Full text: St. Ingberter Anzeiger

Element dem Institut ferne gehalten wird, wodurdqh 
allein das ungetheilte Vertrauen des Publilunis er— 
halten werden könne. Einstimmig war der Wunsch 
zur Gründung einer Innung, um als geschlossene 
Korporation ersprießlicher wirken zu können. Fol⸗ 
gender Beschluß wurde nun gefaßt: Dle heute zu 
aiserslauiern versammelten Geschäftsagenaten der 
Pfalz haben beschlossen: Es soll eine Innung der 
Geschäftsagenten der Pfalz mit dem Sitze zu Kai⸗ 
serslautern gegründet werden mit der Aufgabe: Pflege 
des Gemeingeistes sowie Aufrechterhaltung und 
Stärkung der Standesehre unter den Innungs- 
Mitgliedern. Es wurde alsdann eine Commission 
ernannt, bestehend aus sieben Mitgliedern, die mit 
Ausarbeitung der Statuten betraut worden, welche 
sie einer demnächst abzuhaltenden Genervalersammlung 
zur Discussion vorzulegen hat. Nachdem noch ver⸗ 
schiedene Anträge gestellt worden, wurde die Ver⸗ 
sammlnug vertagt. 
— VonDahn wird gemeldet, daß am Mitt⸗ 
woch Abend in der Nähe des Bärenbrunnerhofes. 
Gemeinde Busenberg, die Leiche eines Mannes auf⸗ 
gefunden wurde. Donnerstag früh begab sich das 
Gericht an Ort und Stelle, um die Todesursache 
und die Persönlichkeit festzustellen. Wie man hört, 
war der Verunglückte ein dem Schnapstrunke er⸗ 
gebenes herumstreichendes Individuum Namens Weis 
aus Waidrohrbach, der, wahrscheinlich mit einem 
gehörigen Schnapsrausch beladen, über Nacht im 
Freien campirie und so seinen Tod fand. 
— In Edesheim wurden am Sonntsg 
während des Nachmittagsgottesdienstes dem Kirchen⸗ 
diener ca. 70 Mk. aus seiner Wohnung entwendet. 
— Neupfotz, 4. November. Der Haftbefehl 
des kaiserlichen Staatsanwaltes Popp in Straßburg 
hat bereits seine Wirkung geäußert, indem Herr 
Bürgermeister Schwein dahier gestern Abend den 
Johann Philipp, gebürtig aus Bulach bei 
Karlsruhe, verhaftete. Bei der Verhaftung war 
derselbe sichtlich erschrocken, und als demselben der 
Haftbefehl vorgelesen wurde, stammelte er die Worte: 
„Jesus, Maria, Joseph!“ Bezeichnend ist, daß 
der Genannte angab, er hätte von den Straßburger 
Mordthaten überhaupt noch nichts gehört, während 
doch in der Wirthschaft zum „grünen Baum“ da⸗ 
hier, wo er schon seit dem 26. v. Mis. logirte, 
fast jeden Tag davon die Sprache war resp. vom 
Sohne des Hauses betreffende Artikel aus Zeitungen 
in seiner Gegenwart vorgelesen wurden. Aber ver⸗ 
dächtig ist, daß er sich erboten haben soll, den Winter 
über bei Wittwe Hammer blos um die Kost zu ar⸗ 
beiten. — Daß der ebenfalls ausgeschriebene und 
verfolgte Johann Stür zer aus Ottersheim mit Phi⸗ 
lipp von Straßburg resp. Hönheim i. E. ab⸗ und 
mitgereist ist, hat Philipp eingestanden. Der Ver— 
haftete verbrachte die Nacht über im hiesigen Arrest⸗ 
lokale und wurde heute Morgen geschlossen von der 
Gendarmerie Hatzenbühl weiter transportirt nach 
Straßburg. Die Angaben desselben über seinen 
Aufenthalf seit der Mordnacht (22 auf 23. Oktober) 
sind ungenau, ja widersprechend. Philipp giebt zu, 
daß er in der genannten Nacht mit seinem Kame— 
raden Johann Stürzer in Straßburg war, will mit 
letzterem jedoch schon um 10 Uhr Abends wieder 
fortgereisi sen nach Hönheim, wo sie übernachteten. 
Beide gingen nun des anderen Tages auf die 
Walze, übernachteten in einem elsässischen Dorfe 
das der Verhafteie jedoch nicht mehr mit Namer 
angeben könne 
Vermijchtes. 
München, 3. Nov. In Gießdorf wurde 
Haberfeld getrieben. Das Treiben galt einigen 
Bauern und anderen Personen. Auch der Herr 
Pfarrer von Wall und der Herr Oberamisrichter 
von Miesbach wurden in die Reimerei gezogen. Es 
war ein furchtbarer Lärm; mehr als 100 Schüsse 
wurden abgegeben; 16 —20 Glocken und mehrere 
Putzmühlen erhöhten den zweistündigen Spektakel. 
Man „trieb“ au drei Plätzen „Beim Schöpfer am 
Baum“, „beim Poglsang“, und „Gießhof“. Ge— 
richtliche Untersuchung ist im Gange, wird aber.— 
wie gewöhnlich nichts herausbringen können. 
FSt. Johann, 4. Novd. Gestern wurde 
Herr Bürgermeister Falkenhagen nach Ablauf 
seiner 12jährigen Dienstzeit durch einstimmigen 
Beschluß der Stadtverordneten auf weitere zwölf 
Jahre wiedergewählt. 
4 Trier, 3. Nov. „Viezbürger“ nennt man 
zuweilen den Trierer, einen Mann, der schon zu— 
frieden ist, hinter einem „Pörzchen zu sitzen, wo 
Bn nichts anficht. cls eben der Aepfelwein. In 
diesem Jahre ist diese Kategorie von Menschen obenauf 
denn so guten „Trank“, wie jetzt, hat's lange nichn 
mehr gegeben. Mindestens das Doppelte, wo nicht 
das Dreifache, wird in diesem Jahre gekeltert und 
alles in vorzüglichster Qualität. Das Obstweinge— 
schäft ist fast ohne Beispiel. Es gibt Leute, die über 
200 Fuder Viez erzeugen, das sind annähernd 200 000 
Liter oder die doppelte Zahl „Porzchen“. Sinte— 
malen aber ein richtiger Vieztrinker doch nicht mehr 
denn zehn Hälbchen bezwingt, so versorgt ein einzigen 
Produzent jener Geöße mehr als hundert ordentlich⸗ 
Viezbürger für ein ganzes Jahr. Dabei ist der 
Preis fuͤr das Fuder Apfelwein auf 100 — 120 M 
gegen 180-210 M. im Vorjahre gesunken. Ein 
aͤhnlicher Obstreichtum, sagt die „Rh.-Westf. Ztg.“ 
wie dieses Jahr, ist lange, lange nicht mehr dage 
wesen. An der Mosel liegen noch tausende vor 
Zentnern der feinsten Tafel⸗Aepfel, tausende sind 
schon gekauft, aber der Segen nimmt kein Ende 
4 Ein in Stuttgart bei dem Postamt III an 
gestell ter Postbeamter, Namens Bommas, ist sein 
einiger Zeit flüchtig geworden. Man glaubte erst. 
daß die von ihm unterschlagenen Summen nich 
Mk. 3000 überschreiten würden, während es sich 
herausstellte, daß Bommas über Mi. 100,000 un 
terschlagen hat. Es heißt, Bommas habe die Unter⸗ 
scchlagung eines Theils dieser Summen, circa Mk 
40,000, in einer Weise begangen, daß die contro— 
lirende Behörde das Defizit erst nach dem Ver— 
chwinden des Thäters entdecken konnte. Weiter hal 
Bommas ein Packet mit Mt. 75,0001, das aber 
auf einen geringeten Werth deklarirt war, an sich 
gebracht. Man glaubt, Bommas habe den Weg 
nach Triest eingeschlagen, doch ist auch die Polizei 
der norddeutscheu und ameritanischen Hafenplätze 
hyon dem Falle in Kenntniß gesetzt worden. Mt 
1000 Belohnung hat die Postbehörde auf die Er— 
greifung des Fluchtigen ausgesetzt 
F In Oestrich im Rheingau ist ein schreck— 
licher Fall vorgekommen. Ein dortiger Einwohner 
vollte seine Frau, die ihm im Wege stand, beseitigen. 
Zu diesem Zwecke versuchte er, sie in einen im Keller 
defindlichen Brunnen zu werfen. Die Frau wehrte 
ich aber und zog ihren mörderischen Gatten mit 
so daß beide vereint ihren Tod fanden. 
Einen Beweis von einer ganz außerge wöhn 
lichen Ehrlichkeit erhielt dieser Tage ein Rheingauer 
Fuhrmann. Derselde diente vor nunmehr fast 88 
Jahren auf einem Hofgute als Knecht und lieh 
damals einem anderen ebenfalls dort in Diensten 
stehenden Knecht eine kleine Summe Geld. Letzterer 
zing bald darauf fort, ohne seine Schuid ausge— 
zlichen zu haben. Dieser Tage erhielt der Rheiu— 
gauer Mann Geld aus Australien gesandt. Ein 
miteingetroffener Brief gad die gewünschte Aus— 
kunft. Das Geld war die alite Schuld nebst Zinsen, 
und als Absender nannte sich der damalige Geldleiher. 
FGatent-Kuriosum.) Ein praktischer 
Arzt in Westfalen hat ein Patent auf einen Ap⸗— 
parat zum Anzeigen des Kartengebers beim Stat—⸗ 
spiel, genannt Skatuhr, angemeldet. Das muß eine 
gesunde Gegend sein, wo der Arzt Zeit hat sich mit 
solch' sinnigen Erfindungen zu beschäftigen. 
F Ein weibliches Kriegervereins— 
mitglied.) Der Vorstand des Kriegervereins zu 
Letschin überreicht am Dienstag dem Fräulein 
Wilhelmine G., welche dem Verein zur Anschaffung 
neuer Gewehre 700 Mtk. üderwiesen hat, aus 
Dankbarkeit das Diplom, durch welches die genannte 
Dame „in Anerkennung ihrer großen Verdienste um 
den Verein“ zu dessen Ehrenmitglied ernannt wird 
Die eigenthümliche veranlagte Dame pflegte bisher 
in Vertretung von Vater und Onkel, stets in wirk⸗ 
samer Weise an den Generalbersammlungen theil⸗ 
junehmen, ja selbst bei Beerdigungen von Vereins⸗ 
mitgliedern sah man Frl. G. in Reih und Glied 
marschieren und alle Kommandos nach Möglichkei⸗ 
befolgen! „Honoris causa“ hat nun der Verein den 
„guten Kameraden“ förmlich in seinen Verband 
aufgenommen. 
F Aus Ber lin berichtet der „Börsen⸗;Courier“ 
unterm 831. Oktober: „Von besonderer Bedeutung 
ist die Zahlungseinstellung der Firma Jakob Steiner 
in Metz (früher in Landau und Kaiserslautern.) 
Dieselbe betrieb ein bedeutendes Stapelgeschäft in 
russischem Getreide. Die Firma hat eine sehr große 
Bedeutung in Süd⸗Rußland und Elsaß-Lothringen 
im Getreidehandel besessen und der Berliner Plat 
ist in starkem Maße bei dem Fallimente betheiligt 
dier ist besonders eine erste Firtma an dem Falli— 
nente interessirt. Die Ausdehnung der Passiven 
äßt sich von hier aus noch nicht mit Genauiakei“ 
libersehen.“ — Die „Pf. B.“ kann dem hinzr 
fügen, daß es gelungen ist, das Falliment abzu 
wenden. Herr Steiner hat sich, wie es heißt, durch 
Zahlung von 27 Prozent mit seinen Gläubiger 
arrangirt. 
F Die überseeische Auswanderung aus denm 
deutschen Reiche über die deutschen Häfen 
und Antwerpen betrug nach den Ausweisen des 
Zaiserlichen statistischen Amtes im September dieset 
Jahres 14,753, des Vorjahres 15,550; im ganzen 
betrug die amtlich nachgewiesene Auswanderung fin 
die 9 Monate Januar/September dieses Jahres 
138,954, in demselben Zeitraume des Vorjahres 
160,966 Personen. — 
F Unter dem Einfluß der elektrischen Ausstel 
lung hat sich in Wien eine Art Argot ausgebildet 
das sich in seltsamen Wortbildungen gefällt. Sc 
sagt man statt Taschen-Uhr „Zeitograph“n, stat 
Schnupftuch „Nasophon“, statt Briefträger „Bille 
tophor“, statt Binokel „Zwikroskop“, ja sogar stat 
Hund „Bellerophon“. 
F Die Kaiserin von Oesterreich be— 
rühmt als Reiterin und Jägerin, ist auch Dichterin 
und verfaßt hübsche Sonette. Sie hat sich kürz— 
lich eine kleine Druckmaschine gekauft und drud 
ihre eigenen Werke die sie zu einem zierlichen Band 
vereinigen will. 
Gererfand die. Postkarten?) Diese 
Frage wird gewöhnlich mit der Antwort abgefertigt 
Dr. Stephan, obgleich dieser Reformator des Post- 
wesens solches nie behauptet hat. Der wirkliche 
Erfinder ist kein Pokbeamter, sondern der Professor 
der National⸗Oekonomie au der Militär⸗Akademie 
zu Wiener Neustadt, Dr. Emanuel Herrmann aus 
Klagenfurth in Kärnthen. Derselbe gab die Idet 
in einem Artikel der Wiener „N. fr. Pr.“ vom 
27. Januar 1869 an, und am 1. Oktober 18609 
hatte der General-Postdirektor Freiherr v. Malt 
für Oesterreich bereits die Postkarten eingeführt, 
die heute durch die ganze Welt gehen und zum 
geschäftlichen Bedürfniß geworden sind. 
Paris, 3. Nov. Bei einem Unfall, von 
welchem der gestern Abend von hier nach Brest ab⸗ 
gelassene Posteisenbahnzug betroffen wurde, sind! 
Person getödtet und 19 Personen verwundet worden 
F (Ein Wunder-Doktor.) In Faubourt 
Montmartre zu Paris etablitte sich vor Kurzen 
ein „WunderDoktor“ mit fremdländischem Namen 
der vielen Zulauf hatte. Die Zulassung zu seinen 
Consultationsstunden war auf alle mögliche Weis⸗ 
erschwert, tiefes Geheimniß umhüllte den Wunder 
thäter, seine Diener verriethen nichts; die Folg⸗ 
davon war, daß das Wartezimmer vom Morgen 
bis zum Abend belagert war. Die Polizei bekam 
hievon Wind und sendete einen Commissär ab 
welcher die Vorweisung des Diplomes verlangte 
Stait der erwarteten Bestürzung und Angst zeigte 
der Doktor lächelnd sein — wohlausgefertigte 
richtiges Diplom und authentische Fakultätszeugniss 
vot.“ „Aber“ — bat der Doktor den Kommissu 
— „nachdem Sie sich vollkommen überzeugt haben 
bitte, verrathen Sie nichts, denn wenn meine Pa— 
lienten erfahren, daß ich ein rechter Doktor der 
Pariser Fakultät bin. so verlassen sie mich alle zur 
Stunde.“ 
F Gureine Wette.) Vor einigen Tager 
drachten die Pariser Zeitungen die Nachricht 
habe zu nächtlicher Stunde, ein geheimnißvolles 
chreckliches Verbrechen stattgefunden. Ein Kellner 
jeht um 3 Uhr Nachts zu Hause, nachdem er viele 
Vods“ serbitt und viele Trinkgelder eingestrichen 
Vor der Brücke St. Michel angekommen, sieht er 
ein Schauspiel, so gräßlich, daß ihm das Blut ir 
den Adern erstarrt. Drei Männer, elegante, feine 
junge Herren, werfen einen Menschen in die Seine 
Er slürzt, er klatscht ins Wasser und die Unmenscher 
lachen dazu Ensehlich! Der stapfere Kellner lanft 
so schnell ihn seine zitternden Beine tragen, zum 
fuchsten Pongei⸗ Kommissar, der gibt ihm Hilfe min 
mat eilt der Brune zu...Grau und finster 
fließt die Seine, ihre Wellen plätschern laut vor 
Entrüstung, ob des Verbrechens, das fie soeben 
sehen, aber die ganze Umgebung ist einsam um 
stumm, die Mörder sind verschwunden. Die Polige 
gibt sich den emsigsten Forschungen hin, die Zeit⸗ 
ungen reden von allerlei Spuren, da erbarmen sid 
endlich vier junge Sportsmen der geangstigter 
Meinuͤng und erklären zu Protokoll, daß — 
seuer Nacht auf det Brucke St. Michel eine We 
zum Austrag gebracht. Emile Sarrien, ein jung. 
Ah“ (so heißen bekanntlich die Nachfolger 
Ildies on Gommeur. VetitCrépés Vschu