8t. Jugberter Amziger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der ‚DSt. Ingberter Auzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhattung⸗
zlatt und Sonutags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 4, einschließlich
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59.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Muͤnchen, 21. März. Die Beschlüsse, welche
)er I11. Ausschuß der ersten Kammer der Reichs⸗
athe dem Plenum hinsichtlich der Revision des
Berehelichungs·⸗ und Heimathsgesetzes empfiehlt,
ehen noch über das hinaus, was in der Intention
es Referenten lag. Der Ausschuß hat gestern den
hegenstand wie folgt erledigt: Ziff. 1 (vbetr. die
deimath der in die Ehe eingebrachten unehelichen
dinder) wurde vom Referenten zur Annahme em⸗
fohlen. Graf Lerchenfeld äußerte sich dagegen und
war in Konsequenz des Beschlusses der Kammer
er Reichsräthe vom Jahr 1868. In ähnlicher
Beise sprach Prinz Ludwig, worauf Ziff. 1 abge⸗
ehni wurde. Von Ziff. 2 blieben Abs. 1 und 2
nverändert. Dagegen gelangte Absatz 3 mit der
ehr wesentlichen Abänderung zur Befürwortung,
aß (wegen Verbrechens oder Vergehens) nur Ver⸗
irtheilung zu mindestens vierwöchentlicher Freiheits⸗
irafe oder dreimalige Verurtheilung innerhalb drei
zahren diese (wegen Arbeitsscheue, Landstreicherei
der Bettel) zum Einspruch berechtigen soll. In
ziff. 5 wurde einstimmig beschlossen, daß wegen
impfang offentlicher Armenunterstützung nur gegen
en Mann und nicht gegen die Braut Einspruch
rhoben werden kann. Ziff. 8 und 9 wurden
undweg abgelehnt. Ziff. 4, 6 und 7 wurden
mgenommen. — Damit sind die unheilvollen Be⸗
immungeu der lex Keßler eingesargt, das Plenum
er Reichsräthe wird ihnen zweifelsohne zur Be—
rdigung das Geleite geben.
Muͤnchen, 22. März. Der Finanzausschuß
nahm gestern Abend die Forstreorganisali⸗—
nsavorlage des Finanzministers mit allen gegen
zie Stimmen Walters und Dallers an.
Ausland.
Wien, 22. Marz. Die Wiener Abendpost
qreidt: Se. Majeftät der deutsche Kaiser, der er⸗
auchte Freund und Verbündete unseres erhabenen
Herescherhauses, begeht heute unter den Segens⸗
vünschen der gesammten deutschen Nation in doller
—XX und koͤrperlicher Frische jein 87. Geburts⸗
est. Gleich ihrem erhabenen Monarchen begleiten
uch die Volker Oesterreich ⸗Ungarns dieses schöne
sest im deuischen Kaiserhause mit ihren innigsten
?rgenswünschen und herzlichsten Sympathien, von
xr Ueberzeugung durchdrungen, daß ein fester
dund der beiden befreundelen Regentenhäuser die
icherste Burgschaft des Friedens sei und nicht blos
ven beiderseitigen Völkern, sondern ganz Europa
um Heile gereicht.
Madrid, 22. März. Der Konig ersuchte
en Kaiser Wilhelm, dem Prinzen Wilhelm die
Infignien des goldenen Vließes überreichen zu dürfen.
Wie aus London berichtet wird, vermachte
F verledte Baronin Rothschud 3000 Pfund dem
—— — und 2000 Pfund anderen
iftungen in Frankfurt.
kokale und pfãleit he Nachrichten.
St. Ingbert, 24. Marg. Geflern Nach⸗
gittag wurde durch den kgl. Rektor Herrn Luxem⸗
urger aus Zweibrüden“ im Beisein des kgl. Be⸗
itsamtmannes Hertn Hr. Schlagintweit die
ndentliche Jahres prüfumg der gewerblichen
fortbiidu ngsschule dahier vorgenommen. Die
brufung erstredte fich auf deutschen Sprachunterricht
ind Kopf· und Tafelrechnen. Am Schiusse der⸗
elben druͤckte der Herr Visitator in warmen Worten
xine Vefriedigung aus über den Stand der Schule.
Montag, 24. März 1884.
esonders über die vortrefflichen Leistungen in den
hriftlichen Arbeiten und im Zeichnen. Die Schüler
rmahnte er in eindringlichen Worten zum Fleiß
ind Wohlverhalten. Auch Herr Bezirksamtmann
I. Schlagintweit ermahnte dieselben in einer kur⸗
en Ansprache zu einem anständigen und gesitteten
zetragen, und wollen wir hoffen und wünschen,
aß die wohlgemeinten Worte der beiden Herren
inen fruchtbaren Boden gefunden haben. — Er⸗
reulich war die zahlreiche Theilnahme hiesiger
zürger an der Prüfung. Außer den Mitgliedern
er Fortbildungsschul-Commission wohnten derselben
joch gegen 20 Herren an, theils aus dem Beamten⸗
ind Lehrerstande, theils Kaufleute und Handwerker.
— Die gewerbliche Fortbildungsschule zählte im
vanzen 108 Schüler, die in zwei Cursen mit je
34 Schülern unterichtet wurden. Der Fachabtheil⸗
ing, in welcher Buchhaltung, Wechsellehre und ge⸗
verbliches Zeichnen gelehrt werden, gehören 30
Z„chüler an. — Möge der Schule im Interesse un⸗
eres heranwachsenden Handwerker⸗ und Arbeiter⸗
tandes auch für die Zukunft das bisher von maß⸗
zebender Seite bezeigte Wohlwollen erhalten bleiben!
*St. Ingbert, 24. März. Die am Sams⸗
ag Abend zu Ehren des Geburtstages S. M. des
eutschen Kaisers vom Kriegerverein im Horst'schen
Saale veranstaltete Reunion war sehr zahlreich
»esucht und verlief bei Musik, Liederklang und
Toasten auf die angenehmste Weise.
* St. Ingbert, 24. März. Wie wir er—⸗
jahren, feiert im Laufe des Frühjahres die Wag⸗
ner' sche (sogen. Mariannenthaler) Glashütte
zuuSchnappbach das Fest ihres ein hundert⸗
jährigen Bestehens.
— Zweibrücken, 22. März. (Zw. 3.)
Zaisers Geburtstag wurde gestern Abend
ind heute früh angekündigt durch Glockengeläute
uind Böllerschüsse. Die staͤdt. Gebäude, die
dasernen und viele Privathäuser find zu
khren des Tages beflaggt. Heute Abend wird in
Ausführung eines diesbezüglichen Stadtrathsbe—⸗
chlusses im Fruchthallsaale ein großes Bankett
bgehalten, bei welchem unsere Männergesangvereine
ich aktiv betheiligen werden. Offiziell sind im
tzrogramm zwei Trinksprüche vorgesehen: auf Kasi⸗
er Wilhelm und auf König Ludwig.
— Pirmasens, 22. März. Eine blutige
Messeraffaire spielte sich leider heute Morgen dahien
ib. Zwei Arbeiter, Maurer von Kleinsteinhausen
zeide bei Herrn Baumeister Zuͤrrlein in Arbeit,
tanden, obwohl Brüder resp. Stiefbrüder, schon
eit einigen Tagen auf gespanntem Fuße. Heute
Morgen beim Kaffeetrinken brach wieder ein Wort⸗
vechsel aus, in Folge dessen der eine derselben mit
einem Brodmesser dem Andern einen lebensgefähr⸗
ichen Stich in die Brust versetzte. Der Verwun⸗
ete wollte fich zum Arzte begeben, brach aber auf
dem Wege zusammen dund mußte auf einer Trag⸗
»ahre nach dem Spitale verbracht werden. Der
25jährige Thäter, welcher sogleich verhaftet wurde,
jeißt Valentin Kennel, der Gestochene, Heinrich
dennel, ist 31 Jahre alt und Familienvater.
(P. A.)
— Vorgestern verschluckite zu Kapellen ein
Mädchen des Ackerers Grün ein Zehnpfennigstück,
velches es in den Mund genommen hatte. Das
Beldstück hatte sich eine Zeitlang im Halse festgesetzt
und verursachte dem Kinde große Schmerzen.
— Seit etwa 10 Tagen ist in der Gemeinde
Maudach die Diphterie sehr heftig aufgetreten.
Nachdem schon in voriger Woche 2 Kinder derselben
19. Jahrg.
zum Opfer gefallen, sind in den letzten 24 Stunden
abermals 4 Kinder daran gestorben.
— Ludwigshafen, 20. März. Die Dienst⸗
magd einer hiesigen Familie wollte gestern Morgen
am Rheine Wasser holen. Sie bekam aber das
Uebergewicht, stürzte hinein und fand in den Wellen
ihren Tod. Der Leichnam konnte bis jetzt noch
nicht aufgefunden werden.
— Sonnenfinsterniß. Wir machen darauf
aufmerksam, daß am 27. d. Morgens 8 Uhr
eine, wenn auch nicht sehr bedeutende, Sonnenfin⸗
terniß eintreten wird.
Awurgericht.
1. Quartal.
Zweibrücken, 20. März. Verhandlung
zegen Ludwig Stetter, 36 J. a., suspend. kgl.
Rentbeamte in Frankenthal; Unterschlagung im Amte.
Staatsbehörde: 1. Otaatsanwalt Petri; Verthei—
ziger: Rechtsanwalt Gebhart.
Seit dem Jahre 1881 war der Angeklagte
Rentbeamte in Frankenthal. Da bei der ordent⸗
ichen, alle zwei Jahre wiederkehrenden Visitation
»ro 1882 fich einige Unregelmäßigkeiten in der
Führung des Amtes ergaben, sah sich die kgl. Re⸗
zierung der Pfalz genöthigt, im Jahre 1883 eine
ußerordentliche Visitation des kgl. Rentamtes Fran⸗
enthal eintreten zu lassen. Diese Visitation fand
im 7. November 1883 statt. Bei derselben fand
her mit der Visitation beauftragte kgl. Regierungs⸗
tommissär ein Manko von 1500 Mt. in der Kasse.
Wie nun die Anklage aufstellt, ist dieses Defizit
nicht auf ein einfaches Versehen, sondern auf eigen⸗
machtige, absichtliche Eingriffe des Angeklagten in
zie ihm zur Verwaltung unterstellte Kasse zurückzu⸗
ühren. Die Visitation der Bücher ergab, daß zwei
namhafte Beträge zwar eingenommen, aber nicht
herbucht worden. Diese Beträge verwandte er da⸗
zu, um das Defizit zu decken, welches durch fort⸗
zesetzte Verwendung ihm amtlich anvertrauter Gel⸗
zer entstanden war. Hierin liegen nach der An⸗
llage Unterschlagungen im Sinne des 8 850 R.⸗
St.G.B.
Um diese Unterschlagungen zu verdecken, hat
der Angeklagte das Kassebuch, welches zur Eintrag⸗
ung der Einnahmen bestimmt ist, sowohl in den
Monaten Juli und August 1882, als auch im
August 1883 unrichtig geführt. Verbrechen, welche
inter den 8 551 des R.⸗St.“G.«B. fallen.
Außerdem hat der Angeklagte zur Bezahlung
don Bureau⸗Utensilien, die er aus eigenen Mitteln
dezahlen mußte, ebenfalls Gelder aus der Kasse ent⸗
nommen, eine Thathandlung, welche sich als ein
Vergehen der einfachen Amtsunterschlagung charak⸗
erisirt.
Die Geschworenen bejahten sämmtliche Schuld⸗
fragen, mit Ausnahme der letzten auf eine Unter⸗
schlagung im Betrage von 76 Mk. gerichteten, so⸗
vie die Frage nach den mildernden Umständen.
Der Gerichtshof verurtheilte hierauf den Angeklagten
zu einer Gefängnißstrafe von 1 Jahr und 6 Mo⸗
naten und sprach ihm die Fähigkeit zur Bekleidung
öffentlicher Aemter auf die Dauer von 2 Jahren ab.
Nachmittags. Verhandlung gegen Max Kahn,
35 J. a., Kaufmann in Kaiserslautern, wegen
Verbrechen wider die Sittlichkeit. Stautsbehörde:
3. Staatsanwalt Wagner; Vertheidiger: Rechtsprak⸗
tikant Dr. Mayr. — Der Angeklagte wurde frei⸗
gesprochen.
4 Straßburg, 22. März. Der Geburts⸗
sag des Kaisers wurde hier bei schonstem Wetter
hegangen. Während heute früh Choräle vom Dome