Full text: St. Ingberter Anzeiger

früher einige Zeit in Nlingenmünster zugebracht 
haben. (L. T.) 
— Speyer, 22. März. Geschwindigkeit ist 
keine Hexerei! Durch Nachstehendes dürfte die ohne⸗ 
hin schon sehr umfangreiche Statistik der Zollkuriosa 
Im ein weileres nicht uninteressantes Kapitel be⸗ 
reichert werden: Eine hier wohnende Dame erhiel⸗ 
mitle Februar 1883 eine Zusendung aus Paris 
bestehend aus 10,50 Kil. leinenen Gardinenstoffen 
0.85 Kil. leinen Posamentierwaaren und 0,90 Kil. 
Wollenwaaren und mußte dafür ausweislich der 
Zollquittung, datiert vom 15 Februar vorigen 
Jahres, exkl. Fracht 6,30 Mk., O, 85 und 1,80 Mk., 
Fzusammen also 8,95 Mk. Zoll bezahlen. Dieser 
Tage nun, also nach Ablauf von einem Jahr und 
einem Monat, präsentiert die hiesige Zollbehörde 
eine Nachforderung in der Höhe von 6,30 Mt 
zu wenig berechneter Zollgebühr! Abgesehen davon 
daß zwischen der Gesammtzoliforderung von 15,25 Mt. 
und dem wirklichen Werthe der verzollten Gegen⸗ 
stände kein wesentlicher Unterschied besteht, ist das 
Merkwürdigste an der Sache der Umstand, daß 
dreizehn volle Monate nöthig waren, um frugliche 
Zollrechnung richtig zu stellen. die Furcht vor einer 
nochmaligen Nachforderung früher oder später bleibt 
naturlich nicht ausgeschlossen. Eile mit Weile! 
Gr. Tq.) 
— Konkurs wurde eröffnet über das Vermögen 
von Robert Bruchhaus in Haßsloch; Konkurs— 
berwalter: Geschäftsmann Herrmann in Neustadt 
Pfälzisches Schwurgericht. 
L. Quartal. 
Zweibrücken, 22. März, Vormittags 9 Uhr 
Verhandlung gegen Philipp Jakob Mayer. 433. 
alt; Ackerer von Insheim; Koörperverletzung mi 
nachgefolgtem Tode. Staatsbehörde: 2. Staatsan— 
walt Schneider; Vertheidiger: Rechtsanwalt Gebhart. 
Seii langer Zeit lebte der Angeklagte mit einem 
gewissen Hust in stetter Feindschaft, und war es 
Zamentlich der letztere, welcher bei jeder Gelegenheit 
die Veranlassung zu Streitigkeiten gab. Einmal 
sogar, im Jahre 1879, machie er sich einer Körper⸗ 
berleßung des Angeklagten schuldig. welche ihm eine 
Gefängnißstrafe von 1 Monat und 15 Tagen 
eintrug. 
Am 2. Februar, Nachmittags gegen 4 Uhr, 
kam der Angeklagte von der Arbeit aus in die 
Wirthschaft von Würth in Insheim. Vor der 
Wirthschaft stellte er seine Dunggabel ab. Abends 
um 19 Uhr kam auch Hust in diese Wirthschaft 
und setzte fich neben den Angeklagten, ohne daß es 
jedoch irgendwie zwischen den beiden zum Streite 
dam. Nach 9 Uhr entfernte sich der Angeklagte, 
nachdem er 12 Schoppen Bier zu sich genommen 
hatie, durch den Hof auf die Straße. Vor seinem 
Weggehen ließ er sich vom Wirthe die Dunggabel 
wieder geben. Unmittelbar nach dem Angeklagten 
verließ auch Hust mit einem gefüllten Schoppen⸗ 
glase in der Hand durch die Hausthür die Wirth⸗ 
schaft. Kurze Zeit darauf tfraten einige andere 
Gäste den Heimweg an, und als sie vor die Wirth⸗ 
schaft kamen, fanden sie den Hust blutüberströmt 
bewußtlos auf der Straße liegen. Stücke einer 
Dunggabel, Scherben eines Glases und die eigene 
Mütze des Verletzten lagen neben ihm. Hust wurde 
nach Hause geschafft, woselbst er, ohne wieder zum⸗ 
Bewußtsein gekommen zu sein, in der darauf 
folgenden Nacht starb. 
Die Sektion ergab eine Stichwunde, welche das 
rechte Auge durchbohrte und bis in das Schädel ⸗ 
dach sich erstreckte. Dadurch entstand ein Blut⸗ 
austritt in das Gehirn, welcher den Tod zur Folge 
hatte. Außerdem hatte er noch einige unbedeutende 
Verletzungen am Kopfe und in dem Gesichte. Dem 
Angeklagien wird nun zur Last gelegt, daß diese 
Verleßungen des Hust von ihm herrührten. Er 
selbstgibi an, Hust habe ihn mit einem Bierglase 
bedrohi, weßhalb er seine Dunggabel zur Abwehr 
vorgehalten habe, und in diese sei Hust, als er 
auf ihn lossiürzen wollte, gerannt. Er habe sich, 
als Hust blutend am Boden lag, entfernt, weil er 
nicht geglaubt, daß Jener so schwer verletzt sei. 
Der Vertreter der kgl. Staatsanwaltschaft stellte 
auf, nach Art und Beschaffenheit der tödtlichen 
Wunden müsse als feststehend angenommen werden, 
daß der Getoͤdtete nicht in die zur Abwehr vorge⸗ 
haltene Mistgabel gerannt sei, sondern daß der An⸗ 
geklagte einen wuchtigen Stoß mit ihr geführt 
habe. Nothwehr sei ausgeschlossen, da im Hinblid 
auf die unbedeutende Waffe, welcher der Getödtet 
sich bediente, der Angeklagte mit einer bloßen Ab 
wehr sich hätte begnügen müssen. Es müsse daher 
die Frage nach Körperverletzung mit toͤdtlichem Er⸗ 
folg bejaht werden. Sollten jedoch die Geschworenen 
fich diesen Ausführungen nicht anschließen können, 
so müßten sie jedenfalls die auf Körperberletzung 
nittelst gefährlichen Werkzeuges, oder die auf fahr⸗ 
tässige Todtung gerichteten Fragen bejahen. 
Die Vertheidigung bestritt die Aufstellungen der 
kgl. Staatsbehörde, indem sie ausführte, daß der 
Angeklagte im Zustande der Nothwehr gehandelt 
habe. Da eine Schuld des Angeklagten ausge. 
chlossen sei, so kämen auch die subsidiär gestellten 
Fragen nicht in Betracht, uud beautragte deßhalb 
Freisprechung. 
Die Geschworenen verneinten die Schuldfrage 
worauf der Angeklagte freigesprochen wurde. 
Vermischtes. 
Würzburg, 22. März. Die des Ver— 
gehens des Zweikampfs, bezw. Aufforderung dazu 
saus Anlaß des Falles Pdoschel⸗Lennig) beschuldigten 
Studirenden Hartl (Aschaffenburg), Herb (Pirma⸗ 
sens), Kohlmanu (Offenbach) und Winkel (Pritz 
walk) wurden zu 3 Monaten, Schraut (Sulzwiesen 
und Krafft (Germersheim) zu 8 Monaten 8 Tagen, 
Eichhorn (Trier) und Löwenstein (Oldendorf) zu 8 
Tagen Festungshaft verurtheilt, bez. der übriger 
das Urtheil vertagt. 
Röhrmoos, 17. März. In Ried be 
Indersdorf wurde Sonntags während des Pfarr 
gottesdienstes von zwei Strolchen ein Einbruchs 
diebstahl verübt. Ein 18lähriges Mädchen, welches 
im Hause war, wurde von den Dieben erdrosselt, 
geknebelt, mit Betten und einer Kiste zugedeckt, so 
daß dasselbe dem Ersticken nahe war. Als Beute 
nahmen die Diebe ein Sparkassenbuch mit einen 
Eintrage von 1000 Mtk. und ca. 150 Mtk. Baar⸗ 
geld mit. 
Der Rosenheimer Anzeiger schreibt: Auf— 
sehen erregte gestern auf dem hiesigen Bahnhoft 
die Ankunft eines irrsinnigen Frauenzimmers. 
welches don 3 türkischen Polizisten begleitet, au? 
Jerusalem kommend, der hiesigen Behörde über⸗ 
geben wurde. Die Unglückliche wurde zur Rasi 
in das hiesige Krankenhaus aufgenommen und heut⸗ 
mit dem Fruͤhzuge, vom Rosenheimer Polizei⸗Rott⸗ 
meister und noch einem Manne begleitet, nach 
ihrer Heimath Klingenmünster in der Rheinpfal; 
weiter befördert. 
FBlittersdorf, 22. März. Heute Morgen 
gegen 7 Uhr hatte die Schifferfrau Herres von 
Malstatt beim Wasserschöpfen das Unglück auszu⸗ 
gleiten, infolgedessen sie in die Saar ffürzte und 
rankt. Das Ausgleiten geschah infolge des starken 
Reifes, der auf dem Bord des Schiffes lagerte. 
Fine Vorschrift, um den Bord des Schiffes, wie 
dies bei groößeren Fahrzeugen der Fall ist, eint 
erhöhte Kante laufen zu lassen, würde schon man⸗ 
hem derartigen Unglück vorgebeugt haben. 
f Aus Karlsruhe, 283. März, wird dem 
„Pf. J.“ gemeldet: Heute früh hat sich im Hardt⸗ 
dalde unweit der Station Mühlburgerthor ein etwa 
25 Jahre alter Maun mittelst eines Revolverschusses 
in die Schläfe erschossen. Derselbe saß am Abende 
horher in der nahegelegenen Restauratinn Traut, 
woselbst er sich vor seinem nahe bevorstehenden 
Lebensschluß noch gütlich that. Ueber die Persön⸗ 
uchkeit des Lebensmüden weiß hier noch Niemand 
eiwas, auch behördlicherseits nicht. Er ist Reisen 
der einer auswärtigen Firma (man spricht von M. 
in Bruchsal.) Das elegante Reiseköfferchen lag 
neben ihm, der Revolver war 5mal geladen, wovon 
inmal abgeschossen. Die linke Hand war mit 
inem Glacehandschuh bekleidet. Sämmtliche Zeichen 
hatte der Unglückliche aus seinen Kleidern heraus— 
zeschnitten, so daß alle Anhaltspunkte fehlen. Nur 
eine Photographie soll in der Westentasche gefunden 
worden sein, was zu der Vermuthung Anlas gibt, 
daß unglückliche Liebe das Motiv der schrecklichen 
That sein soll. Die Leiche wurde auf den Fried— 
hof gebracht und wird ausgeschrieben werden. 
F Für die Kaiserin von Oesterreich ist 
das Schloßhotel in Heidelberg bereits vor einigen 
Wochen auf die Zeit vom 10. bis 15. April ge— 
miethet worden und zwar mit der Bedingung, daß 
während dieser sechs Tage kein anderer Gast auf— 
Jenommen und der Garten für das Publikum ge— 
schlossen wird. Der Miethpreis betragt 4000 Mk. 
der Garteninspektor des eigentlichen Schloß 
gartens trifft auch hereits Anstalten, die durch un— 
Jeeignete bauliche Maßregeln etwas versumpfter 
Wege der Anlagen gehörig in Stand zu setzen. 
Der Stadt Köln steht ein Prozeß von er 
heblichkeit in Aussicht. Bald nach der Beendigun 
des Krieges von 1870 und 71 wurden bekanntlis 
den einzelnen Gemeinden für die Kriegsleistunger 
Entschäbigungen gezahlt. Die Ober Rechnungs 
lamimer fund spater, daß der Stadt Köln durch eir 
Versehen eine bedeutend zu hohe Summe ausgezahl 
worden, ca. 200,000 Mt., welcher Betrag zurüc 
zuerstatten fei. Köln verweigerte die Rückzahlung 
judem man geltend machte, keine Festung der wes 
lichen Provinzen sei damals in so großartigen 
Maße in Anspruch genommen worden, wie gerad 
Köln. Die Verhändlungen auf dem Verwaltungs 
wege haben zu keinem Resultat geführt, es ist als— 
eine Klage auf Herausgabe von obiger Summ 
nebst Zinsen zu erwarten. 
p'In Meinhardt bei Siegen stürzten do 
einigen Tagen zwei Kinder, welche bis dahin mi 
einander gespielt hatten, in den Hammergraben 
ohne daß es jemand bemerkte. Eine Frau, die 
Wäsche spülen will, sieht die beiden sich umschlunger 
haltenden Kinder, ruft Leute hetbei, man zieht di 
Kinder heraus, aber als Leichen. 
.(Sturz vom Felsen.), Aus Ems dbe 
richtet der „Rh. K.“: Eine schreckliche Scene, welch 
den Zuschnern so bald nicht aus dem G dächtniss 
entschwinden wird, spielte sich am Sonntag Vor 
mittag von 11212 Uhr an der fast senkrecht ab 
fallenden südlichen Wan; unserer Bäderleifelsen ab 
Ein junger Mensch war daselbst mit dem Sucher 
eines als Salatpflanze dienenden Krautes beschäftigt 
wobei er sich an dem Gesträuch festhielt und Hal 
verschaffte. Plötzlich reißt ein Strauch mit der 
Wurjel aus, und der Unglückliche stürzt mit große 
Geschwindigkeit, sich im Fallen oft überschlagend 
über die scharfen Felskanten nach der Tiefe einen 
sicheren Tode entgegen. Da, wie durch ein Wunder 
hemmt ein dicht am gähnenden Abgrunde stehende 
Baumchen den weiteren Fall und der —A 
bleibt blutüberströmt kaum eine Handbreit von den 
Rande entfernt liegen. Während nun die herzuge— 
geeilten Personen von der Lahnstraße aus dem Ver 
unglückten zurufen, er möge sich um Gotteswiller 
ruhig verhalten und sich nicht rühren, versuchte e⸗ 
ein junger Mann, von oben her zu demselben z 
gelangen; aber kaum hatte er das gefährliche Terrair 
detreten, als auch er schon ins Rutschen geräth um' 
nur mit Mühe sich festhalten und wieder emporar 
beiten kann. Aber der muthige Mann läßt nich 
nach in seinem Rettungsversuche, bei dem es gali 
dem Tode fest ins Auge zu sehen. An einer mittlen 
weile beschafften Leine läßt er sich von vier krüf 
ligen Männern gehalten, zu dem Unglücklichen hinab 
hindet ihn ebenfalls fest und bringt ihn untet fort 
währender eigener Lebensgefahr nach oben zu de 
zagenden Eltern und Geschwistern. Der Verunglüdt 
weicher in der Nähe des Abgrundes stets krampfha 
nit den Beinen sich bewegte und sich zum große 
Schrecken der Zuschauer dreimal an dem besagte⸗ 
Bäumchen aufrichtete, hat am Kopfe schwere Ver 
letzungen davongetragen und kam erst am andere 
Morgen wieder zum Bewußtsein. Der ganze Vor 
gang hatte über eine Stunde gedauert. Dem hoch 
herzigen Retter, Herrn Tüucher Fink oon hier, ae 
bührt die höchste Anerkennung. 
Berhin. Eine trauxige Scene spielte si 
neulich auf der Spree ab. Der Schiffer Hartman 
aus Guben gerieth auf seinem Kahne mit einen 
seiner Schiffsknechte in einen Streit, der schließli⸗ 
in Thätlichkeiten überging. Hartmann zog de 
Frürzeren, kam zu Falle und stieß dabei seine 1 
Jahre alte Tochter, die dem Vater Beistand leiste 
wollte, durch Unversichtigkeit über Bord, so da 
dieselbe in's Wasser fiel. Der Kampf zwischen de 
beiden Maännern haite nunmehr ein Ende und bt 
mühten sich Beide gemeinschaftlich, das Mädhe 
mit langen Stangen und Haken aus dem Waßs 
zu fischen. Nach einer halben Stunde gelang 
ihnen endlich, die — Leiche des Mädchens aufzufinder 
4 Unsere Damenwelt wird jetzt beim Begin 
der'Frühjahrsaison von Pariser Firmen reichlt 
mit Einladungen zu Einkäufen bedacht. F 
sind schön gedruckte, mit Modebildern zierlich aut 
gestattele Preiscourante, welche von der —S 
Weg nehmen bis in die entlegensten Gegenden unsen 
Darianbes.Moen sollle iaum meinen, datz die 
in gutem, reinen Deuisch verfaßten Anpreisung 
aus demselben Paris kommen, wo man Alles, w 
deutsch ist, mit so glühendem Haß verfolgt; viellei 
crachtet man es ader dort als so eine Art Revaud 
und verbindet so das Nützliche mit dem Patriotische 
daß man den guten Drutschen ihr ehrliches G