st. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
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165. Dienstag 26. August 1884. 19. Jahrg.
die deutsch-afrikanischen Reichs—
theile.
Pf. L.C. In den Kreisen, welche mit solchem
widerstreben vor Monaten dazu gedrängt worden
ind, an der Erörterung deutsch-kolonialpolitischer
zragen theilzunehmen, liebt man es heute noch das
on staatsmännischer Seite ins Auge gefaßte weitere
ziel unserer patriotischen Aufgaben: Die Erwer—
hung eines neuen überseeischen Arbeitsfeldes als
zelang⸗ und aussichtslos darzustellen. Der Kolonial⸗
yolitik des geeinten Reiches und seines eisernen
danzlers geht es eben nicht besser, als es von jeher
en großartigen Plänen weitsichtiger kühner Männer
rgangen ist: die Mitwelt kann sie nicht fassen.
In dieser Beziehung ist das neunzehnte Jahrhun⸗
zert seinen Vorgängern wirklich ganz und gar nicht
iberlegen und das Volk der Denker oft noch um
in gut Theil zaghafter, kleinlicher und schwerer
on Begriffen als die leicht zu elektrisirenden Fran⸗
osen oder Engländer. Andernfalls würde das
itive Auftreten der Regierung, als die Koloni—⸗
ationsbewegung infolge der Postdampfersubventions⸗
tage so mächtig in Fluß kam, für diese Sache eine
coch viel allgemeinere Begeisterung hervorgerufen
jaben. Was auf dem Gebiete der Kolonialpolitik
eplant wird und ausgeführt werden soll, würde
don allen Parteien freudigen Herzens gefördert
werden, nicht aber unter sozusagen — erschwerenden
Amständen dem Werdeprozeß unterworfen sein.
Um so bemerkenswerther erscheint die ächt deutsche
zähigkeit, mit welcher einerseits vom Kanzler in
ver Kolonialpolitik an dem für richtig Eriannten
und anderseits von der Nation bezw. von den In—⸗
etessenten an der Durchführung des angenommenen
dolonisationsprogramms festgehalten wird. Ueber
die Köpfe der Malcontenten hinweg, erweitern so
ich die Beziehungen der deutschen Regierung zu
den überseeischen Ländern von Tag zu Tag und
wes mit einer „kleinen Bucht“ begonnen, wird bald
uu einem großen deutsch-afrikanischen Küstenstrich
mgewachsen sein. Lief das Kolonifationsprogramm
Fütst Bismarciss, wie erinnerlich, der Hauptsache
nach darauf hinaus: „Keine künstliche Kolonien⸗
ründung von Reichswegen, wohl aber Schutz des
feiches für die aus der privaten Initiative von
Feichsangehörigen hervorgegangenen, so zu sagen
vild gewachsenen Unternehmungen“ so sind ganz
iberraschend schnell den verstaͤndigen Worten die
angersehnten Thaten gefolgt.
Der Lüderitz'jchen Erwerbung haben sich an zwei
bunlten der afrikanischen Westtüste, schon wie wir
or wenigen Tagen vernommen, neue deutsche Fak⸗
ioreien zu Cameroon bezw. Bimbia und Bageida
agesellt, welche durch den kaiserlichen Kommissär
— Nachtigal formell und offiziell gleich Angra
ene durch Aufhissung der deutschen Flagge als
bichsgebiet in Besitz genommen wurden So
theint denn Deutschland im Laufschritt das nach—
wlen zu wollen, was seit Jahrhunderten verab—
amt wurde, und mit Zuversicht durfen wir alle
d thatsächlich nationgle Kraftigung von dieser
eeung erhoffen. Daß das keine Phrasen
beweisen die kleinen Ansätze schon, in welchen
4 nie Rückwirkung der frischen Kolonialpolitik
n d Industrie dokumentirt. In Konstanz wur⸗
— von Zelten, Decken, Eimern u. s. w.,
bge von eisernen Bettstellen und dergl. nach
* Pequena. in einer rheinischen Fabrik von
wen für die Lüderitz'schen Erpedilionen auf-
deben und welche derarügen Bedürfnisse werde
sich im Laufe der nächsten Monate noch alle geltend
machen!
Daß den Herren Engländern die plößtliche
Unternehmungslust der Deutschen nicht sonderlich
zefällt, — daß sie ganz verzweifelte Anstrengungen
nachen, um geschwind noch soviel wie nur möglich
yon der Welt zu schlucken, ehe der Deuische sich
zemächlich an die für alle gedeckte Tafel setzt, um
auch ein Bischen mitzuspeisen, — das wußten wir
ja im Voraus. Aber bange machen lassen wir
uns seit 1870 nicht mehr. Weder mit der lächer⸗
ichen Behauptung, daß Elsaß- Lothringen nur ein
eutscher Besitz von Englands Gnaden wäre, noch
nit den Ideen der Kapstädtischen Parlamentsweisen,
die sich für die Anwendung der amerikanischen
Monroelehre auf Südafrika verwenden. Wir rufen
dielmehr unseren wackeren Importeuren, Rhedern
und Großkapitalisten in den Handelsstädten aus
der „fröhlichen Pfalz“ ein fröhliches: Nur fest auf
diesem Wege weiter! zu.
Die Regelung des Checverkehrs
wird einen der wichtigsten Berathungsgegenstände
des bevorstehenden deutschen Juristentages bilden.
Das Gutachten des Geh. Ober⸗Finanzrathes Koch,
velcher bereits am 9. Februar 1878 in der Ber—
iner juristischen Gesellschaft den Gebrauch von Checks
als Zahlungsmittel in eingehender Weise empfahl
und sich für eine reichsgesetzliche Regelung der Ma—
erie aussprach, bringt dem Juristentag die Annahme
olgender Resolution in Vorschlag: „J1) Der Ju—
ristentag hält im Interesse des bestehenden Chec—
yerkehrs und der weiteren Entwickelung desselben
den baldigen Erlaß eines deutschen Checkgesetzes für
vünschenswerth; 2) als Hauptpunkte, welche das
Theckgesetz zu ordnen haben würde, sind zu bezeichnen:
1. die Bestimmungen des Checks als eines in An—
veisungs⸗ oder Quittungsform ausgestellten Auf—
rags zur Zahlung einer bestimmten, zur sofortigen
Verfügung des Ausstellers bei dem Bezogenen stehen—
den Geldsumme an eine bestimmte Person oder
deren Ordre, oder an den Ueberbringer bei Sicht;
o. die Festsetzung von Geldstrafen wegen unberech⸗
tigter Ausstellung von Checks; c. die Bestimmung
einer kurzen Präsentationsfrist; d. die Anwendung
der für den Check passenden Regeln des Wechsel⸗
echts, namentlich der vom Regresse Mangels Zah—
jung; e. die Bestimmung, in welcher Weise und
nit welchen Folgen das sogenannte Kreuzen des
Thecks gestattet sein soll; f. die Anerkennung der
Stempelfreiheit der Checks.“ — Für die Nothwen⸗
zigkeit einer gesetzlichen Regelung des deutschen
Theckwesens spricht schon der Umstand, daßk mit
Zunahme des Checkverkehrs sich auch die Chechpro⸗
esse mehren würden, daß also beim Mangel eines
Checkgesetzes die Unsicherheit und Verschiedenheit des
Rechtszustandes von den nachtheiligsten Folgen sein
vürden. Es wurde denn auch bereits im Jahre
1882 von der Leitung der Reichsbank ein Entwurf
zu einem Checkgesetz ausgearbeitet, um der Reichs⸗
regierung unterbreitet zu werden.
Politische Uebersicht.
Der „Hamb. Corresp.“ meldet: Nach einer Privat⸗
depesche aus Saint Thomas ist nunmehr die
der nordamerikanischen Flagge im Verkehr mit Porto⸗
rico und Cuba zugestandene Zollvergünstigung
aut Ordre auch auf die deutsche Flagge
ibertragen.
Der in den Zeitungen vielbesprochene Plan,.
ein englisches Kanonenboot an den Küsten von
Helgoland zu stationiren — einerlei, ob er aus⸗
Jeführt wird oder nicht — ist dazu geeignet, die
Augen Deutschlands auf jenes ehemals deutsche
Filand zu lenken. Von Helgoland aus kann eine
Flotte die deutschen Küsten in wenig Stunden er⸗
eichen. Die Insel wäre eine ausgezeichnete Basis
ür alle gegen Deutschland gerichteten Flottenopera⸗
ionen; also eine schneidige Waffe gegen uns in
den Händen der Engländer, wenn dieselben jemals
versuchen sollten, die Küsten Deutschlands mit Krieg
zu überziehen. — Andererseits aber: wenn Helgo—⸗
and im Besitz Deutschlands wäre, so könnte von
dort aus eine deutsche Flotte die Blokade der
deutschen Häfen jederzeit durchbrechen. Helgoland
vürde dann zu einem Waffenplatz von erstem Rang
und der Schutz unserer deutschen Küste wäre ge—
vissermaßen verbürgt. Wir erinnern uns, daß erst
por wenigen Jahren, in den letzten Tagen des
Ministeriums Begconsfield, Nachrichten über Ver—
jandlungen durch die Luft schwirrten, welche sich
nuf eine Abtretung Helgolands an Deutschland be⸗
zjogen. Man hat Grund zu glauben, daß die
Unterhandlungen nicht ungünstig standen, als der
hensionirte Admiral von Hencke in der „Deutschen
Rebue“ die Unklugheit beging, in einer Reihe von
Artikeln die militärische Wichtigleit Helgolands dem
deutschen Lesepublikum und damit auch dem eng⸗
ischen Publikum klar zu machen. Die Jinges
nachten sofort Lärm und wenige Wochen darauf
var von Helgoland nicht mehr die Rede. Dennoch
nüssen deutsche Augen stets nach Helgoland blicken.
Die Depeschen über die Vorgänge in Südafrika
rregen in Berlin bedeutendes Interesse. Das
ffiziöse Organ des Reichskanzlers bemerkt zu den⸗
elben: Die Proklamirung einer Boerenrepublik im
Zululande und noch dazu unter dem Protektorate
des den Engländern so aufsässigen Transvaalstaates
jibt dem Beobachter des seit Jahren zwischen den
kngländern und den Afrikanern schwebenden Kon⸗
urrenzstreites vielerlei zu denken. Dazu tritt nun
noch eine von Mozambique gegen die Portugiesen
uusgebrochene allgemeine Schilderhebung, die von
ernstester Bedeutung sein muß, da von den portu⸗
gziesischen Kolonial-Behörden dringende Gesuche um
Berstärkung nach Europa ergangen sind. Für die
politische Geschichte Süda frikas eröffnen die neuesten
Vorkommnisse anscheinend ein inhaltsschweres Kapitel.
Deutsches Reich.
Munchen, 24. Aug. Se. Maj. der König
jaben zu befördern geruht: den Generallieutenant
Prinzen Otto von Bayern, königl. Hoh.,
Inhaber des 5. Chevaurlegers-Regiments, zum
Feneral der Kavallerie, den Generallieutenant
PrinzenLudwigvon Bayern, königl. Hoh.,
Inhaber des 10. Infanterie-Regiments, zum Ge—
neral der Infanterie, und den Obersten à la suito
des 1. Schweren Reiter⸗Regiments Herzog Max i⸗
milian Emanuel in Bayern, königl. Hoh.,
um Generalmajor. — Der General der Infanterie,
Frhr. v. Horn, Generaladjutant Sr. Maj. des
önigs und kommandirender General des 1. Armee⸗
Corps, wurde zum Inhaber des 2. Feld—
artillerie-Regiments vacant Brodesser er⸗
nannt.
Berlin, 24. Aug. In militärischen Kreisen
sieht man nach Beendigung der Herbstmanöver
großen und belangreichen Veränderungen in der