Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherter Ameiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 43. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Muünchen, 28. Febr. Zur Frage der Re—⸗ 
organisation der bayerischen Staatsforstverwaltung 
»ernehmen wir, daß die Ansichten des Referenten 
Abg. Walter, der die Ablehnung der Vorschläge 
zer Staatsregierung beantragt, nicht von der ganzen 
stechten der Kammer getheilt werden, auch fuͤr die⸗ 
elben eine Mehrheit nicht gesichert ist, daß vielmehr 
ervorragende Mitglieder der Fraktion der Rechten 
ereits erklärt haben, sie würden den Ansichten des 
Abg. Walter entgegentreten, auch in der Hauptsache 
für die Reorganisation votiren. (S. Pr.) 
Berlin, 29. Febr. Großfürst Konstantin 
sstt mit dem Fürsten Obolenski nach herzlichster 
Berabschiedung vom Kaiser und den Mitgliedern 
»es Königshauses gestern Abend zehn Uhr nach 
Stuttgart obgereist. Die übrigen Mitglieder der 
Bratulations⸗Deputation traten Abends elf Uhr die 
Rückreise nach Petersburg an. 
Berlin, 29. Febr. Ein dem Bundesrath 
ugegangener Gesetzentwurf, betreffend die Bewil— 
igung der Mittel zu Zwecken der Marineverwal⸗ 
ung, verlangt 18,790,000 Mark welche im Wege 
)er Anleihe mittelst Schatzanweisungen aufzubringen 
ind. Die Summe soll verwandt werden zum 
gau von 70 Torpedobooten einschließlich der dazu 
gehörigen Armirung, Herstellung einer unterseeischen 
Torpedobatterie an der Ostseeküste, Anlage einer 
lektrischen Beleuchtung der Werften in Kiel und 
Dilhelmshaven und Vervollständigung der Kriegs⸗ 
zekleidung. 
Ein indireltes Lob ist der deutschen Eisen⸗ 
udustrie unlängst aus dem Munde des 
ꝛelgischen Konsuls in Zürich ertheilt worden, wel⸗ 
jes bekundet, daß unsere Eisenindustriellen im Be— 
riffe stehen, ihre belgischen Konkurrenten ganz und 
jar vom schweizerischen Markte zu verdrängen. Man 
rfieht aus dem Bericht, welchen der belgische Kon⸗ 
ul über die Situation des dortigen Eifengeschäfts 
m Jahre 1883 erstattet hat, daß die belgischen 
kisenwerke ihre schweizerische Kundschaft immer 
nehr verlieren und daß es ernstlicher Anstrengungen 
edarf, um das verlorene Terrain wieder zu ge— 
vinnen. „Es handelt sich hierbei“, sagt der Kon⸗ 
ul, „nicht nur um Preisverhaältnisse, sondern haupt 
ichlich um das Zutrauen der Klienten, welche 
amentlich von sogenannten Werken ersten Ranges 
ft vernachlässigi und zu rüchsichtslos behandelt wer⸗ 
en. Man bellagt sich hier bitter über ungenaue 
lusführung der Bestellungen hinsichtlich Dimen⸗ 
ionen und Gewicht, fehlerhafte Fabrikation und 
m Allgemeinen über den Mangel an Bestreben, 
die schweizerischen Käufer dauernd an sich zu fesseln, 
bschon man sie in gewissen Zeilen augelegentlichsi 
su gewinnen sucht. Es ist wahr, die Schweiz 
chict keine Bestelungen, welche die Werke währenm 
Nonaten zu beschäftigen spermdchten. Ein, ein⸗ 
teue Kundschaft aber, welche den Einfällen und 
Bandlungen der Spekulation weniger unterworfen 
t, als es die großen überseeischen Märkte sind, 
eren Aufträge gerade in kritischen Zeiten auszu 
leiben pflegen sollte dennoch nie dernachlaffsgt 
verden. Die Deuischen wissen aus diesen Verhält⸗ 
issen Nutzen zu ziehen und werden, mit Ausnahme 
wisser Sorten Blech, Belgien bald überall ver— 
xängt haben. 
Ausland. 
London, 29. Febr. Heute Vormittag wurden 
meinem Hause in der Nhe des Strandes drei 
Sonntag, 2. März 18834. 
19. Jahrg 
Personen verhaftet, in derem Besitze sich eine große— 
Quantität Dynamit vorfand. Die Verhafteten sollen 
die Absicht gehabt haben, ein Attentat auf den 
Justizpalast auszuführen. 
Kairo, 29. Febtr. Aus Suakim wird ge⸗ 
meldet, Major Haggard und Lieutenant Caul⸗ 
field seien bis auf 7 Meilen von hier mit 5330 
Abessiniern vorgerückt. Sie sahen etwa 1000 Auf- 
tändische auf Kameelen und viele zu Fuß. In 
der Nähe von Suakim fochten gestern die Auf— 
tändischen mit befreundeten Stämmen, welche die 
Engländer mit Vieh versorgten. Letztere bean⸗ 
spruchen den Sieg. Dieselben erbeuteten 40 Ka⸗ 
meele und 70 Schafe. 
Washington, 29. Februar. Im Reprä— 
sentantenhause wurde heute die Lasker⸗Ange⸗ 
egenheit verhandelt. Deuster und Günther sprachen 
im Sinne des inzwischen dem Sprecher des Hauses 
ugegangenen Schreibens des Berliner liberalen 
Fentralvereins. Kasson bedauert die Diskussion, 
Jält es für besser, offizielle Informationen abzu⸗ 
varten und nicht nach Zeitungsberichten zu urtheilen. 
kẽr beantragt die Ueberweisung des Schreibens des 
Fentralvereins an den Ausschuß der auswärtigen 
Ungelegenheiten. Dieser Antrag wurde angenommen. 
— Speyer, 28. Febr. Unter dem Vorsizze 
Zr. Erxc. des k. Staatsrathes und Regierungspraͤ⸗ 
identen v. Braun fand heute die Vertheilung der 
Preise aus dem pfäl zischen Dienstboten— 
stift e durch die staiutengemäß gebildete Kommission 
dahier statt. Zu letzterer waren berufen die Herren 
Bürgermeister: 1. Joseph Hafen in Winnweiler, 
2. Peter Custer in St. Ingberi, 8. Heinrich Pohly 
in Frankenthal, 4. Wilhelm Müller in Alsenz, 5. 
Gg. Ertel XII. in Neuburg. Die im Vorjahre 
bewilligten Präpenden a 50 M. wurden wieder ver⸗ 
liehen. Außerdem wurden gewährt 7 erhöhte Geld- 
belohnungen 4 30 Mk., 6a 26 Mi., ferner 20 
Beldbelohnungen zu 10 Mk. mit einem zweiten 
Ehrenbriefe. Zweite Ehrenbriefe ohne Geldoͤelohn⸗ 
ung wurden verliehen an 44 Diensiboten. Weiter 
wurden bewilligt 99 Geldbelohnungen zu je 10 
Mark und 117 erste Ehrenbriefe. Der Capualstod 
des Dienstbotenstiftes, welcher Dank der andauern⸗ 
den Unterstützung seitens der Distrikte und zahlreicher 
Gemeinden an fietigem Anwachsen begriffen ist, be⸗ 
trägt dermalen an 72,000 Mark. Hai sich, wie 
nicht zu zweifeln, dieses von Seiner Exzellenz dem 
Hherrn Regierungsprasidenten in hochherziger AÄbsicht 
gegründete Institut auch ferner der thatkräftigen 
und opferwilligen Unterstützung seitens der bemit⸗ 
telten Corporationen und anderer Goönner zu er⸗ 
freuen, so wird es bald möglich werden, in erhöhtem 
Maße treue Dienste zu belohnen. Nach Beendig- 
ung des Vertheilungsgeschäftes wurden die Mu— 
Jieder der Commission von Seiner Erzellenz zur 
Tafel gezogen. 
— Das Amisgerichtsgefängniß in Franken⸗ 
hhal wurde am Mittwoch auf den Abriß verstei⸗ 
gert; der Erlös beträgt 680 Mk. 
— Ludwigshafen, 27. Febr. Eine groͤßere 
Anzahl Fabrikarbeiter vom Hems hofe veranstal⸗ 
tete gestern Nachmittag einen Fastnachtszug. Mit 
demselben zogen sie nach Friesenheim. Bei Rücd⸗ 
kehr am späten Abend blies einer derselben Feuer⸗ 
lärm. Die Bewohner des Hemshofes wurden hier⸗ 
durch nicht wenig in Schrecken versetzt, und ein 
Polizeidiener der dortigen Polizeistation mahnte die 
Ruhestörer. Dies war jedoch vergebens, worauf 
sich der Polizeidiener genöthigt fand, zur Verhaf⸗ 
tung zu schreiten, was auch ohne Widerstand ge⸗ 
schah. Nach Verlauf von zwei Stunden rottete 
sich ein großer Haufen Fabrikarbeiter zusammen, 
zog vor die Polizeistation, stürmte dieselbe; wobei 
er sämmtliche Fenster einwarf, und mißhandelte den 
aflein anwesenden Polizeidiener, welche auch dit 
erwähnte Verhaftung vorgenommen hatte. Mehrere 
bald darauf von Ludwigshafen gerufene Polizei⸗ 
diener mußten von ihren Waffen gebrauch machen, 
um die Wüthenden von ihrem Zerstörungswerk ab⸗ 
zuhalten. Von den Aufrührern wurden 8 verhaf⸗ 
tet. Die Untersuchung ist im Gange. (Pf. Zig.) 
— Das Stiaatsministerium des JIunern gestanel 
den Gemeindebehörden den Gebrauch von Siegel⸗ 
marken mit dem Wappen der Gemeinde, aber nur 
um Versiegeln von Briefen und Pacdeten statt des 
Lad⸗ und Oblatendruchsiegels, nicht aber zur Be⸗ 
glaubigung von Urkunden, wofür Schwarzdrucsiegel 
bderwendet werden muß. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Efs. L. O.) Kaiserslautern, 28. 
Februar. Die Vorbereitungen für den Libera⸗— 
en Parteitag der Pfalz sind in der Haupt— 
ache abgeschlossen und rechtfertigen die Erwartung 
»ines überaus zahlreichen Besuchs. Mit Rüchsichi 
nuf die Abkömmmlichkeit einiger hervorragender 
Barteigenossen, auf deren Milwirkung gerechnet 
verden darf, läßt sich der Tag, auf welchen die 
kinberufung erfolgen wird, noch nicht festsetzen. 
Die zuerst in konservativen und fortschrittlichen 
Blättern aufgetretene Behauptung, als sei der 2 
März bereits festgestellt, war nur eine Combination. 
— Hinterweidenthal, 28. Febr. (Ein 
zuter Appetitl) Am Fastnachtsmontag ging hier 
ein Soldat eine Wette um 20 Liter Bier ein, 
daß er auf einen Sitz 50 Stück sogen. Fastnachts- 
küchelchen essen würde. Trotzdem derselbe schon 
vorher etliche solcher Küchelchen, nebst einigen 
Schoppen Bier hatte verschwinden lassen, blieb er 
in der eingegangenen Wette thatsächlich Sieger. 
(L. T. 
— Aus dem Gan—. Die vielen Löcher in 
den Klee- und Fruchtäckern und die massenweise 
nusgehöhlten Rüben in den Gruben sind untrüg 
iche Zeichen eines mäusereichen Jahres. Wenn 
nan bedenkt, daß im Jahre 1856 in der ganzen 
Brovinz Sachsen der Fraß der Feldmäuse der Land⸗ 
oirthschaft mehrere Millionen Thaler kostete, eint 
Maus jährlich viermal acht bis zehn Junge wirft, 
ie beiden ersten Würfe in demselben Jahre auch 
chon wieder gebären, folglich eine Maus, wenn die 
Umstände ihr günstig sind, eine Nachkommenschaft 
»on 100 Kindern und Enkeln in einem Jahre 
jaben kann — so soll man meinen, der Landwirth 
vürde mit allen Mitteln im Frühjahr den Fang 
der Mause betreiben. Aber so sind die Menschen: 
jo lange die Kuh nicht gestohlen ist, wird die Thür 
nicht zugemacht, und so lange die Mäuse dem 
Bauer das Getreide nicht abgefressen haben, schlägt 
r gewiß keine todt. So soll es aber nicht sein. 
bereint gehört Front gegen diesen Feind gemacht 
ind jetzt wo die Arbeit noch nicht dringend ist, die 
Mäuse vertilgt, wodurch großer Schaden verhütet 
verden würde Ggt.) 
8 
Vermischtes. 
fMünchen, 27. Febr. Das Programm 
für die am Samstag den 1. März el. J. Stan 
findende von Sr. Maj. dem König angeordnete 
Eh rung der verlebten Generale Frhi. v. d. Tann 
ind Frhr. v. Hartmann enthäͤlt u. A. folgende 
J