Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 184. Montag 22. September 1884. 
19. Jahrg. 
m 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 18. Sept. Den diesjährigen deutschen 
rxudttenmandvern muß unbedingt eine außer—⸗ 
ewöhnliche folgewichtige Bedeutung beigelegt werden. 
durch dieselben sind die Befestigungen der deutschen 
driegshäfen einer Probe unterzogen worden, die, so 
weit bei Manövern überhaupt möglich, der Ersi⸗ 
rprobung bei einem ftriegsfall vorgegriffen worden 
st und die daneben noch über die Wirlungsfähig- 
eit dieser Werke, über ihr Zusammenwirken und 
ie etwaigen schwachen Stellen unserer Kriegshäfen⸗ 
zefestigungen eine ausreichend klare Beurtheilung 
jewährt hat. Es kann nahezu als sicher ange— 
ommen werden, daß die Befestigung von Wil⸗ 
jelmshaven auf der Stelle, wo der Angriffsflotte 
ine Landung von Landungstruppen geglüdk ist, 
mm ein neues Fort verstärkt wird. Nächstdem hat 
n den betreffenden Berichten die Anlage eines Vor⸗ 
safens oder einer Station für leichte Kreuzer und 
Torpedoboote in dem Vorterrain der eigentlichen 
befestigungswerke eine mehrfache Befürworlung ge⸗ 
unden. 
Berlin, 20. Sept. Die Reichstagswahlen 
ind auf den 28. Oktober festgesetzt worden. Eine 
vorherige Auflösung des Reichstages findet nicht statt. 
Berlin, 20. Sept. Das kronprinzliche Paar 
wird nach den Kaisermanövern zunächst dem Ge— 
durtstage der Kaiserin in Baden⸗Baden beiwohnen 
und dann eine mehrwöchige Reise in die Schweiz 
unternehmen. 
Berlin, 20. Sept. Der Kaiser von Ruß— 
and hat dem Reichskanzler Fürsten Bismarck bei 
Belegenheit der Zusammenkunft in Skierniewize sein 
in Oel gemaltes Bild in Lebensgröße verehtt. — 
Hraf Herbert Bismarck ist zum Major be⸗ 
fördert worden, gleichzeilig mit der Beförderung des 
brafen Wil helm'Bismarck zum Rittmeister. 
Ausland. 
Wien, 20. Sept. Der Kaiser ernannte den 
großfürsten ⸗Thronfolger von Rußland zum Oberst⸗ 
ieutenant im Ulanenregiment Kaiser Alcxander und 
den Großfürsten Serzius Alexandrowitsch zum 
Oberstlieutenant des Infanterieregiments Nre. 101. 
Paris, 19. Sept. (F. 3) Hier deht das 
herücht, Gordon sei schon dor 6 Wochen getödtet, 
tbenso die Konsuln von Frankreich und Oesterreich— 
die Briefe und Geldforderungen seien Fälschungen 
det Araber. (Wir geben diese sensationelle Mit⸗ 
heilung eines Pariser Korrespondenten unter allem 
Vorbehalt wieder.) 
Paris, 20. Sept. Die hiesigen —X 
Wissionen erhielten eine Depesche“aus Hongkong 
nom 13. d. M., die Chinesen hälten die katholischen 
Hapellen in der Provinz Canton zerstört und gegen 
boo0 Christen selen obdachies. 
Brüssel, 20. Sept. Das Journal „Meuse“ 
hauptet, die Chefs der Bürgergarde der größeren 
Städte hätten bei einer Zusammenkunft beschlossen, 
en dem Tage, wo die Publikation des Schulgesetzes 
in Moniteur“ erfolge, die gesammte Bürgergarde 
r Aufrechthaltung der Ruht aufzubieten, dieselbe 
ader sofort zurückzugiehen, falls das Heilität reauniet 
verden sollle. 
uhoun „20. Sept. Dem Vernehmen nach 
irt der „Moniteur de Rome“ heute Abend 
Schreiben des Papstes an den Kardinal⸗Staats- 
e worin derselbe erklärt, er werde bei etwaigem 
* ruch der Cholera in Rom den Vatikan der- 
en. um die Kranken zu besuchen. — Geruͤchtweise 
derlautet, daß das Konsistorium, welches im De⸗ 
zember stattfinden sollte, verschoben sei. 
London, 20. Sept. In Folge von Mit⸗ 
heilungen der Pariser Polizei an die hiesige über 
beabsichtigte Dynamitattentate ist die Zahl 
der zur Ueberwachung der Ankunft und Abfahrt 
der Calais- und Ostende-Dampfboote angestellten 
Polizeihbeamten verdoppelt worden. 
SZobrale und pf 
Ische Leꝛachrichten. 
*St. Ingbert, 22. Sept. Die gestrige 
dauptübung unserer Feuerweht war für ein 
jahlreiches Publikum die erwünschte Gelegenheit, 
die Schaulust zu befriedigen. Als Brandobjekt 
war von der Feuerwehr das Café Oberhauser an⸗ 
genommen worden. Der Angriff auf das in Brand 
Jedachte Gebäude wurde in verhältnißmäßig kurzer 
Zeit von der Mannschaft ausgeführt. Es zeigte 
ich dabei, daß diese ihrer Aufgabe vollständig ge⸗ 
vachsen ist und daß auch das Material sich in vor⸗ 
chriftsmäßigem Zustande befindet. 
*Die gestern Abend im Horst'schen Saale 
Statt gehabte musikalisch-theatralische 
Unterhaltung des Vereins „Gemüthlichkeit“ 
war sehr zahlreich besucht. Die einzelnen Nummern 
des recht reichhaltigen Programms kamen auf's 
Zeste zur Ausführung und fanden lebhaften Bei⸗— 
all. Besondere Heiterkeit erregte das Lustspiel 
Hektor“ von Benedix. Der komische Inhalt des⸗ 
elben kam durch eine äußerst gelungene Darstellung 
echt wirkungsvoll zum Ausdruck. Die durch die 
nusikalischen und theatralischen Genüsse angeregte 
Bemüthlichkeit der „Gemüthlichen“ fand schüeßlich 
hren Gipfelpunkt in einem Tänzchen, das die Ge— 
ellschaft bis lange nach Mitternacht in heiterster 
Stimmung beisammen hielt. 
Das königl. Kriegsministerium hat im Inter⸗ 
esse der Landwirthe angeordnet, daß versuchsweise 
ꝛer Bedarf der militärischen Depoi— 
Nagazine an Hafer ⁊c. mit Umgehung des 
Zwischenhandels und des Submissionsverfahrens 
zurch Ankauf direkt von den Produzenten gedeckt 
werde. Die Depot⸗Magazinsverwaltungen der pfäl⸗ 
zischen Garnisonen erlassen demgemäß Aufforderung 
an die Produzenten zur Einreichung von Angeboten 
mit dem Bemerken, daß bei der Preisreguülirung 
der jeweilige Mannheimer Schrannenpreis zu Grunde 
zelegt werden soll. Wenn der Versuch von gün⸗ 
tigem Erfolg begleitet ist, soll für die Folge der 
Bedarf alljährlich auf diesem Wege beschafft werden, 
wvas für kleinere Produzenten erhebliche Vortheile 
zieten dürfte. 
FLC Kaiserslautern, 21. Sept. Durch 
ine heute hier zusammengetretene Versammlung des 
Lentrumskomit's und von Vertrauensmännern des 
Wahlvereins der freisinnig-nationalen Partei des 
Wahlkreises Kaiserslautern⸗Kirchheimbolanden wurde 
rinstimmig beschlossen, als Kandidaten für den 
)iesseitigen Wahlkreis Herrn Bürgermeister Rechts 
ainwalt Jos. Neumaher einer demnächst in Lang— 
neil abzuhaltenden, allgemeinen Vertrauensmänner⸗ 
»ersammlung in Vorschlag zu bringen. Herr 
Rechtsanwalt Jos. Neumayer hat in Würdigung 
des ihm entgegengebrachten allseitigen Vertrauens 
zugleich seine Geneigtheit kundgegeben, eine event. 
auf ihn fallende Kandidatur anzunehmen. Es steht 
zu hoffen, daß eine solche im ganzen Kreise den 
freudigsten Anklang finden werde. 
— Kaiserslautern, 22. Sept. Bei einem 
hiesigen, jung verheiratheten Geschäftsmann haben 
n voriger Woche, außer ungezählten vereinzelt vor—⸗ 
prechenden, an einem Vormittag innerhalb zwei 
Stunden „sechs“ Verficherungsagenten sich vorstellig 
zemacht. Der so viel be—gehrte Flitterwöchner 
zeabsichtigt einen neuen Verein zu gruͤnden. 
Vermischtes. 
F Mannheim. Unsre Stadt wird nun auch 
eine telephonische (Fernsprech) Verbindung mit 
Frankfurt bekommen. Am 16. d. haben die für 
dieselbe angemeldeten 18 Firmen die vom Reichs⸗ 
postamte verlangte Kollektiv-Garantiesumme von 
8000 Mt. auf eine Anzahl Jahre gezeichnet. 
F(Memminger Bierfälschungs-Mon—⸗ 
trepozeß.) Das Urtheil ist erst vor einigen 
Tagen zugestellt worden. Nur drei der in Strafe 
jenommenen Bierbrauer wollen sich beruhigen, wie 
denn auch die Herren Wich, Fricker und Rosemann 
ich unterwarfen. 20 der verurtheilten Bierbrauer 
jaben Herrn Rechtsanwalt Helbing in München 
»evollmächtigt, die Revision einzulegen und sie bor 
zem Reichsgerichte in Leipzig zu vertreten. 
F In Hohenpeissenberg verunglückte 
dieser Tage ein zehnjähriger Hirtenknabe, welcher 
mit einer auf der Straße gefundenen sogenannien 
„Mauserpatrone“ spielte, dadurch, daß er mit einem 
Stein auf die Zundkapsel schlug und die Patrone 
ich entzündete und dem Knaben zwei Finger weg⸗ 
riß und weiters die Hand bedeutend verletzte. 
F Ein Schmiedgeselle in Kissingen hat den 
Bersuch gemacht, seine Eltern zu vergiften, indem 
er Bleizucker unter die Milch mischte. Dem Vater 
am das eigenthümliche Aussehen verdächtig vor, 
er ließ sie untersuchen und so kam das Altentai 
ins Tageslicht. 
F Gahnwärter als Bienenzüchter.) 
kinem ganz beherzigenswerthen Vorschlage begegnen 
wir in der Zeitung des Vereins deutscher Eisen⸗ 
hahnen. Mit Recht wird dort darauf hingewiesen, 
daß die Bienenzucht sehr erheblich gefördert werden 
könnte, wenn die Tausende von Bahnwärtern in 
Desterreich und Deutschland angehalten würden, je 
einige Bienenstöcke aufzustellen. In der Nähe eines 
eden Wärterhauses, neben der Strecke, etwa 8 bis 
10 Meter vom Bahngeleise entfernt, ließe sich ein 
kleiner Bienenstand errichten. Rechnet man den 
Gewinn von 6—8 Stöcken nur mit 50 fl., so 
müßten sich ohne besondere Mühe alljährlich 
HPillionen Gulden erzielen lassen, die den keines— 
vegs glänzend gestellten Bahnwärtern zu Gute 
ämen und könnten jene Mengen Honig und Wachs 
nit Leichtigkeit im Inlande erzeugt werden, für 
velche derzeit durch Import aus dem Auslande ge⸗ 
orgt werden muß. Die Anlagekosten ließen sich in 
wei bis drei Jahren aus den Erträgen decken, so 
daß auch diese Frage keine besonderen Schwierig— 
eiten verursachen würde. Der Bahnköorper bietet 
in vielen Stellen günstige Anbauverhältnisse für 
Bienenfutterkräuter: für Esparsette, weißen Klee etc., 
vodurch die Bienenweide verbessert und der Ertrag 
zesteigert werden könnte. Was die theoretische Unter— 
veisung der Bahnwärter in der Bienenzucht an—⸗ 
zelangt, so wäre selbe am leichtesten durch das 
Aufsichtspersonal zu erreichen, welches einen kurzen 
dursus in der Bienenzucht durchmachen müßte, und 
die gewonnenen Erfahrungen und Kenninisse den 
Zahnwärtern im täglichen Verkehr vermitteln könnte. 
F Elberfeld, 20. Sept. Die „Elberfelder 
Zeitung“ meldet: Gestern Abend ist ein von Elber—⸗ 
eld nach Düsseldorf fahrender planmäßiger Per— 
onenzug bei Hochdahl infolge falscher Weichenstel⸗ 
XXVV