Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ie 
)err dadurch Ausdruck zu geben, daß er vor jedem 
übschen Mädchen ehrerbietig auf die Seite trat, 
einen Hut zog und in devotester Reverenz Haupt 
nd Rücken vor ihr beugte. Seine Bewegungen, 
in Betragen waren elegant und anständig, 
je Damen nahmen deßhalb seine Höflichkeiten auch 
icht weiter übel, sondern erwiderten dieselben, 
zauten sich auch wohl, wenn er vorüber war, nach 
m um und sahen lächelnd, wie er der Nächst⸗ 
mmenden ebenfalls sein elegantes Compliment 
achte, gleich als mache er die Honneurs der Pots- 
mmerstraßze. Aber wie bald sollte die fröhliche 
aune der Passanten in ein grauenvolles Entsetzen 
mschlagen. Die letzte ehrfurchtsvolle Verbeugung, 
ie der Kavalier machte, war auch die letzte seines 
ebens, mit welcher er seine Huldigungen des 
hönen Geschlechts bezahlen mußte. Es war 
zommer's Salon gegenüber; nach dem Bahndamm 
u, demselben den Rücken kehrend, machte er einem 
ungen Mädchen Platz und eine tiefe Verbeugung. 
er stand dabei auf der Kante des Trottoirs, sein 
ebogener Rücken ragte über den Damm hinaus. 
tin eben vorüberstürmender Omnibus von der Linie 
durfürstenstraße — Stettiner Bahn, der dicht am 
zürgersteig vorbeirasselte, erfaßt seinen Rock, riß 
een Unglücklichen zu Boden, die Räder gingen über 
hn weg und zermalmten sein Haupt. Er war auf 
er Stelle todt. Alles das war das Werk eines 
Jugenblicks gewesen und das heitere Gelächter der 
zJuschauer endete in einem markerschütternden Schrei 
es Entsetzens. Die Dame selbst, der sein Kom— 
liment gegolten, sank ohnmächtig zu Boden. Der 
ebergang von Frohsinn zu Entsetzen war ein zu 
ürchterlicher gewesen. Man hob den blutüber⸗ 
römten Körper auf und requirirte eine Droschke. 
Uber verschiedene Kutscher weigerten sich nach ein⸗ 
inder, den Verunglückten aufzunehmen. um die 
dissen ihrer Droschke nicht mit Blut zu besudeln. 
erst mit Hilfe des Nachtwächters und der herbei⸗ 
jeholten Polizei gelang es, einen der Kutscher zum 
kransport der Leiche zu zwingen. 
fParis, 8. Januar. Der Prozeß Clovis 
hzugues' hat heute vor dem Schwurgericht begonnen. 
der Zuschauerraum ist überfüllt. Madame Hugues 
zibt zu, den Verleumder mit Vorbedacht getödtet 
ind sich mit dem Entschlusse schon seit dem 20. 
Mai getragen zu haben. Das Verhör ergibt nur 
zereits Bekanntes. 
F In Paris starb kürzlich ein bekannter 
doch, Namens Durisot, mit Hinterlassung eines 
zermögens von 250,000 Francs. In seinem 
destament fand sich folgende bizarrr Clausel: „Da 
hy auch nach meinem Tode meinen lieben Mit— 
ürgern nützlich sein will und beachtet habe, daß 
ie Grabschriften, welche die Tugenden der Ver⸗ 
torbenen preisen, keinen praktischen Zweck haben, 
irdne ich an, daß statt einer dieser Inschriften auf 
neinem Grabe ein von einem Gitter bedeckter 
Bronzerahmen auf einer Marmorsäule aufgestellt 
verde. In diese Säule soll mein Name einge— 
zraben werden und meine Erben sollen dafür sorgen, 
zaß man jeden Tag ein lesbar geschriebenes Küchen⸗ 
recept dort finde, von denen ich 365 Exemplare, 
ines für jeden Tag, in meinem Schreibtische zu— 
ücklasse. Dieses Recept soll in den Rahmen inner⸗ 
alb des Gitters gesteckt werden, so daß es Jeder⸗ 
nann lesen kann.“ Zugleich ist im Testament fest⸗ 
nesetzt, daß, wenn diese Anordnung nicht ausgeführt 
nird, der ganze Nachlaß an Wohlthätigkeits-An— 
alten fallen solle. So seltsam es erscheinen möge, 
haben sich die Erben dennoch geweigert, die er⸗ 
vähnte Clausel auszuführen und es steht nun ein 
nteressanter Prozeß in Aussicht. 
, Unter einem Baume des Boulevard Gouvion 
zt. Cyr in Paris wurde in der Neujahrsnacht 
ine 36jährige Frau mit einem sechsjährigen Kinde, 
Beide verhungert, aufgefunden. 
NUeber die Zustände in der französischen 
Urmeke theilte der Pariser „Times“«Berichterstatter 
iolgendes mit: „Ein Quartiermeister der Reserve 
ind Befehlshaber einer KavalerieAbtheilung wurde 
vor Kurzem nach dem militärischen Centrum einbe— 
ufen, um mit seinen Leuten die üblichen monat⸗ 
ihen Exercitien durchzumachen; dir ersten zwei 
dage wartete er in der Kaserne auf die Maͤm— 
haften, die sich erst am dritten Tage zusammen— 
anden. Dann waren keine Pferde bereit, und als 
iese beschafft waren, fehlten die anderen Truppen, 
ie mit den seinigen gemeiuschaftlich einexercirt 
berden sollten, so daß nach drei Tagen der Offizier 
md seine Leute entlassen werden mußten, ohne duch 
nmal im Sattel gewesen zu sein. Dies er— 
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eignete sich nicht etwa in einer fernliegenden Stadt, 
sondern fast vor den Thoren von Paris.“ 
fF Rom, 5. Jannar. Der Papst hat für die 
dei dem Erdbeben in Andalusien Verunglückten 
10,000 Lires nach Madrid gesandt. 
f Laut Meldung der „Times“ sollen neuer⸗ 
dings auch in Jtalien Erdstöße verspürt und 
zuf der bekannten Insel Ischia bei Neapel Anzeichen 
zerstärkter vulkanischer Thätigkeit wahrgenommen 
vorden sein. 
F (EErdbeben in Italien.) Wie der 
Times“ aus Rom vom 5. ds. gemeldet wird, 
vurde zu Susa, nahe dem Mount Cenis, gestern 
stachmittag ein Erdstoß gespürt und ein solcher mit 
ioch größerer Gewalt heute Morgen in Velletri bei 
stom. Die seismischen Instrumente auf dem Obser⸗ 
zatorium hier und in Rocca di Papa zeigten wäh⸗ 
end der letzten Tage eine ungewöhnliche Thätigkeit, 
esonders zur Mittagsstunde. In Jochia haben die 
Nineralquellen während der Nacht eine höhere Tem⸗ 
eratur angenommen. 
f Ueber das Wachsthum der Menschenhaare 
sat Professor Moleschott in Turin die Resultate 
ängjähriger Beobachtungen veröffentlicht. Je größer 
as Körpergewicht eines Menschen ist, desto geringer 
st seine Haarproduktidan. Was den Einfluß der 
zahreszeiten betrifft, so stellt Moleschott fest, daß 
»ie Haarproduktion im Sommer stärker ist als im 
Winter, während bei den Thieren das Umgekehrte 
der Fall ist. 
F London, 6. Januar. Da verhältnißmäßig 
venig Stürme im vorigen Jahre gewüthet haben, 
o sind 411 Schiffbrüche weniger zu verzeichnen, 
als im Jahre 1883. Im Ganzen kamen 1589 
Z„chiffbrüche vor, wovon 776 auf britische Fahr— 
euge entfallen. An den Küsten von England, 
-„chottland und Irland gingen 359 ichiffe unter, 
arunter 382, die britische Eigner hatten. Durch 
zusammenstöße gingen nahezu 200 Fahrzeuge, da⸗ 
unter 130 englische, unter. Mit den 1589 
-„chiffsunfällen war ein Verlust von 3000 Men— 
henleben verknüpft gegen 4200 im vorhergehenden 
Fahre. 
F(Wie vieler Nadelstiche bedarf es, um ein 
infaches Hemd zu nähen?) Diese Frage hat sich 
zeulich ein Weißnäherin in Leicester (England) 
jestellt und mit bewunderungswürdiger Genauigkeit 
eantwortet. Wir lassen das Ergebniß ihrer Be— 
echnungen hier folgen: Kragen nähen (vier Reihen) 
3000 Stiche, Enden desselben 500, Knopflöcher 
ind Annähen der Knöpfe 150, Kragen annähen 
ind Zusammenziehen des Hemdes 1204, Gelenk— 
hluß (kurze Manschette) 1228, Enden desselben 68, 
knopflöcher 148, Säumen der Schlitze 264, Aermel 
usammenziehen 840, Annähen des Gelenkschlusses 
468, Auflegen der Schulterblätter (je drei Reihen) 
880, Säamen des Einsatzes 393, Nähen der 
lermel 2554, Einsetzen derselben und der Keile 
3050, rund herum 1526, Nähte 848, Einsetzen 
er Seitenkeile 424, unterer Saum 1104. Ge— 
ammtzahl der Nadelstiche 20,649. 
F (Ein Rückblick.) Das abgelaufene Jahr 
veist einen traurigen Reichthum in seiner Chronik 
der Unglücksfälle auf. Ohne auf eine Perspektive 
nit den Opfern der vorangegangenen Jahre 
inzugehen, stellen wir die namhafteren der—⸗ 
elben in Folgendem zusammen: Januar: Eisen⸗ 
sahnunglück bei Toronto, 32 Todte. — Ermor⸗ 
zung des Wechselstubenbesitzers H. Eisert und seiner 
‚wei Söhne in Wien. — Untergang eines Schiffes 
hei Liverpool, 31 Personen ertrunken. Februar: 
In Ferhertö (Ungarn) 85 Menschen unters Eis 
jerathen, sämmtlich ertrunken. — Massakrirung der 
Lhristen in Tongking, 238 Todte; 108 Missionen 
erstört. — In Suikat 200 Frauen und 20 Kinder 
on den Aufständischen niedergemetzelt. — Infolge 
ines großen Sturmes 300 Menschen geködtet. — 
Zei einer Explosion in Pennsylvanien 63 Todte. 
Närz: Erxplosionen in einer Kohlengrube bei New⸗ 
sork, 150 Todte. April: Großer Orkan in Ala⸗ 
ama, 35 Todte, 100 Verwundete. — Untergang 
»es Dampfers „Daniel Stemmann“, 11 Todte. 
zisenbahnunglück bei Spaun 60 Todte. Mai: 
ynamit;Explosion in Schottland, 10 Todte. — 
zusammenbruch einer Tribüne in London, 10 Todte. 
— Untergang des Dampfers „Moskau.“ — Nieder⸗ 
netzelung zahlreicher Beamten in Berber. — Großer 
zrand in Konstantinopel, 13500 Häuser, 11 Mo—⸗ 
heen, zahlreiche Todte. — Dynamit-⸗Erxplosion in 
'ondon, zahlreiche Todte und Verwundtete. Juni: 
Zeim Reißen eines Flaschenzuges in Lille 21 Todte 
nd Verwundete. — Erdbeben in Teheran, 12 
Dörfer zerstört, 200 Todte. — Alttentat auf einen 
Fisenbahnzug in Kansas, 25 Todte, 35 Verwundete. 
— Pulverfabrik⸗Erplosion in Pontremolli, 30 Todte, 
17 Verwundete. Juli: In Debbach wurden von 
den Aufständischen 3000 Menschen niedergemegelt. 
— Brand des Theaters in Edinburgh; Eifenbaͤhn⸗ 
unglück bei Manchester, 20 Todte, 30 Verwundete. 
— Bei einem großen Brande in Marasch (Türkei) 
vurden 1200 Hauser und 1000 Läden ein Raub 
der Flammen, 3 Todte. — Schiffszusammenstoß 
in Spanien, 150 Menschen ertrunken. August? 
Pulverthurm in Spanien in die Luft gesprengt. 
September: Bei Island 19 Schiffe, 60 Boote 
Jescheitert. — Durch eine Wasserhose in Pachuca 
vurden 30 Menschen getödtet. Olktober: Bei 
Essegg 14 Kinder ertrunken. — Explosion in einem 
Bergwerk bei Olmütz, 30 Arbeiter todt. — Brand 
»es deutschen Theaters in Moskau. November: 
Feuerlärm im Glasgower Theater, 16 Todte. — 
Zusammenstoß, zweier Schiffe bei Severin, von 
denen eines geunken. — Schiffsbrand des „Sirius“, 
zanze Bemannung zu Grunde gegangen. — Großes 
kisenbahnunglück bei Hanau, zahlreiche Todte. — 
fäEplosion eines französischen Kriegsschiffes 15 Todte. 
Dezember: Brand des Theaters Euterve“ in 
—„myrna. — Grubenunglück in Mährisch-Ostrau, 
zahlreiche Arbeiter getödtet. — Grubenbrand in 
Anina, 47 Todte. — Untergang des Schiffes 
„Caranza“. — Brand des Theatre comique in 
Newyork. — Durch ein Erdbeben in Spanien wird 
ein ungeheurer Schaden angerichtet und kommen 
mehr als 2000 Menschen um's Leben. — Pulver⸗ 
Tplosion in Kralup (Böhmen) beim Kaufmann 
Hajek, wobei ein Bursche und 2 Töchter des Kauf⸗ 
nanns um's Leben kamen. 
Das Alter der Fakultäten.) Man stritt über 
das Alter der Fakultäten. „Pah!“ sagte ein 
junger Geletrrter, „überaus leicht zu entscheiden! 
Aufstellung des Baumes der Erkenntniß — erstes 
Dogma: Tseologie. Entnehmung einer Rippe von 
Adam — erste chirurgische Operation: Medicin. 
Tosloquium der Schlange mit Eda wegen des 
Apfelbisses — erste philosophische Deduktion: Phi⸗ 
losophie. Austreibung Adam's und Eva's aus dem 
Paradiese — erster Justizakt; Ermordung Abel's 
durch Kain — erster Kriminalfall: Jurisprudenz.“ 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 8. Jan. (Fruchtmittelpreis und Vik⸗ 
tualienmartt.) Weizen O M. — Ppf., Korno M. — Pf., 
Berste zweircihige d M. — Pf., vierreihige O M. — pf., 
Spelz 0 M. — pf., Spelziern — M— Pf., Dinkel 
— M. — Pf. Mischfrucht d M — Pf., Hafer 0 M. 
— Pf. Erbsen 0O M. — Pf., Wicken — R. — Pf., 
Heu 3 M. — Pf., Stroh J. Qual. 2 M. 10 Pf., II. Qual. 
1M. 80 Pf., Kartoffeln 1 M. 80 Pf., Weißbrod 13 Kilo 
50 Pf., Kornbrod 3 Kilo 60 pf. Gemischtbrod 3 Kilo 
15 Pf., paar Weck 90 Gr. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 
60 Pf., II. Qual. 56 Pf., Kalbfleisch 50 Pf, Hammel⸗ 
fleisch 60 Pf., Schweinefleisch 50 Pf., Wein J Liter 80 Pf., 
BierJ Liter 24 Pf., Butter /3 Kilogr. 1 Moß pi. 
Homburg, 7. Jan. (Fruchtmittelpreis und Viktua— 
ienniarkt.) Weitzen d M. — Pf., Korn 0 M. Pf., 
Spelzkern — M. — pf., Spelz 0 M. — pf., Gerste 
dreihige O M. — pf. Gerste 4reihige O M. — Pf., 
dafer 6 M. 92 Pf., Mischfrucht M. — Pf., Erbsen 
— M. — Pf., Wichen — M. — pf., Bohnen 0 M. 
— Pf . Kleesamen — M. — Pf., Kornbrode6 Pfund 
50 Pf., Gemischtbrod 6 Pfund 72 pf. Ochsenfleish —- Pf. 
Kindfleisch 50 Pf. Kalbfleisch 50 Pf., Hanmmelfleisch — Pf 
Schweinefleisch 46 Pf., Butter 1 Pfund 1 M. 0oõ pf. 
dartoffeln pet Zentner 1 M. 60 Pf J 
Gemeinnütziges. 
(Gegen Hühneraugen.) Nan weicht etwas 
weiches Weißbrod in starken Essig, bis es hinläng⸗ 
lich durchzogen ist und bindet davon des Nachts 
vor dem Niederlegen etwas als Ueberschlag auf den 
deichdorn. Am andern Morgen wird der Schmerz 
porüber sein, und man wird in den meisten Fällen das 
dühnerauge herausschälen können, wo nicht, muß 
»as Verfahren wiederholt werden. Natürlich läßt 
iich dasselbe auch unter Tags tragen. 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Nußdorf Jakob Fimpelmann, 
Butsbesißer, 78 J. a.; in Ramstein Frau Anna 
Maria Kuntz, geb. Stritzinger, 72 J. a.; in 
Mannweiler PhilippWalter, 83 J. a.; in 
Mundenheim Elisabetha, 21 J. a., T.v. Franz 
Frosch (deren Leiche wurde gestern im Hafen von 
Zudwigshafen geländet.) 
Fur die Redaktian ver⸗— 
Ein glückiches Neues Jahr 
Nebst 75,000 Mark in baar 
Bietet Dir die Ein-Mark-Lotterie 
Welche ohne Widerruf statt hat allhie 
am 5. Februar 
zu München! 
emeß