Battin in Zukunft nicht einmal gegen zehn Ochsen
Zieder vertauschen zu wollen. —90
Mannheim, 6. Januar. In Baezug des
Mordes der Margaretha Ries, worüber beinahe
in ganzes Jahr verflossen. ist die Untersuchung
pieder aufgenommen worden, da fich wichtige
Anhaltspunkte, die sich auf den der? räuberischen
rẽrpressung wegen im hiesigen Amtsgefaͤngniß in ·
aftirien Schuhmacher Knaus beziehen, ergeben
aben sollen
F (Der Carnebal und die Damen.) Vom
Nainz er Carneval-Verein ist folgender origi⸗
lelle Mahnruf an das schwache Geschlecht“ er⸗
angen: Die Faschingszeit ist im Anzuge! Manches
hoñe Auge wird fich dei diesem Gedanken trüben
wvegen der Erfahrungen, welche sich für unsere
olde Närrinnen an diese Zeit knüpfen. — Vom
MNadchen reißt sich los der Knabe, der Ehegatte
olgt dem Beispiel Leonorens und fährt um's
Hiergenroth — nach Hause; der Bräutigam wird
targer in den Betheuerungen und Aeußeruungen
einer Liebe; heirathsfähige Junggesellen entziehen
ich ganz dem Beruf. zu dem Natur sie eigentlich
— —— Sippe, welche fich in eitler
Selbsiüberhbung „Herren der Schoͤpfung“ nennt,
st wie von einem Taumel erfaßt, welcher den hei⸗
igsten Familien- und Liebesbanden gefährlich zu
den droht. Diesmal aber hat sich das Blatt
gewendet, uͤnd in Euren kleinen Patschhändchen
segt die Macht, die guünstigste Situation auszu-
nußen. Das diesjährige Komite, strotzend von
inerlichkeit und Galanterie, hat beschlossen, Euren
deberechtigten Wünschen, Bitten, Forderungen und
dlagen willig Ohr zu leihen. Gleichberechtigung
Feider Geschlechter ist die stolze Devise, welche unser
Banner ziert. Nicht mehr ausgeschlossen sollt ihr
ein von der Fülle der Vergnügungen, die in toller
dast sich drangen werden, nein iveilnehmen sollt
Ihr an allem, was da kommt. Ihr sollt den
Hianz der Festlichkeit erhöhen und den schäumenden
gecher der Freude bis zur Nagelprobe leeren.
Farnebalistische Konzerte. Damensitzungen, Bälle,
Jahrmarkt, sowie eine ungeahnte Masse groͤßerer und
eincrer Usberraschungen zieren, wie wir Euch be⸗
reits heute unter dem Siegel der Verschwiegenheit
nittheilen kͤnnen, unser Programm. Ihr seht
zun waß wir planen, und wenn Ihr wollt, so
jaben wir einen Carneval, wie ihn praͤchtiger,
lanzdoller und großartiger die ehrwurdigen Mauern
Moguntia's noch nicht sahen. Darum auf! Unter⸗
lüht uns. Zeigt uns. daß Ihr Galantetie zu
vurdigen wißt! Seid mit ganzem Herzen bei der
Sache, aber nicht mit dem Herzen allein, leiht
ins auch Eure Zunge, jene furchtbare Waffe, welche
ine gütige Vorsehung dem Weibe verlieh. Ent-
vickeli jene hinreißende, unwiderstehliche Beredsam ·
eit, die Euch schon so oft zum Sieg verhalf.
Benühtzt das ganze reichhaltige Arsenal weiblicher
Waffen, Zärtlichkeit, Schelmerei, Kokeiterie, Schaltl ⸗
haftigkeit, Schmollen, Trotzen, Thränen. Kein
Millel laßt unversucht, bis das Opfer besiegt und
eumüthig am Boden liegt und dann auf Flügeln
der Liebe dahineilt, um sich mit Kappe und Stern
zu schmücken und so gleichsam Eure Farben zu
ragen. Eine jede von Euch stelle ihren Mann!
Das goldene Zeitalter wird wiederkehren, die ge
ammie Männerwelt anbetend Euch zu Füßen liegen
und allen voran, Das Komite.“
Konstanz, 4. Januar. Wie gerüchtweise
nitgetheilt wird, soll das Urtheil des Kriegagerichts
iber Lieutenant Hellwig, das zur Zeit dem Kaiser
ur Bestätigung vorliegl. auf 4 Jahre Haft (wegen
duells) und Russtoßung aus dem Heere (weqen
cͤbrenwortbruches) lauten.
Stuttgart, 5. Januar. Ein franzoͤfischer
handlungsreisender, welcher gestern Abend ein hie⸗
iges Case chantant besucht hatte, fiel beim Nach⸗
auseweg in angeheitertem Zustand auf unerklär⸗
zare Weise in einen Schacht des Nesenbachs, aus
welchem er sich nicht mehr herausarbeiten konnte.
ẽer schritt tastend auf dem unaussprechlichen unter⸗
rdischen Wege fort, verlor Mantel, Hut und Schirm
in dem schlammigen Wasser und gelangte unter
ammerlichen Hilferufen, deren Quelle die Nach-
arn nicht zu enträthseln vermochten, unterirdisch
dis zur königlichen Hofgärtnerei im botanischen
Barten, wo er morgens früh 8 Uhr von Hofgärtner
Fhmann halbtodt ob des ausgestandenen Schreckens
u Tage gefördert wurde. Wachen und Schloßbe⸗
dienstese haben die kläglichen Hilferufe gehört,
konnten denselben aber nicht auf die Spur kommen.
München Das Staagtsministerium des
Innern, Abtheilung für Landwirthschaft, Handei
ind Gewerde, hat mil Gnischließung vom 12. Dez.
1885 die Gemeinden auf die Landeskultur—
sentenanstalt, mit dem Bemerken aufmerk⸗
am gemacht, daß diese Anstalt noch fortwährend
Mittei zur Unterstützung von Kultur ˖ Unternehm⸗
angen hat und zwar von Aufforstungen, Uferschutz⸗
hauten, Entwäfserungen u. dgl. Die Anstalt hat
zin jezt 13 Gemeinden und 130 Landwirthe be⸗
lehnt mit zusammen 130,000 Mark und kann bis
u zwei Millionen Mark Darlehen gegen 384 pCt.
Zinfen und a pCt. Amortisalion geben.
F Müunchen, 5. Januar. Der Löwe
omimt“ ist ein allgemein dekanntes hum'risti-
ches Bild; ein gleiches, wenn auch an Typen
ucht so vielseitiges, veranlaßte vorgestern Nacht an
er Zweibrückenstraße der Muthwille einiger Bursch
hen die im Galopp springend beständig ausriefen
Der Tiger in Bachs Menag jerie ist aussgelommen“.
zn einer Minute war außer dem Posten an der
deiterkaserne kein Mensch mehr auf der Strabe zu
ehen und eine Gesellschaft von Herren und Damen
rom Keller kommend, riß nach allen Richtungen aus.
München. Eine privatisirende Meßgers⸗
bittwe in der Altstadt hat ihren Hunden einen
xhristbaum gemacht und denselben mit zwei Dutzend
caucherten Würsten behängt. Nicht gerade
„chmeichelnamen sollen es gewesen sein, welche der
zrau — gewiß mit Recht — von den Nachbarn
ugerufen worden sind, als diese die Hunde sahen
vie sie den Baum im Hofe herumzerrten.
Die bestimmt auf den 7. Januar in Aus⸗
icht gestellte Ziehung der Deggendorfer
tterie hat das gleiche Schicksal, wie so
nanche ihrer Vorgängerinnen; denn wie mitgetheilt
vird, ist dieselbe auf den 23. d. M. verschoben
borden. — Die Ziehung der Kissinger
zeldlotterie findet am 28. d. M. statt; der
erste Ziehungstermin war auf den 15. Dezember
885 angesetzt.
Vor einigen Tagen hat sich in Zerbst in
inem oͤffentlichen Tanzlokale ein Dienstmädchen
odt getanzt. Das Mädchen fiel dem mit ihm
anzenden Soldaten in die Arme, ohne noch einen
Zaut von sich zu geben. Der schnell herbeigerufene
Arzt konnte nur noch den bereits erfolgten Tod
onstatiren und als wahrscbeinliche AUrsache zu enges
Z„chnüren angeben.
Theater-Vorstellung mit SchweinrVer⸗
bosung — gab es am zweiten Weihnachtstage
n Kappeln. Um dem dürftigen Theaterbesuch
ründlich abzuhelfen, war eine daselbst weilendt
Schauspielergesellschaft auf den Einfall gekommen.
ine soiche Vorstellung zu veranstalten. Laut großer
elber Zettel und Plakate wurde an diesem Tag
auf vielseitigen Wunsch“ der „Bibliothekar“ von
Noser gegeben. In der ersen Zwischenpause wurde
ann unter den Theaterdesuchern ein lebendiges
Zchwein verlooft; Jedermann erhielt ein Loos gratis.
Venn unter dem reisenden Künstlerthum dieser
thorgang Nachahmung findet, wird man bald die
Thespistärrner nicht Meerschweinchen⸗Direktoren,
ondern viel eher und meher Schweinchen“⸗Direk
oren nennen dürfen.
Berlhin, 5. Januar. Rührend und über⸗
us herzlich soll die Freude des Kaisers gewesen
ein, als piötzlich und gänzlich vunerwartet Koͤnig
AUlbert von Sachsen erschien, um seine Glück-
vünsche dem kaiserlichen Freunde persönlich darzu-
ringen. Die Absicht, gleich wieder nach Dresden
urückzukehren, gab der König gern auf, um der
rinladung zu der Familientafel zu folgen. —
leber die herzliche Auszeichnung, welche der Kaiser
ei der Beglücwünschung im Weißen Saale des
izniglichen Schlosses dem Fürsten Bismar c
u Theil werden ließ, wird folgendes Nähere be—
ichtet: Der Reichskanzler erschien an der Spitze
es diplomatischen Korps. Als der Kaiser den
danzler erblickte, trat er einen Schritt vor. zog
hn an sich heran und küßte ihn in tiefer Beweg⸗
ing zweimal auf die Wange. Fürst Bismarch
jerbeuügte sich nochmals und küßte seinem kaiserlichen
herrn die Hand, auch die Kaiserin reichte dem
zanzler die Hand zum Kusse. Der Fürst wollte
unmehr seinen Abgang nach dem Königinnenge-
nach nehmen. als der Kronprinz vortrat und ihm
hdie Hand reichte; zu gleicher Zeit machte schon
)er Großherzog von Baden eine bezeichnende Be⸗
vegung, und so reichte der Kanzler auch den
‚eiden Großherzögen und den königlichen Prinzen
zie Hand. Es war eine weihevolle Minute, die
sen Fene⸗n unvergeblich bleiben wird. welchen si
zu sehen vergoönut war. — Der Kaiser ; Wilhelm⸗
Augusta-Stiftung, welche zur goldenen Hochzeit des
derrscher ⸗Paares bekanntlich als Altersversorgungs-
insalt errichtet worden war, haben Magistrat und
Sadtverordneten von Berlin zum Regierungsjubi⸗
aum die Summe von 300,000 Mek. Überwiesen.
7 Noch nicht dagewesen. Es ist Alles
schon dagewesen, hört man stets, wenn man glaubt.
eswas Außergewöhnliches gehört oder gesehen zu
haben. Allein von dem, was ich zu berichten habe,
io schreißt man aus Wiborg in Finnland, glaube
ch das „noch nicht dagewesene“ dehaupten zu
önnen. Hier in unserem Städichen lebt ein wohl
abender Tischlermeister, der sich von kleinen An⸗
angen zu seiner jetzigen Höhe emporardeitete. Als
rrmer Geselle heiraihete er ein armes Mädchen,
velches damals seinen Ansprüchen genügte. Da er
uun aber inzwischen in die besseren Handwerker ˖
treise aufgenommen wurde, fand er, daß seine bis⸗
jerige Frau ihm nicht mehr ebenbürtig war, und
läͤeß sich infolgedessen scheiden, behielt dagegen ihre
drei Kinder. Hierauf heirathete er eine ihm eben⸗
hürtigere Frau. So weit waäre nun Alles nicht
zerade ungewöhnlich. Aber jetzt kommt die gemüth-
uͤche Seite: Nachdem der Herr Tischler sich einen
neuen Hausstand gegründet, nahm er seine frühere
Frau als Mädchen für Alles, und so dient nun
die frühere Frau bei ihrer Nachfolgerin sowie bei
deren und ihren eigenen Kindern zur dollen Zu⸗
friedenheit ihrer Herrschaften.
Die Erfindung eines neuen Repetirgewehres
wird aus Oesterreich gemeldet. Nach dem
„Pester Lloyd'“ konstruirte Ingenieur Maunlicher
ein neues Gewehrmodell, welches unerreicht dastehen
soll und Aussicht hat. als Bewaffnung des ge⸗
sammten Heaeres an Stelle der bisherigen Repetir⸗
zjewehre angenommen zu werden. Ueder die Kon⸗
struktion wird Geheimniß bewahrt. Der Kosten-
preis soll sammt allem Zubebhör 50 fl. per Stüd
detragen.
— Einen graufigen Bericht über die Bergwerks⸗
unglücke während des abgelaufenen Jahres ver⸗
zffentlichen Londoner Blätter. Darnach wurden
1885 allein 16 Explosionen schlagender Wetter in
englischen Koblenbergwerken verzeichnet, von denen
zehn mit einem Verlust von 322 Menschenleben
berknüpft waren. Drei Grplosionen derursachten
den Tod von 300 Bergleuten. Von fremdländi⸗
schen Kohlenfeldern wurden 15 mit Lebensverluß—
verknüpfte Explostonen schlagender Wetter gemeldet,
und zwar haben durch diese Katastrophen in Curopa
150 und in Amerika 100 Bergleute ihr Leben
eingebüßl.
F (Geschäftskrisis in England.,)
Das fortdauernde Darniederliegen der Hanvels-
und Produktionsverhältnifse in England macht eine
allgemeine Herabsetzung der englischen Arbeitslöhne
wahrscheinlich, die binnen kurzer Zeit eintreten
dürfte. Am härtesten wird die Eisen- und Ma—
sch inen ⸗ Indnstrie betroffen, in welcher Branche die
jerrschende Geschäftslosigkeit geradezt den Charakter
einer Deroute angenommen hat, dergestalt, daß
zahlreiche Betriebe nicht einmal mehr bei einer
Herabsetzung der Löhne bestehen können, iondern zu
einer zeitweisen vöolligen Unterbrechung gezwungen
werden. —86
Marktberichte.
Zweibrücken, 7. Jenuar. (Fruchtmittelpreis und Vil⸗
tualienmartt.) Weizen dO M. — Pf. Korn 7 M. 14 Pf.
Zerste zweireihige d M. — Pf., vierreihige d M. — Pf.
Spelz 0 M. — Pf., Spelzlern — M. — Pf., Dinkel
— Wi. — Pf. Mischfrucht 7 M. 20 Pf. Hafer 6 M
35 Bf., Grbsen d'R. — Pf‚ Wigen o W. — pf.
Heu 8 M. — Pf. Stroh J.Qual. 2 M. 40 Pf., II. Qual.
1M. 80 Pf., Kartoffeln 1I M. 60 Pf., Weißbrod 1/5 Kilo
50 Pf., Kornbrod 8 Kilo 60 Pf. Gemischtbrod 3 Kil⸗
75 Pf., paar Weck 90 Gr. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual.
bo0 Pf. i1 Qual. 56 Pf., Kalbfleisch 50 Pf. Hammel⸗
leisch 60 Pf., Schweinefleisch 50 Pf., Wein J Liter 80 Pf
Bier 1 Liter 24 Pf. Butter /3 Kilogr. 1I M. — pj.
Homburg, 6. Januar. (Fruchtmittelpreis und Vil—
tuauenmarkt) Weizen 8 M. 50 Pf. Korn 7 M. 15 Pf.,
Spelzkern — M. — Pf. Spelz 0O M. — Pf., Gerste
2reihige O M. — Pf., Gecste Areihige O M. — pf.
Hafer 6 M. 56 Pf. Mischfrucht 7 M. 15 Pf., Erbsen
— M. — Pf., Widen 0 M. — Pf. Bohnen 0 M
— Pf., Kleesamen — M. — Pf., Kornbrod 6 Pfund
õ0 Pf., Gemischtbrod 6 Pfund 72 Pf, Ochsenfleisch —— Pf
Rindfleisch 50 Pf. Kalbfleisch 50 Pf., Hammelfleisch — Pf.
Schweinefleisch 50 Pf, Butter 1 Pfund 1 M. 00 pf
Zartoffeln ver Zentner 1 M. 70 Pf.
seur die Redaktion verantwortlich: F. X. Demne8.
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