Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hügel aus Laumersheim wurde ein Stipendium 
von 400 Mark verliehen. 
— Grünstadt, 2. Jan. Vergangene Nach— 
wurden dem Schuhmacher Simon Tresch aus einem 
berschlossenen Schranke 500 Mt. gestohlen. 
ι 
Bermischtes. 
F Mannheim, 2. Januar. In der Sh'— 
vesternacht machte ein hier zum Besuch sich aufhal— 
tender junger Mann, Namens Karl Schultze aus 
Landau auf dem Aborte der Brauerei Hochschwender 
einen Selbstmordversuch. Während dem feierlichen 
Selaute der Glocken um die Mitternachtsstunde setzte 
fich der Selbstmordkandidat einen scharf geladenen 
Revolver auf die Stirn und drückte los. Die Kugel 
prallte jedoch ab und nahm ihren Lauf unter der 
Kopfhaut durch, ohne jedoch das Gehirn zu verletzen. 
Der junge Mann wurde nach dem Ällgemeinen 
Krrankenhause verbracht, jedoch ist keine Gefahr für 
sein Leben vorhanden. — Am gleichen Abend machte 
sich in der Wirthschaft „Zur Eintracht“ ein junger 
Mann Namens Riehle mit einer Pistole zu schaffen 
die er vorher verschiedene Male versuchte loszufeuern. 
Scherzweise sagte die Kellnerin, die Waffe ginge ja 
doch nicht los, worauf Riehle die Pistole gegen sie 
richtete uud losdrückte. In diesem Augenblicke 
krachte der Schuß und traf das Mädchen oberhalb 
des linken Auges. Besinnungslos wurde das Mäd⸗ 
chen, für dessen Auge Gefahr vorhanden ist, in das 
Allgemeine Krankenhaus verbracht, während der 
Thäter verhaftet wurde. 
FFrankfurt a. M., 29. Dez. Eine recht 
nette Christbaumbescherung hatte sich ein hiesiger 
Fabrikbesißer für seine Geliebte ausgedacht, alsser 
ihr einen Christbhaum mit 160 Zehnmarkstücken 
schmückte. Er ließ das Bäumchen über Nacht in 
seinem Bureau, als er es aber am andern Morgen 
wegschicken wollte, waren sämmtliche Zehnmarkstuück⸗ 
verschwunden und damit der Schmuck nicht qänzlich 
fehle, hatte eine unbekannte Hand lauter neue Zehn. 
pfennigstücke daran angebracht. Man weiß bis jetz 
noch nicht, wer sich so viele Mühe genommen hat. 
Frankfurt a. M., 8. Januar. In der 
Neujahrsnacht ging es hier sehr stürmisch zu. Gs 
wurde viel geschossen, und man konnte fast glauben, ein 
Straßenkampf sinde statt. Schlägereien kamen in 
Menge vor. An der Konstablerwache rotteten sich 
einige hundert Menschen zusammen und ließen die 
Wache hochleben. Dieselbe trat ins Gewehr und 
lud scharf. Mit der größten Energie wurden die 
Eredenten auseinandergetrieben und jeder, welcher 
der Aufforderung, fich zu entfernen, nicht folgte, 
eingesteckt. Gegen 8 Uhr kamen zwei junge Leute 
aus Bockenheim in die „Stadt Ludwigẽburg“, wo 
die Gäste mit ihnen Händel anfingen; der Eine 
der Beiden wurde durch einen Stich in die Lunge 
lebensgefährlich verlegßt. Im ‚Weißen Löwen“ 
spielte ein Gast mit einer blind geladenen Pistole. 
Der Schuß ging los und verbrannte einem Gafsf 
das Gesicht. 
FeFrankfurt, 2. Januar. Heute wurde 
beim hiesigen Landgerichte zum ersien Mal eine 
Ehe auf Zeit (auf zwei Jahre) getrennt. 
F Der Chef eines größeren Geschäftes in 
Frankfurt a. M. machte gelegentlich des 
Weihnachtsfestes die Entdeckung, daß sein lang⸗ 
jähriger Kassierer ihn auf eine höchst eigenthümliche 
Weise betrogen habe. Laut Vertrag bezog der 
Kassierer ein festes Gehalt von 3000 Hraark. 
Außerdem verpflichtete sich der Prinzipal, bei Ver⸗ 
größerung der Familie des Kassierers eine Jahres 
zulage von 300 Mk. zu zahlen. Seit nunmehr 
elf Jahren ist der Vertrag in Kraft. Dem Kas—⸗ 
sierer wurden in dieser Zeit fünf Kinder geboren 
und bezieht er für dieselben eine jährliche Zulage 
von 1500 Mk. — Am heiligen Abend hatfe sich 
der Prinzipal des Kassierers vorgenommen, letzteren, 
einen langjährigen treuen Diener, in seinet Wohn⸗ 
ung im Kreise seiner Familie zu überraschen und 
den Kindern sowohl als ihm und seiner Frau eine 
Weihnachtsfreude zu machen. Unverhofft trat er 
dort ein. Er fand seinen Kassierer und dessen 
Gattin, sowie zwei Kinder fröhlich beisammen. 
Selbstverstäudlich erkundigte er sich nach den üb— 
rigen drei Kindern. Bei dieser Frage wurde der 
Kassierer und dessen Gattin sehr bestürzt. Der 
Kassierer stammelte etwas von verreist. Da jedoch 
der Chef sah, daß hieran irgend ein Häckchen sich 
befinden müsse, so forschte er genauer nach und 
ermittelte endlich, daß der Kassierer nie mehr als 
zwei Kinder besessen habe. Die Geburt der drei 
anderen hatte er dem Chef vorgeschwindelt, um die 
lontraltmaßige Gehaltserhöhung don je 300 Mark 
zu erlangen. Der betreffende Geschäftsinhaber iß 
nach seiner Ausrechnung 2mal um 300 Mart 
2ual um 600 Mark und 1mal um 900 Mari 
also im ganzen um 2700 Mark betrogen worden 
Obgleich ihn diese Unredlichkeit seines Dieners sehr 
erstaunte, entließ er ihn nicht. (M. T.) 
F Wie der Darmstädter „T. A.“ aus guter 
Quelle erführt, hat das königliche Polizeiprä— 
sidium zu Frankfurf ein Schreiben nach 
Darmstadt gelangen lassen, in welchem Herrn Po— 
lizei⸗Assessor Seim für die ven demselben ange 
dellten Ermittelungen, welche wesentlich zur Ueber 
führung des Mörders Lieske beigetragen, besonder— 
Anerkennung ausgesprochen wird. (eber die Ver⸗ 
theilung der 10,000 Mti. an die bei der Festnahmt 
des Moörders Betheiligten ist immer noch nichts 
Definitives bekannt, bemerlt hierzu die „F. Ztg.“) 
F In angenehmem Gegensatz zu dem Erusie, 
mit welchem die Kämpfe für und wider das 
Branntweinmonopol in den Kreisen unserer Poli 
iker ausgefochten werden, steht folgendes Idyll 
rus dem Zuchthause des schweizerischen 
santons Freidurg. Der Direktor dieser Staats⸗ 
instalt ist nämlich Resaurateur, und hat insofern 
ein Schenkmonopol, als die Herren Sträflinge nur 
bei ihm trinken dürfen. Habden sie Geld, so gibt 
er ihnen das ersehnte Maß unbeschränkt, oft auch 
anf Kredit. Freilich kam es auch dabei vor einigen 
Jahren zu einer angenehmen Szene, indem die 
»etrunkenen Sträflinge eines Tages ihren Direktor 
zurchprügelten, wobei er von der Schußwaffe Ge— 
prauch machte. Neuerdings wird aus diesem fidelen 
Befängniß Folgendes gemeldet: Ein verurtheilter 
Mörder erhielt kürzlich auf 14 Tage Urlaub, um 
eine Schwester in Lausanne zu desuchen; er über⸗ 
chritt seinen Urlaub und mußte geholt werden. 
Neuerdiugs befindet er sich wieder auf Urlaub in 
rausanne, um seine Gesundheit zu pflegen. 
FAugsburg, 2. Januar. (Preßjubi⸗ 
'äum.) Ein seltenes Jubiläum feierte gestern die 
„Augsburger Poftzeitung“. An diesem Tage waren 
jeit ihrer Gründung 200 Jahre verflossen. Dit 
anläßlich dessen ausgegebene Festnummer enthäl' 
auf der ersten Seite das Facfimile einer Columne 
des Blattes vom 11. März 1707, die ältesten 
Nummer, welche heute noch erreichbar war. Herr 
Johann Georg Fußenecker hat in gelungener Weise 
nnen Abriß der Geschichte des Blattes gegeben. 
In demselben macht er es höchst wahrscheinlich, daf 
die „Postzeitung“ eigentlich älter ist als 200 Jahre 
und bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderta 
uurückreichen düürfe. Von 1707 bis jetzt hatte das 
Blatt sieben Verleger. 74 Jahre erschien es im 
Verlage von J. A. Moy, seit 1858 gehört es be— 
kanntlich Herrn Dr. M. Hutiler. Die „Postzeitung“ 
ist das älteste katholische Blatt Deutschlands. 
F München, 30. Dez. Was der Münchener 
Durst felbst zur Winterszeit zu leisten vermag, be⸗ 
veist die Thatsache, daß gestern Abend im Hofbräu— 
zause innerhalb 20 Minuten drei große Banzen 
Beer von je 150 Liter ausgeschänkt wurden. 
FMäünchen, 1. Januar. Katasterre— 
wbationsmessungen in der Pfalz 
Rachdem im rechtsrheinischen Bayern schon vor 
Jahren mit der Neuaufnahme größerer Städte be⸗ 
jonnen wurde, wird nunmehr auch in der Pfalz 
zur Plan⸗ und Katasterrenobation geschritten. In 
erster Linie sind es die Städte Kaiserslautern 
Ludwigshafen, Landau, und St. Ingbert, welche 
in Angriff genommen werden, da deren Kataster- 
tlaborate in Folge der zahlreichen Ummessungen und 
Besißveränderungen den gesteigerten Anforderungen 
aicht mehr entsprechen. Die hiezu nothwendigen 
Beldmittel sind im Budget des i. Katafterbureau 
borgesehen und wurden vom Landtag ohne Abstrich 
bewilligt. Als Maßstab bleibt der bisher üblicht 
beibehalten und nur dann wicrd ein größerer ge⸗ 
vaͤhlt, wenn die hiedurch bedingten Mehrkosten von 
»en bezüglichen Städten getragen werden. Diesc 
Mehrkosten sind aber verhältnißmäßig sehr gering, 
denn sie erstrecken sich lediglich auf die Kartirung 
und Lithographie. 
fMünchen, 8. Januar. (Ein guter 
Magen.) Gestern Nachmittag machter sich einige 
Herren den Spaß, einen von einer Verloosung in 
einer benachbarten Wirthschaft herrührenden Christ 
baum, an welchem noch Obst ꝛc. hing. dem Ele⸗ 
phanten in der Bach'schen Menagerie zu prasentiren 
Derselbe riß zuerst einige Aepfel ab; da ihm die 
aber, wie es schien, für seinen Appetit zu langsam 
ging, nahm en plötzlich den ganzen Baum, riß 
Zweig um Zweig ab und verzehrte dieselben und 
schließlich selbst den Stamm mit bestem Appetit 
nur daa Brett, auf welchem der Baum festgemach 
war, ließ er liegen. 
F München, 2. Januar. Mit Ende des 
Jahres 1885 ergab die Sammlung zur Errichtung 
eines Landes⸗Denkmales zu Worth · Fröschweiler 
für die im Jahre 1870 71 in Frankreich gefallenen 
Bayern eine Summe von 54,339 Mk. 5 Pfg. 
F Gmünd, 1. Januar. GEin junger Mann, 
der von der Polizei, als er das Neujar anschoß, 
auf frischer That ertappt wurde, hat sich, wie man 
dem Stuttgarter „N. T.“ schreibt, aus Angst vor 
der zu gewärtigenden Strafe erschossen. 
F Ueber eine Blutvergiftung mit tödt⸗ 
lichem Ausgang wird aus Charlottenburg 
berichtet. Die Frau eines dort in der Kirchstraße 
wohnenden Maurerpoliers H. hatte ihrem Manne 
als Weihnachtsüberraschung ein Paar Hausschuhe 
zestickt, bei welcher Arbeit sie neben anderer, auch 
diel grüne Wolle verwendete. Während der Arbeil 
hemerkte Frau H. plötzlich am Daumen der linken 
dand eine kleine Blase, die sie, ohne ihr weiter 
Beachtung zu schenken. mit der Stecknadel aufstach; 
dann fuhr sie zu arbeiten fort. Unmittelbar darauf 
fühlte Frau H. einen brennenden Schmerz in der 
Hand und spaͤter im Arm, so daß sie schließlich 
einen Arzt konsultiren mußte. Derselbe konstatirte 
eine Blutvergiftung, die bereits so weit vorge⸗ 
chritten war, daß alle Bemühungen sich als ver⸗ 
geblich erwiesen. Die Aermste ist jeßt unter den 
fürchterlichsten Schmerzen an den Folgen der Blut⸗ 
vergiftung verstorben. 
F Ein ereignißreiches Jahr hat ein 
in Grimma wohnender Maurer hinter sich. 
Derselbe erschien wahrend des einen Jahres sieben 
Mal vor dem dortigen Standesbeamten. Am 5. 
Januar 1885 wurde ihm eine Tochter geboren, am 
20. Februar starb seine Ehefrau, am 18. April 
1885 fiarb das am 5. Januar geborene Kind, am 
30. April 1885 erschien er zum neuen Aufgebot, 
am 24. Mai 1888 wurde wieder die Ehe geschlossen, 
am 9. Dezember 1885 aus dieser Ehe wieder ein 
stind geboren und am 10. Dezember 1888 ist 
dieses Kind wieder gestorben. 
F Die an der kgl. technischen Hochschule in 
Berr;lin gegenwärtig zugelassenen Korps sind einem 
vom Rektor und Senat gefaßten Beschlusse gemüß 
perboten worden. Zwistigkeiten, welche bei dem 
letzten Rektor-Kommers der Studierenden der Hoch⸗ 
schule zwischen dem Korps Rheno ⸗Guestphalia und 
der freien Verbindung Thuringia zuerst ausbrachen 
und sodann die gesammte Studentenschaft ergriffen, 
haben den Anlaß zu diesem aus den Kreisen der 
Studentenschaft selbst erbetenen Schritte des Senats 
zegeben. Der Wortlaut des Beschlusses ist nach 
dem „B. Tgbl.“ der folgende: „Nachdem der 
Senat die Ueberzeugung gewonnen, daß das Be⸗ 
stehen der gegenwärtig zugelassenen Korps Silesia, 
Borussia, Cheruscia, Rheno-Guestphalia, Saxonia 
die Disziplin an der koniglich technischen Hochschule 
gefährdet, beschließt derselbe, die genannten Korps 
auf Grund des 8 30 der Vorschriften für die 
Studierenden der königlich technischen Hochschule 
zu Berlin von 3. März 1880 zu verbieten. Rek⸗ 
tor und Senat: Dobbert.“ 
fF Der Konkurs über das Vermögen der 
verwittweten Frau Dr. Bertha Schulze-De⸗ 
litzssch geb. Jacobs hat dem „B. Tgbl.“ zufolge 
seine Beendigung durch einen dieser Tage von den 
Gläubigern einstimmig angenommenen Akkord 
gefunden. 
Anläßlich des 25jährigen Regieruugsjubiläums 
des Kaisers hat, wie dem „Fr. J.“ zufolge, der 
Sohn einer Altfrankfurter Familie der Frankfurter 
Stadtbehörde ein Standbild des Kaisers 
aus Bronze angeboten. Nach dem Wunsche des 
Stifters soll die Statue auf die zukünftige Fuß⸗ 
zängerbrücke — die jetzige Eisenbahnbrücke ober- 
halb des ehemaligen Grindbrunnens — so zu stehen 
kommen, daß der Blick des Kaisers auf die Stadt 
füllt. Das Standbild des Deutschen Kaisers soll 
ein Gegenstück zur Statue des Kaisers Karl auf 
der alten Mainbrücke bilden. Der hochherzige 
Schenker des Kaiserstandbildes hofft, daß sich noch 
mehr Mitbürger zu ähnlichen Schenkungen veran⸗ 
laßt sehen möchten. 
(Eine Wrangel-Anekdote.) Wrangel, 
her streng auf eine fachgemäße Ausdrucksweise hiell, 
chärfte unter anderm seinen Kürassieren ein, den 
Sattel stets „Bock“ zu nennen. Eine Umgehung 
dieses terminus technicus konnte ihn höchlichst er⸗