Chemnitz, 14. Dez. Am Sonntag
Morgen suchte sich der Doppelposten am hiesigen,
außerhalb der Stadt belegenen Pulvermagazin die
Langeweile des Dienstes durch allerlei Uebungen
in Gefechtstellungen und Gewehrgriffen zu vertreiben.
Dabei machte der Soldat Unger einen falschen
Briff, ein Schuß krachte und der Kamerad ftürzte
durch's Herz getroffen todt zu Boden. An der
Leiche des Erschossenen hielt der unglückselige Mus-
ketier noch eine Stunde die Wacht, bis die ord⸗
nungsmäßige Ablösung kam. (F. 3.)
F Eigene Häuser besitzen jeßzt alle Heidel⸗
berger Korps. Die Suevia, welche bisher
noch kdein eigenes Heim besaß, hat am 30. November
das an den Anlagen gelegene Eisenyardt'sche Wohn⸗
haus mit Terrasse und großem Garten erworben.
Würzburg, 16. Dez. Der bekannte
Studentenwucherer Leopold Bamberger von Hei⸗
dingsfeld, der vom vorletzten Schwurgericht wegen
Beiruges und Wucher zu einem Jahr Gefängniß
veruriheilt wurde, ist gestern hier in Würzburg,
wo er gerade „Geschäftchen“ abwickelte, von der
Gendarmerie verhaftet und sofort ins Gefängniß
nach Amberg abgeliefert worden.
Konstanz, 13. Dez. Die Beerdigun;
des Prämierlieutenants Sachs fand unter allge⸗
meiner Theilnahme der Bevölkerung statt. Die
Zugänge des Militärlazareths, der Weg zum Fried-
dof und dieser selbst waren von einer zarllosen
Menge bedect, in welcher alle Stände und Berufs—
klassen vertreten waren. Divisionspfarrer Scheu
hieit eine erschütternde Grabrede, in welcher die
Tapferkeit des Offiziers in den mannigfachen
Kämpfen des letzten Krieges und die edlen, liebens⸗
wurdigen Eigenschaften des Verstorbenen im Pri⸗
vatleben betont wurden. Besonderen Nachdrack
legte der Geistliche auf den milden, versöhnlichen
Sinn, welchen Sachs auf seinem Schmerzenslager
bewährte, indem er allen seinen Feinden verziehen
und den beiden, welche ihm das schwerste Leid an⸗
gethan, selbst die Hand zur Versöhnung geboten
habe. — Frau Sachs hält sich schon seit mehreren
Tagen wieder hier auf und zwar bei ihrer das⸗
selbe Haus bewohnenden Mutter. Das einzige
Kind, welches aus der Ehe hervorging, werden die
Großeltern väterlicherseits mit sich nach Mannheim
nehmen. Die rührende Liebe, mit welcher der Ver⸗
storbene an diesem Kinde hing, wird allseits be⸗
fiätigt. Eine barmherzige Schwester, welche letz⸗
teres während einer Krantheit pflegte, erklärte, es
bleibe ihr unvergeßlich, mit welcher Zärtlichkeit der
Vater das Kind geliebt und welche unbeschreibliche
Freude er bekundet habe, als er es gerettet sah.
Das Urtheil dieser unparteiischen Zeugin über die
Mutter lautete ganz anders.
4 Christine Nilsson sollte am Sonnabend im
k. Odeon in München vor das Publikum treten.
Noch in der letzten Stunde wurde das Konzert
abgesagt wegen „plötzlicher Etkrankung“ der ge—
feierien Sängerin. Hinterher wurde bekannt, daß
die Nilsson sich der besten Gesundheit erfreut und
mit dem Erxpreßzug nach Paris gedampft ist. weil
in ihrem Münchener Konzert im Ganzen 22, sage
— zweiundzwanzig Billets abgesetzt wurden.
München, 18. Dez. Nach dem „Niedb.
Kur.“ hat das Landgericht Landshut den Abgeord⸗
deten von Soden wegen Uebertretung des Malz
aufschlaggesetzes in seiner Brauerei zu Neufrauen⸗
hofe zu 180 M., seinen Braumeister Angermeier
wegen Vergehens wider das Nahrungsmittelgesetz
zu 300 M. und den Braugehilfen Wagner eben⸗
deshalb zu 20 M. Geldstrafe verurtheilt.
F In allen evangel. Kirchen Preußens
wird am Sonntag den 3. Jan. 1886, mit Bezug
auf die 25jähr. Dauer dir Regierung des Kaisers,
in den Predigten des reichen Segens gedacht wer⸗
den, welcher unserem Vaterlande durch die Regier⸗
ung des Kaisers zu Theil geworden ist. Den
Schluß des Hauptgottes dienstes soll das Tedeum
oder der Choral Nun danket alle Gott“ bilden.
Berlin, 16. Dez. Im Circus Renz
wurden zwei Pferde als Seiltänzer à la Blondin
vorgeführt, die von Herrn Franz Renz dressirt sind.
Die Pferde gehen auf einer 42 Fuß langen und
I6 Fuß hoch über die Mandge gespannten. starken
Seilbahn, frei ohne irgend welche Leitung und
zwar im Schritt und Trab.
F (Ein Glasfresser,) Ein seltsames und
seltenes Kriterium der sinnlosen Trunkenheit, wel ⸗
hes darin gefunden wurde, daß Jemand Glas ge—⸗
jessen hat, wurde am Dienftag zu Gunsten zweier
Iudeklagten vor dem Schöfenaericht in Bexlin
mit Erfolg geltend gemacht. Der Maurer Griese
und der Ärbeiter Schliak befanden sich am Abend
des 25. September auf der Bierreise und beehrten
in sehr animirter Stimmung das Wiener Café in
der Potsdamerstraße in der Mitternachtsstunde mit
hrem Besuche. Hier vertilgten sie erst noch einige
Bläser Bier und gingen dann zum — Champagner
iäber. Das prickelnde Getränk scheint ihre Sinne
zanz umnebelt zu haben, denn Griese machte sich
nach dem einstimmigen Zeugniß der Augenzeugen
das seltsame Vergnügen, die Champagnerglaser mil
Stumpf und Stiel aufzuessen. Dieser eigenartige
Appetit erregte natürlich die lärmende Aufmerksam—
teit der übrigen Gäste, als jedoch der Glasfresser
das zweite Champagneiglas zerkaut und verschluckt
hatte, erschien der Besitzer Herr Wadzeck mit einem
energischen Veis auf dem Plane. Es kam darüber
zu Differenzen, die damit endeten, daß die beiden
unbequemen Genofsen an die frische Luft beförder!
wurden. Sie waren aber bald wieder im Lokal—
sie zerschlugend einfach die große Spiegelscheibe
krochen durch das Loch und richteten nun im Lokal
eine arge Verwüstung an, indem sie Marmorplatten
von den Tischen rissen, Liquerflaschen zertrümmerten
u. s. w. Trotzdem wurden die beiden Unholde
von der Anklage der Sachbeschädigung freigesprochen,
da dieselben nach der Meinung der Augenzeugen
tark angetrunken waren und der Gerichtshof die
Ansicht hatte. daß derjenige, der im Stande ist,
Thampagnergläser zu essen, mehr als finnlos be⸗
trunken sein müsse.
FHans v. Bülow beabsichtigt, wie das
„Berl. Tabl“ hört, fich dauernd in Berlin
niederzulassen und hier ein Institut für höheres
Klavierspiel zu begründen, um bei demselben in
der Art, wie Meister Liszt in Weimar seit Jahren
das Lehramt pflegt, thätig zu sein.
F 35,750 Mark hat die Frau eines Ber—
lhiner Viehhändlers auf der Straße verloren. Die
Polizei hat sich der Sache angenommen.
F Ger höchste Grad.) Der alte General
von Blitzkracher ist so taub, daß. als der Pulver⸗
thurm seiner Garnison in die Luft flog, er ärger—
lich vom Sopha aufsprang und mit lauter Stimme
rief: „Herrein!“
F Ein ehemaliger Hilfsarzt im Allgemeinen
Krankenhause und gegenwärtig praktischer Arzt in
Mariahilf in Wisen erhielt kürzlich ein großes,
mehrfach versiegeltes Schreiben durch die Post zu⸗
gestellt. *»Neugierig öffnete er dasselbe und das
Erste, das ihm in die Hand fiel, war ein regel⸗
recht ausgefertigtes Testament, welches ungefähr
folgenden Wortlaut hatte: „Ich vermache dem Herrn
dilfssarzt M....., der mich während einer
schweren Krankheit aufopfernrd und mit größter
Menschenfreundlichkeit gepflegt hatte — fünftausend
Bulden. Desgleichen soll aus meinem Nachlasse
der Direktion des Allgemeinen Krankenhauses die
Summe von 2000 fl. ausbezahlt werden.“ Er—
taunt legt der Arzt das Schriftstück aus der Hand
und hob ein Blatt Papier auf, das neben demselber
zelegen war. Darauf stand geschrieben: „Hoch—
zeehrter Herr Doktor! Beiliegendes Testament
sjabe ich im Jahre 1880 geschrieben, als ich damals
yon jener schweren Krankheit genaß. Seit jener
Zeit bin ich leider durch unverschuldete Unglücks—
älle um mein ganzes Vermoͤgen gekommen und
»efinde mich in großer Noth. Nehmen Sie nun
— da ich Ihnen nichts mehr vererben kann — den
Willen für die That. Erbarmen Sie sich meiner
und retten Sie mich mit einem Gulden aus der
irgsten Noth.“ Der Arzt lachte recht herzlich über
das Schreiben und sandte dem Manne — einem
ꝛhemaligen Hausbesitzer — der ihm so großmüthig
5000 Gulden teftirt. den verlangten Gulden.
— Das deutsche Emigrantenhaus in Newyorl
versendete seinen Jahresbericht. Es geht daraus
hervor, daß, obwohl die Einwanderung in den
etzten Jahren bedeutend nachgelassen hat, dennoch
von April 1884 bis dahin 1885 13,353 Gäste
durch das Haus gegangen sind. Von denselben
zahlten 11,066, während 2287 Personen Kost und
zum Theil auch Logis gratis erhielten. Da die
ingelaufenen Gaben, 385 Dollars 18 Cents, für
ülfsbedürftige Emigranten längst nicht ausreichten
o übernahm der Haushalt die Hauptunterstützung
m Betrage von 782 Dollars 77 Cents. Wie ir
rüheren Berichten bemerkt. war das alte Emiagron
tenhaus für den Andrang von Passagieren mit der
Zeit nicht mehr groß genug, und hat das Bedürf—
niß nach mehr Raum den Berwaltungsrath der
Anstalt bestimmt, einen Anbau aufzuführen. Eg
wurden von vielen Freunden zu dem Behuf Bei—
träge eingesendet im Gesammtbetrag von 4400
Dollars, und steht jetzt der Neubau in seiner Voll⸗
endung da, 42 bei 28 Fuß und 5 Stoch hoch,
mit einem Kostenaufwand von 16,951 Doll. 42
Cents, sowie MobiliarEinrichtung von 1733 Doll.
77 Cents. Die ganze Schuld, welche auf der
Anstalt lastet, beträgt 13,9000 Doll. Das Haus
hat jetzt hinreichend Raum, um 300 bis 400 Gäste
bequem und anstandig zu beherbergen.
Originelles Heirathsgesuch.
Ich wünsch' ein Weib nach miittlerer Art,
Nicht allzu plump, nicht allzu zart,
rRicht allzu jung, nicht allzu alt,
Nicht allzu heiß, nicht allzu kalt,
Nicht allzu grok, nicht allzu klein,
Nicht allzu grob, nicht allzu fein,
Nicht allzu hart, nicht allzu weich,
Nicht allzu arm, nicht allzu reich,
Nicht allzu kühn, nicht allzu blöd,
Nicht allzu frei, nicht allzu spröd,
Nicht allzu klug, nicht allzu dumm,
Nicht allzu laut, nicht allzu stumm,
Ich wünsch' ein Weib, das mich als Man
Bis in das Alter lieben kann.
Nicht eines, das an Ahnen reich,
Nur mir an Gut und Blute gleich;
Ein Weib, das für die Tugend brennt,
Nicht alle seine Gaben kennt;
Ein Weib, das, was sie auch begehret,
Zuerst des Mannes Willen ehret,
Das mit der Wirthschaft wohl vertraut,
Stets auf den Ruhm der Küche schaut;
Ein Weib, als Krone für den Mann,
Das sammeln und das sparen kann,
Aufs Wohl des Hauses nur bedacht,
Nicht nascht und keine Schulden macht.
Ein Weib, das sich aufs Haus beschränki
Und nicht blos an Vermögen denkt.
Nicht bald im Staat und bald im Schmu—
Nur Sonntags glänzt im Flitterpuß;
Ein Weib das Schwächen übersieht,
Und selbst aus Unkraut Honig zieht,
Und lieber Unrecht trägt, als thut,
Und nie verliert den heitern Muth.
Ein Weib, das theilend Freud und Leid
Ihr Brod ißt mit Zufriedenheit!
Marktberichte.
Zweibrücken, 17. Dezember. (Fruchtmittelpreis undVit
tualienmartt.) Weizen O M. — pf., Korn 7 M. 20 P
Gerste zweireihige d M. — Pf., vierreihige d M. — V
Spelz d M. — Pf., Spelzlern — M. — Pf., Dinkb
oHe. — Pf., Mischfruht d M. — Pf., Hafer 69
29 Pf., Erbsen M. — Pf., Wicken 0O M. — pf
Heu 3 M. — Pf., Stroh J.Qual. 2 M. 40 Pf., II. Qua
M. 80 Pf., Kartoffeln 1 M. 60 Pf., Weißbrod 17 Kil
50 Pf., Kornbrod 3 Kilo 60 Pf. Gemischtbrod 3 Kit
75 Pf., paar Weck 90 Gr. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual
sd pf. n Qual. 56 Pf. Kalofleisch dd Ph Hanmel
fleisch 60 Pf., Schweinefleisch 830 Pf., Wein J Liter 80 vf
Bier 1 Liter 24 Pf., Butier /3 stilogr. 1 M. 20 pi.
Homburg, 16. Dezember. (Fruchtmittelpreis und Vit
tualenmarth Weizen 6 M. 75 Pf., Korn 7 M. 80 8.
Spelztern — M. Pf., Spelz O M. — Pf., Gersu
Zreihige d M. — pf. Gerste Areihige O M. — Pf.
Hafer6 M. 83 Pf., Mischfrucht 7 M. 30 Pf., Erbsen
Di. — Pf, Wicen d N. — Pf. Bohnen 0,R
— ppf, Kleesamen — M. — pf., Kornbrod 6 Pfun
60 Pfr Gemischibrod 6 Pfund 72 Pf., Ochsenfleisch --P
Rindfleisch 0 PfrKalbfleisch zo Pf, Hammeleiscn — P
Schweinefleisch d Pf.. Butier 1 Pfund 1 M. 0os
Nartoffeln per Zentner 1 M. 70 Vj
Fur die Redaktion verantwortlich: F. XR Demes.
Kleiner Einsatz! — Großei
Gewinn!
Für nur 2 Martk eventuell ein Vermögen bor
Mari 120,000 ber 70,000 Mt., 80 000 Mart
20600 Vil. 10000 VHil. ec. bei der Deggendorfe
Ziehung ohne Verschub nächsthin Donnerstag —.
Januar. Für 20 Mt. 11 Loose.