Full text: St. Ingberter Anzeiger

tens des Irion und Albiez. Haas selbst erklarte, 
die fraglichen Weinkäufe als Weinhändler abge⸗ 
schlossen zu hahen, während die Kommissionsgebühr 
lediglich für Abfüllen und Versenden des Weines 
berechnet sei. Zur Klarstellung dieses Punktes 
wurde damals auch der heutige Angeklagte, der in 
jener Zeit beständig als Weinkommissionär thäti 
war, eidlich vernommen, nachdem derselbe gerade 
mit Rücksicht auf dieses Verhaältniß seitens des 
Vorsitzenden in außergewöhnlich eindringlicher Weise 
zur Wahrheit ermahnt worden war. Trotzdem 
machte Flach Aussagen, die nach Aufstellung der 
Aunklage in direktem Widerspruche mit dem wahren 
Sachverhalte stehen sollen. Er erklärte nämlich 
damals Folgendes“ 
L. Er habe schon 3—4 Tage, ehe Haas mit 
den zwei Restaurateuren in Rhodt und Edenkoben 
Weine geprobt, bei den Produzenten Schneider— 
Häußler und Hartmann im Auftrage des Haas 
Weinproben geholt und die später von Haas ge⸗ 
kauften und an Irion abgegebenen Weine dieser 
Zeugen schon damals „an die Hand genommen“ 
d . auf Ratifikation für Haas gekauft gehabt. 
2) Der Winzer Jakob Held zu Rhodt habe weder 
beim Verkaufe noch beim Adfüllen des bei ihm 
gekauften Traminer, ausdrücklich bemerkt, dieser 
Wein sei gezuckert. 
Mit diesen Aussagen des Angeklagten standen 
die Angaben verschiedener durchaus glaubwürdiger 
Personen in grellem Widerspruche und trat dessen 
Absicht, den damals angeklagten Haas in jeder 
Weise zu schonen klar zu Tage. Da der Ange⸗ 
flagte dringend verdächtig erschien, den geleisteten 
Eid wissentlich durch falsches Zeugniß verletzt zu 
haben, so erfolgte noch in beregter Sitzung auf 
Antrag der k. Staatsbehörde dessen sofortige Ver⸗ 
haftung. Die Anklage erblickt nun heute in der 
Thathandlung des Angeklagten ein Verbrechen ge⸗ 
mäß 8 154 des R.St.“G.B. 
Die Geschworenen verneinten nach *sftündiger 
—X 
richtete Frage, während sie die zweite, auf fahr⸗ 
lässigen Meineid gestellte, bejahten. 
Der Schwurgerichtshof verurtheilte hierauf den 
Angeklagten zu einer Gefaängnißstrafe von 6 Mo— 
naten unter Abrechnung der Untersuchungshaft in 
der Dauer von 2 Monaten. 
— Zweibrücken, 16. März, Vormittags 
812 Uhr: Verhandlung gegen Katharina Christ, 
37 Jahre alt, ledig, gewerblos, von Kallstadt, 
wegen Kindsmord. Vorsitzender: Herr k. Ober⸗ 
landesgerichisrath Erbelding; Vertreter der kgl. 
Staatsbehörde: Herr Staatsanwalt Ottmann; 
Vertheidiger: Herr Rechtspraktikant Berthold. 
Die Ängeklagte, welche bereits im Jahre 1876 
wegen eines gleichen Verbrechens vom Schwurge⸗ 
richte zu einer Gefängnißstrafe von 5 Jahren ver⸗ 
uriheilt worden war, wurde heute von den Ge— 
schworenen unter Aberkennung mildernder Umstände 
schuldig erkannt und hierauf vom Schwurgerichts⸗ 
hof zu einer Zuchthausstrafe von sieben Jahren ver⸗ 
urtheilt. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Gorstorganisation.) Mit dem 1. April 
l. J. werden die Forstämter Dahn, Kaltenbach und 
Ramsen in der Pfalz definitiv formirt, wogegen 
gleichzeitig daselbsi die bisherigen Forstreviere Dahn lJ, 
Dahn D, Göllheim, Kaltenbach und Ramsen zu 
bestehen aufhören. 
— Kaiserslautern. Die Altionäre 
der Gasanstalt haben eine Erweiterung, bezw. eine 
Neuanlage (am Bahndamm hinter dem Thierhäus⸗ 
chen) mil einem Aufwand von 405.000 Mark be⸗ 
schlossen. 
— Rhodt, 16. März. Was der Sser nicht 
alles fertig bringt, das zeigt ein drolliges Geschicht⸗ 
chen, das sich dieser Tage hier zutrug. Ein Bild⸗ 
hauer aus der Nachbarstadt L., bei dem der „Neue“ 
seine fröhlichen Wirkungen auszuüben begann, be⸗ 
trachtete schon den ganzen Abend mit begegrlichen 
Blicken den gelehrigen Hund eines hiesigen Bürgers, 
der in vorgerückter Stunde noch bei ihm am Tische 
saß. Nachdem letzterer schon verschiedene Anerbie⸗ 
tungen zur Ueberlassung des Hundes an den Künstler 
ausgeschlagen hatte, einigten sie sich schließlich dahin, 
daß derselbe den Puddel bekommen und als Gegen- 
leistung — einen Grabstein für den noch bester Ge⸗ 
Inndheit sich erfreuenden Besitzer liefern sollte. Der 
seltsame Kontrakt wurde unter allgemeinem Halloh 
der Anwesenden feierlichst mit einer neuen Serie 
—X 
zuten Geschäfts, das er gemacht zu haben glaubte. 
Was die Herren am nächsten Morgen über ihren 
ramosen Handel dachten, ist uns leider bekannt. 
G.) 
— Seyer, 17. März. (Pf. Z3.) Das Erd⸗ 
heben von Wiesbaden wurde auch hier und in der⸗ 
selben Zeit, am 15. Morgens zwischen 12 und 
Uhr, derspürt, in Form eines leichten Geräusches. 
AIus allen Ortschaften der Umgehung von Mainz, 
uus dem Taunus, von Bingen und Frankfurt 
tommen Nachrichten über dieses Erdbeben. 
— Frankenthal, 18. März. In der 
Nähe des Bahnhofes fanden sich heute früh hoch 
nufgerichtet rothe Fahnen vor. 
Vermischtes. 
7 Das abgeanderte Bahnpolizei— 
ꝛeglement, welches am 1. April d. J. in 
draft tritt, bestimmt, wie das „Chemn. Tgbl.“ 
nittheilt daß künftig alle Personenzüge, welche mit 
iner Geschwindigkeit von 60 kKm in der Stunde 
uind mehr fahren, mit einer durchgehenden Bremse 
auszurüsten sind. Die preußischen Bahnen werden 
zieser Bestimmung vorausfichtlich bald auf allen 
hren Hauptlinien nachkommen, und zwar unter 
Unwendung der Carpenterbremse, welche in Preußen 
als die beste kontinuierliche Bremse erkannt worden 
st. Seit Anfang dieses Monates ist z. B. bei 
den Kurierzügen der Linie LeipzigBitterfeld-Berlin 
die neue Bremse zur Einführung gekommen, und 
b 1. April soll gleiche Einrichtung auch auf die 
Strecke Röderau⸗-Berlin erfolgen. Auf vielen anderen 
Strecken ist die Bremse schon läugere Zeit in 
Thätigkeit. An der Vervollkommnung der Luft 
druckbremse von Carpenter ist unausgesetzt gearbeitet 
vorden, alle Betriebsborkommnisse werden sorgfältig 
dudiert und führen zu Verbesserungen und Verein⸗ 
achungen. Seitdem die preußische Staatseisen⸗ 
ahnverweltung sich für die Einführung der durch· 
zehenden Bremsen entschlossen hatte, sind durch den 
Minister der öffentlichen Arbeiten die Mittel in 
außerordentlichem Umfange zur Verfügung gestellt 
worden, sodaß jetzt bereils eine im Verhältniß zu 
der kurzen Zeit bedeutende Anzahl von Betriebs⸗ 
itteln ausgerüstet ist. Bisher wurden bei den 
mit Carpenterbremse bedienten preußischen Zügen 
im Ganzen 2307 außerfahrplanmäßige Bremsungen 
vorgenommen. Ein wirkliche Gefahr lag vor und 
vurde beseitigt in 28 Fällen, wobei in 18 Föllen 
zurch den Lokomotivenführer, in 9 Fällen vom 
Zuge aus und in einem Falle durch Selbstbrems⸗ 
ung das Halten veranlaßt wurde. In allen Fällen 
wurde durch das Bremsen der Zwech erreicht. 
P' In Pforzheim hat sich der 18jährige 
Sohn eines angefehenen istaelitischen Fabrikanten 
nit Cyankali vergiftet, angeblich weil derselbe wegen 
u spälen Nachhausekommens von seinem Vater 
zetadelt worden war. 
.,Was ist Wein?“ Mit dieser Frage 
wandte sich, wie er in den „Blättern für Wein⸗ 
funde“ miltheilt, Herr E. Winkelmann in Kann⸗ 
statt, dem ein angedlich guter Rheinwein zur Ana⸗ 
yse übergeben worden war, an das Reichsgesund⸗ 
heitsamt. Er fand nämlich in diesem alten, noch 
azu zu Heilzwecken benutzten Rheinwein keine 
Spur von Weinstein, dagegen 6,14 bis —AX 
gekundene Schwefelsäure. Das Gesundheitsamt 
erstattete in dieser speziellen Frage kein Gutachten. 
Run unternahm Winckelmann selbst diese Aufgabe; 
er nahm Proben von den theueren und von den 
höchsten ärztlichen Autoritäten als Gesundheitstrank 
mpfohlenen Weinen aus dem Bremer Rathskeller: 
Rüdesheimer Rose vom Jahre 1653 und Hoch- 
heimer Apostel vom Jahre 1726 und man fand 
in der That, daß in den beiden untersuchten Wei- 
nen, der Gehalt an Säure so hoch war, wie er 
aur in abnormen Jahrgängen und schlechten Lagen 
horkommt. Der Schwefelsäuregehalt war ein sol- 
her, wie ihn nur gänzlich verdorbene Weine auf⸗ 
weisen. Das Altern der Weine trüge also, wie 
Herr Winckelmann schreibt, nicht zur Verbesserung 
dei, sondern sei geradezu gesundheitsschadlich und 
man müßte es überhaupt eine Thorheit nennen, 
Weine sehr lange aufzubewahren. 
Die Champagnerfirma Most-Chanton 
berlegt einen Theil ihres Geschäftes nach Frank- 
furi a. M. und hat dort bereits für ihre Zwecke 
die erforderlichen Räume erworben. 
Frankfurt, 17. Maärz. In dem Prozeß 
zegen den Polizeikommisser Meyer und Consorten 
nder Friedhofs ˖ Angelegenheit wurde heute das 
Lrtheil gesprochen. Meyer wurde zu drei Monaten, 
Bingleit zu zwei Monaten und Hohmann zu ein 
Monat Gefangniß verurtheilt. Schweiger erhie J 
Tage und Leyendecker einen Monat —28 
Die Motive ergeben sich aus der Anklage ðx 
ils aus dem Vortrage der Staatsanwaltschaft. 
vurde angenommen, daß Meyer die Nordervetihue 
vorsätzlich veranlaßt habe. Die gegebenen —5* 
ionen könnten ihn nicht exkulpiren, denn sie seien 
nicht derart gewesen, daß er den Gebrauch — 
Waffe sofort hätte eintreten lassen dütfen. An u 
zriffen sei er nicht worden, also hätte er un 
jelindere Mittel versuchen müssen, wozu das * 
rängen mit den Händen gehöre. Ob er sich üuhn 
ich gemacht haben würde, wenn er Lehend 
erhaftet, könne dahingestellt bleiben, er hätte x 
»estens den Versuch machen müssen. Wenn er nuh 
xẽrledigung der Hauptsache den Waffengebrauch sistig 
o könne ihn das nicht straflos machen. Es fel— 
hm Alles, was im Friedhofe passirte, 
dast. Mildernd komme in Betracht. daß ihm 9 
zanze Auftrag ein höchst unliebsamer gewesen 
veßhalb es ihm angenehm gewesen sein würde, wen 
der Zug aufgelöst worden wäre. Mildernde Um— 
tände habe man ihm aber mit Rüchsicht auf di 
Zorsätzlichkeit nicht bewilligen können. Was di 
ibrigen Angeklagten betrifft, so wurde ihre Schuh 
»benfalls angenommen und daher sei erkannt, wi 
eschehen. 
F Würzburg, 17. März. Das Militür— 
vezirksgericht verurtheilte den Gemeinen des 5. Ched— 
stegts. (Saargemünd) Nikol. Kerb aus Kirrberg 
bei Homdurg wegen thätlichen Vergreifens an den 
Befleiten Huster zu 6 Monaten Gefängniß. 
Friedrich Spielhagen erhielt den 
hayerischen Maximilianorden, womit der persorlich 
Adel verknüpft ist. 
München, 15. März. Bei der heute nadh— 
mittag stattgefundenen Beerdigung des „alten Leist 
»räu“, Herrn Sedlmaier, Bruder des Spaten, war 
der südliche Friedhof fast zum Erdrücken vol 
Bruderschaften, Veterane, Privatiers, Beamten alle 
Waffengattungen waren unter den Leidtragenden 
dertreten. Es war eine ächte „Münchener Groß— 
„ürgerzLeiche.“ — Der Verlebte, welcher noch lange 
nicht so reich gewesen, als sein ihn überlebender 
gruder, soll doch das nette Sümmchen von nahezu 
zwanzig Millionen hinterlassen haben. Es er⸗ 
zellt hieraus, daß die Großbrau— Industrie riesiß 
Zummen verdient. Der Dahingeschiedene, ein beste 
Nünchener Bürger von altem Schrot und Korn 
jat sich bereits feit längerer Zeit von den Geschäften 
urückgezogen. Die Bierbrauerei zum Franziskaner⸗ 
deller und zum Leist betreibt dessen Sohn, Heur 
Babriel Sedlmaier. 
p München, 16. März. Seine Majestät de 
dönig haben d. d. Hohenschwangau den 11. d. N 
den Offizieren aller Waffen, den Sanitätsoffizieren 
Militär⸗ und Zivilbeamten der Militärverwaltungge 
tattet, vom i. Mai ds. Is. ab den Ueberrotkin 
Zchnitte wie für Generale und Oberste in Generalsstel⸗ 
ungenbestimmt, zum kleinen Dienst und außer Dienß 
mzulegen und zwar in der Grundfarhe, in der darh 
— Maß⸗ 
jabe des betr. Waffenrockes, sowie, wo einschläͤgih 
hne Stickerei auf dem Kragen. — Nach der neuer 
Irganisation des Ingenieurdienstes scheidet das Gar· 
nisonsbauwesen aus dem Dienste des Ingenieurcoryt 
rus und geht an die einschlägigen Verwaltung⸗ 
ehörden uͤber. Das Königreich wird in 7 Garri 
onsbaudistrikte eingetheilt ( Munchen J. München l 
Augsburg, Ingolstadt, Würzburg, Nürnberg un 
Zandau), deren Vorstände den Titel „Garnisons— 
auinspektor“ führen. 
n unchen. 16. Marz. Verwaltungsgericht 
sof. Der am 18. März 1854 zu Zweldrücen 
jeborene Nathan Oskar Stern hatte im Jahrr 
869 die Erlaubniß zur Auswanderung nach Am 
ita erhalten, war nach New⸗Nork übergesiedelt umn 
jatte daselbst am 19. März 1875 das amerilanisch 
Indigenat ecworben. Im Juli 1882 kehren 
ach Deutschland zurüch und dverweilte theitß 
wcibruden iheils in Luxemburg. Der Auffordetun 
Hes Bezirksamies zur Ableiftung der deutichen si 
itärdienstpflicht glaubte Stern nicht nachlonm 
zu brauchen, da er fich in Deutschland nicht — 
zufzuhalten gedenke und er nach Amerika zurze 
ehren wollte, weßhalb er die Erwerbung det 
ischen Staatsangehsrigkeit ablehnte. Durch 
chliehung des Ministeriums des Innern m 
11. Juni 1883 wurde nun Stern beaufuun 
zinnen 14 Tagen das Staatsgebiet zu —5 
huf sid Suͤrn an rim Beietsam Zweibrüch