Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒxt. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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St. Iuaberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich fuuftealr Am Montag, Dienstag, Donunerstag, Samstag und Sonnmtag; 2mal wochemlich mit Unterha nuung⸗ 
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21. Jahrg. 
M 29. Donnerstag, 11. Februar 1886. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 8. Febr. Im Finanzausschuß 
eginnt heute die Berathung des Justiz ˖ Etats, im 
3. besonderen Ausschuß die Berathung des Soden'⸗ 
chen GesetzEntwurfs. betr. die Errichtung einer 
Robiliar· Brandversicherungsanstalt. 
Muünchen, 10. Febr. Am Dienstag setzte 
ie Abgeordnetenkammer die Spezialberathung des 
zultus⸗ und Unterrichts-Etats fort. Bei der Po⸗ 
ition: Industrieschulen wurde der Ausschußantrag 
juf Aufhebung einer derselhen: Kaiserslautern oder 
Augsbutg, mit 71gegen 61 Stimmen augenommen. 
gegen die Aufhebung stimmten Linke und Konser 
sative. Minister Lutz sprach für Erhattung der 
zchule in Kaiserslautern. (Die Kammer der Reichs⸗ 
iͤnhe wird den „Patrioten“ in dieser Angelegenheit 
icherlich nicht folgen.) 
Muͤnchen, 10. Febr. (Abgeordnetenkammer.) 
zu Bezug auf das Brannwein⸗Monopol erklärt 
Pinister v. Riedel, Bayern werde aus dem Mo⸗ 
vopol jährlich 20 — 30 Millionen Mark Einnahmen 
schopfen. Die Kl inbrenner würden nicht geschädigt. 
hade Norddeutschland das Mouopol, so sei Bayern 
holict und ein Grenzkordon mitien durch Deuisch⸗ 
and für Getränke, auch für Bier gezogen. Bayern 
werde noch nachfolgen müssen. Ein besseres Steuer 
bjelt als den Branntwein gebe es nicht. Mit 
den Einnahmen aus dem Monopol können Steuer- 
etleichterungen eintreten, auch für die Gemeinden 
zͤnne besser gesorgt werden. Der Minister sagt, 
nan solle abwarten, bis alles Material vorliege 
Es sind noch 12 Redner vorgemerkt. 
Berlin, 8. Febr. Man erwacrtet hereits 
Rorgen die Einbringung der ersten Serie der auf 
xen Schutz des Deutschthums in den östlichen 
—XT 
m Ganzen um sechs Gesetzentwürfe, von welchen 
der die Kolonisation betreffende wohl der bedeut- 
jamfste sein wird; dieser sowie drei weitere, welche 
die Anstellung der Lehrer, die Schulversäumnisse 
ind die Anstellung von Impfärzten behandeln dürf⸗ 
en, werden zuerst eingebracht werden. 
Berlin, 10. Febr. Es ist eine offizielle An⸗ 
tage der franzöfischen Regierung wegen Betheiligung 
deutschlands an der Pariser Ausstellung im Jahrr 
1889 eingetroffen. 
Paris, 8. Febr. Der Gerichtshof von Amiens 
hat in feierlicher Sitzung entschieden, daß der Ehe 
ines katholischen Priesters keinerlei gesetzliche Ehe⸗ 
jindernisse im Wege stehen sollen. Es bleibt ab⸗ 
uwarten, wie sich der oberste Gerichtshof zu dieser 
zöllig neuen Entscheidung verhalten wird. 
London, 8. Febr. Heute Nachmittag ver⸗ 
ammelten sich auf dem Trafalgar⸗-Square 10,000 
jeschäftigungslose Arbeiter, allein die Polizei suchte 
das Meeting zu verhindern. Burns, ein Führen 
der Sozialifiten, trug eine rothe Fahne und hiell 
»ine Ansprache, worauf ein Handgemenge zwischen 
Sozialisten und AnfisSozialisten erfolgte. Die 
Sozialisten blieben Sieger und die Führer derselben 
nestiegen die Stufen des Reform⸗Club und des 
Carlton⸗ Clud und hielten heftige Reden gegen die 
Mitglieder derselben. Viele Fenster wurden einge⸗ 
ichlagen. Der wüthende Mod zog dann Saint 
James Street und Piccadilly entlang, um im Hyde 
hark ein Meeling abzuhalten. Die Fenster der 
Cluss wurden eingeworfen. Laden beschädigt, die 
Geschäfte der Weinhändler angegriffen und deren 
Inhaͤlt gestohlen. Fuhrwerke und zahlreiche Fuß⸗ 
zänger warden angehalten und letziere mehrfach 
hrer Werthsachen beraubt. Nach genügend ange⸗ 
jogener Verstärkung stellte die Polizei die Ordnung 
wieder her, wobei zahlreiche Verhaftungen stattfanden. 
London, 9. Febr. Sehr bedeutende Ver⸗ 
wüstungen durch Ruhestörer fanden hier statt. Ein 
nehrere Tausend zählender Menschenhaufen zer⸗ 
rümmerte auf dem Wege vom Trafalgarsquare 
nach dem Hydepark die Fenster fast eines jeden 
dauses; die Laden der Goldarbeiter und Juweliere 
uͤtten erbeblichst, einzelne Ladenbesitzer schützten sich 
mit Revolvern bewaffnet, andere verloren eine großt 
Menge Werthsachen durch die plündernde Bande 
London, 9. Febr. Alle Blätter beschuldigen 
die Sozialisten, daß sie die gestrigen Ruhestörungen 
defördert haben, gleichzeitig wird darüber geklagt 
daß die Polizeimacht ungenügend war, um die 
Ruhestörung im Keime zu ersticken. — Die ‚Times“ 
zerlangt die sofortige Verhaftung der Sozialisten⸗ 
ührer Hyndman und Burns. Aus den neuesten 
Berichten geht hervor, daß das Zerstören und 
Blündern der Läden ohne Auswahl erfolgte. Mehrere 
zuweliere und Goldarbeiter haben Waaren im 
Werthe von Hunderten von Pfund verloren; zwe 
deute wurden auf der Straße ihrer Uhren beraubt 
F Merzig, 9. Febr. Herr Wirth und 
Dekonom Heinrich Tholl besitzt ein 28 Mongat altes 
Mutterschwein, welches das seltene Gewicht von 5 
Zentner und 12 Pfund besitzzt. 
* Ein schlechter „Fastnachts⸗- 
scherz“.) Wie man der Kobl. Zig.“ berichtet. 
erschien in D. an der Mosel am Abdend des 3. d. 
M. bei einem Aderer, der selbst sich außerhalb auf 
Reisen befand, eine maskirte Mannsperson in Teu— 
felskostüm; in dem Zimmer bezw. Hause befand 
fich nur die Frau des Hauses und eine Nachbarin. 
Die Gestalt setzte sich stumm auf einen Stuͤhl an 
der Stubenthür, und nachdem sie dort etwa eine 
halbe Stunde gesessen, entfernte sie sich wieder 
lautlos. Die Frauen vermochten aus Furcht und 
Angst kein Wort von sich zu geben und verharrten 
still auf ihren Plätzen. In der Nacht war der 
Mann nach Hause zurückgekehrt, und als man am 
Morgen im Siornstein nachsah, nahm man wahr. 
daß sümmtliche dort zum Räuchern aufgehängt 
zewesenen Schinken ⁊c. veischwunden waren. 
Diebe haben also, während sich die verkappte Ge⸗ 
salt im Zimmer befand und die einzigen im Hause 
anwesen den Personen im Schach hielt, den Schorn⸗ 
stein vollständig seines Inhaltes entleert. 
. Köhn, 9. Febr. Der zweite Hauptgewinn 
von 300,000 Mt. der 178. königl. preuß. Klafsen- 
lotterie fiel in eine Kolleklke nach Köen. Von dem 
betreffenden Lose spielten ein Metzgermeister in 
serefeld und ein Handelsmann in Hüils ein Viertel. 
FGurch Erkältung erblindet.) Ein 
junger Mann in Frankfurt, der unlängst auf dem 
Eise eingebrochen war, büßte infolge der Erkaältung, 
die er sich dadurch zuzoz, das Sehvermögen auf 
beiden Augen ein. Es soll keine Hoffnung vor⸗ 
handen sein, dem Unglücklichen das Augenlicht wie⸗ 
der zu verschaffen. 
F. Einsturz) Aus Stuitgart, 9. Februar 
meldet man: In einem Wirthschaftsgebäude auf 
dem Gute des Freiherrn von Varnbühler in Hem⸗- 
mingen stürzte die Decke ein. Ein Aufseher und 
ein Arbeiter wurden getödtet, ein Dritter schwer 
verletzt. Außerdem wurden 12 Stück Vieh erdrückt. 
fLeipzig, 4. Februar. Hinsichtlich des 
Duells hat das Reichsgericht die wichtige Entscheid⸗ 
aung gefällt, daß außer den Duellanten auch die 
Theilnehmer des sogenannten Ehrengerichts straf⸗ 
rechtlich zur Verantwortung herangezogen werden 
koͤnnen. Das Landgericht zu Schwerin hatte vor 
einiger Zeit drei Theilnehmer eines solchen Ehren⸗ 
gerichts wegen Beihilfe zum Zweikampf zu je 4 
Wochen Festung verurtheilt, weil dieselben einem 
Duellanten die Vorschrift gemacht hotten, daß er 
sich innerhalb sechs Wochen auf Säbel „einzupauken“ 
habe. Die seitens der Verurtheilten beim Reichs 
gerichte eingelegte Berufung ist unter Anerkennung 
des oben zitirten Rechtssatzes verworfen worden. 
7 Als Folge der in der Polendebatte gerühm⸗ 
ten Schönheit der Polinnen bringt der 
ultramontane „Westf. Merkur“ das nachstehende 
Heitathsinserat: „Ein Kaufmann von flattlichem 
Aeußern, 33 Jahre alt, mit groß em Geschäfte und 
zroßem Vermögen, sucht, angeregt durch die letzten 
Zammerdebatten, sich zu verehelichen. Da sammt- 
liche Rebner, besonders auch Se. Durchlaucht der 
Hert Reichskanzler, die Ueberlegenheit der Polinnen 
anerkannten, so reflektirt Suchender nur auf einet 
Polin. Dieselbe braucht kein Vermögen zu besitzen, 
muß aber eine schöne Figur haben und im Altei 
pon 17 bis 20 Jahren stehen. Grf. Offerte sub 
A. M, 100 besorgt die Exp. d. Bl.“ 
Ausssland. 
Wien, 9. Febr. Mehrere französische Offi⸗ 
ere haben Urlaubsdomizil in Graz genommen, 
im die deutsche Sprache zu erlernen. Auch in 
mderen Städten Oesterreichs sollen im Auftrage 
xr Regierung französische Offiziere sich zu gleichem 
wecke niedergelassen haben. 
Paris, 8. Febr. Rochefort hat in Folge 
er von der Kammer mit großer Mehrheit beschlosse⸗ 
jen Verwerfung seines Annestie — Antrags seinen 
kücktritt aus der Deputirtenkammer erklärt. (Er 
jatte seinen Wählern die Annestie versprochen; nun 
xeseinen Antrag nicht durchzusetzen vermocht, tritt 
telieber zurück. Im Theater des Chateau d'Eau 
durde eine von Louise Michel veranstaltete Ver- 
ammlung gehalten, zu der sich an 4000 Personen 
ingefunden hatten. Alle Redner ergingen sich in 
Anpreisungen von Mord unter dem Zujauchzen der 
Juhdrer. — Der Senat hat Act. 12 des Schul- 
esetzes, welcher die Geistlichen aus der Schule 
augschließt, mit 164 gegen 105 Stimmen ange— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
[JI Schnappach, 10. Febr. Im Verlaufe 
des Monats Januar sind dahier sieben Personen 
(2 Erwachsene und 5 Kinder unter 10 Jahren 
gestorben. Geboren wurden zehn und zwar 5 
nännlichen und 5 weiblichen Geschlechts. 
— Vom Gebirg, 9. Febr. Der Besitzer 
der Thalmühle bei St. Martin verlor gestern einen 
Finger durch einen Schuß, welchen sein Knecht auj 
hn abgab. 
— Deidesheim, 9. Febr. Der Beschluß 
des hiesigen Stadtrathes, Verbot des Ausschankes 
von Bier mittelst Pressionen betreffend, erhielt von 
hoher kgal. Kreisregierung die Bestätigung. 
Nermischtes. 
F In Penzenhofen legte sich eine Dienst 
magd in den noch warmen Backofen, um zu schlafen 
Am anderen Morgen fand man sie todt 
unen.