Full text: St. Ingberter Anzeiger

veist, gibt derselbe insbesondere allen Staats und 
Hemeindebehörden und Instituten, sowie den in 
deren Diensien Angestellten, desgleichen den kirch⸗ 
ichen Organen und Dieneru gegenüber, vertrauend 
auf deren stets bewährte Pflichttreue, der zuversicht⸗ 
lichen Erwartung Ausdruck, daß sie in unveränderter 
Fortführung ihrer Pflichten und Befugnisse dafür 
Sorge tragen werden, den Geist des Gehorsams 
Jegen das Gesetz, der Ordnung im Staats⸗ und 
düchenwesen, welcher in der länger als dreiund⸗ 
»ünfzigjährigen segensreichen Regierung unseres 
heuern hochseligen Landesherrn nie gewichen, in 
gleicher Weise während der bevorstehenden Ueber— 
gangszeit mit gleichem Ernst und Nachdruck unver⸗ 
brüchlich aufrecht zu erhalten und sich als feste 
Stützen des die provisorische Regierung führenden 
Regentschaftsrathes zum Heile des Landes und seiner 
Bewohner zu bewähren.“ 
Kiel, 18. Ott. Prinz Heinricdh stellte 
icch bei der heutigen Parole als befördert zum Kapitän⸗ 
Zicutenant und Hauptmaun des 1. Garderegiments 
zu Fuß dem versammelten Offizierkorps vor und 
empfing dessen Glückwunsch.— 
Sigmaringen, 20. Olt. Zur Feier der 
goldenen Hochzeit des Fürsten Karl Anton 
von Hohenzollern mit seiner Gemahlin, der Fürstin 
Josephine, fand gestern Nachmittag halh 3 Uhr die 
feierliche Enthüllung der Statue des erften Zollern⸗ 
fürsten Johann J. auf dem neurestaurirten soge⸗ 
annien Stadtbrunnen statt. Abends 8 Uhr 50 
Minuten traf der Kronprinz des deutschen Reichs 
nit dem Großherzog von Baden hier ein, empfangen 
hon dem bransenden Jubel der Bevölkerung. Heute 
Abend halb 6 Uhr wird der Kaiser erwartet. Die 
aigentliche Feier beginnt Morgens 10 Uhr mit einem 
Gottesdienst in der Stadipfarrkirche, zelebrirt vom 
Bischof von Rottenburg. Nachmittags halb 6 Uhr 
findet der Trauungsakt im Ahnensaale des fürst⸗ 
lichen Schlosses statt, Abends wird die Stadt 
llüminirt werden. Die Straßen derselben sind 
reich mit Fatznen und Guirlanden geschmückt. 
Darmstadt, 19. Okt. Die gestrige Ver— 
handlung des Ehescheidungsbprozefses des Großher⸗ 
sogs hat den allerseits vorausgesehenen —X 
jerommen. Die Oeffentlichkeit war bis zur Ver⸗ 
ündigung des Urtheils ausgeschlossen; es kam aber 
auch kaum zu allgemeiner interessirenden, die Sache 
selbst derührenden Darlegungen, da der aus sieben 
Mitgliedern bestehende Senat des Oberlandesgerichts 
unter dem Vorsitz des Oberlandesgerichtsraths Eck⸗ 
stein alsbald den Beschluß faßte, die Verhandlung 
borerst auf die Frage der Zuständigkrit des Gerichts 
für die erhobene Berufung zu beschränken. Die 
Verhandlung hatte um 4* Uhr begonnen, und gegen 
312 Uhr Abends wurde nach kurzer Berathung das 
Urtheil verkündet, wonach das Gericht seine Unzu⸗ 
tändigkeit zur Entscheidung über die Berufung aus— 
prach. Mit dieser Entscheidung dürfte übrigens, 
was im Land sicherlich allgemein zur Befriedigung 
gereichen wird, die leidige Angelegenheit ihren etn⸗ 
qültigen Abschluß gefunden haben. 
Ausland. 
Wien, 19. Okt. Mehrere Morgenblätter be— 
sprechen den Tod des Herzogs von Braunschweig 
ind die Erbfolgefrage. Die „Neue Freie Presse“ 
erhofft eine Verständigung Deutschlands mit, dem 
Herzog von Cumberland. Die „Deutsche Zeitung“ 
agt: Bei Cumberland liege die Entscheidung, ob 
ein Name aus der Reihe der deutschen Regenten 
verschwinde. Das „Wiener Tagblatt“ äußert: Die 
wahren Erben des Herzogs von Braunschweig sind 
die Hohenzollern. Das „Vaterland“ apostrophirt 
die deutschen Fürsten und führt ihnen zu Gemüthe, 
daß ihr Rechtstitel auf keiner anderen Basis be⸗ 
ruhe, als jener des Herzogs von Cumberland. 
Brüssel, 20. Okt. Die Majorität hatten die 
Liberalen bei den Kommunalwahlen, in Brüssel 
mit 3700 Stimmen; in allen größeren Städten, 
ausgenommen Mecheln, und vielen kleineren Orten 
behaupten sie die Position mit verstärkten Majori⸗ 
äten. Die Katholiken siegten in Brügge, Nivelles, 
Hall. Oudenarde, Grammont, Furnes. Die Wahlen 
berliefen ohne irgend erhebliche Ruhestörungen. 
Rom, 19. Okt. Laut einer Berliner Depesche 
der „Agenzia Stefani“ wurde auf Mancinis An— 
trag Italien zur ersten Kongokonferenz zugelassen 
ind ist ferner diese Einladung auf Oesterreich und 
Rußland ausgedehnt worden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*æ St. Ingbert, 21. Ott. Am Tage der 
Reichstagswahl bleiben sämmtliche Unterrichtsan— 
talten geschlossen. 
— die diesjährige Herbstkontroll— 
versammlung findet Samstag den 8. November, 
Vormittags 9 Uͤr im Oberhauser'schen Saale da⸗ 
jier statt. Sie gilt für sämmtliche Kontrollpflich- 
tigen aus den Bürgermeistereien Ensheim, St. 
Ingbert, Ommersheim und Rohrbach. 
*— die Postkurskarte der Pfalz, 
jerausgegeben vom kgl. Oberpostamt Speyer, ist 
iach dem Stand vom 15. Oktober zur Ausgabe 
zelangt. Schon früher wurde darauf hingewiesen, 
jaß für das korrespondirende Publikum diese Karte 
iin notywendiges Hülfsmittel ist, um zu ermessen, 
vann die Briefe u. s. w. am Bestimmungsort ein⸗ 
reffen, und wollen deshalh nicht unterlassen, auf 
ie neite Ausgabe aufmerksam zu machen. Die 
Jostkurskarte ist durch Vermittelung der sämmtlichen 
dostanstalten der Pfalz zu beziehen. 
*— Wie der „Sp. Z.“ aus Homburg ge—⸗ 
hhrieben wird, hatte ein Fuhrwerk (Droschke) des 
derrn Posthalters Conrad von hier vor einigen 
kagen Abends das Unglück im Dorfe Neuhäusel 
n der Dunkelheit auf ein entgegenkommendes 
zuhrwerk zu rennen. Dem linken Pferde ging die 
Heichsel des letzteren in die Brust und es verendete 
ioch auf dem Platze. Die Lichter der Droschke 
satten gebrannt, während das Bauernfuhrwerk mit 
nehreren anderen ohne Laterne nach Wiesbach zog. 
Wem die Schuld au dem Unfalle beizumessen ist, 
leibt also noch fraglich und wird durch das Ge— 
icht festgestellt werden müssen. Es ist nur ein 
Hlück, daß keine der betheiligten Personen verletzt 
vurde. Die Fuhrleute sollen aber dadurch gemahnt 
ein, in dunklen Nächten nicht ohne Licht zu fahren. 
*— Laut Meldung des „Land. Anz.“ wird 
nächstens eine Versammlung pfäl zischer Buch— 
inder stattfinden behufs Unterstützung einer Ein— 
sabe „der Buchbinder-Innung zu München an das 
.Kultusministerium“ in Betreff einiger wichtigen 
Fragen, die auch für die pfälzischen Buchbinder 
son großein Interesse sind. Zeit und Ort der 
hersammlung wird noch näher bezeichnet werden. 
*— Die pfälzische Feuerwehr-Armee 
ählt 78,000 Mann. Das ist ein Wort! 
— Germersheim, 109. Okt. Die gestern 
ahier stattgehabte 50jährige Gedächtnißfeier der 
Frundsteinlegung zu der hiesigen Festung verlief 
n würdiger und erhebender Weise. Nachdem am 
zorabend schon ein einstündiges Glockengeläute den 
Festtag angekündigt hatte, ertönte am Festtage selbst, 
Rorgens um 6 Uhr, vom Kirchthurm herab Choral— 
nusik. Um 9 Uhr war in beiden Kirchen Fest—⸗ 
jottesdienst, welchem sämmtliche Beamte der Stadt, 
eie Offiziere der Garnison und ein großer Theil 
»er Bevölkerung anwohnten. Nach dieser kirchlichen 
Feier wurde die Schuljugend, geführt von ihren 
Lehrern und begleitet von den Beamten und Stadt— 
zertretern, auf dem Kirchenplatze aufgestellt und an 
dieselbe eine auf die Geschichte Germersheim und 
der Bedeutung des Tags entsprechende Ansprache 
gehalten. Zur Erinnerung an den Tag wurden 
odann an die Kinder Bretzeln vertheilt. 
— Das kgl. Bezirkbamt Germersheim hat 
ürzlich einen für die Israeliten der Pfalz 
nteressanten Beschluß erlassen. Im vorigen Jahre 
»erehelichte sich nämlich der Metzger N. von N., 
ind wurde demselben aus diesem Anlasse durch 
Zeschluß des Synagogen-Ausschusses die Entrichtung 
»es sogenannten Einkaufgeldes an die dortige israe— 
itische Kultuskasse, bestehend in 1pCt. der Mitgift 
einer Frau, in Gemäßheit kultusgemeindlicher Be— 
timmung vom 9. September 1847 auferlegt. An 
ie Zahlung dieses Beitrages durch den Steuer⸗ 
soten gemahnt, reichte derselbe eine Beschwerde— 
Horstellung bei dem kgl. Bezirlsamt ein, in welcher 
r unter Berufung auf eine in gleicher Sache er⸗ 
angene Entscheidung des kgl. Verwaltungsgerichts— 
sofes vom 23. Februar 1883 beantragte, den 
Zeschluß des Synagogen⸗-Ausschusses außer Wirk— 
amkeit zu setzeu. Der Synagogen-Aus— 
chuß berief sich hiergegen auf die oben erwähnten, 
om kgl. Landkommissariat Germersheim genehmigten 
gestimmungen, ferner auf eine Ministerial⸗Ent— 
chließung vom 8. April 1861, wonach die Erheb⸗ 
ing von Einkaufsgeldern da, wo diese Erhebung 
jerkömmlich ist, einem Anstand nicht unterliege, 
endlich auf den Umstand, daß die Einkaufsgelder 
in der Kultusgemeinde N. seit undenklichen Zeiten 
iblich sind und gegenwärtig in allen israelitischen 
Hemeinden der Pfalz erhoben werden. Das zur 
Sache vernommene Bezirks-Rabbinat Landau be— 
tätigte, daß die Erhebung von Einkaufsgeldern in 
slen israelitischen Gemeinden unbestrittener Usus 
ei, und führte denselben zurück auf die rituell 
Vecpflichtung des Israeliten, bei seiner Vereheuche 
don der Mitgift seiner Frau den Zehnten zu an 
hätigen Zwecken zu verwenden und voñ diesem 
Zehnten wieder den Zehnten, also 1 pCt. für den 
dultus der eigenen Gemeinde abzugeben, was gan 
besonders als wohlthätiger Zweck gelte, und ad 
siich demgemäß für Abweisung der Beschwerde aus 
Das kgl. Bezirksamt Germersheim hat nun dahn 
entschieden, daß der Beschwerdeführer zur Zadlun 
des von der israelitischen Kultuskasse —J——— 
Finkaufsgeldes nicht verpflichtet ist. — Au⸗ 
den der Entscheidung beigegebenen Gründen sei 
Folgendes erwähnt: Als feststehbend ist anzunehmen 
daß die Einkaufsgelder als Aeqnivalent für dag 
Gebrauch der Kultuseinrichtungen in der Pfalz fei 
Langem gebräuchlich sind und in N. bei Gelegen— 
yeit der Synagogen-Einweihung am 9. Septemhber 
1847 durch Bestimmungen geregelt wurden, die di 
Henehmigung des kgl. Landkommissariats Germers 
heim erhielten. Das von dem Beschwerdeführer 
ingerufene Urtheil des Verwaltungsgerichtshofe 
sagt, daß nach den Bestimmungen des Umlagem 
zesetzes vom 22. Juli 1819, welches hier Anwen— 
dung zu finden habe, der Steuerfuß in der Regel 
den Maßstab für die Umlagenerhebung zu bilden 
jat und dieser Maßstab ersetzt werden kann. Dem— 
zufolge ist es unzulässig, au Stelle des gesetzlichen 
Maßstabes die Etrhebung von Abgaben zu beschließen, 
»urch welche einzelne Gemeindemitglieder aus mehr 
»der weniger zufälligen, zu dem Kultusverbande ijg 
feiner Beziehung stehenden Anlässen unverhältniß— 
näßig belastet werden; insbesondere ist der Beschluß 
iner israelitischen Kultusgemeinde, daß bei den 
Verheirathung von Gemeindeangehörigen ein he— 
timmter Theil der Aussteuer zur Kultuskasse ent— 
richtet werden solle, unstatthaft. Dieses Urtheil ist 
auf Grund der im jenseitigen Bayern geltenden 
Bestimmungen über die Verhältnisse der Israeliten 
rgangen. Für die Pfalz besteht, wie für das jeu— 
eitige Bayern, keine Vorschrift, welche die Zulässig— 
'eit der Einkaufsgelder mit öffentlich-rechtlichtr 
Biltigkeit ausspricht. Der Artikel XII der Verord- 
riung vom 27. März 1872, die israelitischen Kul— 
—V— 
Ausgaben des israelitischen Kultus aus den Ein— 
künften der Gemeinden und aus den Umlagen, 
velche in der Regel nach Klassen der einzelnen Mit— 
zlieder der Kultusgemeinde vertheilt werden, zu be— 
treiten sind. Eine andere Bestimmung über die 
Aufbringung der Kultusbedürfnisse gibt es in der 
Gfalz nicht, und es trifft somit die Folgerung de⸗ 
Verwaltungsgerichtshofes auch hier zu, daß Beschlüss. 
der israelitischen Kultusgemeinden über Erhebnug 
inderer Abgaben als den gesetzlich zulässigen Um— 
agen als willkürlich und für die Kultusmitglieder 
eineswegs rechtlich verbindlich zu erachten seien. 
lebrigens geht dem in Rede stehenden Beschluß 
auch der Charakter einer öffentlich rechtlich statuta— 
rischen Festsetzung ab, da er im Falle der Nicht 
eachtuug nur nachtheilige Folgen in Bezug auf die 
Benützung der Kultusanstalten in Aussicht stell 
Das Herkommen, auf welches sich der Synagogen- 
russchuß beruft, ist als Rechtsquelle nicht anerkangut 
ind ebenso kann der vom Rabbinat angezogenen 
ituellen Verpflichtung eine rechtliche Bedeutung nicht 
zeigemessen werden. (L. A.) 
Vermischtes. 
Saarbrücken, 19. Okt. Heute Nad 
nittag stieß der von Saargemünd hier einlaufende 
Bersonenzug in Folge fatscher Weichenstellung au 
inen leer im Geleise stehenden Wagenpark. Die 
Maschine und der darauffolgende Wagen sind be 
chädigt, Personal und Reisende kamen mit dem 
Schrecken davon. (Zw. 3) 
— Die Schafheerde der Saarbrücker Netzst 
vird seit drei Nächten durch Wölfe beunruhin 
velche sich troz des Lichtes am Schüäferkarren dů 
in den Ppferch wagen Dem Schäfer ist infelr 
Hessen ein Gewehr gestellt worden, doch wäre sen 
u wünschen, daß bald eine Polizeijagd auf de 
staubzeug angeordnet würde; Liebhaber resp. Theib 
nehmer zu einer solchen Jagd gibt es ja in unsern 
Zlädten und Gegend genug. (S. 8.) 
Saarburgei E 18. Okt. Bei du 
ürzlich in Bruderdorf abgehaltenen notariellen 
hersteigerung des Nachlasses der Wittwe —RT 
garbara geb. Bretzer, steigerte der Ackerer Johann 
Flaudius Jenneweiß von Bruderdorf neben anderen 
hegenständen auch einen mit Dachziegeln angefüllten 
Ißel“für 1 Mark 60 Pfga Einge Tage nag