Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Orqan des königl. Amtegerichts 5t. Irabert. 
her ‚St. Iugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhatium 
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljiährlich 1 60 A einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen I6 75 H, einschließ 
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221. Samstag 15. November 1884. 
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19. Jahrg. 
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Fürst Bismarck betheiligte sich wiederholt und 
eingehend an den Berathungen. 
Im Hinblick auf die Entsendung von Gerhard 
skohlfs nach Ost-Ofrika als General-Konsul mit 
dem Sitze in Zanzibar verlautet, daß der Kaiser 
inen Brief an den Sultan von Zanzibar 
geichrieben hat, der in Berlin von berufener Seite ins 
Arabische übersetzt worden ist. General⸗Konsul 
Kohlfs dürfte der Ueberbringer des Schreibens sein. 
die deutschen Genossenschaften.! 
„Jedenfalls liefern die Abschlüsse den Beweis, daß 
üchtige Arbeiter es auf diesem Wege, wenn sie die 
Sache mit der nöthigen Energie und Vorsicht an— 
sassen, in der That zu gewerblicher Selbstständigkeit 
ind steigendem Wohlstande bringen können.“ Wir 
interschreiben das gern, wenn es in der That 
Arbeiter“ und nicht etwa besser gestellte Leute sind, 
zus denen die Produktivgenossenschaften sich zum 
großen Theil rekrutiren. Der Bericht gibt hierüber 
eine Statistik, und wir können darum den Verdacht 
nicht loswerden, daß gerade diejenigen Kreise, die 
im meisten der genossenschaftlichen Hilfe bedürfen, 
nur in geringen Maße von ihr Nutzen ziehen. 
dier ist in dem so vortrefflich angelegten und or— 
Janisirten Genossenschaftswesen offenbar noch eine 
jroße Lücke, auf deren Ausfüllung man nicht sorg⸗ 
ältig genug bedacht sein kann. 
Eine umfassende Betheiligung des Arbeiterstandes 
st nur bei den Konsumvereinen nachzuweisen, zu 
Jenen die unselbststäudigen Arbeiter— den größten 
Theil der Mitgliedschaft (54,5 Prozent) stellen, 
vährend die selbsiständigen Handwerker hier nur 
nit 15, Beamte, Lehrer u. s. w. mit 11 Prozent 
»etheiligt sind. Von der großen Mehrzahl der 
donsumvereine (deren Zahl jetzt 621 beträgt), wird 
die erfreuliche Thatsache berichtet, daß die Kredit— 
gewährung beim Waarenverkaufe ganz beseitigt ist. 
die deutschen Konsumvereine sollten es überall als 
ine Ehrenpflicht betrachten, zur Ausrottung dieses 
rebsschadens unseres wirthschaftlichen Lebens nach 
kräften beizutragen. 
Alles in Allem bietet der Bericht ein erfreuliches 
Bild reger und fruchtbarer Thätigkeit, die beweist, 
zaß der Gedanke der Selbsthiife noch immer tiefe 
Wurzeln in unserem Volke hat. 
Der jüngste Jahresbericht der Genossenschaften, 
ur 1883) verfaßt von dem neuen Anwalt F. 
zchenck, der jetzt an Stelle von Schulze⸗Delitzsch 
zit kundiger und fester Hand die Geschäfte des 
gerbandes leitet, liegt jetzt vor. Wir ersehen da— 
aus mit Befriedigung, daß die fortgesetzten Angriffe 
eegen die Genossenschaften, die Genossenschaftshe— 
vegung nicht zu hemmen vermocht haben. Wäh— 
end 1882 3485 Genossenschaften nachgewiesen 
werden konnten, werden im neuesten Jahresbericht 
688 der Anwaoltschaft bekannt gewordene Genossen⸗ 
chaften namhaft gemacht. Die Gesammtzahl der 
m Reiche bestehenen Vereine kann aber auf min— 
estens 3700 angeschlagen werden, da neugegründete 
Henossenschaften erst nach längerer Zeit bekannt 
verden. Die Gesammtzahl der Mitglieder wird 
uf 1,200,000 angeschlagen, ihre gesammten ge— 
chäftlichen Leistungen werden auf mehr als 200 
Rillionen Mark, das gesammte Arbeitskapital auf 
350 Millionen Mark, die angesammelten eigenen 
apitalien in Geschäftsantheilen und Reserven auf 
00 Millionen Mark und die anvertrauten fremden 
dabitalier auf 450 Millionen Mark geschätzt. Das 
nd immerhin imposante Zahlen, die bereits Zeug⸗ 
ub ablegen, für die Macht der freien Vereinigung. 
Her blühendste Zweig am Baume des deutschen 
dossenschaftswesens sind die Vorschuß⸗ und Kre— 
ite Vereine, deren Zahl (1910) sich gegen das 
zorjahr um 35 vermehrt hat. Von diesen Vereinen 
saben aber wieder nur 922 ihre Abschlüsse bei der 
snwaltschaft eingereicht. Dieselben zählten Ende 
383 466,575 Mitglieder (gegen 461,153 im 
zorjahr) und hatten an Krediten zusammen 
513,617,2727 Mark gewährt (im Vorjahre 
1502,367, 485 Mark). Es hat auch an Verlusten 
ucht gefehlt, die sich aber diesmal insgesammt nur 
uuf 963,471 Mark (gegen 1,315,628 Mark im 
Lorjahre) beliefen. Insolvenzen von Schuldnern, 
Bichselfälschungen, Veruntreuungen von Vorstands— 
mitgliedern haben auch diesmal vielfach die Verluste 
derschuldet, die um so bedauerlicher sind, als sie 
bon gegnerischer Seite mit Vorliebe zu Angriffen 
int das Genossenschaftswesen überhaupt ausgebeutet 
verden. Erwägt man aber den verhältnißmäßig 
eringen Betrag der Verluste, so wird man zugeben 
nüssen, daß solche vereinzelte Ausnahmen nichts 
egen die Regel beweisen; kann sich doch auch der 
Staat nicht mit unfehlbarer Sicherheit gegen Un— 
sene oder Leichtsinn einzelner Beamten schützen! 
Was die Mitgliedschaft betrifft, so stellen nach 
die vor die Handwerker das größte Kontingent 
Fegen 82 Prozent), ihnen kommen am nächsten 
ie selbstständigen Landwirthe (über 23 Prozent), 
rährend die arbeitenden Klassen noch immer in sehr 
deschränlter Zahl vertreten sind (lanwirthschaftliche 
Arheiter gegen 5 Prozent, Fabrikarbeiter, Bergar⸗ 
heiter und Handwerksgesellen 4 bis 5 Prozent, 
Zriefträger und sonstige Unterbeamte 2 Prozent, 
Dienstmänner und Dienstboten 1 Prozent). 
—Auch die „Genossenschaften in den einzelnen 
krwerbszweigen“ (Rohstoff-, Magazin⸗, Produktiv— 
ind Molkereigenossenschaften) haben einen ansehn⸗ 
iden Zuwachs erhalten (ihre Zahl beträgt 1070 
egen 954 im Vorjahre). Zugenommen haben 
ramentlich die Produktivgenossenschaften, landwirth— 
daflliche wie industrielle. Von letzteren haben acht 
* Ergebniß veröffentlicht; ihr Reingewinn betrug 
Brozent des Verkaufserlöses aus den Waaren 
id gelieferten Arbeifen. Der Bericht meint“ 
Die Radicalen in Frankreich setzen ihre 
Angriffe auf das Einvernehmen Frankreichs uund 
Deutschlands auch jetzt noch fort. Die Strafe für 
diese Verhetzung der beiden Länder empfangen sie 
darin, daß außer ihren Gesinnungsgenossen (und 
obielleicht auch von diesen nicht viele) kein Mensch 
auf ihre Ausführung achtet. Besonders eifrig scheint 
das radicale Organ „Le Salut Public“ das un— 
)ankbare Geschäft, Mißtrauen zwischen diesen beiden 
zu gemeinsamem Handeln in der westafrikanischen 
Frage verbundenen Ländern zu säen, zu betreiben. 
In einem Artikel „Die Freundschaft des Herrn v. 
Bzismarck sucht das Blatt nachzuweisen, wie „außer—⸗ 
adentlich gefährlich“ es sei, sich auf die Idee eines 
französisch⸗ deutschen Einvernehmens einzulassen. „Wir 
können bei einem Handel mit dem eisernen Kanzler 
nur geprellt werden.“ Die Opportunisten — so 
heißt es weiter — weisen darauf hin, daß Deutsch- 
land Frankreich bei seiner Kolonialpolitik brauche 
und daß man diese Gelegenheit benützen müsse, um 
zdie französischen Rechte in Egypten zu behaupten 
ind die sonstigen schwebenden französischen Kolo— 
nialangelegenheiten zu einem fruchtbaren Abschluß 
zu bringen. Das Unglück sei jedoch, daß Bismarck 
nur zu dem Zwecke Ferry's Hand hält, um in 
Europa einen seinen Plänen nützlichen Einfluß aus— 
zuüben, und daß er diese Hand im geeigneten Augen— 
blick fahren lassen und seine Erfolge durch die Ver—⸗ 
wirrung seiner Erbfeinde krönen wird. Das Blatt 
deutet an, daß Bismarck auch die „marokkanische 
Frage“, welche bekanntlich Spanien nahe angeht, 
eingefädelt habe, um Frankreich und Spanien noch 
mehr auseinander zu bringen und sich Spanien, 
welches er behufs Abtretung spanischer Kolonien an 
Deutschland brauche, nützlich zu erweisen. Auch 
in der egyptischen Frage dürften sich diejenigen 
täuschen, welche annehmen, daß Bismarck Frankreich 
hierin gegen England unterstützen werde. „Die 
Engländer sprechen nur mit Ironie von der Nai— 
pität der Franzosen, welche auf die Freundschaft 
Bismarck's zählen zu können glauben.“ So sei 
diese Freundschaft beschaffen. Soweit das Blatt. 
Es ist die alte längst abgebrauchte Geschichte, Bis— 
marck als den bösen Geist Frankreichs, ja Europas 
»arzustellen, der überall Unheil anstiftet. 
Politische Uehersicht. 
Bei den nun etwa zur Hälfte erledigten, resp. 
zekannten Stichwahlen haben die Deutsch-Frei⸗ 
innigen bis jetzt am meisten profitirt; sie haben 
„inen Zuwachs von 17 Mandaten zu verzeichnen; 
dann kommen die Sozialdemokraten mit 10, die 
Nationalliberalen mit 7, die Reichspartei und Kon— 
ervativen mit zusammen 9, die Demokraten mit 4 
und das Centruͤm mit 3. Das letztere hatte bei 
der Wahl am 28. Ottober seinen alten Besitzstand 
nahezu vollständigfestgehalten. Den Verlust Münchens, 
Münchens J an einen gemäßigt Liberalen und 
München Il an einen Sozaldemokraten) wird es 
reilich nicht leicht verschmerzen. Höchst erfreulich 
st die Wahl des Nationalliberalen Woermann in 
Hamburg, da mit ihm ein mit den wesnafrikanischen 
Zerhältnissen, welche den neuen Reichstag ja als⸗ 
bald beschäftigen werden, sehr vertrauter Mann ins 
zeutsche Varlament kommt. 
* Die republikanische Partei der Vereinigten 
Ztaaten gibt jetzt im allgemeinen zu, daß der De— 
nokrat Cleveland als gewählt anzusehen ist. Für 
denselben sind 219, für Blaine 182 Elektoral— 
timmen gewählt; zur Wahl sind 201 Stimmen 
erforderlich. Die Berichterstattung über das Wahl⸗ 
resultat ist verwirrt und verzögert gewesen, be— 
onders was den Staat New-York angeht, weil 
zort neben den Präsidentschaftswahlmännern auch 
noch Staats- und Grafschaftsbeamte gewählt wur— 
den. Jetzt ist einige Klarheit in die Situalion 
zekommen und sogar der erbittertste und einfluß- 
reichste Gegner der Demokraten, der Eisenbahn— 
vekulant Jav Gould. hat Cleveland schon gratulirt 
Im preußischen Staatsrathe haben sich die Ver—⸗ 
sandlungen über die Ausdehnug der Unfallver— 
icherung ungemein umfangreich gestaltet. Die 
lufnahme der Transport- Unternehmungen in 
den Rahmen des Gesetzes konnte mit verhältniß- 
mäßiger Leichtigkeit erfolgen, namentlich auch des— 
jalb, weil die Eisenbahnen ganz überwiegend in 
den Händen der Staaten sind. Desto verwickelter 
gestaltet sich das Verhältniß gegenüber der Land— 
und Forstwirthschaft. Eine große Zahl von 
Aenderungen an dem jüngst erlassenen Gesetze wer⸗ 
den nöthig werden und wird es voraussichtlich hierzu 
iner längeren gesetzgeberischen Arbeit bedürfen.