Trümmern herdor 
Ein Unglücksfall, der an Schrecllichke 
das Maß des Gewohnten bei weitem überschreitet 
reignete sich vor Kurzem im Hospice de la dab 
detrière zu Paris. Auf Anordnung des Arzte 
var in der Abtheilung für Irsinnige das ehemalig 
Ztubenmädchen Georges, welches seit längerer Zeit 
in Wahnsinnsanfällen litt, in ein warmes Bad ge 
zracht worden, in dem es unter Aufsicht einer Wär— 
erin während der Dauer von vier Stunden ver 
zleiben sollte. Die Wärterin überwachte die Badende 
bis halb 10 Uhr Nachts in der vom Reglemen 
borgeschriebenen Weise, indem sie von Zeit zu Zeh 
ich von der Temperatur des Wassers überzeugit 
—— 
Die Badeeinrichtungen des Hospitals sind, wie e⸗ 
n Hinsicht auf die oft störrischen und wilden Pa 
tienjen vollkommen begreiflich erscheinen muß, von 
einer Beschaffenheit, welche es den Aufsichtsorganen 
möglich macht, ihre Pflegebefohlenen stets in ihrer 
Gewalt zu erhalten. Die Badewannen sind demge⸗ 
mäß zur Hälfte mit einem eisernen Deckel geschlossen 
die zum Temperiren des Wassers erforderlichen Lei⸗ 
— FD—— Hand⸗ 
hereiches der Kranken, deren Hals von einem eiser⸗ 
nen mit Kautschuk gefütterten Reifen jedoch in der 
Weise umschlossen wird, daß die Bewegung und 
Wendung des Kopfes keinerlei Hemmniß erfaͤhr! 
Diese Sicherungsmaßregel wurde als unumgänglie 
iothwendig erkannt, da sonst die tobenden Kranker 
zur äußerst schwierig im Wasser zu halten wären 
die Warterin der Georges bemertte um halb l 
Ihr, daß das Wasser in der Badewanne ihr⸗ 
ranken unter die vorgeschriebene Temperatur g 
junken sei. Sie ließ daher einen Theil des erkaltete 
Wassers ab und diffnete den Hahn der Rohre, weldh 
Has siedende Wasser zuführt. Hierauf begadb sie si 
nn eine eiwas enifernt liegende Cabine, um die zur 
Ahlrodinin der Kranken erforderlichen Leintücher, 
lem Dort traf die Warlerin mit einer Collg 
uusammen, die ihr wichtige Mittheilungen zu mach 
atte und vergaß ganz das arme Mädchen, welcht 
vehrlos in der Badewanne dem stark einstromende 
ochenden Wasser preisgegeben war. Das bellagen⸗ 
vetthe Geschopf schrie und tobte in seiner Zode 
ingst in furchtbarer Weise, doch Niemand kümmen 
ich darum, da man an derlei Lätm im Itun 
ause gewöhnt ist. Nach einer Viertelstunde nuc 
eine andere Wärterin zufällig in den Badesaal d 
»om heißen Wasser überschwemmt und mit Dunn 
vollständig erfüllt war. Außer dem Lärm, den d 
och immer ausstromende Wasser verursachte, 
jetzt nichts mehr zu hören. Das arme —V 
durde in vollständig verbrühtem Zustande ton 
der Wanne gezogen. Die pflichtvergessene Würter 
wurde den Gerichten übergeben. 
Jas sy, 8. Juli. In Tirgul⸗grums 
vergangene Nacht 100 Häuser abgebrannt; 
Einwohner, meist Juden, sind völlig obdochlen. 
en wunderbarsten Bauwer