st. Jugbherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 198. Donnerstag, 11. Oltober 1883. —18. Jahrg.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
*In München hat am Montag der Dele—
zirtentag des bayerischen Handwerkerbundes stattge⸗
iunden und waren 74 Delegirte als Vertreter von
41 Vereinen erschienen. Angenommen wurde u. A.
er Antrag, gewerbliche Kreis- und Bezirksverbände
m ganzen Koönigreich zu gründen; bezüglich des
Inschlusses an den deutschen Handwerkerbund wurde
veschlossen, daß es den einzelnen Mitgliedern frei⸗
ehen solle, demselben beizutreten. Bei Berathung
sß Antrages auf Trennung der Gewerbe- von der
handelskammer wurde die Einführung eines gleich⸗
naͤßigen Wahlmodus angenommen, durch welchen
handel und Gewerbe in gleicher Mitgliederzahl ver⸗
reten sein sollen. Gegen das Projekt der Gründ⸗
ung von Offiziersconsum⸗-Vereinen sollen Schritte
hei der Staatsregierung, beim Landtag und beim
Keichstag eingeleitet werden.
Aus dem Reichslande wird geschrieben:
die jungsten Vorgänge in Frankreich haben der
vxutschen Sache in ElsaßLothringen eine unverhoffte
Unterstützung gebracht. Die sich immer mehr vor⸗
rängende Herrschaft der radicalen Elemente, das
yͤbelhafte Verhalten der Pariser dem Konig von
kpanien gegenüber, die Unbeständigkeit und die
orwährenden Krisen in den maßgebenden Regier⸗
ungbkreisen, die Verschlechterung der finanziellen
boge und wenig auch der mehr und mehr hervor⸗
retende feindliche Sinn gegen alle religiösen Gefühle
uben die Sympathieen fur Frankreich, wie wir in
der letzten Zeit vielfach wahrgenommrn haben, in
einem großen Theil der elsaß⸗lothringischen Bevölker⸗
ung, selbst in den höheren Kreisen, erheblich er⸗
chüttert. Dazu kommt nun noch, daß die fran⸗
oͤschen Etablissements u. s. w., darunier die dem
Ztaate gehörigen, angefangen haben, diejenigen El⸗
aß Lothringer zu entlassen, weiche nicht für Frank⸗
ach optirt haben. Es ist dies eine fehr beträcht⸗
iche Anzahl, da die hiesigen Beziehungen zu Frank⸗
eich, namentlich in commerzielier Hinsicht, immer
ioch recht bedeutende sind, und daͤher viele junge
deute aus dem Elsaß und aus Lothringen in Frank⸗
eich Stellung gefunden haben. Es rächt sich jetzt,
ß man den Anschluß an Deutschland zu fuchen
interlassen hat. Die Zahl der aus Frankreich Zu⸗
üclehrenden mehrt fich bestaͤndig, und vielen don
hnen fällt es jetzt schwer, hier ein Unterlommen
wfinden.
Berlin, 9. Oltober. Das Augenmerk der
howiralität ist jetzt auf eine möglichst schnell aus—
uführende Mobilmachung der Flotl⸗ gerichtet. Es
ollen genaue Bestimmungen festgesetzt worden sein,
belche es ermöglichen, daß keine Flotte der Welt in
utzerer Frist mobilisirt werden kann, als die deutsche.
Der Reichskanzler Fürst Bismarck ge⸗
renstt, wie sich die Rat. Zig.“ aus Friedrichsruh
relden läßt, einstweilen noch auf seinem lauenburg.
hen Landsitze zu verweilen, gegen Weihnachten
her nach kurzer Anwesenheit in Berlin, mit seiner
jomilie nach Varzin überzusiedeln, um daselbst das
jes zu verleben. Der Gesundheitszustand des Für—
soll im Allgemeinen ein befciedigender fein.
oaß der leitende Staatsmann vorläufig der Reichs⸗
Auptstadt noch fern zu bleiben gedentt, deutet da-
u hin, daß wichtige Ereignisse in der europäischen
itik nicht erwartet werden und kann man die
auernde Abwesenheit des Reichskanzlers von
etlin als ein friedliches Symtom für die allge⸗
meinet Laae seee
Außer der Branntwein-⸗ und Zuckersteuer sind,
soweit das Frkf. J. hört, neue Steuerprojekte für
die kommende Session des Reichstags nicht
ernstlich erwogen worden. Der Tabak dürfte für
diesmal in Ruhe gelassen werden. Es haben aber,
wie verlautet, auch die Erwägungen bezüglich der
Branntweinsteuer bis jetzt noch zu keinem positiven
Ergebniß geführt, und von der Zuckersteuerreform,
mit der sich jetzt noch die Enquete beschäftigt, läßt
sich so viel schon mit Bestimmtheit sagen, daß der
Mehrertrag, den man dadurch erreichen wird und
will jedenfalls nicht entfernt ins Gewicht fällt gegen—
über den großen Summen, welche durch Reichs⸗
steuern aufzubringen nothwendig ist, wenn anders
man das Geld für die Verwendungszwecke erhalten
will, welche in Preußen jetzt durch das Schuldotations⸗
Beamtenbesoldungs⸗ und andere Gesetze festbegrenzt
und ihrer Kostenhöhe nach bestimmt werden sollen
Ausland.
Paris, 9. Ott. Der spanische Zwischenfall
ist noch nicht beendet. In Madrid sieht man die
Note des „Journal offiziel“, welches die Havas⸗
Note für richtig erklärt, nicht für genügend? an, da
das „Journal offiziel“ den Wortlaut der Havas
Note nicht veröffentlicht. Der „Temps“ sagt heute,
sür die Befriedigung Spaniens werde Präsident
Brevy getignete Schritte bei dem König Alfons
hun. In Madrid hat man dem spanischen Bot⸗
schafter übelgenommen, daß er der Vorstellung
des Thoͤatre frangais in der Loge Ferry's beige⸗
wohnt hat.
Paris, 9. Oktober. Es wird versichert, General
Campenon sei zum Kriegsminister ernannt worden.
In Rußland rühren sich wieder die Nihilisten
und erachten die Zeit für gekommen, aus der Re—⸗
serve, welche sie seit längerer Zeit beobachtet, wie⸗
der herauszutreten. In Petersburg curfirt seit
einigen Tagen das Gerücht, die Nihilisten hätten
eine Proclamation verausgabt, welche die schärffsten
Drohungen gegen den Kaiser enthalten soll, wenn
die bisherigen Mißstände nicht abgeschaft werden
Ein Telegramm der Ostd. Volkszeitung aus Peters⸗
burg will sogar wissen, daß das Todesurtheil des
Kaisers in dieser Proclamation enthalten sei. Ferner
werden aus dem Ural große Arbeiterunruhen ge⸗
meldet, bei welchen zwei Fabrikberwalter getödte
vurden. Auch in Sibirien tauchen Nihilisten auf
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 11. Oktober. In der Nach
don Dienstag auf Mittwoch zwischen 12 und 1Uhr
vurden die Bewohner unserer Stadt durch Feuer
ärm aus dem Schlafe geschreckt. In der Wurst
üche des Herrn Metzgermeisters Joseph Hagen
var ein Brand ausgebrochen und bedrohte die an
toßenden Gebäulichkeiten. Der rasch alarmirten
Feuerwehr gelang es jedoch bald, das Feuer auf
einen Herd zu beschränken. Wie wir hören, wurde
Herrn Hager durch den Brand auch ein nicht un⸗
bedeutendes Quantum Fleisch zerstört.
2St. Ingbert, 12. Oktober. Wie aus
dem Inseratentheil ersichtlich, beabsichtigt der
TheaterUnternehmer Herr A. Gleich—
mann zu Saarbrücken in seiner neu gebauten
prachtvoll dekorirten Theaterhalle im „Saarbrücker
Volksgarten“ (vormals alter Kasinogarten) nächsten
Sonntag eine Vorstellung um 4 Uhr Nachmit—
zags abhalten zu lassen, um auch einem auswär⸗
igen Publikum Gelegenheit zu geben, sich einen
»esonderen Kunstgenuß zu verschaffen. Da die
Rühne des Herrn Gleichmann sich eines sehr uten—
Rufes erfreut, so wird sich auch von hier wohl
Wancher veranlaßt fühlen die Vorstellung zu be⸗
suchen. In der Wahl des Stückes hat der Unter⸗
nehmer einen glücklichen Griff gethan. Es wird
nämlich das lokal⸗historische Lustspiel von Kramer,
„Das Gansegretel von Fechingen“, welches eine
Zpisode aus dem Leben der Füursten von Nassau⸗
Saarbrücken behandelt gegeben werden, ein Stück,
das, wie seine häufigen Wiederholungen zeigen, sich
teis der Gunst des Publikums zu erfreuen hatte.
Fin gutes Spiel in brillanten, jener Zeit angepaßten
—X jeden Besucher
zu befriedigen.
— Auf einer in Gersheim stattgehabten
Versammlung von Obstbaumzüchtern des Bliesthals
hat fich auf Veranlassung des Hrn. Pfarrer Feigel
von Walsheim ein Obstbau⸗-Verein für?s
Blaiesthal gegründet, zu dessen Vorstand Herr
Müller von Gersheim gewählt wurde.
— Die Bahnhof-Restauration Hom⸗
burg kommt mit 1. November in Erledigung.
Die Direktion der pfälz. Bahnen schreibi dieselbe
aus, und haben Bewerber ihre mii Führungs⸗
atlesten belegten Gesuche bis längstens 18. Olloder
bei der Direktion einzuͤreichen.
— Trotzdem das Wetter dem diesjährigen Dürk—
heimer Wurstmarkt nicht besonders günstig
war, beweisen die nachstehenden Ziffern, daß doch
ein gesunder Appetit daselbst befriedigt wurde. Es
berzehrten die wackeren Wurstmarktsgetreuen während
—O Rinder, 12
Zühe, 56 Kälber, 6 Schafe und 102 Schweine.
Hieran reiht sich in würdigster Anzahl das edle
Wild und das schnatterige Geflügel, das in ver⸗
zührerisch duftender Zubereitung zur Befriedigung
des verwöhnten Gaumens hethalien mußte. Selbst⸗
derständlich erforderte die Verdauung solcher Fteisch⸗
massen, noch untermengt von Sauerkraͤut und aller⸗
lei zeitgemäßen Vegelabilien, ein entsprechendes
Quantum Flüssigkeit, daß denn auch in hoher Liter⸗
Jahl und in verschiedenen Qualitäten den dursten⸗
den Kehlen verabreicht wurde.
— Das bahyerische Cultusministerium hat der
kath. Gemeinde Oberndorf ein prachtvolles Oel⸗
Jjemälde im Werthe von 700 Mi. als AÄliarbild
zum Geschenk gemacht. Dasselbe ist vor einigen
Tagen in Oberndorf eingetroffen und hat bereits
jeinen Platz in der Simuüankirche daselbst gefunden.
— In Kirchheimbelanden wurde der
Bildhauergehilfe Joh. Dautermann aus Gaugreh⸗
veiler von dem Schlossergesellen Fischer aus Mann⸗
heim derart gestochen, daß er bals nach der That
starb. Fischer ist verhaftet.
— Speyer, 9. Ottober. Gestern Vormiltag
8 Uhr begann der schriftliche Theil der Anstellungs⸗
prüfung der Schuldienst -Exspektanten, welche im
Jahre 1879 aus dem Seminare entlassen wurden.
Erschienen sind 61 Kandidaten. Das Thema zum
Aufsatze lautete: „Geh' am Kleinsten nicht vorüber!
Nichts ist klein in dieser Welt. (Eine Mahnung
für den Lehrer.)“
— Zu der am 8. ds. in Speher begonnen e
Prufung behufs Erwerbung des Berechtigung 8
scheines für den Einzjährig-Fretiwilligen
dienst hatten sich 28 junge Leute angemeldet,
von denen 28 erschienen sind. Für den deutschen
Aufsatz wurden folgende 8 Themate gestellt: 1. Des
Herbstes mag sich freuen, was ein— Frucht ge⸗
cagen: Das, was nur Blätter trug, vor seinem
Hauch muß zagen. 2. Nachweis, daß Aufschieben
ine, ühkl⸗ Sifte it 8 Mrnn Martae