Full text: St. Ingberter Anzeiger

dieser Ausfall bei manchen Arbeitern schon recht 
jühlbar. Im Innern des Gebäudes herrscht jedoch 
nach wie vor das fleißige Leben und Treiben im 
Arbeiten, was auch wohl in Bälde wieder von 
Allem gesagt werden kann, da der März nunmehr 
schon zur Hälfte vorüber und der Frühling bald 
eintreten wird. Ueberhaupt werden in diesem 
Jahre viele Arbeiter zu den Um und Neubauten 
des hiesigen Fabrikanwesens benöthigt sein, und 
so ihren Verdienst finden, ohne auf das lästige, 
mit vieler Zeit, Mühe und Entbehrung verknüpfte 
Auswärisgehen angewiesen zu sein. 
— Edenkoben, 12. März. Aus sicherster 
Quelle kann der „Land. Anz.“ berichten, daß Herr 
Emil Sommer von hier, der bekannte Herausgeber 
der drei fremdsprachlichen Zeitungen: „L'Inter- 
prèto“ (franz.), „The Interpreter“ (engl.) und 
„L'Interprete“ (ital) schon in den nächsten Tagen 
mit seinem Verlagsgeschäft und seiner Druckerei 
von hier nach Grünstadt übersiedelt, wo er neben 
den genannten Blättern zugleich ein Lokalblatt für 
Grünstadt und Umgegend unter dem Titel „Grün- 
tadter Zeitung“ herausgeben wird. 
— Der große Treffer der Edenkobener 
Lotterie soll, entgegen früheren Nachrichten, in ein 
Tausend gefallen sein, welches von Edenkoben aus 
direkt abgesetzt wurde, so daß er vermuthlich in die 
Pfalz kam. 
— Neustadt a. H., 12. März. Die auch 
in weiteren Kreisen bekannte und renommirte Wein- 
restauration zum Spinnrädchen“ wurde heute um 
den Preis von 26,000 Mark an Herrn Louis 
Siegele aus Pforzheim durch Vermittlung des 
ommissions⸗ und Agenturgeschäftes Wilh. Dörr⸗ 
amm hierselbst verkauft. 
Vermischtes. 
FHayingen, 10. März. In den Eisen⸗ 
wverken der Herren de Wendel zu Joeuf bei Fran⸗ 
chepréẽ (Frankreich) hat sich am vergangenen Sonn⸗ 
abend ein entsetzliches Unglück ereignet. Eine Masse 
flüssigen Eisens ergoß sich über drei Arbeiter, die 
zräßlich verbrannt wurden. Zwei starben noch an 
demselben Abend; der andere schwebt in Lebens— 
gefahr. 
FStraßburg. 15. März. Gestern Nach- 
mittags erschoß sich in der väterlichen Wohnung 
der aus Neuwied zugereiste Sohn des Augexarztes 
Deimel, nachdem er zuvor eine mit ihm zu⸗ 
zereiste Dame, die neben ihm auf dem Sopha ge⸗ 
essen, erschossen hatte. 
F Voerde, 18. März. Der „Elberf. Zig.“ 
schreibt man: „Der Brand des Knabenhauses der 
Waisenanstalt Loher Nocken bei Voerde ist ein er⸗ 
schütterndes Ereigniß. Außer den bereits erwähn⸗ 
en fünf Kindern fand auch ein Aufsfeher seinen 
Tod in den Flammen. Das Knabenhaus, welches 
his auf die Sohle niedergebrannt ist, stand vom 
Daupthause getrennt. Es war ein altes, zwei— 
töckiges ehemaliges Bauernhaus in Fachwerk, unten 
»efanden sich die Schule, Kleider,, Geräthe⸗ und 
Vorrathskammern, sowie dir Schneiderei; in letzterer 
scheint das Feuer entstanden zu sein. Ueber diesen 
waren in 8 Räumen die Schlafstellen für die 
Znaben, Aufseher und Knecht. Der umfangreiche 
Sölle war mit Heu, Stroh und Frucht gefüllt. 
Am 10 Uhr Abends hatie man sich zu Bette ge⸗ 
legt, gegen 12 Uhr wurde ein Knabe durch Rauch 
gzeweckt und lief zum Aufseher, dieser sucht durch 
Rufen die Kinder zu ermuntern, eilt hinaus, um 
zie Anstaltsglocke zu ziehen, stürzt wieder in das 
hereits in Flammen stehende Haus, bemüht sich 
um die Rettung der Kinder und ward so ein Opfer 
seiner Pflicht. Der Vorsteher der Anstalt mit zwei 
Nachbarn waren sofort zur Stelle, aber auch längere 
Zeit die Einzigen, welche hülfreiche Hand leisten 
onnten. Da die Treppe sofort ergriffen wurde, 
nußten die Retter sich hier mit verbranmen Haaren 
ind Händen zurückziehen. Nur einem Knaben 
gelang es, über die Treppe in's Freie zu gelangen, 
alle übrigen aber sprangen theils aus den Fenstern, 
theils mußten sie mit Leitern dort herausgeholt, ja 
gesucht werden, da fich eine Anzahl in ihrer Angst 
in die Betten versteckt hatten und bei dem furcht 
baren Qualm in den sehr niedrigen Räumen bald 
nicht mehr gefunden werden konnten. Die Unzweck⸗ 
mäßigkeit des Hauses als Unterkommen für so viele 
Menschen und die große Gefahr, welche für letztere 
hbei einem Brande entstehen mußte, war längst er⸗ 
lannt und von der Bebörde festgestellt; deßhalb 
auch ein Neubau seit Jahren in Aussicht genom⸗ 
men, dieser konnte aber wegen Mangels au Mitteln 
dis dahin nicht ausgeführt werden. Außer dem 
sief zu beklagenden Verluste an Menschenleben büßte 
»as Waisenhaus seine sämmilichen Wintervorräthe, 
nkl. der für das Vieh, ein, sowie einen großen 
Theil der Kleider und Schuhe der Kinder, da letztere 
ielfach nur mit dem Hemde belleidet ihre Rettung 
uchten; ebenso gingen sämmtliche Schulutensilien 
erloren. 
Geheimnißvoll. In der Nacht vom 
5. zum 6. März kam zu Leinefel d im Gafthof 
Kaiserhof“ ein Reisender on, der sich im Voraus 
Zimmer bestellt hatte. Er wurde in ein gut er— 
värmtes Zimmer mit zwei Betten in der zweiten 
xẽtage einlogiert; die mitgebrachten Effekten — eine 
riste nebst Packet — wurden in der Nähe der 
-chlafstätte niedergelegt. Morgens 6 Uhr ver⸗ 
pürte die Hausfrau einen sengenden Geruch, der 
‚on jenem Zimmer kam. Da auf m hrfoches 
dlopfen das Zimmer von innen nicht gröffnet wurde, 
o wurde es gewaltsam erbrochen. Das Zimmer 
var voll Qualm und Dampf und mehrere Bett- 
heile befanden sich in lichter Gluth, auch die höl⸗ 
erne Beitstelle war theilweise angebrannt; der Gast 
var verschwunden und hatte mittels eines Dach 
enster s über einen Anbau, wie die Fußspuren im 
—„chnee ergaben, den Weg ins Freie gefunden; 
ur einige menschliche Knochen wie der obere Theil 
es Stirnbeines und Scheitelbeins sowie zwei Ober⸗ 
chenkellnochen fanden sich in dem brennenden Bette 
or. In der Zimmerdecke stak eine Piftolenkugel. 
der entwichene Gast hat unverkennbar die Ver⸗ 
nuthung erwecken wollen, daß er bis auf die wenigen 
dnochenreste verbrannt se. Ob Furcht vor Er— 
reifung dielleicht wegen eines Verbrechens oder 
velch andere gewichtige Gründe der Begebenheit 
interliegen, darüber ruht zur Zeit noch ein Schleie.r 
Darmstadt, 13. März. Der Termin zur 
Verhandlung über den Fach'schen Raubmord ist 
etzt definitid auf den 23. und 24. Mäarz angesetzt. 
die Anklage geht auf Raub, Mord und Diebstahl, 
etzteres, weil die Angeklagten Kern und Oldendorf 
ie Einbruchswerkzeuge vorher aus einem Hause in 
soßdorf gestohlen haben. Geladen sind 3 Sach⸗ 
zerftändige und 25 Zeugen, darunter auch der 
Fiügeladjudant des Großherzogs, Oberst v. Herff. 
Hleichwohl dürfte die Verhandlung nur weniges 
Interesse bieten, weil die Angeklagten im Wesent 
ichen geständig sind. 
'Karlsruhe, 13. März. Registrator 
Pfister von der Generaldirektion der Eisenbahn 
vurde verhaftet wegen einer Unterschlagung von 
32,000 Mark, die er als Kassier der Unterstützungs⸗ 
osse der niederen Eisenbahnbediensteten verübt hat. 
(Grtf. 3.) 
F In diesen Tagen ist der Termin für die 
fröffnung und die Dauer der ersten deutschen 
BeinAusstellung endgiltig beschlossen worden. Die 
lusstellung, welche bestimmt ist, zum ersten Male 
ie gesammte deuͤtsche Weinkultur mit allen ibren 
eichen, zum Theil kaum geahnten Schätzen in 
inem entsprechend würdigen Rahmen zur Anschau⸗ 
ing und Geltung zu bringen, wird am 15. Au ⸗ 
sust in Frankfurt a. M. eröffnet werden und 
auert bis 12. September. Ehrenpräsident der⸗ 
elben ist Dr. Miquel. 
F Nürnber'g, 13. Marz. In dem Pro 
esse um die Hälfte des Haupttreffers der Deggen ⸗ 
vorfer Lotterie ist ein Vergleich zu Stande gekom⸗ 
nen; der Kläger ist zufrieden mit der Herauszahl⸗ 
ing von 7000 Mk. statt 358,000 Mt. 
F Straubing, 12. März. (Gefühlvoller 
Zruder.) Als kürzlich der Raubmörder Brurnbauer 
ingerichtet wurde, soll nach der Mittheilung ver⸗ 
hiedener Blätter sein leiblicher Bruder die Staats⸗ 
inwaltschaft ersucht haben, der Hinrichtung bei⸗ 
vohnen zu dürfen. Er hat auch am Tage vor der 
zinrichtung noch in der Armensünderzelle mit dem 
delinquenten gespeist und sich dessen „gute Stiefel“ 
ür seine schlechten eingetauscht! 
Das k. statistische Bureuu in Munchen 
äßt gegenwärtig durch die k. Bezirksämter und die 
Magistrate der unmittelbaren Stadte Erhebungen 
iber die Bewegung der Wirthschaftsgewerbe und 
»es Kleinhandels mit Branutwein und Spiritus 
m verflossenen Jahre veranstalten. Man wird 
araus schließen können. daß trotz der Ablehnung 
es Branntwreinmonopols im Reichstage der Ge⸗— 
zanke an eine Höherbesteuerung des Spiritus noch 
icht aufgegeben ist. 
fMunchen, 12. März. GVerwaltungsge⸗ 
ichtshof.) Das Bezirkzamt Kusel verfügte als 
Aufsichtsbebörde der Gemeinde Quirnbach die Aus⸗ 
cheidung des ⸗Ackerers Albert Drum aus dem 
neinderathe. weil dessen Schwiegerdater * 
in diesem Kollegium saß. ohne zuvor eine —8 
'assung des Gemeinderathes abgewartet zu du 
Die Gemeindeverwaltung führte Beschwerde r 
das Bezirlsamt und der kgl. Verwannghhenn 
hof fand die Beschwerde begründet. weshalb 
diesbezüglichen Beschluß des Bezirksamts * 
Wirksamkeit setzte. 
Aus Merglas bei Machau wird gemeld 
der blödsinnige, aber riesenstarke Sohn eines do J 
Wirthschaftsbesitzers wurde von anderen — 
n ein Gasthaus mitgeuommen und zum Tihe 
rufgefordert. Plötzlich sprang der Blodsinnige 9 
vackte das 2 Jahre alte Söhuchen des —8 
ehte es auf die heiße Ofenplatte. Auf das 
chrei des Kindes kam dessen Großmutter. ein mn 
indsiebenzigjährige Frau herbei, welche das * 
»om Ofen wegnehmen wollte. Der Irre godn 
edoch einen wuchtigen Schlag über den Kopf 
»aß sie bewußtlos zusammenbrach, worauf * b 
mit einem Hammer die Hirnschale vollends gi 
rümmerte. Nach vollendeter That verdarrikadin 
er sich in der Wirthsstube, ließ Niemanden einn 
zerschlug die gesammte Einrichtung. Erst als zw⸗ 
gendarmen kamen, öffnete er und ließ sich verhasn 
iner der Männer, welcher den Blödfinnigen 
Trin ken aufgefordert hatte, wurde ebenfalls derhaft 
Von emer seltsamen Wohnung weßß d 
„Braunschw. Landesztg.“ zu erzählen: In inn 
sohlen Banme hauste (auch im strengen Winten 
wie aus Anlaß des letzien starken Schneefalls d 
»inem braunschweigischen Forstmanne mit setheil 
vird. unweit Calvörde ein gewisser V. Derselh 
var dem Branntwein sehr ergeben und schliekli 
'o zurückgekommen, daß er keine Wohnung meh— 
inden konnte. Er suchte dann im Walde n— 
J)öhle und fand diese in einer Rieseneiche, welch 
r ohne Weiteres bezog und ohne Miethe langir 
»enn 24 Jahre bewohnte! Sein Körper füllte d 
Ddöhle fast aus, namentlich im Winter. wenu sih 
8 zum Schutz gegen Kälte und Schnee in enig 
Zäcke hüllte. Wie er unserem Gewährsmannsa 
zählt hat, wurde das enge Holzgemach, in welches 
B. kroch. selbst bei grimmiger Kälte bald so warn, 
)aß die Kleidung Vs, wenn sie vorher naß gewisen 
var, alsbald völlig trocknete. Um den Sonderling 
ius seinem Bau zu treiben, wurde die Eiche ge 
ällt. Es währte indessen gar nicht lange, bis8 
in ähnliches Logis entdeckt hatte, das er gleichsal⸗ 
; Jahre lang bewohnte. Als unser Gewährsmam 
»en V. (vor etwa 20 Jahren) sah, war dieser 70 
Jahr alt. 
F Aus Altona berichtet der durchaus nich 
twa monopolfreundliche „Hamb. Corresp.“: „Di 
Betition gegen das Branntweinmonopot, welche an 
SZonntag an den Reichstag abgesandt wurde, hat 
n hiesiger Stadt über 8000 Unterschriften gefun⸗ 
den. Durch das Sammeln von Unterschriften hah 
eine Anzahl von Leuten, die 250 Mk. pro 100 
Anterschriften b kamen, in dir arb⸗itslosen Z it einen 
zuten Verdienst gehabt.“ Jeder, bemerkt hietzu 
die „Nordd. Allg. Ztg.“ wird den „Leuten“ in 
der „arbeitslosen Zeit“ diesen „guten Verdiens' 
jern gönnen; aber die Neugierde ist gewiß berzeih 
ich, aus welchem Fonds diese Akkordarbeit honorir 
vird“ — * Uebrigens erscheint der Werth derar 
iger Unterschriften mit 293 Pfennig pro Stüt 
reichlich hoch taxirt; das in Oberschlesien ange— 
vandte System der Gratisschnäpse dürfie sich viel 
ailliger gestellt haben und hat außerdem den Vor⸗ 
zug, daß die ihrer „politischen Ueberzeugung Auz 
rückgebenden doch wenigstens Etwas für die Au⸗ 
trengung, ihren Namen zu schreiben, erhitlten— 
vährend bei dem in Altona beliebten Modus ditt 
eer ausgehen und nur gewisse Agitationsgenich 
Nutzen von der Sache ziehen. 
* EEine hundertjährige Gastwit 
hin) In Königsberg i. Vr. feiert heut 
en 15. März die allbekannte „Tante Fischet 
ie Besitzerin des Restaurants„Zur Woifsschlucht. 
hren iõ0. Geburtstag. Frau Fischer ist 88 Jahre 
n Koͤnigsberg ansässig. Ihre kleinen Eigenthüm—⸗ 
ichkeiten, iht Abscheu vor dem dbahyrischen Biet— 
—X 
runken wird, noch keinen Eingang gefunden hat 
owie ihr geflissentliches Nichtlennen von Eisenbahnen— 
ꝛeren sie noch nie eine gefehen hat, sind allgemein 
ekanni. Die Bedienung in ihrem Restaurations 
otal besorgt die verhältmißmaßig noch sehr rüstn 
zrau seidst mit Hilfe ihrer 6siariaen iüngsen 
Tochter