Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒt. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint ubchentlich funfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mnal wochentlich mit Unterhaltungt⸗ 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, Iz H, NReclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 86. 
* Zur Steuerreform. 
Es ist bekannt, daß einer der Angelpunkte der 
Zieuerreformen im Reiche wie den Einzelstaaten 
ie Entlastung der übermäßig angestrengten Ge— 
neinden von ihren finanziellen Leistungen ist. Gegen⸗ 
värtig machen sich nun im preußischen Abgeord⸗ 
jetenhause zwei Anträge in dieser Richtung Kon⸗ 
utrenz, von denen derjenige der Zentrumspartei 
en Mehrertrag von den neuen landwirthschaftlichen 
zöllen, und derjenige der nationalliberalen Partei 
ju; Monatsrate von der Grund⸗ und Gebäude⸗ 
leuer den Gemeindekassen zuweisen will. Da man 
mnehmen kann, daß bei diesen Anträgen von der 
darteitaktik zunächst abgesehen und dieselben einer 
ein jachlichen Prüfung unterworfen werden, gilt 
z die finanzpolitischen Vortheile und Nachtheile 
er Anträge mit einander zu vergleichen. 
Der Antrag Huene von der Zentrumspartei 
jat vor Allem das schwere Bedenken gegen sich, 
aß die nach ihm zu überweisenden Beträge den 
zrößien Schwankungen unterworfen sind. Diese 
-„chwankungen können bei ruhigen Verhältnissen 
zis zu 100 Prozent betragen, bei außerordentlichen 
rreignissen, wie Krieg und Mißwachs, nochmehr, die 
hzetraͤge find üerhaupt im Voraus nicht zu bemessen. 
darauf kann eine geordnete stetige Communalber⸗ 
baltiung füglich nicht gegründet werden, die Com⸗ 
nunalverbäude würden sich undermeidlich auf die 
rößeren Beträge einrichten und kämen, wenn diese 
ann einmal wegfallen, in die empfindlichsten Ver⸗ 
genheiten. Ganz anders steht die Sache, wenn 
jnen eine feste Quote der Grund⸗ und Gebäude⸗ 
euer überwiesen wird. Es kommt ferner hinzu, 
aß die Verquickung der Communalinteressen mit 
er Reichszollpolitik, insbesondere mit den land⸗ 
virthschaftlichen Zoͤllen, für beide Theile gleich be⸗ 
xenklich ist, es entsteht daraus auch die naheliegende 
hesorgniß, daß die Getreidezölle immermehr erhöht 
ind auch unter Umständen aufrecht erhalten werden 
onnten, die im allgemeinen Wohl deren Aufhebung 
der Ermäßigung fordern würden. Es ist ferner 
llgemein anerkannt, daß die Grund- und Gebäude⸗ 
teuer zu einer Staatssteuer überhaupt viel weniger 
eeignet ist, als zu einer Communalsteuer, und 
war aus dem Grunde, weil in der Form der 
ommunalsteuer die verschiedene Veranlagung in 
ꝛen verschiedenen Provinzen und Gegenden ausge⸗ 
lichen wird, weil die so sehr drückenden Commu—⸗ 
alsteuerzuschläge zu den Grund- und Gebäude⸗ 
euern dann gemindert werden oder wegfallen, weil 
adurch der Weg für eine rationelle Reform der 
irelten Besteuerung, namentlich unter ftärkerer 
)eranziehung des mobilen Kapitals, gebahnt wird, 
nd endlich, weil für die Communen Objektbe. 
euerung des Grund⸗ und Häuserbesitzes ohne Be— 
ücichtigung der Steuerfähigkeit der Eigenthumer 
Schulden und dergleichen) sich deßhalb eher recht 
ertigen läßt, als für den Staat, weil die Leistungen 
er Communen zu einem großen Theile vorzugs- 
eise dem Grund⸗ und Häuserbesitz zugute kommen 
nd sich für Communalbesteuerung der Gedante, 
ie Steuern nach der Gegenleistung zu normiren, 
3 viel weniger verwerflich darstemt, “als für die 
aatliche Besteuerung. Ein rationeller Finanzre- 
ormplan muß die allmalige Ermäßigung, schließ⸗ 
ich vielleicht die volftandig Aufhebung der Grund⸗ 
ind Gebäudesteuer als Staatssteuer, als letztes Ziel 
m Auge haden, auf diesem Wege wurde durch den 
stional· liberalen Gefeheniwurf“ein erster Schrin 
eshehen. wahrend der Antrag Huene überhaupt 
eine weitere Vershektinn i 
Sonntag, 3. Mai 18858. 
20. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
nung inbezug auf Ziel, Stoffauswahl, Stoffvertei⸗ 
ung und Unäerrichtsbetrieb in der Werktagsschule; 
ie Grammatik in der Sonntags⸗ und Fortbildungs⸗ 
chule.) — ,2. Uebung der Fallbiegung des Ding⸗ 
vortes ain Satze. Echriftliche Lehrprobe nach den 
ünf formalen Stufen.) 
* St. Ingbert, 2. Mai. Gestern Nach⸗ 
nittag ereignete sich auf der Pferdekohlenbahn ober⸗ 
salb der Halde ein sehr bedauerlicher Unglücksfall. 
der 11jährige Sohn des Schmelzarbeiters Mohr 
vollte auf dem Bahnkorper Kohlenabfälle sammeln. 
Inglücklicherweise glitt er auf dem Schienengeleise 
n demselben Augenblicke aus, als ein beladener 
zug heran kam, unter dessen Räder er nun ge⸗ 
ieth. Der Zug konnte zwar bald zum Stehen 
ebracht werden; doch hatte der Knabe so schwere 
ußere und innere Verletzungen erhalten, daß an 
einem Aufkommen gezweifelt wird. 
— Zweibrücen, 1. Mai. (Unglückfall.) 
die bekannte Sitte oder Unsitte, am Vorabend zum 
rsten Mai die Thüren einzelner Haäuser mit 
kreuzen zu versehen, hat gestern Abend hier einen 
ehr bedauerlichen Unglücksfall zur Folge gehabt. 
Dder etwa 14 Jahre alte Sohn des Herrn Gürtler 
S„choll kreidete mit anderen Kameraden die Fenster⸗ 
äden am Hause des Herrn Leo Gtroß in der 
Zfarrgasse an, bei welchem muthwilligen Streich 
ie von dem Befitzer überrascht wurden. Bei der 
sierauf erfolgten Flucht der Zeichner stürzte der 
unge Scholl in der Nähe der Gambrinushalle auf 
as Pflaster hin und fiel sich ein Loch in den 
dopf. Die Verletzung des Jungen war leider eine 
zerartige, daß er nach eiwa 10 Minuten in seiner 
Wohnung, wohin man ihn sofort getragen hatte, 
ꝛerschied. Den Schmerz der armen Eltern kann 
nan sich natürlich denken! (3. 3.) 
— Herrheim a. B., 1. Mai. Eine Natur⸗ 
eltenheit ist ein Traubenstock GPortugieser) im 
hdofe des Herrn Christian Kissel 1“. dahler. Der⸗ 
elbe ist naͤmlich in der Zeit von 12 Tagen 80 
Fentimeter gewachsen. Derselbe wuchs Tags da⸗ 
auf von Mittags 12 Uhr bis anderen Tags Mor⸗ 
jens 9 Uhr 6 Centimeter weiter und wird nächster 
Tage Blüthe bringen. (Dürkh. Anz.) 
— Frankenthal, 29. April. Bei dem 
Zrand der Kaufmann'schen Malzfabrik find die 
eiden betroffenen Gebäulichkeiten, Malzfabrik und 
dampfmühle, vollständig ein Raub der Flammen 
seworden. Die angrenzende Werkstätte des Me⸗ 
hanikers Horn ist durch Einsturz der sechs Stock⸗ 
verk hohen Giebelmauer des Mühlenbaues zer⸗ 
rümmert worden, ebenso der gegenüberliegende 
Seitenbau der Frau Wittwe Dupréoͤ. Beim Ein⸗ 
hurz des Giebels sollen mehrere Personen verletzt 
vorden sein, darunter ein Wendelin Diehl lebens⸗ 
Jeführlich. — Der entstandene Schaden wird auf 
20. bis 40. 000 Mt. geschätzt. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 30. April. Zweite Berathung des 
Untrags Huene im Abgeordnetenhaus. Das Haus 
iuhm nach längerer Debatte den 8 1 in der Fas⸗ 
ung der Kommission an, wonach der auf Preußen 
ntfallende Betrag an Vieh⸗ und Getreidezöllen ab⸗ 
üglich 15 Millionen Mark den Kommunen über⸗ 
oiesen wird. 
Berlin, 1. Mai. Das Abgeordnetenhaus 
ijahm in fortgesetzter Berathung des Autrags Huene 
en 8 2 in der Fassung der Kommission all, wo⸗ 
jach die Beträge aus den landwirthschaftlichen 
zöllen den Kreisen zu überweisen sind, mit Aus⸗ 
ijahme in den Hohenzollerischen Landen. 83 wurde 
jach dem Antrage der Kommission angenommen, 
vonach die Vertheilung zu zwei Drittel nach dem 
Naßstabe der in den einzelnen Kreisen aufkommen⸗ 
en Grund⸗ und Gebäudestener und zu ein Drittel 
nach der Civilbebölkerung erfolgt. Nachste Sitzung 
norgen. 
Berlin, 30. April. In der heutigen Sitz 
ing des Bundesraths soll der Reichskanzler per⸗ 
önlich die Vorlage wegen Einschränkung der Ge— 
chworenenzahl befürwortet und der Bevollmächtigte 
son Sachsen⸗-Weimar infolge dessen beantragt haben, 
en Beschluß über diese Vorlage auszusetzen, was 
lsdann geschehen ist. Die Beschlußfassung über 
ie andern Vorlagen wegen der Berufung wurde 
nuch ausgesetzt. Wie man hört, hat der Bundes 
ath auch den deutsch⸗ russischen Auslieferungsver⸗ 
rag angenommen. 
Ausland. 
London, 29. April. Gladstone ist der Held 
es Tages und der Herr der Lage. In der vor⸗ 
jestrigen Rede hat er die ungeheuren Hilfsquellen 
einer Beredtsamkeit in die Waagschale des Streites 
ich ergießen lassen, und ganz England — darf 
nan sagen — steht auf seiner Seite. wenn er den 
degen zieht. 
JIo Schweden wird unverdrossen weiter ge⸗ 
üstet — gegen wen, ist einstweilen unkllar. Aus 
Stockhohm wird gerüchtweise gemeldet, daß die 
driegsschule aufgelöst und die Schüler ihren Regi⸗ 
nentern einverleibt werden sollen. Die Garnisonen 
son Waxholm, sowie von Oskar⸗Frederiksborg und 
TFarlskrona sollen verstärkt werden. Am Sonnabend 
ollen fernere Mobilisirungs-Ordres ausgefertigt 
ein, welche die Grenadier⸗Corps von Smaland 
ind des Leibregiments betreffen. Auch für das 
Bestgotländische und Skareborg's Regiment erwartet 
nan baldige Mobilisirungsordres. Die schon früher 
rwähnte Nachricht, daß Artillerie und Infanterie 
»es dritten Militärbezirkes den Befehl erhalten 
jaben, sich zur Uebersiedelung nach Gotland fertig 
u halten, wird jetzt bestätigt. Nach Gotland sfind 
zereits 100 Mann des Göta⸗Artillerie-⸗Regiments 
vefördert. 
Vermischtes. 
*Saarbrücden. Im alten Kasinogarten 
herrscht jetzt regez Leben, es gilt die letzten 
kinrichtungen für die am Sonntag hier beginnende 
ßeflügelausstellung zu treffen. Der große 
Saal ist mit langen Reihen von Kafigen angefüllt, 
velche die auszustellenden Thiere aufzunehmen be⸗ 
timmt sind. Die Kegelbahn ist zu gleichem Zwecke 
jergerichtet. Die Wasservögel finden in geräumigen. 
m Freien aufgestellten Behältern Aufnahme. Auf 
ver Bühne des Saales sind Fels- und Pflanzen⸗ 
zruppen arrangiert, Flaggen und Fahnen werden 
vom Saas⸗ ⸗in nüer mie zö Angsehen ver 
— — 
Lokale und pfälzische Nachrichten- 
* St. Ingbert, 2. Mai. Montag, den 4. 
Mai, findet im Stadthaussaale dahier unter Leitung 
es Hauptlehrers Herrn Hagenbucher für die 
dehrer der Kantone St. Ingbert und Blieskastel 
sie allgemeine Konferenz pro 1885 
tatt. Zur Behandlung kommen: 1. Der gram⸗ 
natische Unterricht in der Vollsschule (Geschichtlicher 
tohorhlick · Standynnkte hor Schule und Lebrord⸗-